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Bei den Leisen Tönen. Manchmal braucht es einen Blog, um sich Luft zum Denken zu verschaffen. Keine Steckenpferde, Hobbies oder sonstiges Spezielles, nur Luft zum Denken.

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Mensagespräche

Montag, 3. März 2014

Technische Panne oder Lateinisch für Brötchen

Eigentlich sollte ich jetzt im Raum F023 sitzen und mir wenigstens eine kleine Einleitung zum Ablauf der nächsten 5 Wochen anhören. Der Raum blieb allerdings ungenutzt, nein, vielmehr nutzt ihn jemand anderes, weil der Raum, in dem die andere Veranstaltung stattfinden sollte, nicht über ausreichend funktionierende Technik verfügte, so dass kurzerhand entschieden wurde, in den nächsten freien Raum überzuwechseln, in den Raum, in dem meine Veranstaltung stattfinden sollte aber nicht stattfand.

Ab 8:00 Uhr heute Morgen stand ich wie bestellt und nicht abgeholt vor besagtem Raum und versuchte mir einen Reim darauf zu machen, was wohl passiert sein könnte. Vielleicht findet die Veranstaltung woanders statt, vielleicht wurde ich ausgeladen, vielleicht sind die Termine falsch angegeben worden und die Veranstaltung beginnt erst später. Ich wusste es nicht. Mein Smartphone wusste es auch nicht, es versagte mir den Dienst, indem es mich nicht die besagten Seiten erreichen ließ, wo ich vielleicht eine Information hätte erlangen können, auch in meinem Raum funktionierte die Technik nicht.

Ich ging deshalb vor die Tür und hielt Ausschau. Hin und wieder ging ich zurück, um den beiden Teilnehmern des anderen Kurses einen fragenden Blick in den Raum zu werfen, ob denn mein Dozent vielleicht doch..., nein, doch nicht, er kam nicht. Ich holte mir einen Kaffee. Ich holte mir noch einen Kaffee, als ich den ersten verbraucht hatte. Ich ging zwischen dem Fachsprachenzentrum und dem besagten Seminarraum hin und her, lief Patrouille. Plötzlich ging die Technik, ich las, dass meine Anmeldung nicht vollständig war, weil ich den Betrag für diesen äußerst kostenpflichtigen Kurs nicht beglichen hatte. Ich bekam ein furchtbar schlechtes Gewissen und machte mich auf den Weg zum Sekretariat, um dort ein vorbeugendes mea culpa abzusetzen. Ich wurde nicht erhört, denn das Sekretariat öffnet erst um 9:00 Uhr.

Um 9:00 Uhr ging ich wieder hin und traf zwei Damen beim Tee. Man wisse nicht, wo und ob aber ich hätte informiert werden müssen. Ob ich nicht doch eine Email, nein, habe ich nicht, ja meine Emailadresse ist korrekt angegeben, ob es wohl an der Technik…? Nein, meine fehlende Überweisung könne nicht der Grund..., und überhaupt, wo sei denn mein Dozent. Die beiden Frauen tauschten noch einiges an Informationen, wo denn, wie denn und ob er..., aber es half nichts, niemand wusste es.

Eine der beiden Frauen – sie wollte sich höchstwahrscheinlich ein Brötchen in der Cafeteria kaufen – begleitete mich angelegentlich zu dem Raum, in dem die Veranstaltung stattfinden sollte. Sie postierte sich davor, klopfte, atmete hörbar und trat ein. Die darin befindliche Dozentin, sie kannte mich von etlichen Nachfragen, ob denn mein Dozent…, erhaschte einen Blick auf mich, der ich jetzt mit hochoffizieller Begleitung…, und verneinte die Anfrage, ob mein Dozent… Nein, er wäre hier nicht vorbeigekommen. Sie hatte nach mehrmaligen Anfragen meinerseits, es hätte ja in der Zwischenzeit, als ich Kaffee holen war…, die Tür geschlossen, weil sie natürlich ungestört mit ihren beiden wissbegierigen Studenten…

Ich bekam das Versprechen von meiner Begleitung, dass ich in den kommenden Tagen darüber informiert werden würde, was denn nun mit dem Kurs sei und wie sich das jetzt alles verhält, und als sie dann nicht in meine Richtung aufbrach, wieder zurück in ihr Büro, sondern in Richtung besagter Cafeteria, also die entgegengesetzte Richtung, wusste ich, dass ich zwar hochoffiziellen Beistand hatte, dieser allerdings ganz andere Ziele verfolgte, als mich in meinem Anliegen... Ich war selbst oft genug in dem Raum vorstellig geworden, um zu wissen, wie man nach einem verschwundenen Dozenten fragt und getraute mir durchaus, geschlossene Türen zu öffnen und vorher höflichkeitshalber anzuklopfen. Ihr ging es eigentlich um ein Brötchen, denn Tee hatte sie ja im Büro, während es mir um etwas ging, was sie nur deshalb interessierte, weil es zufällig auf dem Weg...

Ich stand noch eine Weile vor dem Raum herum, nicht lange genug, um meine Brötchentheorie zu verifizieren, aber länger als üblich, wenn man nicht auf etwas Bestimmtes wartet. Ich wollte der Frau, die mich so nett hierher begleitet hatte, nicht in Verlegenheit bringen, wenn sie auf dem Rückweg in ihr Büro ein Brötchen... und so räumte ich kurzerhand den Flur vor dem Raum und bestieg mein Fahrrad.

Freitag, 7. Februar 2014

Nummer sicher

Am Mittwoch schrieb ich meine letzte Klausur. Und damit meine ich nicht die letzte im Semester, sondern hoffentlich verdammt nochmal die allerletzte Scheißklausur meines Lebens. Es war aber gar keine Scheißklausur. 5 Antworten, nur eine davon sollte richtig sein. Jeder, der einen Führerschein bestanden hat, konnte diese Prüfung auch bestehen.

Im Gegensatz zur Klausur am Vortag ging es tatsächlich pünktlich los, weshalb ich die Erklärungen am Anfang vor dem Einlass nicht ganz mitbekam. Meines Nachnamens wegen musste ich allerdings die Seite wechseln, denn der andere Eingang war meine Tür. Gefühlt standen alle auf der falschen Seite.

Bevor wir jedoch reingehen durften, wurden unsere Studenten- und Personalausweise mit unserem Gesicht abgeglichen. Setzen sollten wir uns nur dort, wo ein weißer Zettel lag. Das war der Teil der Ansage, den ich nicht vernommen hatte, dachte mir das allerdings so. Es gab eine weitere Ansage, die uns die vorletzten Instruktionen einbrachte. Leider saß ich viel zu weit weg, um alles zu verstehen. Aber das Wichtigste verstand ich, nämlich dass ich alles und noch ein paar mehr Hinweise auch auf den ersten zwei Blättern meiner Klausur finden werde.

Und weil das nicht genug Instruktionen sind, gab es am Ende der Klausurblätter eine weitere Instruktion, um uns zu erklären, wie wir die Ergebnisse unserer Arbeit auf einem einzigen Blatt, auf das letzte Blatt, zu übertragen haben, wie wir zu korrigieren haben (dafür gab es eine extra Spalte) und wie wir mit den Zetteln umzugehen haben, wenn wir sie abgeben wollten.

Und wissen Sie was? Es durften nach all den Ansprachen, noch vor Klausurbeginn, sogar noch Fragen gestellt werden. Zum Verfahren, nicht zur Sache natürlich. Und wissen Sie was? Es wurde sogar eine Frage gestellt. Was wir denn ankreuzen sollen, wenn wir etwas nicht wissen, ob wir dann irgendwas ankreuzen sollen. Und der Dozent hatte darauf sogar eine Antwort, die stünde auch in der Anleitung: wenn wir etwas nicht wissen, sollten wir raten, er könne uns dieses Verfahren allerdings nicht für die gesamte Klausur empfehlen. Dieser allerletzte Hinweis stand nicht in den Instruktionen.

Freitag, 24. Januar 2014

Klausur, Klappe die Erste

Habe gestern meine erste von 4 Klausuren geschrieben. Mit der ersten Aufgabe begonnen, die wusste ich. Dann habe ich rumgesessen und auf die Blätter meiner Sitznachbarn geschielt.

Es wollte mir partout nichts einfallen. Irgendwann war die Hälfte der Zeit um und ich hatte zu jeder Aufgabe einen ersten Satz geschrieben. Außer bei 1, die wusste ich. Bei Aufgabe 3 zum Beispiel schrieb ich, dass das ES nach Freud die Triebe sind. Wir sollten skizzieren, was das ES bei Freud und bei Parsons sei. Zu Parsons wusste ich nichts. Ich hatte mittlerweile gemerkt, dass die Leute um mich herum auch nichts wussten. Ich wollte schon schreiben: "Bei Parsons ist es etwas anders. Ich weiss nur gerade nicht wie.", als mir noch was einfiel.

Ich schrieb noch jeweils zwei bis drei weitere Sätze zu den verbliebenen Aufgaben und gab dann auf. Es hatte keinen Sinn. Ich schrieb extra undeutlich, um möglichst viel Raum für Interpretation zu lassen. Es war erbärmlich.

Freitag, 6. Dezember 2013

Namensschilder richtig falten

Es gibt ja bekanntlich für alles mehrere Lösungen und häufig sind sogar mehrere darunter, die etwas taugen. Leider sind aber mindestens die Hälfte immer Mist, wie sich häufig nach erfolgter Erprobung herausstellt. Ich musste jahrelang studieren, um das herauszufinden und bekomme dafür leider keinen Abschluss. Trotzdem möchte ich meine Ergebnisse nun einmal präsentieren:

Ein Namensschild zu falten gehört, wenn man über zwei funktionierende Hände verfügt, für niemanden zu den Herausforderungen, mit denen man sich rühmen kann. Man nehme dafür ein Blatt Papier, falte es in der Mitte und stelle es auf. Selbst Kleinkinder, oft weder des Lesens und des Schreibens mächtig, können dann ihren Willi draufsetzen und das Ergebnis auf einen Tisch platzieren. Studenten machen das genauso; nur anders.

Studenten werden des Öfteren – in letzter Zeit wieder häufiger, weil langjährige Professorinnen in den Ruhestand gehen und durch einsemestrige Kurzzeitvertretungen ersetzt werden – dazu aufgefordert, ein Namensschild zu produzieren. Bei einem Professor, der mir und fast allen anderen Teilnehmern des Seminars eher unbekannt war (anderes Institut wildert fremd), sollten wir unsere Vornamen draufschreiben. Er tat das Gleiche mit seinem Vornamen und wir redeten uns, mit Sie, aber in lockerer Atmosphäre an. Die Kurzzeitdozentinnen, die häufig sogar jünger als ich sind, verlangen stattdessen, unseren Nachnamen zu erfahren, halten es aber nicht für notwendig, ihren Namen ebenfalls zu Papier zu bringen. Welche von beiden Varianten nun jovialer erscheint, sei nicht unsere Sache, es lohnte sich aber an anderer Stelle vielleicht einmal darüber nachzudenken.

Zu den Schildern also: Es scheint auf den ersten Blick tatsächlich leicht, sich ein solches anzufertigen, allerdings mit unterschiedlich lang anhaltendem Erfolg. Die beiden häufigsten Varianten, die ich bei meinen Studien erkannt habe, lassen sich wie folgt beschreiben: Eine große Falte in der Mitte des Blattes und jeweils eine kleine an beiden Rändern, um für zusätzliche Stabilität zu sorgen. Man kann damit nicht, das „Aufblähen“ oder „Zusammenfallen“ verhindern, aber es ist eine Tätigkeit, die größtmögliche zeitliche Reserven abverlangt, was den Raum für Erörterungen innerhalb des Seminars eklatant verkürzt. Exzellente Falter haben nämlich häufig nichts zu sagen und auch niemals ein eventuell zuvor gebrauchtes Namensschild parat, sie falten immer neu und immer gleich.

Die mit nur wenigen Faltern repräsentierte Gruppe, verlässt sich häufig auf weniger Faltungen, entweder nur eine Falte in der Mitte oder vielleicht noch eine kleine Falte vorn. Das „Aufblähen“ oder „Zusammenfallen“ ist hier noch viel schlimmer. Oft fällt das Schild auch einfach in sich zusammen und wird dann durch die kleinen Faltungen vorn und hinten am Blatt nachträglich ergänzt. Das braucht natürlich viel Zeit. Zugutehalten muss man diesen Faltern allerdings, dass hier offensichtlich ein Lernprozess einsetzen kann, der zwar leider nicht von selbst ausgelöst wird, sondern eher ein Produkt der räumlichen Verhältnisse ist (z.B. durch offene Fenster oder glatte Tischplatten), aber immerhin, wir wollen nicht meckern. Zu dieser Kategorie zählte auch ich bis vor kurzem, der Lernerfolg blendete mich.

Seit neuestem aber bin ich der letzten Gruppe zuzuordnen. Diese bestand bei dem Referenzseminar meiner Untersuchungen aus nur einer Studentin. Sie holte einen zweifach gefalteten Zettel aus ihrer Tasche und stellte diesen auf den Platz vor sich. Die zwei Faltungen ergaben zwei ungefähr gleichgroße Abschnitte, auf denen sie vorn und hinten! ihren Namen aufgetragen hatte und einem dritten Teil, der etwas größer war und darunter zum Liegen kam. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, es hätte die kleine Schwester vom Erfinder des Smart Covers für Tablets sein können. Diese Variante steht wie eine Eins und sieht aus wie das Dach vom Nikolaushaus.


Die Zahlen in den jeweiligen Faltvorlagen bildet die Menge der Falter ab.

Ich übernahm diese Variante natürlich sofort für das kommende Seminar und lernte sogar noch dazu. Ich schrieb auf die Vorder- meinen Nach- und auf die Rückseite meinen Vornamen. Als ich mit meiner Erkenntnis und meinen Unterlagen ins Prüfungsamt ging, wurde ich dort nur müde belächelt. Das hätten andere auch schon versucht, sagte man mir da. Dort gab es gedruckte Namensschilder in Plastikständern.

Dienstag, 3. Dezember 2013

Student Marengo

Da sitze ich in der Mensa und bearbeite gerade einen Hähnchenschenkel mit meiner Gabel. Ich sitze hier völlig allein inmitten von Hunderten von Studenten an einem Tisch auf einem Stuhl, den ich besorgt höflich heranrücken muss, wenn jemand daran vorbei möchte, und da ich niemanden habe, der mich auf bessere Gedanken bringen kann, muss ich das selbst tun. Ich stelle mir also die Frage, ob der Hahn glücklich war. Das ist keine Frage, mit der man gewöhnlich auf bessere Gedanken kommt aber genau das macht für mich den Reiz dieser Frage aus. Ich habe schon ganz andere Schlachten geschlagen.

Ich kaue gerade auf einem Stück Haut herum, das alles andere als knusprig und wohlschmeckend ist, als ich mich meiner Frage folgendermaßen zu nähern versuche. Worin unterscheidet sich ein glücklicher von einem weniger glücklichen Zustand? Das ist natürlich davon abhängig, was ich als Hahn darunter verstehen würde.

Sagen wir, ich käme zur Welt in einer kleinen Box mit Hunderten anderer Hähne und fahre kurz danach gemütlich über ein Laufband, während plötzlich eine Hand neben mich greift und einen offensichtlich kranken Hahn vom Laufband nimmt. Da es auf den Unterschied ankommt, um feststellen zu können, welcher Moment jetzt der glücklichere ist, bleibt mir kaum etwas anderes übrig, als dem entfernten Hahn mein Beileid zu wünschen und mich glücklich zu schätzen.

In der Folge meines kurzen Lebens, gerate ich ständig in solche Situationen. Nebenbei fresse und picke ich, ich flattere herum oder ich schlafe unter dem Schein einer blauen Lampe, eingepfercht in einen Stall mit Hunderten meine Artgenossen. Immer bleibe ich übrig. Nur ganz am Schluss, da packen sie mich, töten und zerteilen mich. Mein Bein läge dann auf einem Teller, wie meinem, totgekocht in einer Tomatensoße mit Pilzen, dazu Kroketten mit einem so klingenden Namen wie „Hähnchenkeule Marengo“.

Ist das nicht glückliche Fügung, auf genau diesem Teller zu landen? Kann ich als Hahn nicht verlangen, dass, wenn ich schon am Ende gefressen werde, wenigstens mein Esser dabei glücklich ist? Ich als Esser des Beins würde sagen, dass es das Mindeste sei, was ich für den Hahn tun könnte. Und dennoch, ich sitze völlig allein unter Hunderten meiner Artgenossen an einem Platz, der kaum den Namen verdient und esse einen Hähnchenschenkel, der so lieblos in sich zusammenfällt, wenn ich nur einmal kurz aufseufze, dass ich eigentlich einen Löffel gebraucht hätte, statt einer Gabel und dann kommt so ein blöder Hahn und macht mir Vorwürfe, ich müsse doch glücklich sein bei dem Gedanken an ihn.

Wenn mich in diesem Moment jemand nach einer Definition von Glück gefragt hätte, ich hätte auf den Hähnchenschenkel gezeigt und gesagt, das bin ich, und wäre gegangen.

Donnerstag, 28. November 2013

Bürokratie ist alles, Studieren nichts

Ich war natürlich wieder auf dem letzten Drücker da. Das Prüfungsamt hatte gerade noch so geöffnet und ich stand mit ein paar anderen Studenten erstmal vor der Tür, bis mir aufging, dass die beiden einfach nicht wussten, dass die Tür offen ist und sie einfach eintreten dürfen. Es war ja schließlich gerade noch so Sprechzeit.

Heute endet der Zeitraum, um sich für mögliche Prüfungen anzumelden, ein von mir gern vernachlässigtes Datum. Ich nehme mir jedes Semester vor, sofort zu Beginn hinzugehen und am Ende laufen mir immer heißkalte Schauer über das Gemüt, weil ich jeden Tag daran erinnert werde und ich immer noch nicht da war. Ständig laufen einem Studenten über den Weg, die die Prüfungsanmeldung gerade vorhaben, wo es gerade erledigt ist oder wo einfach noch drüber geredet werden muss.

Ich ging also in den Raum mit meinen drei am Computer ausgefüllten Vordrucken. Alles in Schönschrift, gut lesbar und sogar eine maschinelle Verarbeitung wäre möglich. Aber da sitzt meine Lieblingssachbearbeiterin, kein Computer. Sie strahlt mich an, nimmt mir meine Zettel ab und klärt mich kurz auf über das Procedere. Wann ich ersehen kann, dass ich angemeldet bin, dass ich nicht heute Abend sofort unter meinen Zugangsdaten nachschauen kann, weil die Bearbeitung etwas dauert.

„Aber als alter Hase wissen Sie das natürlich, Herr Leisetöne. Da brauche ich Ihnen ja nichts vorzumachen“, generös zwinkert sie mir dabei zu und ich fühle mich einfach gut aufgehoben. Ich fühle mich immer gut aufgehoben bei ihr. Sie hat mit mir schon gemauschelt und getrickst, hier mal ein Modul angepasst und mir dort noch einen Tipp gegeben. Ich verdanke ihr viel. Dass sie mich erkannt hat, finde ich natürlich auch gut.

Einmal, vor ein paar Jahren, ich war gerade dabei meine Punkte zusammenzukratzen, um meine Bachelorarbeit anzumelden, da saß ich bei ihr und sie sagte mir in vertraulichem Ton: „Herr Leisetöne, jetzt mal ganz unter uns. Das Studium ist doch ein Klacks, das kann doch jeder. Aber die bürokratischen Hürden zu meistern, zu wissen, welche Scheine, wo benötigt werden, an welches Amt man sich wann meldet, das ist die eigentliche Weihe des erfolgreichen Studienabschlusses. Damit haben Sie endgültig bewiesen, dass Sie in unserem Verwaltungsapparat zu funktionieren wissen.“

Recht hatte Sie. Nichts ist schwerer als aus dem ganzen Papierkram schlau zu werden. Ich habe schon mehr als 3 verschiedene Prüfungsordnungen erlebt, und das in nur einem Fach! Ich schulde ihr auf jeden Fall etwas und ich schwöre, wenn ich fertig bin mit dem Studium, dann stelle ich dem Prüfungsamt eine Kiste Prosecco vor die Tür, anonym natürlich, sonst heißt es noch, ich hätte die Sachbearbeiterinnen bestochen.

Mit einem beschwingten Gefühl verabschiede ich mich von ihr, nachdem wir noch ein wenig geplaudert hatten und sie wollte gerade zur Erwiderung ansetzen, da schaute sie doch tatsächlich auf meinen Zettel und liest meinen Namen ab: „Tschüß Herr… Leisetöne, und viel Erfolg in den Prüfungen!“

Sie hatte mich gar nicht erkannt! Ihr erfahrener Blick, vergleichbar in etwa mit dem eines Fahrkartenkontrolleurs hatte sie lediglich dazu befähigt, schnell zu reagieren. An meiner Matrikelnummer, die mit einer 2 beginnt, hatte sie erkannt, dass ich schon geraume Zeit studiere – mittlerweile sind wir bei 4 als Anfangsziffer. Und mein Name steht ja ebenfalls auf dem Blatt, in Druckschrift, gut lesbar. Was hatte ich mir nur wieder eingebildet? Da gibt es tausende von Studenten und ausgerechnet mich erkannte sie wieder. Ich bin schon manchmal ein bisschen blöd.

Trotzdem. Ohne sie wäre ich vielleicht schon nicht mehr an der Uni, würde wieder Küchen verkaufen, zu Mondpreisen, die ich dann generös runterrechne – und mit dem geübten Blick eines Fahrkartenkontrolleurs würde ich sofort erkennen, ob sich das Geschäft lohnt oder ob ich lieber den Kunden dort hinten ansprechen sollte.

Mittwoch, 13. November 2013

Verkackt

Das Referat war für den Garten. Ich habe nicht hingehört, mir meinen eigenen Reim drauf gemacht und meinen Kommilitonen mit hineingeritten in den Quatsch, den ich verzapft habe. Wir sollten doch tatsächlich einen inhaltlichen Überblick über die Epoche des Kolonialismus geben. Ich konnte das nicht glauben, als der Dozent das damals gesagt hatte, schließlich sitzen ja keine Erstsemester in diesem Fachdidaktikseminar.

Der Kurs richtet sich ja vor allem an Leute, die ihr Fachpraktikum im Master absolvieren wollen oder einen zweiten Schein für ihr Didaktikmodul benötigen. Es wäre sicherlich ganz nett, wenn man bereits im ersten Semester damit konfrontiert wäre, dann würde man womöglich nicht erst nach 3 oder mehr Semestern* merken, dass einem das Ganze nicht liegt. Sind aber keine Erstsemester im Kurs, mindestens 3. Semester, wir hatten uns am Anfang einander vorgestellt, das wäre mir aufgefallen, wenn da ein Erstsemester dabei gewesen wäre. Ist ja auch egal.

Inhaltlich sollten wir arbeiten, wir sollten dem Plenum die Epoche des spanischen Kolonialismus vorkauen. Indigene Kulturen, Kulturkontakt, Sklavenhandel, Konquistadoren usw. Schaubilder, Karten, Jahreszahlen, Persönlichkeiten. Das sollten wir machen. Gemacht haben wir eine Schulbuchkritik. Verkackt halt.



*Wenn Ihnen das m in Semestern abhanden kommt, kommt Seestern raus, das finden sie mit keiner Rechtschreibkontrolle. Das nützt Ihnen jetzt nichts, verdeutlicht aber die ungefähre Entfernung des Themas unseres Referats von der eigentlichen Aufgabenstellung.

Dienstag, 12. November 2013

Geschichtsdidaktik

Ich habe heute schon wieder ein Referat zu halten. Diesmal geht es um Schulbücher und was diese aus bestimmten Themen so machen. Unser Thema ist dabei der Kolonialismus. Diese Zeit umfasst schon ein paar Jahre und so wundert es nicht, wenn in der Schullaufbahn gleich mehrmals darauf zu sprechen gekommen wird, einmal in der Sek. I und ein weiteres Mal, zumindest in Niedersachsen, in der Sek. II.

Ich hatte bereits zuvor aufSchwachstellen in der Schulbuchthematik hingewiesen, die wir in einem anderen Seminar erörtert hatten. Hier gestaltet sich der Anspruch zumindest in Teilbereichen ein wenig besser, wenngleich auch hier wieder unnötig plakatiert und weniger auf sinnvolle Zusammenhänge geachtet wird.

Ein wirklich schönes Beispiel dafür war eine Abbildung aus dem 16. Jh., die Montezuma und Cortés in Verhandlungen zeigen. Dazwischen steht Malinche als Übersetzerin. Weder wird in den Texten noch in anders gearteten Quellen auf diese Abbildung verwiesen. Es gibt keinerlei Erklärung, wer Malinche gewesen ist, und auch eine Aufgabenstellung zu der Abbildung, wie sie zu den anderen Bild- und Textquellen durchaus vorhanden sind, wird nicht vergeben. Da prangt also einfach eine Illustration, die knapp 1/5 der gesamten Seite einnimmt in diesem Schulbuch und niemand außer vielleicht die Lehrkraft hat eine Ahnung, worum es dabei gehen könnte.

Das zweite Beispiel, aus einem anderen Schulbuch, hat dagegen durchaus überzeugt, zumindest was die Auswahl der Text- und Bildquellen anging. Das ist auch kein Wunder, denn ein in der Geschichtsdidaktik sehr geläufiger Name taucht als Herausgeber auf, Dr. Hans-Jürgen Pandel. Die Aufgabenstellungen, die das Kapitel bereithält, sind manchmal ein wenig weit weg vom lebensweltlichen Kontext der Schülerinnen und Schüler, aber es gibt genügend Alternativen in dem Buch, um Peinlichkeiten möglichst gering zu halten, siehe dazu „Stellt euch eine Szene vor, in der spanische Eroberer einer Gruppe von Indianern den Text von Q1 (die Quelle 1 ist ein Text, den die Spanier, den Indianern in spanischer und lateinischer Sprache vortrugen, wenn sie von dem Land Besitz ergreifen wollten) vorlesen. Baut euch zu einem Standbild auf. Versucht in eurer Haltung auszudrücken, was die Menschen damals gedacht und gefühlt haben.“ In der 7. Klasse, hätte ich mich schlicht geweigert, so eine Aufgabe zu machen, das wäre mir hochpeinlich gewesen.

Montag, 4. November 2013

In der Brotdose!

Meine Tochter macht uns nun schon seit Tagen verständlich, dass sie keinen Brei mehr aus von unserer Hand geführtem Löffel zu sich nehmen möchte. Bislang hatten wir dies immer als Ungezogenheit gewertet und ihr kräftig eins mit dem Löffel gegeben, einem großen Holzlöffel.

Nein. Das taten wir natürlich nicht. Stattdessen nahm meine Frau den zweiten Kinderstuhl, der bereits im Wohnzimmer geparkt war und auf diesen Einsatz geduldig gewartet hatte, stellte ihn an den freien Platz unseres Esstisches, setzte sie hinein und es geschah ein kleines Wunder. Sie benahm sich plötzlich wieder. Sie rangelte nicht mehr herum, sie saß still und artig und fixierte mit den Augen, die Dinge, die da so auf dem Tisch standen. Was sich in Reichweite befand, wurde mit Fingerfertigkeit, Geduld und Spucke herangetragen und verzehrt. Käse, Gurke, Brot.

Mich hat sie mit diesem Entwicklungssprung gehörig überrascht, weil ich zurzeit doch erheblich zu tun habe. Mir fehlen einfach ein paar Mahlzeiten in der Woche, die ich nicht dabei bin. Ich mache solche Beobachtungen stattdessen in der Uni.

Im Seminar habe ich heute allerdings keinen Entwicklungssprung gesehen, sondern den möglichen Endpunkt einer solchen. Die zwei Leute, die ich da sah, sind mir höchst unsympathisch, weil sie ständig irgendwas anderes zu tun haben, als mit geschlossenem Mund den Ansichten ihrer Kommilitonen oder Dozentin zu lauschen. Stattdessen reden sie lieber halblaut untereinander über ihre Mitmenschen im Raum und glauben sich dabei unbeobachtet. Aber ich habe sie im Blick und so musste mir auffallen, was da aus der mitgebrachten Brotdose hervorlugte, als einer der beiden sie öffnete. Darin war kein Brot, Kuchen oder sonstiges Essbares, darin befand sich der durch regelmäßige Perforierung eingeteilte Abreißzettel einer großen Fast-Food-Kette. In der Brotdose!

Donnerstag, 31. Oktober 2013

Wegen Nadolny im Rohr krepiert

Es ist Mittwoch gewesen und Mittwoch ist bei mir immer der ernsthafte Studientag. Ich befasse mich da vor allem mit dem Lebensweltbegriff, wie der geneigte Leser hier und hier schon mitbekommen konnte. Außerdem befasse ich mich mit einem ebenso elementaren Thema in Bezug auf den Lehrerberuf, den ich vielleicht einmal ausführen werde: mit der Gesprächskompetenz. Dazu gibt es ein total überlaufenes Seminar. Wir sind inklusive Dozent sage und schreibe 60 Personen in einem Raum, der geradeso über das Kontingent an Sitzplätzen verfügt, zählt man die Reihen mit, die sich hinter, neben und vor den eigentlichen Sitzreihen aufbauen lassen, indem zusätzliche Stühle aufgestellt werden.

Gesprächskompetenz ist der Wille zum Ausdruck und Verständnis.

Das war meine Definition, die ich von diesem Begriff für mich aufschrieb. Das sollten wir machen, damit wir sie einerseits im Plenum vorstellen konnten und andererseits etwas zum Verifizieren hätten bei Abschluss des Seminars. Die anderen, die vorgetragenen Definitionen waren alle so lang, dass ich davon keine behalten habe. Ein Manko, wie ich fand. Denn bevor wir diese unsere eigene Definition aufschreiben sollten, reichte der Dozent kleine Kärtchen herum, auf denen waren Sprüche, Zitate, Aphorismen und Bilder zu sehen und wir sollten diese Karte dem Plenum vorstellen und dazu unsere Meinung kundtun. Ich hatte eine Karte, auf der war kein Bild. Darauf war der dritte Grund des Nicht-Reden-Könnens nach Sten Nadolny abgedruckt. Sinngemäß ging es um die Angst vor dem Falsch-Verstanden-Werden und dem Sich-der Lächerlichkeit-Aussetzen.

Ich konnte meine Karte nicht vorstellen, weil ich so den Urgrund der Karte verraten hätte. Das Einzige, was ich hätte tun können, wäre den Text ohne jegliche Erläuterung, die im Übrigen bei den gehörten Vorstellungen außerordentlich gut waren, vorzulesen. Tat ich aber nicht, ich überlegte nämlich, wie ich mein Verhalten dann erläutern müsste, um verstanden zu werden. Dieses Problem schildert Nadolny übrigens auf einer Karte, die meine Nachbarin in den Händen hielt: so lange über die richtigen Worte nachzudenken, bis die Gelegenheit, sie sagen zu können, vorbei ist.

Aber zurück zu dem eigentlichen Grund für die Kürze meiner Definition: Auf einer dieser Karten stand ein Spruch von Luther: Tritt‘ frisch auf, Tu‘s Maul auf, Hör‘ bald wieder auf, so ungefähr. Die wurde uns vorgestellt und das machte Eindruck auf mich. Das wollte ich berücksichtigen. Ich wollte mich ja melden, als es darum ging, die Definitionen vorzutragen, aber mir fiel nicht so wirklich ein, wie ich meine Definition erklären sollte. Also was ich alles damit meinte. Ist ja auch nicht Sinn der Sache, eine Definition erklären zu müssen. Außerdem wollten auf einmal alle zu Wort kommen. Bei den Kartenbeschreibungen zuvor meldete sich fast niemand, der Dozent musste mehrmals darum bitten und zum Schluss sogar jemanden bestimmen, seine Karte vorzustellen, und als es dann um diese vermaledeiten Definitionen ging, hatten plötzlich alle was zu sagen, sogar meine Nachbarin ist pünktlich fertig geworden.

Ich tat gut daran, mich nicht zu melden. Die Definitionen reichten den Kommilitonen nie aus, immer hatte jemand etwas vergessen, monierten sie, und immer musste die Definitionen mehrmals gelesen werden, weil sie viel zu lang waren, um sie sich zu merken. Ich überlegte die ganze Zeit, was wohl gewesen wäre, wenn ich woanders gesessen und eine andere Karte gezogen hätte. Wenn ich’s Maul aufgetan hätte, ob dann alles anders gekommen wäre. Ich überlegte bis zum Schluss des Seminars und noch darüber hinaus, und wenn ich nicht gestorben bin, dann überlege ich noch heute.

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