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Donnerstag, 28. November 2013

Bürokratie ist alles, Studieren nichts

Ich war natürlich wieder auf dem letzten Drücker da. Das Prüfungsamt hatte gerade noch so geöffnet und ich stand mit ein paar anderen Studenten erstmal vor der Tür, bis mir aufging, dass die beiden einfach nicht wussten, dass die Tür offen ist und sie einfach eintreten dürfen. Es war ja schließlich gerade noch so Sprechzeit.

Heute endet der Zeitraum, um sich für mögliche Prüfungen anzumelden, ein von mir gern vernachlässigtes Datum. Ich nehme mir jedes Semester vor, sofort zu Beginn hinzugehen und am Ende laufen mir immer heißkalte Schauer über das Gemüt, weil ich jeden Tag daran erinnert werde und ich immer noch nicht da war. Ständig laufen einem Studenten über den Weg, die die Prüfungsanmeldung gerade vorhaben, wo es gerade erledigt ist oder wo einfach noch drüber geredet werden muss.

Ich ging also in den Raum mit meinen drei am Computer ausgefüllten Vordrucken. Alles in Schönschrift, gut lesbar und sogar eine maschinelle Verarbeitung wäre möglich. Aber da sitzt meine Lieblingssachbearbeiterin, kein Computer. Sie strahlt mich an, nimmt mir meine Zettel ab und klärt mich kurz auf über das Procedere. Wann ich ersehen kann, dass ich angemeldet bin, dass ich nicht heute Abend sofort unter meinen Zugangsdaten nachschauen kann, weil die Bearbeitung etwas dauert.

„Aber als alter Hase wissen Sie das natürlich, Herr Leisetöne. Da brauche ich Ihnen ja nichts vorzumachen“, generös zwinkert sie mir dabei zu und ich fühle mich einfach gut aufgehoben. Ich fühle mich immer gut aufgehoben bei ihr. Sie hat mit mir schon gemauschelt und getrickst, hier mal ein Modul angepasst und mir dort noch einen Tipp gegeben. Ich verdanke ihr viel. Dass sie mich erkannt hat, finde ich natürlich auch gut.

Einmal, vor ein paar Jahren, ich war gerade dabei meine Punkte zusammenzukratzen, um meine Bachelorarbeit anzumelden, da saß ich bei ihr und sie sagte mir in vertraulichem Ton: „Herr Leisetöne, jetzt mal ganz unter uns. Das Studium ist doch ein Klacks, das kann doch jeder. Aber die bürokratischen Hürden zu meistern, zu wissen, welche Scheine, wo benötigt werden, an welches Amt man sich wann meldet, das ist die eigentliche Weihe des erfolgreichen Studienabschlusses. Damit haben Sie endgültig bewiesen, dass Sie in unserem Verwaltungsapparat zu funktionieren wissen.“

Recht hatte Sie. Nichts ist schwerer als aus dem ganzen Papierkram schlau zu werden. Ich habe schon mehr als 3 verschiedene Prüfungsordnungen erlebt, und das in nur einem Fach! Ich schulde ihr auf jeden Fall etwas und ich schwöre, wenn ich fertig bin mit dem Studium, dann stelle ich dem Prüfungsamt eine Kiste Prosecco vor die Tür, anonym natürlich, sonst heißt es noch, ich hätte die Sachbearbeiterinnen bestochen.

Mit einem beschwingten Gefühl verabschiede ich mich von ihr, nachdem wir noch ein wenig geplaudert hatten und sie wollte gerade zur Erwiderung ansetzen, da schaute sie doch tatsächlich auf meinen Zettel und liest meinen Namen ab: „Tschüß Herr… Leisetöne, und viel Erfolg in den Prüfungen!“

Sie hatte mich gar nicht erkannt! Ihr erfahrener Blick, vergleichbar in etwa mit dem eines Fahrkartenkontrolleurs hatte sie lediglich dazu befähigt, schnell zu reagieren. An meiner Matrikelnummer, die mit einer 2 beginnt, hatte sie erkannt, dass ich schon geraume Zeit studiere – mittlerweile sind wir bei 4 als Anfangsziffer. Und mein Name steht ja ebenfalls auf dem Blatt, in Druckschrift, gut lesbar. Was hatte ich mir nur wieder eingebildet? Da gibt es tausende von Studenten und ausgerechnet mich erkannte sie wieder. Ich bin schon manchmal ein bisschen blöd.

Trotzdem. Ohne sie wäre ich vielleicht schon nicht mehr an der Uni, würde wieder Küchen verkaufen, zu Mondpreisen, die ich dann generös runterrechne – und mit dem geübten Blick eines Fahrkartenkontrolleurs würde ich sofort erkennen, ob sich das Geschäft lohnt oder ob ich lieber den Kunden dort hinten ansprechen sollte.

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Zuletzt aktualisiert: 22. Mär, 21:06

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