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Bei den Leisen Tönen. Manchmal braucht es einen Blog, um sich Luft zum Denken zu verschaffen. Keine Steckenpferde, Hobbies oder sonstiges Spezielles, nur Luft zum Denken.

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Mittwoch, 18. November 2015

Juan S. Guses Roman "Lärm und Wälder" - keine Rezension

Das heutige Seminar war zu kurz. Es hatte exakt die gleiche Zeitspanne zur Verfügung wie sonst auch, aber sie reichte nicht aus. Bezüglich meines Tiefs, hatte ich heute vorgesorgt, indem ich eine Viertelstunde eher da war, die Cafeteria aufsuchte und mir einen großen Latte macchiato mit Weißer-Schokolade-Sirup bestellte, den ich dann in der mir übrigen Zeit vor Seminarbeginn austrank. Üblicherweise bestelle ich keinen Sirup, üblicherweise trinke ich meinen Kaffee mit Pfefferminzsirup, den mache ich mir allerdings selbst und das zweimal die Woche an meinem Arbeitsplatz, dem Spandau. Dort überfällt mich nie ein Tief, auch nicht zur Mittagszeit. Diesen signifikanten Zusammenhang machte ich mir zu Nutze und ging also gestärkt zum Seminar.

Wir hatten einen Gast dort, den Autor eines Romans, Juan S. Guse. Sein Roman heißt „Lärm und Wälder“. Zur Vorbereitung las ich sein Buch nicht, sondern schaute mir nur die eine oder andere Rezension an. Ich muss gerade so viele Bücher lesen, dass ich mit meiner Zeit wirklich sehr gut haushalten muss. Und dieses Buch wurde uns zwar anempfohlen, gehört aber nicht direkt zum Stoff des Seminars, und das für nächste Woche angesetzte Buch, von dem ich bislang nur ca. 80 Seiten gelesen habe, schlummert aus Zeit- und Lustmangel noch immer in der Warteschleife. Was ich stattdessen lese und las, findet sich zum Teil hier im Blog beschrieben und ein anderer Teil befindet sich auf meinem Schreibtisch. Das Buch für kommende Woche ist allerdings Stoff des Seminars, da werde ich mich noch ranhalten müssen.

Jedenfalls erzählte uns Juan eine ganze Menge zu seinem Roman, ein wenig zum Buchbetrieb und noch weniger von seiner Arbeit daran. Vielmehr las er ein paar spannende Passagen aus seinem Buch vor. Die Beeindruckendste war mit Abstand ein Kapitel, das nur aus einzelnen Gesprächsfetzen zu bestehen schien und manchmal sogar Sinn ergab, wenn das Gespräch nur lang genug war. Dies sollte auch so sein. Davon gibt es vier Kapitel in dem Buch, sie heißen „Hotline“, wenn ich mich recht erinnere.

Diese Kapitel geben Gespräche wider, die von den Bewohnern der „gated communities“ mit ihren Verwaltern geführt wurden, also wenn mal der Wasserhahn tropft, die Katze entlaufen ist, sowas. Darin kam eine Szene vor, wo der Anrufer sich mit einem Strauß Blumen bei seiner Nachbarin dafür entschuldigen wollte, dass er sich irrtümlicherweise in ihren, statt in seinen Garten gelegt hat nach der Arbeit, um sich, wie er es sonst auch immer tut, fünf Minuten auf einem der Liegestühle zu entspannen, bevor er ins Haus geht. Er bemerkt seinen Fauxpas zu spät, er wird entdeckt, Gekreisch, Panik usw. Und nun ruft er bei seiner „Mutti“ an, dem Servicetelefon des Wohnkomplexes, um der Frau, seiner Nachbarin, einen Blumenstrauß nebst Entschuldigungsschreiben zukommen zu lassen. Darin macht er deutlich, wie peinlich ihm das Ganze ist, und wie sehr er es bedauert, dass seine Nachbarin ihn auf diese Weise kennenlernen musste. Er wohnt dort schon seit sieben Jahren, aber das sei ihm noch nie passiert. Und es sollen keine Rosen sein, sagt er noch, er wolle ja nicht als perverser Stalker (sinngemäß) in seiner Nachbarschaft bekannt werden.

Diese Szene finde ich deshalb so stark, weil sie ein Klischee bedient, das jeder kennt. Die Darstellung ist durchaus witzig und wir haben uns darüber natürlich köstlich amüsiert, aber im Grunde genommen ist diese Szene bei längerer Betrachtung ein Apfelstückchen, das uns im Halse stecken bleibt. Erstmal köstlich und dann tragisch. Wir könnten darüber nicht lachen, wenn wir nicht jemanden kennen würden, dem es schon einmal so ergangen ist oder wir selbst in so einer Situation waren. Wir könnten nichts mit der Komik anfangen, wenn sie uns nicht allzu bekannt vorgekommen wäre. Wer hielt nicht schon einmal ein Stockwerk zu früh und wunderte sich, dass der eigene Schlüssel nicht passte? Oder krasser: Wer kennt denn alle seine Nachbarn? Womöglich in einem Mehrfamilienhaus in einer Großstadt, oder die Leute von einem solchen Haus nebenan, die vielleicht auf der gleichen Etage, Wand an Wand auf ihre Fernseher starren, die sich mit dem Rücken gegenübersitzen.

Juan sagte auch, er wolle mit seinem Buch keine Kritik an diesen Wohnkomplexen üben, er wolle Fragen stellen. Er wies darauf hin, dass wir Teil des Problems sind. Dass es diese "Abschottung", wie er es nannte, im ganz Kleinen und im ganz Großen gäbe.

So ging die Seminarzeit dahin. Es wurde noch einiges mehr geredet, was ich hier gar nicht in aller Ausführlichkeit schildern möchte und kann. Es wurde noch geredet, da hatte ich längst meine Sachen gepackt, weil ich dringend meinen Sohn aus der Kita abzuholen hatte. Wer weiß, wie lange die dort noch gesessen haben. Nicht mal für das Kaffeeexperiment reichte die Zeit, ich verließ den Raum genau so hellwach, wie ich ihn betreten hatte.

Dienstag, 17. November 2015

Das Mittagstief

Wegen meiner anhaltenden Tiefs gegen Mittag wollte ich mir neulich etwas überlegen. Ich überlegte mir, einen Text dazu zu schreiben, der einzige Fehler war: es war Mittag. Ich kam bei meinen Überlegungen zum Mittagstief nicht einmal über die Pluralform von Tief hinaus, weil ich nicht im Traum daran dachte, an dieses Wort ein -s anzuhängen. Vielmehr stand mir der Sinn danach, die Mehrzahl über ein angehängtes -e auszudrücken.

Beides sind durchaus gängige Verfahren, um aus einem Einzahlwort ein Mehrzahlwort zu machen. In manchen Fällen aber, wenn es sich so ergibt, ist die Wahl des Plural bereits vorgegeben, um keine Verwechslungen mit ähnlichen Wörtern zu evozieren. Sollten Sie einmal in die Verlegenheit kommen und darüber nachdenken, ob sie die Mehrzahl von Mittagstief nicht als Mittagstiefe ausdrücken sollten, womöglich um die Mittagszeit herum, lassen Sie sich gesagt sein: das geht nicht! Ich habe es probiert. Sie kommen damit der anderen Substantivierung von tief ins Gehege.

Tief, also das kleine tief, kann ja als Substantiv zwei Dinge bedeuten: entweder bezeichnet es eine Stelle, die im Vergleich zu ihrer Umgebung ziemlich weit unten ist, dann sagen wir Tiefe, oder sie bezeichnet einen Zustand, der sich durch bestimmte niveaubetreffende Eigenschaften von den Räumen seiner Umgebung unterscheidet, er liegt dann unter dem Niveau der anderen und nennt sich dann Tief. Sie können mehrere tiefe Stellen haben, dann sind das die Tiefen und sie können mehrere solcher Zustände haben, dann sind das Tiefs, keine Tiefe, keine Tiefen! Das ist alles schon besetzt.

Haben Sie also jemals ein Tief zu Mittag und sollte sich dies wiederholen, ich wünsche es Ihnen nicht, niemandem wünsche ich das, sagen Sie nicht, dass es sich dabei um Mittagstiefe handelt. Es sind Mittagstiefs, so blöd das auch klingt. Wir könnten uns ja auf Mittagtiefs einigen, um die Aussprache zu erleichtern. Das ist übrigens nicht falsch. Das passiert dem Mittag sogar öfter, dass einfach das s in der Mitte getilgt wird, sobald es sich um eine Zusammensetzung handelt. Man sagt zwar Mittagspause aber nicht Mittagsessen, man sagt Mittagessen.

Man sagt übrigens auch nicht Mittagtief, sondern Mittagstief. Ich habe es gerade gegoogelt. Man könnte aber Mittagtiefs sagen, glaube ich. Im Duden finden Sie dazu leider gar nichts. Die Dudenredaktion kennt kein Mittagstief, die arbeiten immer. Und wenn Sie online mal etwas abrufen wollen, zum Beispiel die Mehrzahl von Tief, machen Sie dies trotzdem nicht um die Mittagszeit, da werden Sie von der Dudenredaktion nämlich auf eine andere Seite verwiesen:

„Wartung, die…
Bitte schauen Sie später noch einmal vorbei, derzeit wird die Seite für Sie gewartet.“

Montag, 16. November 2015

Pommes um halb fünf

Heute Morgen um 04:31 Uhr war die Nacht vorbei. Das war sehr schade, denn es ist nicht die Zeit, die ich üblicherweise bis zu dem Zeitpunkt, das Haus zu verlassen, benötige. Es ist viel zu viel Zeit.

Das war auch deshalb schade, weil ich mich gerade in einem interessanten Traum befand, bei dem ich eine Wette auf die Zukunft eines Mückenstiches platzieren sollte. Es kamen lauter Leute darin vor, die ich kenne, und es versprach noch ein wenig schlüpfriger zu werden, als es sowieso schon der Fall war. Naja, ich will hier niemanden kompromittieren, weil sie sich in meinem Traum ein wenig haben gehen lassen, deshalb werde ich hier keine Namen nennen.

Aufgewacht bin ich, weil unser jüngster Sohn seinen Schnuller nicht finden konnte und sich lautstark und unglücklich über den leeren Mund äußerte. Das hörte ich und lief schnell hinüber. Gänzlich verstimmt über diesen Umstand hatte sich der kleine Racker schon aufgesetzt und blickte sich im Halbdunkel um. Ich fing sofort an, die üblichen Schnullerplätze aufzusuchen und wurde natürlich nicht fündig. Nirgends war dieses Ding zu sehen bzw. zu ertasten. Unsere Tochter war mittlerweile ebenfalls erwacht und beobachtete mich dabei, wie ich mit dem freien Arm unter dem Bett den Staub aufwirbelte. Nichts. Unser Sohn hatte sich derweil wieder hingelegt und den Schnuller wieder im Mund. Also sprach ich ein paar nutzlose, beruhigende Worte und verließ das Zimmer.

An Einschlafen war nicht mehr zu denken. Ich dachte deshalb an etwas anderes, um mich abzulenken. Ich dachte daran, dass Trithemius sich seit neuestem immer eine Portion Pommes kauft, wenn wir uns im Vogelfrei treffen und ich ihm, je nach Hungerlage ein bis fünf Pommes stibitze. Und nicht nur ich. Auch Herr Putzig greift manchmal zu und Filipe d’Accord. Jedenfalls dachte ich, wäre es doch nett, ihm ein Sammelheft zu schenken, in dem wir ihm je einen Stempel hineinstempeln nach einem solchen Mahl, und wenn er dann, sagen wir mal, 20 Stempel von einem von uns hat, bezahlt derjenige die Pommes von Trithemius.

Um 06:27 Uhr war ich mit Denken fertig und hörte bereits, wie die drei kleinen Racker Krawall machten. Da war die Nacht dann wirklich vorbei.

Samstag, 14. November 2015

Scheißwochenende

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Donnerstag, 12. November 2015

Alfred Polgar: Die Mission des Luftballons

Habe gestern in einen Polgar hineingeschaut, einen, den ich noch nicht kannte. Die Zusammenstellung orientiert sich am Gesamtwerk Polgars und zeigt es in Ausschnitten. Der Querschnitt, der dabei entsteht, umfasst knapp 50 Jahre; eine unglaublich lange Zeit.

In dem Kapitel, was ich gestern las, ist mir ein Stilmittel aufgefallen, dass ich noch nicht so richtig fassen kann, aber etwas damit zu tun hat, dass Polgar hier bekannte Muster – sei es nun im Denken, Sehen oder anderem Sinn – umdreht. Er baut Perspektivenwechsel ein, die überraschend sind, spannend. Einfach toll.

Das Kaptiel „Trost in Krisenzeit“ beginnt mit einem solchen Perspektivenwechsel. Der erste Artikel heißt: „Automobile sehen dich an“. Da ist er schon der Perspektivenwechsel. Aus der eigenen Position heraus, sich diese Gefährte sowieso nie leisten zu können, starrt nicht er auf die Autos, sondern die Autos auf ihn. Markige Werbesprüche greifen ins Leere und ihre Verpuffung am Zielobjekt der Botschaft demaskiert ihre eigentliche Sprödheit: „Nehmt Spidolin, das Öl der Sieger.“

Im Kleinen kann Polgar das auch. Da beobachtet er einen Zeitungsverkäufer, der wie ein Automat sein Zeitungsexemplar anpreist, egal ob nun Passanten da sind, die ihn hören können oder nicht: „Als ob in dem Mann ein Sprechmechanismus aufgezogen wäre, der, automatisch ablaufend, alle zehn Sekunden Laut gibt. Dieser Zeitungsverkäufer, den die Maschine noch nicht schluckte, schluckte die Maschine.“ Eine Anspielung auf den Vorstoß der Maschinen in die Arbeitswelt kehrt er um in eine widernatürliche Anpassung des Menschen an diese Situation. Wer assimiliert hier wen oder was assimiliert hier was, könnte man sich fragen. Großartig.

Mittwoch, 11. November 2015

Der Schied: Unter-

Gestern trafen sich die drei Halunken in ihrer Lieblingsspelunke und sprachen über Whisky. Whsiky kann man ja auch so schreiben: Whiskey. Dann kommt er von woanders her. Das ist auch schon ein Unterschied. Man kann auch Scotch oder Bourbon dazu sagen, jedenfalls zu manchen. Zu manch anderen wiederum nicht. Und es gibt alte Whiskys und alte Wihskys. Oder auch alte Whiskesy oder alte Wihskeys.

Das mit dem alt kommt daher, dass es sich entweder um einen alten Whisky handeln kann, der entweder lange gereift ist oder einfach schon lange irgendwo herumsteht und einem nur vorgegaukelt wird, dass der Wikhsey reift, obwohl er eigentlich schon schlecht ist. Diese Whiksys schmecken dann nur Kennern.

Und dann gibt es noch das andere alt, welches sich gar nicht auf den Wsikhye bezieht, sondern damit eher das Nunterehmen und seine lange Tradition im Brauen von Wyhski meint. Oder auch Whiskye. Sagt man das überhaupt so, Brauen?

Brauen ist ja auch so ein Wort mit völlig unterscheidlicher Debeutung. Hängen sie dir über den Augen, müssen sie entweder fediniert oder gestutzt werden, und sind sie selber Audsruck einer Tätigkeit, entsteht daruas Bier oder Whisky. Oder auch Whiskey.

Was überhaupt gar nicht stimmt, denn Wkysih wird gar nicht gebraut, der wird gebrannt. Weyskhi übrigens auch nicht. Bruaen eigent sich hüberaupt nicht zur Schrebeibung der Herstellung von Wkisyh.

Die vier Halunken stritten sich jefendalls eine Weile darüber, viewiele Unterscheide das denn wohl sind, zwischen alt und alt und alt und alt. Und weil einer der Lahunken nicht renchen konnte, kam bei ihm immer einer mehr rehaus als bei den anderen. Das barchte die anderen beiden so auf die Plame, dass sie fortan nicht mehr über Whisky sprachen. Porst!

Dienstag, 10. November 2015

SPAM



Spam ist eine Erscheinung, mit der fast jeder, der über einen Email-Account verfügt, zu kämpfen hat. Das ist nun schon seit mehr als 37 Jahren so. Die erste Spam-Mail wurde laut Wikipedia bereits am 03.05.1978 verschickt, als solche bezeichnet wurde sie aber erst im Jahre 1993.

Die Herkunft des Wortes Spam ist eine Art Akronym, entstanden aus einem Markennamen für Dosenfleisch. Seit 1936 bezeichnete es diesen Artikel und setzte sich zusammen aus SPiced hAM. Und weil diese Wurst das einzige war, was die Briten massenhaft zu essen bekamen während des zweiten Weltkrieges, hat sich der Name in das kollektive Gedächtnis eingebrannt und besteht bis heute.

Spam ist heute kein im Überfluss verfügbares Dosenfleisch mehr, sondern im Überfluss versandte Nachrichten zweifelhaften Inhalts. Der Überfluss in Zeiten des Mangels die namensgebende Konstante. Denn auch heute sind Emails von Bedeutung noch Mangelware. Häufig werden die im Intranet einer jeden Firma verschickten Dienstanweisungen und Neuigkeiten als solche deklariert. Jeder vernunftbegabte Mensch löscht sie einfach. Oder es handelt sich um private Emails, die auch nicht mehr Information enthalten. Wenn wir ganz ehrlich sind, könnten wir auf Emails eigentlich komplett verzichten.

Es gibt aber auch einen verschwindend geringen Teil elektronischer Korrespondenz, der tatsächlich wichtig ist, uns häufig vor Straf- und/oder Mahngebühren bewahrt, der uns Liefertermine für dringend benötigte, eilig bestellte Ware mitteilt, der allgemein ein Hilfsmittel der eigenen Tätigkeit im Internet liefert, sei es nun eine Bestellbestätigung bei einem Versandhandel oder die Anmeldung in einem Forum für Strickmuster von Pullovern aus Alpakawolle. Diese Mails landen im Spam-Ordner.

Montag, 9. November 2015

Altruismus und Schuhe


Leider etwas verwackelt


Es gibt eine neue, innovative Form der Straßenbeleuchtung: Schuhe. Ja, Schuhe. Wer kleine Kinder hat, wird sich denken, dass diese Idee nicht neu ist, denn seit geraumer Zeit gibt es Schuhe für Kleinkinder, die beim Auftreten herrlich blinkende Impulse in die Nacht hinausschicken. Was diese Kinder auch schon mal dazu bringt, die Beleuchtung im Treppenhaus oder im Flur nicht einzuschalten, damit die Schuhe besser zur Geltung kommen.

Aber das meine ich nicht. Es gibt seit neuestem Schuhe, deren komplette Sohle mit LEDs durchzogen ist und die die Sohle somit zur Lampe machen. Jetzt könnte der kundige Schuhträger einwerfen, dass das Licht ja kaum wahrgenommen wird, wenn derjenige auf seinen Sohlen steht. Und überhaupt, der normale Spaziergänger, Wegeerlediger, Bummler, Straßenbahnhinterherrenner schaut doch wohl kaum zu Boden beim Laufen. Vielmehr ist er damit beschäftigt, dem Treiben auf dem Gehweg auszuweichen, Nachrichten auf seinem Smartphone zu verfassen oder beim Überqueren roter Ampeln auf den Verkehr zu achten.

Das ist absolut richtig. Genau deshalb spreche in diesem Zusammenhang nämlich auch von einer Straßenbeleuchtung. Dem Träger der Schuhe kann doch herzlich egal sein, wohin er tritt, ist es ihm meistens auch, er möchte viel lieber von anderen gesehen werden. Der Straßenlaterne ist auch völlig egal, ob sie nun leuchtet oder nicht. Aber uns anderen Fußgängern ist das doch nicht egal. Man freut sich doch, wenn man allein einen dunklen Weg entlangkommt und sicher weiß, dass vorn an der nächsten Ecke eine beleuchtete Straße kommt. Oder in der Stadt, wenn sich die Tretminen ignoranter Hundebesitzer auf dem Bordstein einfinden und in der Nacht vom geschulten Auge nicht mehr von profanem Dreck unterschieden werden können. Da kommt einem die Beleuchtung anderer Leute Schuhe doch gerade recht.

Dem Träger nutzt das natürlich alles nichts. Umso erstaunlicher ist diese Form des Altruismus. Stanley Milgram hat zu einem Experiment von Paul R. Amato über den Zusammenhang von Altruismus und Bevölkerungsdichte die Hypothese vom „Urban Overload“ aufgestellt, die besagt, dass ständige Reizüberflutung, wie sie ja vor allem in Großstädten anzutreffen ist, zu einem inneren Rückzug führt, und somit auch der Wille anderen zu helfen abnimmt. Doch genau das Gegenteil scheint hier der Fall zu sein. Die Reize nehmen zu (Licht!) aber der Wille anderen zu helfen steigt ebenfalls. Hier wird, denke ich, eine Neubewertung der Erkenntnisse aus der Sozialpsychologie fällig.

Aber wir dürfen die Sozialpsychologie deshalb nicht über den Haufen werfen. Sie hat auch ihr Gutes; wenn es nämlich darum geht, wie wir uns diesen Effekt zu Nutze machen. Hier halten wir uns an das Kosten-Nutzen-Modell des Psychologenpaares Jane und Irving Piliavin. Es besagt, dass ein Individuum zum Altruismus neigt, wenn der erwartete Nutzen höher als der Aufwand ist. Damit kommen wir ins Spiel. Wir sind nämlich diese Individuen. Wir kaufen unserer liebsten Begleitung ein solches Paar Schuhe. Wir kaufen demjenigen ein solches Paar, der uns morgens auf dem Weg zur Arbeit immer überholt und uns steter Ansporn ist, an ihm dran zu bleiben. Das hält fit. Das macht unserer Straßen wieder ein bisschen sicherer. Das ist nicht altruistisch, aber es hilft anderen, altruistisch zu sein.


Hier wackeln sie davon

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Zuletzt aktualisiert: 12. Dez, 08:51

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