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Bei den Leisen Tönen. Manchmal braucht es einen Blog, um sich Luft zum Denken zu verschaffen. Keine Steckenpferde, Hobbies oder sonstiges Spezielles, nur Luft zum Denken.

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Gedankeninseln

Sonntag, 2. August 2015

Tja

Ich ging über den Parkplatz eines Baumarktes und trug meine gekauften Sachen gerade zum Auto, als mir plötzlich auffiel, wie korrekt ich doch geparkt hatte. Es entstand ein Dialog in meinem Kopf, bei dem ich einen Preis gewonnen hätte, den mir zwei herbeigelaufene Parkplatzwächter überreichen wollten. Sie stellten mir allerhand Fragen. Ob denn die Plätze rechts und links von mir bereits beim Einparken leer gewesen seien. Ich bejahte. Ob ich das aus Gewohnheit machte oder ob das Zufall war, solche Sachen eben.

Sie lobten mein überaus korrektes Verhalten, müssten mich aber rügen, weil ich auf dem Weg zum Auto einen Trampelpfad über die Rabatten benutzt hätte, anstatt den korrekten Weg zu nehmen. Sie diskutierten jetzt untereinander, ob sie mir den Preis überhaupt aushändigen dürften, während ich die wenigen Sachen in mein Auto lud. Ich dachte an einen Einkaufsgutschein, einen Blumenstrauß oder wenigstens eine Plakette, die ich mir neben meinen Unbedenklichkeitsaufkleber zur Schadstoffemission kleben könnte. Das war eine schwarze Vier auf grünem Grund. Ich wurde unangenehm an mein Abiturzeugnis erinnert. Ich stieg ein und startete den Motor. Kein Preis. Tja.

Dienstag, 23. Juni 2015

Sommer ohne

Vorgestern war Sommeranfang. Der längste Tag des Jahres nahm sich aus wie ein schöner Februarmorgen und ich bin stolzer Besitzer einer Erkältung wegen Tragens unpassender Kleidung. Zwanzigfünfzehn, das Jahr, das wie ein Versprechen auf spannende Abendunterhaltung klingt, enttäuscht wieder einmal mit einem schlechten Tatort. Der Sommer ist wie die Sonntagabendunterhaltung: alle reden drüber aber stattfinden tut sie nicht.

Montag, 8. Juni 2015

Hauptsache klicken

Im Netz scheint es nicht der Text zu sein, der darüber entscheidet, ob etwas gut ist, sondern der Link, der im Text enthalten ist. Nur er lässt den Leser entweder tief eintauchen oder an der Oberfläche verharren. Als notorischer Klickbruder, bin ich an jedem Link interessiert und muss leider viel zu oft feststellen, dass der gesetzte Link nicht funktioniert, nicht weiterleitet.

Unterstrichene Verheißung mit Frustpotential nenne ich sowas. Das kommt auf den besten Seiten vor, in den besten Texten finden sich Sackgassen. Heute war ich auf einer Seite, die es in der gesamten Kategorie auf gerade einmal drei funktionierende Links brachte. Es handelte sich dabei gar nicht um einen Text im herkömmlichen Sinne, sondern um eine Linksammlung, eine schlichte Liste, die auf Texte oder Quellen verweisen sollte, die nicht mehr vorhanden waren. Wenn ich nicht wenigstens ein Drittel der Texte bereits gekannt hätte ich daran verzweifeln können.

An anderer Stelle las ich tatsächlich einen Text, einen wirklichen, gehaltvollen. Auch er enthielt Links. Nach drei erfolglosen Weiterleitungsversuchen, machte ich mir die Mühe, jeden einzelnen Link anzuklicken, nur um festzustellen, dass sie allesamt tot waren.

Mittwoch, 13. Mai 2015

Gelbe Köpfe und kein Herz für Zusteller

Wir haben jetzt zwei Wochen hintereinander ausprobiert, wie es ist, sich abends auf der Limmer für ein Bier zu treffen. Es war in jeder Woche jeweils der falsche Tag dafür. Ich schließe daraus, dass meine innere Uhr auch keinen Sommer macht.

Ein weiterer Schluss ergab sich aus meiner kaputten Jacke, die ich beim ersten Treffen trug und nicht zuziehen konnte, weil der Reißverschluss kaputt war. Gestern, beim zweiten Treffen, hatte ich nämlich die Jacke längst gegen eine neue ausgetauscht und fror trotzdem. Die Jacke sieht zwar gut aus aber sie hält einfach nicht warm.

Von der Bank aus, wo wir letzte Woche saßen, konnten wir die Reste eines Ladengeschäfts begutachten. Das Geschäft war einfach eine Ecke weiter gezogen und spart sich nun wahrscheinlich die Hälfte der Miete, weil dieser Bereich der Limmer keine Fußgängerzone mehr ist. Herr Putzig würde dies mit einer 1b-Lage kommentieren und hätte wahrscheinlich Recht, es ist ihm nur nicht aufgefallen, nein, er war noch nicht da, als ich mit Trithemius darüber sprach.

Von dem Umzugsplakat habe ich ein Foto gemacht, weil es so passend das Leben auf der Limmer wiederspiegelt. Lauter Gelbköpfe rennen in die neue Postfiliale oder kommen aus ihr heraus, um sich vom reichhaltigen Angebot berauschen zu lassen. Das führt scheinbar häufig zu allgemeiner Kopflosigkeit, um die sich die ehemalige Postfiliale natürlich Sorgen gemacht hat. Deshalb haben die Leute von der Post den Leuten vor der Post einen gelben Punkt auf die Schultern geklebt, um ihnen wenigstens halbwegs die Würde einer menschlichen Gestalt wieder zu geben.





Gestern unterhielten wir uns dann kurz über die Apotheke von gegenüber, die ebenfalls umgezogen ist. Die Apotheker zog es genau einen Hauseingang weiter nach links in ein Geschäft, das schon so lange leer stand, dass der Mietpreis wahrscheinlich einer 1b-Lage entspricht, obwohl es 1a-Lage ist. In der alten Apotheke ist auch schon wieder jemand am renovieren, die Fenster sind mit schwarzen Planen zugedeckt und auf einem Plakat in der Tür wird darauf hingewiesen, dass die Pakete für die Apotheke jetzt nebenan abzugeben seien. Diesen Hinweis hat sich die ehemalige Postfiliale übrigens erspart, die Post hat wohl kein Herz für Zusteller.

Mittwoch, 6. Mai 2015

Schmunzeln

Gestern Abend stand ich für geraume Zeit an einer Supermarktkasse hinter einem dicken Mann. Dieser hatte seine Waren aufs Band gelegt, guckte zu mir hinüber und überlegte; vielleicht überlegte er, mich vorzulassen, weil ich nur einen Artikel hatte, entschied sich dann aber anders und sortierte seine Sachen wieder um, akkurat am Band ausgerichtet bis auf die beiden Schnittbrote am Ende. Vielleicht drehte er sich aber auch zu mir um, weil ich leise vor mich hin summte, ich hatte nämlich, wie so oft, einen Ohrwurm, den er vielleicht trotz seiner Ohrstöpsel in einer Liedpause mitbekommen hatte.

Ich habe ständig Ohrwürmer und kann sie nur so lange behalten, bis ich einen neuen habe. Was ich gestern für einen Ohrwurm hatte, weiß ich gar nicht mehr, denn heute Morgen bin ich aufgewacht und summte die ganze Zeit die Melodie von „Das ganze Leben ist ein Quiz“ von Hape Kerkeling.

Neulich las ich „Kühn hat zu tun“ von Jan Weiler, dessen Kommissar ja auch ständig einen Ohrwurm hat und sich nicht daran erinnern kann, woher dieser kommt. Dem Leser des Romans kommt das nicht so spanisch vor, wenngleich die vollständige Erklärung erst am Ende des Buches kommt. Assoziationen, Erinnerungsfetzen aus den großen kursiven Passagen deuten in dem Buch auf die Herkunft dieser Ohrwürmer hin.

Es gibt ja Bücher, in denen habe ich die kursiven Passagen manchmal nicht zu Ende gelesen, sondern einfach überblättert. Spontan fällt mir da „Der Turm“ von Uwe Tellkamp ein, da waren diese Stücke manchmal doch ein wenig zu arg verschroben. Ich dachte auch, dass Huxley in „Kontrapunkt des Lebens“ solche Passagen hätte, aber ich habe sie auf die Schnelle nicht gefunden, dafür aber jede Menge Anstreichungen. Eine davon lautete: „Gottesdurstig kamen die Männer aus den spirituellen Wüsten der Werkstatt und des Büros zum Tempel der Spirituosen.“ Das brachte mich zum Schmunzeln.

Ich hatte gestern Abend nämlich lediglich eine Flasche Wein auf das Laufband gelegt, die dann, eingekeilt von zwei Warentrennern, vor sich hin rollte. Ich schmunzelte auch (was für ein herrliches Wort: schmunzeln!) über den Mann an der Kasse vor mir, der seine Waren neu sortierte und dabei die Schnittbrotpackungen vergaß und nicht an der Kante ausrichtete. In Gedanken schob ich die Packungen zurecht und nickte ihm dann aufmunternd zu, als er sich deshalb zu mir herum drehte. In Wirklichkeit schmunzelte ich nur, das hörte er diesmal nicht.

Mittwoch, 18. Februar 2015

Gute Nacht

Ich war auf einem Diskussionspodium zu Charlie Hebdo. Kein Selbstmordkommando, denn die Gäste waren handverlesen und die Werbung dafür minimalistisch, ich musste mir also keine Sorgen machen. Ganz hinten zu sitzen, hat den Vorteil, nicht alle Redner von Angesicht zu sehen, und den Nachteil, nicht alle Redner von Angesicht zu sehen. Mir eröffnete das vor allem eine Perspektive von Gleichmut, nachdem ich festgestellt hatte, dass selbst ein harsches Einschwenken nur einen Teilerfolg bringt. Ich fand mich damit ab und lauschte den Worten.

Der Eingangsvortrag, erfrischend kurz und provokant, stellte sogleich ein paar Thesen auf, nämlich, dass es sich tatsächlich um Islam handelt, wenn Islam draufsteht. Im philosophischen Sinne ist das keine Neuentdeckung, die Feststellung aber für so manch Zeitgenossen sehr unbequem, Beispiele gab es zu Hauf. Die Huntingtonsche Dimensionalität aufnehmend argumentierte der Redner, ein Politikwissenschaftler, in Richtung „Westen“ und hinterließ bei mir nicht selten den Eindruck, auf einer Pegida-Kundgebung zu sein, die Absicht war natürlich zu offensichtlich. Den danach folgenden Diskussionsteilnehmern schien dieser Zusammenhang gänzlich verloren gegangen zu sein. Meistens konnte sich das Anfangsargument durchaus hören lassen, die Argumentation jedoch verfiel in Strickmuster, wie sie allseits bekannt sind: Radikalisierung von „Verwirrten, die den Islam als Projektionsfläche für zumeist männliche Gewalt- und Machtphantasien sehen. Da ist schon interpretiert worden, bevor die Frage - es ging nämlich eigentlich darum, warum sich jemand in Deutschland radikalisiert – überhaupt gestellt worden war.

Der grüne Bundestagsabgeordnete präsentierte sich höflich aber festgefahren. Der SPD-Mann dagegen war eher ratlos und gab dies sogar offen zu. Die „Halb-Iranerin“ warf dem Politologen Einseitigkeit vor und der Moderator verwies einmal mehr auf die Vielschichtigkeit der islamischen Gesellschaft, indem er den Unterschied zwischen Sunniten und Schiiten breittrat. Herausgekommen ist nichts von Belang, also braver Applaus und zustimmendes Nicken. Verlorene Zeit, wenn da nicht dieser Begriff wäre, der sich in mir formte, nachdem wir uns später zusammensetzten, um darüber zu reden. Ein simpler Versprecher eigentlich, über den ich jetzt erstmal nachdenken muss, bevor ich ihn mitteile. Bis dahin.

Gute Nacht

Freitag, 2. Januar 2015

Der kompetente Herr Bartels

Der totale Einfall kam mir, als ich das Gespräch von gestern Nacht resümierte und unsere Stühle nachzählte. Wir hatten einen zu wenig für die Gäste, die zu Silvester bei uns feiern wollten. Daraus ergaben sich zwei Möglichkeiten, eine davon ließ mich mein Frühstück vorzeitig beenden und der anderen Möglichkeit zu harren, die nicht mir sondern meiner Frau eingefallen war. Lass uns doch schnell bei Ebay gucken, ob nicht einer einen solchen Stuhl gerade anbietet, dann können wir uns Ikea ersparen, sagte sie. Ich sah meine Kötbullar sich in Luft auflösen und fragte deshalb nach der letzten Scheibe Toast. Ja, die würde sie noch essen, sagte sie und schaltete sogleich den Rechner an, um nach frei gewordenen Stühlen zu fahnden.

Meine Laune war im Keller. Einsilbig kommentierte ich den von ihr vorgelesenen Bestand. Ich Glückspilz hatte Glück und die Stühle waren entweder nicht unser Modell oder zu weit weg oder zu teuer oder beides von allen. Es wurde abgemacht, zu Ikea zu fahren und den fehlenden Stuhl zu holen. Was wird da schon los sein, dachte ich noch, als meine Frau davon anfing, wie voll das da sein wird. Als ob die Leute nichts Besseres zu tun hätten, als zwischen den Jahren frittierte Klöße mit Pommes zu essen – Preiselbeeren finde ich bescheuert, sowas gehört ins Kompott.

Wir fuhren da hin und wie das manchmal so passiert, macht man sich so seine Gedanken, wo der Pulk der Autos denn so hin will am frühen Mittagmorgen. Als dann keine andere Option mehr offen war, musste ich meiner Frau zugestehen, dass sich Hannover zum Klöße Essen bei Ikea verabredet hatte. Die Freifläche war gesperrt, das erste Parkdeck komplett zugeparkt und im zweiten fanden sich ganz hinten noch ein paar Plätze für diejenigen, die zu spät dran waren, für uns also.

Wir machten aus, dass meine Frau den Stuhl und bei der Gelegenheit gleich noch ein Sitzkissen besorgen würde, während ich mit den Kindern irgendwo warten würde, um dann gemeinsam zur Kantine zu gehen. Es war so voll, dass ich Mühe hatte einen Platz zu finden, wo ich den Kinderwagen parken konnte, ohne dass er im Weg stand – er stand dann schlussendlich im Weg – und außerdem noch auf Madame ein Auge haben könnte. Der Große ist gerade bei den Großeltern, das machte die Sache einigermaßen übersichtlich. Madame kochte mir in der Kinderküche eine Suppe aus Pilzen, Fisch und dem Krönchen eines Stoffmuffins, während ich aus Kleinsttassen imaginierten Tee und Kaffee schlürfte. Heiß!, sagte Madame immer wieder und ermahnte mich, doch vorher zu pusten.

Dann war es endlich soweit. Wir gingen rüber, bestellten unsere Kötbullarportionen und fanden sogar einen Fensterplatz. Minimi bekam nur Brei, was ihn irgendwie zu frustrieren schien. Madame machte sich ohne Umschweife über die Klopse her, bis meiner Frau einfiel, ihr die kleine Schwedenflagge zu reichen, die in einem ihrer Klopse steckte, von da an wurde unter erschwerten Bedingungen weiter gespeist. Halbe Klopse landeten schon mal auf dem Fußboden, wenn die schwedische Gabel plötzlich nachgab, den Klopsen machte das nichts, die hatten da unten reichlich Gesellschaft.

Ich aß mit Inbrunst meine Kötbullar, die Pommes und die Soße, die so lau war, wie ich sie in Erinnerung hatte. Salz dürften die Schweden kaum gekannt haben, ein Umstand, den ich immer wieder vergesse, sobald ich mit den Klößen sitze und es mir gemütlich gemacht habe. Pech eben. Geht’s eben ohne Salz.

Nebenbei hörte ich die Durchsagen. Es kamen viele davon. Einige handelten von Falschparkern, andere von Kindern, die aus dem Smalland abgeholt werden wollten und die besten sind natürlich die Durchsagen, die sich an Personen richten, denen Angehörige verloren gegangen sind: „Herr Bartels, Herr Bartels, bitte kommen Sie in die Pflanzenabteilung! Ihre Frau und Ihre Tochter warten da auf Sie!“ Ich träumte von Familienzusammenführungen und davon, wie Herr Bartels nichts ahnend, dass er eine Tochter hätte, in die Pflanzenabteilung ginge und sich von weitem erst einmal einen Überblick verschafft, seine Tochter sieht und plötzlich entscheidet, dass er doch keine Tochter haben möchte, und diese Frau auch nicht. Was für ein schlauer Typ.

„Frau Bartels, Frau Bartels, bitte kommen Sie in die Pflanzenabteilung! Ihr Mann erwartet sie dort!“ Prompt kommt also die Retourkutsche, dachte ich bei dieser zweiten Anrufung. Da hat ihm die Frau und Tochter nicht gefallen und dann ruft er sich einfach eine Neue aus. Und auf die Tochter hat er gleich verzichtet, das muss ein richtiger Stratege sein dieser Herr Bartels. Vielleicht sollte ich mir auch einen Herr Bartels besorgen - aber heute nicht, es ist hier einfach zu voll.

Samstag, 6. Dezember 2014

Betonen Sie die Spitze!

Ich muss jetzt leider ganz weit ausholen, weil das sonst überhaupt keinen Sinn macht. Vor zwei Tagen war ich beim Zahnarzt bei einer Freundin. Wir haben zusammen in der Strandbar gearbeitet und sie hat mir meine höchstens mittelmäßig schlechten Zähne versucht, einigermaßen in Schuss zu halten; sehr kostengünstig für mich armen Studenten. Früher sagte ich ja immer, dass man genau drei Leute in der Familie bräuchte: einen KFZ-Mechaniker, einen Rechtsanwalt und einen Arzt. Scheiß auf den Arzt, Zahnarzt oder Zahnärztin ist viel besser.

Jedenfalls zog sie eine Spritze auf und stach mir ins Fleisch, dann ließ sie mich allein und kam wenig später wieder mit einer ganz frischen Azubine. Die Azubine sollte mir den Mund aufhalten. Mich störte das nicht, die Betäubung war so ausreichend dosiert worden, dass ich erst am Abend merkte, wie es nun mit der Topographie meiner Mundhöhle beschaffen ist. Wie gesagt, ich spürte nichts, aber meine Zahnärztin war nach der dritten oder vierten Berichtigung des Saugrüssels und dem anderen Ding, womit sie mir die Wange abhalten sollte, leicht angenervt. Sie musste dann ganz plötzlich kurz raus und als sie wiederkam, hatte sie eine ältere Kollegin dabei, mit Haaren auf den Zähnen, was Saugrüssel und andere Dinge in Mundhöhlen anbelangte. Meine Zahnärztin sagte mir dann, dass die Azubine noch ganz neu wäre und noch nicht genug Erfahrung hätte, ich fand es gut, dass sie sie trotzdem zuerst hat machen lassen.

Aber darauf wollte ich gar nicht hinaus, behalten Sie das im Hinterkopf. Denn als ich nur zwei Tage davor bei Trithemius im Wohnzimmer saß und wir zum x-ten Mal auf Pauli zu sprechen kamen, den Pauli, der Nobelpreisträger der Physik war und daran glaubte, dass sobald er einen Versuchsraum betritt, geht alles schief, redete ich natürlich auch von Jung, der das zusammen mit Pauli untersuchte und daraus sein Synchronizitätsproblem machte. Ich habe ja keine Ahnung von Psychologie und, wenn es das gibt, noch weniger von Ahnung von Physik, und obwohl ich den Namen Pauli jedes Mal wieder vergesse, sobald ich Trithemius wieder verlassen habe, kann ich aus dem Stand eine Erklärung liefern, wie das funktioniert mit der Synchronizität. Habe ich an dem Abend gemacht. Wollen Sie sie hören? Nein? Ist auch besser so. War wahrscheinlich totaler Blödsinn, ich habe mir noch nicht die Mühe gemacht, tatsächlich einmal nachzulesen, was das denn bedeutet, diese Synchronizität. Irgendwo las ich mal davon und den Rest habe ich mir dann selbst zurechtgelegt. Meine herbeigeklaubten Erklärungen finde ich immer viel besser.

Naja, manche finden die Erklärungen zwar auch interessant, haben jedoch im Gegensatz zu mir später die Muße, sich des Problems anzunehmen und einmal ausgiebig zu recherchieren. Dabei kommt meistens heraus, dass ich Blödsinn geredet habe in mindestens zwei von vier Fällen. Für diese Fälle haben mir Trithemius, Filipe d’Accord und Herr Putzig vor längerer Zeit eine Geburtstagskarte geschenkt, auf der Pangaea abgebildet ist, weil ich irgendwann einmal von Pangaea erzählte, und wie Trithemius sagte: als ob ich dabei gewesen war. Immer wenn ich jetzt irgendwas erzähle, drohen sie mir mit der Pangaeakarte, was ich dann beiseite wische und es trotzdem erzähle.

Aber das ist nicht der Punkt. Gestern kam eine Freundin meiner Frau, die gerade ihre Assistenzarztstelle in einer Klinik begonnen hatte, ich hörte nur mit einem Ohr zu, weil ich eigentlich damit beschäftigt war, unserem jüngsten Nachwuchs beim Einschlafen die Arme festzuhalten, damit er sich nicht bei seinen Flugversuchen den Nuckel aus dem Gesicht schlägt, und darüber fast selbst eingeschlafen wäre, aber ich hörte diesen Satz da. Es ging darum, dass sie 5 Stunden im OP stand und irgendwelche Haken hielt und ständig kam dieser Satz von der Oberschwester oder dem Arzt oder beiden, ich weiß es nicht mehr: „Betonen Sie die Spitze, Frau Sowieso!“

Und dann fiel mir zuerst die Azubine ein und dann dieser ganze andere Quatsch hier, und dann habe ich immer noch nicht nachgeguckt, ob das überhaupt Hand und Fuß hat, ob ich hier nicht gerade Jungs Synchronizität mit Schrödingers Katze zu erklären versuche. Verstehen Sie jetzt, was ich meine? Nein? Nicht schlimm. Nein, wirklich, das macht nichts, denken Sie sich einfach die Karte hier unten, halten Sie diese bitte kurz hoch und dann gehen Sie weiter.

Dienstag, 9. September 2014

Böser Traum

Als ich mich eben an den Rechner setzte, erinnerte ich mich plötzlich an den Traum, den ich heute Nacht hatte. Eigentlich ist davon überhaupt nichts hängen geblieben, bis auf ein kleines Dialogschnipselchen zwischen mir und meiner Frau. Sie sagte mir nämlich, dass sie gern einen eBook-Reader hätte. Ich muss so bestürzt darüber gewesen sein, dass die restliche Nacht entweder völlig traumlos verlief oder ich mir einfach nichts mehr merken konnte.

Sonntag, 7. September 2014

LNDN NRD = Linden Nord

Ich besitze ein schwarzes Notizbuch, das leider nicht meiner eigentlichen Norm von schwarzen Notizbüchern entspricht, die ich irgendwann einmal zu schätzen gelernt habe. Statt eines weichen Lederumschlages ist es in einen gestärkten Lederumschlag eingebunden. Es ist kaum biegsam. Es war Sommer, wenig Taschen, weil wenig Klamotten. Wenig Platz für gesteifte Umschläge. Seit ein paar Wochen schon ändert sich das Ganze, weil die Temperaturen nachlassen und ich gezwungen bin, wieder eine Jacke oder wenigstens ein Hemd zu tragen. Ich führe deshalb mein Notizbuch wieder mit mir. Am Mann, nicht in einem Rucksack oder nur gedanklich. In wenigen Fällen kann ich mich dazu aufraffen, die wenigen überhaupt notierenswerten Dinge aufzuschreiben. In vielen Fällen bleiben sie als Gedanke in meinem Kopf oder verschwinden wieder.

Heute Abend, bei einem letzten Gang, um den Kopf frei zu bekommen, verhaftete ein Gedanke in meinem Kopf, nämlich vergessen zu haben, was meine allerletzte Notiz gewesen war. Ich konnte mich nicht daran erinnern. Ich schaute in mein Notizbuch und plötzlich hatte ich die gesamte Situation wieder vor mir. Es war Samstag und ich ging über das Limmerstraßenfest, genauer gesagt, ging ich über die Limmer, auf der das alljährliche Fest „zu Ehren“ der Limmerstraße gefeiert wurde. Himmel und Menschen gingen bei leichtem Nieselregen auf der Straße entlang, keine Straßenbahn störte die Ströme der Fußgänger. Überall waren Buden, Zelte und Stände aufgebaut, die Informationen an den Mann bringen wollten.

Zuerst ein Stand, bei dem nicht ersichtlich war, ob man die gebrauchten Brettspiele und Bücher kaufen konnte oder ob sie in der Tombola als Gewinne ausgeschrieben waren, die mit Hilfe eines Glückrades verlost werden sollten. Es drehte gerade niemand am Rad. Dahinter in einer kleinen Seitengasse kam eine Bühne, auf der auf dem Hinweg noch Schlager und auf dem Rückweg dann Karaoke gesungen wurde – vielleicht war es auch die ganze Zeit Karaoke. Die Bühne stand auf Höhe eines Dönerladens vis à vis zu den Waschweibern, einer Kneipe mit riesigen Waschmaschinen, wo unsere Nachbarn vor zwei Wochen frühstücken waren, wie sie mir neulich erzählten, als ich sie nach ihrem Urlaub zufällig im Hausflur traf. Dann folgte der Stand der mir höchst unsympathischen Trödlerin, die ebenfalls gebrauchte Bücher im Gepäck hatte. Sie steht auch öfter vor der Hauptmensa und breitet dort ihre Tische aus. Die Bücher sind zu teuer, schlecht sortiert und die Frau ist, gelinde gesagt, unfreundlich, sollte man sich nicht sofort entscheiden, vielleicht sogar die Frechheit besitzen, eines der Bücher anzufassen und darin zu blättern. Die Preise sind handschriftlich auf klitzekleinen Zetteln, die auf dem Buchrücken angebracht sind, notiert. Wenn ein Buch keinen Preis hat, dann liegt das daran, dass er zuvor abgefallen ist, weil sich jemand oder man selbst erdreistet hat, nach dem Buch zu greifen und den Preis dabei „versehentlich“ abgestreift hat. Ich kaufe dort keine Bücher mehr, habe aber ein Auge auf diese Person, die immer in Leggins, entweder zu Fuß oder auf dem Fahrrad unterwegs ist, wenn sie nicht gerade auf einem Klappstuhl hinter oder neben ihrem Verkaufsstand sitzt und raucht. Auf dem Flohmarkt an der Faust ist sie auch jedes Mal dabei. Sie kommt immer so früh, dass sie den einzigen wirklich überdachten Platz erhält, der dort ist, eine Toreinfahrt, die sie, wenn man von außen hereinkommt auf den Hof, rechtsseitig mindestens zur Hälfte allein mit ihren Tischen verbraucht.

Auf Höhe ihres Standes befand sich auf der gegenüberliegenden Seite ein Stand von den Piraten, der Partei, wo man sich aus einem Luftballon ein Schwert basteln lassen konnte. Dort traf ich dann auch den besagten Mann, der zu meiner Notiz führt. Zu meiner allerletzten Notiz in meinem Notizbuch, das ich zufällig bei mir trug. Ich schrieb: LNDN NRD = Linden Nord = London Nerd. Der Typ, der das T-Shirt mit dem Aufdruck „LNDN NRD“ trug, ist mir überhaupt nicht mehr präsent, selbst nach langem Überlegen, komme ich weder auf sein Gesicht, noch könnte ich sagen, welcher Nationalität, welcher Art Menschenschlag, ob er lange oder kurze Haare hatte, Bart trug oder keinen, eine lange oder kurze Hose, ob er in Begleitung oder allein war. Er war männlich, kleiner als ich und lief vor mir her, schräg rechts. Er hatte sich oft genug umgesehen, so dass ich sein Gesicht mindestens im Profil sehen konnte, die Straße war zwar voll, aber längst nicht so von Menschen besetzt, dass mir nicht aufgefallen sein konnte, was er sonst noch so trug. All diese mir fehlenden Informationen sind die Vokale auf dem T-Shirt. Deshalb trug er wahrscheinlich eine kurze Hose und Turnschuhe, hatte mittellange Haare, die unter einem Base Cap hervorlugten. Er oder wenigstens seine Eltern haben einen Migrationshintergrund und sie waren zu zweit und tranken jeder ein Bier aus der Flasche.

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