Einmal Mensa und schon der dritte Tatort, den ich verpasse, weil ich arbeiten muss. Ich habe auch noch mehr verpasst, wie ich bei einem Gang in die Kantine des Schauspielhauses sehen durfte:
Rosalva ist nicht da, auf Currywurst Pommes habe ich keine Lust und die Tafel versprach Dinge, die ich glücklicherweise nicht probieren musste, Unglück im Unglück und Glück könnte man sagen. Schauen Sie sich das Wort „Glück“ nur genau an, die Buchstabenfolge ist so unwahrscheinlich, ohne das „Un-“ könnte man es kaum für ein deutsches Wort halten, eher was türkisches, zum Essen, mit ganz viel Fleisch und einem Raki am Ende. Rückenschmerzen habe ich außerdem.
Die Wochen vergehen im Fluge. Plötzlich ist Oktober und keiner merkt etwas, weil die Temperaturen endlich so sind, wie man sie im Sommer gerne gehabt hätte. Am Tag der deutschen Einheit schien auch die Sonne. Man könnte denken, Frau Merkel hat entweder einen guten Draht zu Petrus oder doch noch einen guten Draht zu Putin, der ja Gerüchten zufolge dafür sorgen lässt, dass am Nationalfeiertag der Russen in Moskau auch immer die Sonne scheint. Vielleicht hat aber auch Altbundeskanzler Schröder ein „basta“ losgestoßen oder sich bei Putin Rat geholt, jedenfalls soll der auch dagewesen sein, also der Schröder.
Ich habe einen weiten Bogen um die Feierlichkeiten gemacht, die ganze Woche schon, weil diese Heinis natürlich in der Woche davor den ganzen Kram aufbauen mussten. Mein Schulweg – ich bin ja gerade wieder im Praktikum – verlängerte sich um ca. 5 Minuten und ich wurde der Behaglichkeit einer Fahrt am Wasser entlang beraubt. Stattdessen stürzte ich mich ins Getümmel der Hildesheimer Straße. Dort versammeln sich allmorgendlich alle Vollpfosten Hannovers und regeln untereinander den Verkehr, erfolglos.
Bei den vielen Gelegenheiten, zu denen ich dort unter die Räder hätte kommen können, überlegte ich mir, ob es nicht langsam an der Zeit sei, einen Fahrradhelm zu kaufen, erinnerte mich aber an diese Geschichte, die mir, glaube ich,
Trithemius einmal erzählte. Da fuhr eine Frau oder ein Mann jahrelang ohne und als sie oder er sich endlich durchringen konnte, einen Fahrradhelm zu kaufen, kam er oder sie auf der Fahrt zum Geschäft unter die Räder.
Trotzdem konnte ich dem Trubel kaum entkommen. Denn wer sich nicht am Ufer des Maschsees ausbreitete, der ging auf die Limmer und verquaste dort die Gegend. Die Stadt war voll mit Touristen und solchen, die sich benahmen wie. Den Trubel nutzte dann auch noch ein Umweltaktivistenverein aus und postierte sich mit Bühne und Ständen auf dem Küchengartenplatz. Wer wollte, konnte sich dort erkundigen, wie das denn geht, für die Arktis zu radeln. Ich sah das Plakat und hatte da eine ganz eigene Idee. Ich musste an mit Kühltaschen bepackte Fahrradfahrer denken, die quer durch Kanada fuhren, um das mitgebrachte Eis in die Nordwestpassage zu kippen. Die Eisbären und Grizzlys würden sich bestimmt freuen über ein paar leckere Radfahrer, dann hätte die Aktion sogar einen doppelten Nutzen, mutmaßte ich. Erkundigungen, wie das Ganze denn eigentlich ablaufen sollte, holte ich natürlich nicht ein, denn besser als mein Plan konnte die Aktion kaum werden.
Jetzt sitze ich im Büro der Requisite und niemand ist da, weil auf der Hauptbühne weder geprobt noch gespielt wird. Ich bin der Letzte auf verlorenem Posten. Ich werde vielleicht gleich doch noch in den Tatort hineinsehen, den Anfang habe ich verpasst, und mich am Stückende um die Requisiten im Treppenhaus kümmern, dann verpasse ich wahrscheinlich auch das Ende vom Tatort, das könnte vielleicht auch so etwas wie Glück bedeuten.
Gestern ist es ziemlich spät geworden. Theater. Und heute Morgen dafür extra früh. Viertel vor sechs. Mein Fachpraktikum Geschichte ging heute los. Als ich letzte Woche Mittwoch dort in der Schule aufkreuzte und von einem Emailverkehr sprach, der im letzten Schuljahr zwischen mir und dem Konrektor der Schule stattgefunden hatte, sah mich die neue, für die Praktikanten Verantwortliche an, als ob diese Korrespondenz noch mit der Postkutsche erledigt worden sein musste. Sie sagte mir kurz darauf, dass sie eigentlich auch gar nicht mehr verantwortlich sei, die Kompetenz sei schon wieder weitergereicht worden. In dem ganzen Kuddelmuddel stellten wir fest, dass wir fast Nachbarn sind – sie wohnt gegenüber von uns in einem Reihenhausviertel der extra hässlichen Sorte, denn mehr als ein paar größere Treppenhäuser sind diese Häuser leider nicht – und ich hoffte in mich hinein, ihr nicht schon mal irgendwann an die Hecke gepinkelt zu haben, sie konnte sich jedenfalls nicht an mein Gesicht erinnern.
Wenn ich nicht persönlich aufgetaucht wäre, hätte sie mich abblitzen lassen, gab sie mir zu verstehen und lotste mich ins Lehrerzimmer, wo mir mein Ansprechpartner und Coach vorgestellt wurde, wir duzten uns sogleich, sind ja auch ähnlich vom Alter, und überhaupt war das der gemütliche Teil.
Weniger gemütlich war das frühe Aufstehen heute, denn die nicht mehr zuständige Verantwortliche bat mich gegen viertel vor acht in der Schule zu sein, wo außerdem die halbe Stadt wegen der Feierlichkeiten demnächst gesperrt ist. Sonst drehe ich mich noch einmal um und hole die Kinder zu uns ins Bett, heute nicht.
Mit dem Fahrrad ging es im Eiltempo zur Schule. Kurze Meldung, ich bin da, und schon wollte ich mir die erste und zweite Stunde frei nehmen und im Haus ein wenig herumstromern. Die ehemalige Verantwortliche sah das nicht so, sie verhaftete mich, zerrte mich wieder in das Lehrerzimmer und stellte mich allerhand Kollegen vor, die aber alle keinen Unterricht hatten zu den ersten zwei Stunden. Ich erwähnte nochmal meinen eigenen Plan, umsonst. Dann tat sich etwas auf, ein paar Pläne wurden ausgedruckt und plötzlich hatten sie jemanden gefunden und ich ging dahin und kam dorthin und wir stellten einander vor und ja gerne, kommen Sie doch gleich mit, ist gleich hier drüben und setzen Sie sich am besten hier vorne hin, dann sehen Sie alles und stellen Sie sich doch kurz vor, wir machen heute mit der Reichsgründung „von Oben“ weiter.
Das ging ja alles flott und völlig unproblematisch, dachte ich und besah mir die Klasse. Beim letzten Praktikum saß ich immer hinten und hier saß ich vorn und konnte alle sehen. Das war wunderbar. In einer kleinen ruhigen Arbeitsphase kam sie dann zu mir an den Platz und fragte mich nach meinem Steckenpferd, ich antwortete ihr, am liebsten Deutsch zu unterrichten, da lachte sie und lud mich zur 5. und 6. Stunde in die gleiche Klasse ein, da gäbe es den Hauptmann von Köpenick. Ich bedankte mich, musste jedoch ablehnen, da hätte ich eine 12. Klasse Leistungskurs.
Danach war der Charme der zwei morgendlichen Kaffeetassen aufgebraucht, ich schleppte mich zu meinem Coach und verbrachte vier weitere Unterrichtsstunden mit ähnlichem Thema, einmal etwas anders verpackt und das andere Mal genau das gleiche, sogar die Bildquellen waren gleich: Anton von Werners weiß uniformierter Bismarck, wie er da selbstgefällig im Zentrum steht, mit Orden behängt, die er zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht besessen hatte. Ich saß wieder hinten und verschrieb mich ständig beim Aufschnappen der Namen und Eintragen in meinen dafür entworfenen Sitzplan; entweder vertauschte ich die linke mit der rechten Sitzreihe oder ich war mir plötzlich nicht mehr sicher, ob mein Coach sie nun Anna oder Hanna gerufen hat.
Das Herumstromern habe ich mir für einen anderen Tag aufgehoben. Morgen ist frei, da sind alle Schüler auf Festivitäten und ich gehe meinem Einkaufsjob nach, vielleicht schlafe ich auch aus – so bis halb sieben.
Ich sollte mehr Sport treiben, war mein erster Gedanke, als ich an einem Sonntagabend ins Theater kam, um meiner Tätigkeit dort nachzugehen. Dieser Gedanke rührte daher, dass ich den Fahrstuhl rief, obwohl es nur drei Stockwerke zu erklimmen galt. Gerade eingestiegen und die gewünschte Etage gedrückt, fiel mir auf, dass das Licht des Knopfes für die dritte Etage nicht funktionierte. Plötzlich zeigten alle Pfeile nach oben und ich dachte noch, dass jetzt entweder jemand anderes den Fahrstuhl benutzen wollte oder dass ich tatsächlich in der dritten Etage landen würde.
Auf dem Rückweg dann fuhr ich aus alter Gewohnheit die Goseriede entlang, obwohl sie mich gar nicht mehr auf bestem, höchstens noch auf drittbestem Wege nach Hause beförderte. Den Umweg nahm ich in Kauf. Weniger erfreut war ich jedoch über den Umstand, dass die Sensoren im Straßenpflasterbereich scheinbar nicht mehr funktionierten, denn die automatische Rotauslösung der eigens für Radfahrer und Fußgänger errichteten Ampel ließ sich durch meine Überfahrt nicht zum Einschalten bewegen.
Und am Dienstag stehe ich an einer anderen Fußgängerampel und betätige das Sensorfeld mit der Hand, doch die Leuchte zeigt mir nicht an, ob sich mein Warten auszahlt oder ob die Ampel kaputt ist. Ich denke zum ersten Mal darüber nach, was das wohl zu bedeuten hat.
Und wenn ich nicht am Dienstagabend ein weiteres Mal im Theater gewesen wäre und nicht auch noch die Leuchte der zweiten Etage am Lastenaufzug kaputt gewesen wäre, ich schwöre, mir wäre nie etwas über die Lippengekommen deswegen, aber so.
Synchronzität nannte Jung das. Ich landete in der dritten Etage, die Ampel schaltete irgendwann auf Rot, genauso wie die andere und auch der Lastenaufzug hielt im zweiten Stock. Vielleicht sollte ich, statt mich mit Sport zu überfordern, erstmal nach einer Brille Ausschau halten.
Ich saß gestern kurz im Büro der Requisite bei den Damen, die für die große Bühne zuständig waren. Es ging um Fitnessstudios.
„Im Fitnessstudio, hör mal, da drehen sich Gespräche nur um zwei Themen. Entweder reden die von Essen oder von Sex.
„Aha“, sagt die andere.
„Und neulich, ich bin gerade am Trainieren, da kommt eine riesige Wolke bei mir an: Dönergeruch, weil im Erdgeschoss ein Dönerladen ist und das Fenster geöffnet war. Ich hatte vielleicht einen Knast in dem Moment…“
Nach einer kleinen Pause redet sie weiter: „Mein Trainer sagt ja immer, man brauche nur lange genug drüber reden, dann vergeht der größte Hunger.“
Aha, denke ich.
Heute wird ein so arbeitsreicher Tag, dass ich am liebsten wieder zurück ins Bett kriechen möchte. Dienstage sind immer schon blöd gewesen, wenn aber die neue Spielzeit eingeläutet wurde, können Dienstage noch schlimmer sein als sowieso schon. Denn da, also ins Theater, muss ich heute Abend auch noch hin, nachdem ich vorher für die Bar einkaufen fahren werde.
Am Sonntag war ich zum ersten Mal wieder im Theater arbeiten. Und gleich zu einer Premiere. Ich hasse ja dieses „über die Schulter spucken“, vor allem, weil ich bis auf den einen Premierenabend überhaupt nichts mit der Produktion vorher am Hut hatte. Ich kannte das Stück von einem Plakat auf der Limmer, sonst nicht. Im Treppenhaus spielt das Ganze, über drei Ebenen. Ich weiß noch immer nicht, wie das funktionieren soll, wenn die Zuschauer immer auf einer Ebene sitzen bleiben, aber vielleicht muss man sich das Stück einfach dreimal anschauen, um alles zu sehen. Das wäre ja mal eine interessante Variante, um die Zuschauerreihen voll zu bekommen.
Ich kann mir das Stück leider nicht ansehen, und werde dies wohl auch in Zukunft nicht, weil ich kurz vor Beginn über eine kleine Treppe einen Eimer, mit heißem Wasser gefüllt und bei Einsatz der ersten Töne auf der Bühne mit Trockeneis aufgepeppt, hinter der Gittertür in Zuschauernähe platzieren muss. Das brodelt und kocht vielleicht in dem Eimer. Und dabei ist das Treppenhaus sowieso schon in weißen Nebel gehüllt.
Naja, nach etwas mehr als der Hälfte des Stückes sitze ich in der Kantine und lese mein Buch. Da kommt plötzlich der Regisseur herein, dreht sich nervös eine Zigarette und verschwindet im Raucherabteil hinter einer Kunstpalme. Dann kommen die Schauspieler hinterdrein, sie laufen singend durch die Kantine – sie müssen für einen Positionswechsel hier durch. "Dein Gesicht hab´ich vergessen, deine Füße aber nicht" trällern sie kichernd. Ich freue mich, ich finde das Lied so schön, dass ich es seit ich es zum ersten Mal hörte die ganze Zeit vor mich hin summe.
Niemandem fällt der Regisseur auf. Als er wieder herauskommt, sagt er, er musste sich kurz verstecken, die Schauspieler sollten nicht sehen, dass er die Premiere verlassen hat. Wieso er die Premiere denn verlassen hätte, ob es schlecht laufe, frage ich. Ja, der Anfang sei ziemlich holprig gewesen, antwortet er. Premieren könne er aber grundsätzlich nicht gucken, also die eigenen, dann verschwindet er in Richtung Tresen und murmelt was von einem Bier, was er noch trinken könne vor Stückende.
Ich musste noch warten mit dem Bier, aber zum Feierabend bekam ich dann eins von der Technik, die hatten sich einen Kasten gesichert und saßen quatschend und biertrinkend im Büro. Ich trank ein Bier mit, bekam noch eins für den Weg und ging nach Hause.
Diese Woche keine Mensa. Überhaupt scheint sich das Mensabesuchen gerade gänzlich aufzulösen, da Herr Putzig einen Job hat, und, wie eine Freundin treffend formulierte, er derjenige war, der den Laden zusammengehalten hat. Dafür sind allerhand andere Dinge geschehen. Ich war zum Beispiel trotzdem an der Uni und habe dort nach meinen Formularen gebeten, die mich für das kommende Semester wieder als Studenten auszeichnen. Die Dame am Schalter sagte mir, die kämen erst Ende September, und wenn ich nicht so lange warten könne, solle ich doch nach nebenan gehen und mir dort einen Ausdruck besorgen. Ich ging natürlich dorthin und mir wurde prompt geholfen.
Das Formular hatte nur einen ganz entscheidenden Fehler, es berechnete meine Studiendauer nach dem ersten Semester eines vor Ewigkeiten angefangenen und nie beendeten Studiums, dazwischen tat ich so einiges anderes. Nun steht auf dem Zettel ein Studienbeginn von 1998. Der freundliche Student, der mir half durch die einzelnen Seiten der Hochschulsoftware und den ganzen Anmeldungen und benötigten Passwörtern zu kommen, die ich natürlich alle nicht besaß, weil ich das Ding nur einmal benutzt hatte bis dahin, hat ganz schön komisch geguckt, als er mir den Zettel in die Hand gab. Er hatte in dem Jahr wahrscheinlich gerade Lesen und Schreiben gelernt, wenn überhaupt.
Über Sinn und Unsinn konnte ich auf dem Weg da raus auch noch nachdenken. Am äußersten linken Rand war ein Schalter der Üstra aufgebaut, dort unterhielten sich zwei Leute bei Kaffee. Sie sollten Tickets verkaufen für die Stadtbahn, die Busse und die S-Bahn, am besten gleich im Abo. Ein Prospektständer davor warb damit, gleich losfahren zu können, wenn man hier und jetzt bestellte. Dazu muss man wissen, dass bis auf wenige Jobs in den Ämtern eigentlich ausschließlich studentische Hilfskräfte an der Uni arbeiten, wie auch sonst größtenteils Studenten in diesem Gebäude unterwegs sind. Diese bezahlen mit jedem Semester ein Ticket, das es ihnen erlaubt, sich im ganzen Raum Niedersachsen kostenlos in die Bahn, in Busse der Region und in die Stadtbahn von Hannover hineinzusetzen und damit herumzureisen. Ich fragte mich deshalb, war es eine Strafe oder eine Belohnung auf diesem Posten zu sitzen.
Oh, eine Sache war noch. Wir haben uns trotz des herrlichen Wetters zu viert am Mittwochabend bei Trithemius in der Wohnung getroffen und eine erste Vorauswahl der Bilder beschlossen, die unseren HAcK-Wurf dokumentieren soll. Trotzdem ich ziemlich betrunken war, habe ich noch immer ein gutes Gefühl bei der Sache, wenn auch mein Utensil auf dem Titelfoto – jeder von uns trägt etwas anderes auf dem Titelfoto – ein wenig unglücklich gewählt ist. Vielleicht gibt es bald eine erste Bildergeschichte. Schauen wir mal.
Kennen Sie das? Sie sind eigentlich fertig aber im Kleinen gibt es noch Hunderte von Baustellen? Ja? Hier habe ich ein erstes Suchbild für Sie. Was ist hier noch nicht so, wie es sein soll?
Richtig! Die Beleuchtung ist in dem sonst so stimmungsvollen Ambiente kaum zu ertragen. Zu schlicht, zu grell. Dagegen kann man erstmal nichts machen, außer man hat Freunde, die über so ziemlich schöne Dinge verfügen und selbst keine Verwendung dafür haben. Deshalb haben Freunde von uns einen Kronleuchter, den sie uns zur Verfügung stellen konnten. Herzlichen Dank!
Das Problem des Leuchters war nur, dass die darin verbrauchten Drähte allesamt mürbe, marode, also einfach viel zu alt waren. Sie müssen also ausgetauscht werden. Das können sie für ca. 50,- Euro die Stunde von einem Fachmann machen lassen oder Sie machen es selbst. An dieser Stelle wäre der Beitrag auch schon wieder zu Ende, wenn Sie ein Fachmann wären oder sich einen solchen leisten wollten. Wollen Sie aber nicht. Sie machen das selbst. Wäre doch gelacht. Ha!
Sie bauen den Kronleuchter einfach auseinander, was erstaunlich leicht geht. Danach kaufen Sie in einem Fachgeschäft das nötige Kabel und Werkzeug und dann machen Sie sich ans Werk. Es geht ganz einfach. Sie binden das neue Kabel an das alte, ziehen es durch den Leuchter hindurch, bis es an der anderen Seite wieder herauskommt. Das Ganze bitte 6 Mal!
Scheiße! Ab dem 4. Kabel geht es nicht mehr. Sie werden panisch, ziehen zu doll und plötzlich ist das Kind in den Brunnen gefallen. Sie können das Kabel nicht mehr befestigen, weil es weder vor noch zurückgeht und das Kabel an einem Ende komplett verschwunden ist, während Ihnen das daran neue befestigte Kabel abgerissen ist. Sie können nur noch das alte Kabel herausziehen und sich etwas anderes ausdenken. Sie fahren in den Baumarkt und fragen dort nach einem Einziehband. Dann stellen Sie fest, dass die Öse viel zu groß ist, um über den Knick zu passen und fragen, nachdem Sie endlich jemand zum Fragen gefunden, ob es das auch kleiner gibt. Nein, gibt es nicht. Dann gehen Sie zu den Seilen und fragen, ach was, lassen Sie das! Ersparen Sie sich einfach die ewige Suche nach jemanden der zuständig ist! Nehmen Sie sich ein Stück Angelschnur und schauen Sie in der Werkzeugabteilung, ob die dort so kleine Nieten haben, die Sie mit Hilfe einer Zange dann am Ende der Angelschnur zum Beschweren derselben befestigen können. Wenn das nicht hilft, kaufen Sie sich doch einfach einen Meter Uhrenkette, vernickelt und verlassen Sie das Geschäft schleunigst. Umso schneller Sie wieder draußen sind, desto besser ist Ihre Laune, Hand drauf!
Sie merken dann zu Hause, dass die Kette zwar schön und toll ist, aber plus Kabel ist es einfach zu dick. Sie schneiden deshalb die Isolierung komplett ab und beschließen die Drähte einzeln durch das Rohr zu ziehen. Fangen Sie beim Durchziehen so an, dass Sie am Knick die Kette durchlassen, das Kabel aber dann von der anderen Seiten durchziehen. Das erspart Ihnen wieder eine paar Launenpunkte, die brauchen Sie noch!
Sollten Sie nach mehreren Versuchen endlich fertig sein, so brauchen sie erstmals wieder ein anderes Werkzeug, das Sie sich zwar in weiser Voraussicht gleich mitgebracht haben, Sie aber von Ihrem jetzigen Aufenthaltsort nicht ohne weiteres erreichen können. Verlassen Sie also Ihre derzeitige Sitzposition und begeben Sie sich dorthin, wo Ihr Phasenprüfer liegt.
Jetzt befestigen Sie die Drähte in den jeweiligen Fassungen. Sie sammeln von allen möglichen Orten alle Leuchtarme ein und postieren Sie kreisförmig.
Dann suchen Sie noch alle anderen Teile zusammen und legen Sie griffbereit daneben ab.
Und dann verfluchen Sie sich und alles, weil Sie sich nicht notiert haben, wie der ganze Scheiß wieder zusammenpasst. Nachdem nun alle restlichen Launenpunkte aufgebraucht sind, beschließen Sie für die kommenden Tage etwas völlig anderes zu erledigen und sich vielleicht irgendwann noch einmal der Sache zu bemächtigen.
Als ich gestern Abend endlich wieder nach Hause kam, freute ich mich schon auf den Tatort, der leider wieder alles andere war als überdurchschnittlich. Kurz den Fernseher eingeschaltet, es lief noch die Tagesschau, und schwupps bin ich plötzlich mitten drin im Wahlgeschehen der Länder Thüringen und Brandenburg. Was da wieder abging. Der Schönenborn hatte in seinem Studio in Potsdam alle Balken unter Kontrolle. Er wischte über die vormals leere Tafel wie Tom Cruise in Minority Report und schon füllten sich die Diagramme mit schwarzen, roten, grünen, pinkfarbenen und blauen? Balken. Ein paar Sitzverteilungen noch dazu, ein paar Koalitionen durchgespielt und schon ging das Gelaber los.
Schönenborn hatte alles perfekt vorbereitet, nur allein die Vertreter der jeweiligen Parteien waren nicht bereit, da mitzuspielen. Da machte doch tatsächlich keiner eine Aussage über eine mögliche Koalition, wie sie sich der Schönenborn ausgedacht hatte. Es hieß immer nur, wir werden sondieren und mit allen sprechen. Nur mit den Blauen, mit denen wollte keiner sprechen.
Für die erste Rutsche schaltete der Wahlbeobachter noch ins Studio nach Thüringen. Die sprachen auch gleich vom Tatort, vom Tatort Erfurt, der ungefähr so spannend war, wie der Münchener Tatort im Anschluss. Immerhin könnte sich in Thüringen eine Konstellation anbahnen, die es so noch nicht gegeben hat, damit konnte der Münchener Tatort leider nicht aufwarten, da gab es wieder Opfer, Mörder und die, die dabei das Nachsehen haben. Wahrscheinlicher aber ist, dass die Thüringer SPD sich nicht traut und es deshalb so bleibt wie es ist, nur noch knapper. Das heißt im Klartext, dass von 100% aller Wahlberechtigten gerade einmal 25.5% bestimmt haben, wer regieren soll, wenn sich denn die richtigen Koalitionäre auf einander einigen.
In Brandenburg war dann wieder alles anders. Da stand von vornherein fest, wer regieren wird. Aber auch hier wird vorher noch gesprochen und sondiert, bevor eine Regierungskoalition zustande kommt. Ist alles sehr verständlich. Da hilft es auch nicht, wenn Herr Schönenborn eigens dafür verfasste Fragen an Wähler gestellt hat, die gerade aus dem Wahlbüro kamen, um doch mal zu sehen, mit wem denn überhaupt koaliert werden sollte, wenn der oder der gewinnt. Dass die SPD genau aus diesem Grund, nämlich nicht gesagt zu haben, mit wem sie regieren wolle, in Thüringen abgestraft wurde, ist deshalb auch der einzige Konsens der zwischen den anderen Parteien herrscht.
Herr Schönenborn wischte jedenfalls äußerst präzise über seine Diagramme und ich fühlte mich – auch weil für die Tagesschau längst die Nachspielzeit angefangen hatte – ein wenig an den Wetterbericht erinnert, wo ja auch immer hin und her geschoben wird, meist leider Tiefdruckgebiete, Wolken, Regen und Gewitter. So freute ich mich denn auf eine gute Prognose, weil ich von irgendwo hatte läuten hören, dass es nächste Woche noch einmal schön werden sollte.
Dann kam endlich der Wetterbericht und gab die Prognose für morgen, also heute, heraus und dann waren die Nachrichten zu Ende. Keine Prognose. Kein Dienstags-, Mittwochs- und Donnerstagswetter. Nur ganz kurz zum Montag und dann war Schluss. Die intensiven Gespräche mit allen Wahlgewinnern und –verlierern über alle möglichen und unmöglichen Koalitionen haben die ARD dazu bewogen, auf das Einzige zu verzichten, was an den Nachrichten noch einigermaßen erbaulich ist: den Wetterbericht. Ich war sehr enttäuscht.