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Bei den Leisen Tönen. Manchmal braucht es einen Blog, um sich Luft zum Denken zu verschaffen. Keine Steckenpferde, Hobbies oder sonstiges Spezielles, nur Luft zum Denken.

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Montag, 21. Mai 2012

Zwei Uhren

Mit zwei Uhren hat man, soweit sie ihre Zeit nicht über Funk beziehen, immer das Problem des Nichtgleichlaufens. Wir haben in unserer Küche sogar drei Uhren: eine Küchenuhr von Kienzle in furchtbar retrogrünem Fliesendekor, einen Uhr am Backofen und eine an der Küchenwaage. Alle drei laufen nicht gleich und zeigen unterschiedliche Minuten an, richten tu ich mich nach der Uhr von meinem Handy, das ich dafür ständig aus der Tasche ziehe und begutachte. Dann vergesse ich die Uhrzeit wieder, bzw. was ich eigentlich mit dem Handy tun wollte, und hole es erneut aus der Hosentasche. Das Spielchen kenne ich schon.

Ein neues Spiel hat jetzt Reno erfunden. Da kommt man als unbescholtener Schuhkäufer hin und - wenn man einmal ausgewachsen ist - kauft sich die Schuhe in der Größe, wie man sie immer kauft. Wenn derjenige Schuhe braucht, der noch keine feste Größe hat, wie unser Sohn zum Beispiel, dann wird es jetzt doppelt kompliziert: einerseits steht nämlich die Größe des Herstellers auf dem Karton und außerdem hat Reno selber nachgemessen und häufig ein anderes Ergebnis vorgelegt und daneben abgedruckt. So wechselten wir heute fröhlich Schuhgrößen aus, um nach kürzester Zeit festzustellen, dass unser Sohn eine Zwischengröße hat, irgendwo zwischen 20 und 21.

Mir war nach drei paar Schuhen alles egal, Farbe, Aussehen, Lederanteil. Hauptsache, die Schuhe passten. Wir probierten eine 20: ( Hersteller und Reno ) zu klein, eine 21: ( Hersteller, Reno sagte 20 ) zu klein, eine 21: ( Reno, Hersteller 20 ) zu groß, eine 21: ( Reno, Hersteller auch 21 ). Wir probierten die unterschiedlichsten Modelle an, nichts passte. Scheiße.

Samstag, 19. Mai 2012

Kurt Tucholsky: Schloss Gripsholm II

Als ich noch ein wenig trödeliger mit meiner Zeit umgegangen bin als jetzt, kam es schon mal vor, dass ich tagelang nichts anderes machte, als zu arbeiten ( oder zur Schule zu gehen ) und dann nach Hause zu kommen und Computer zu spielen – immer das gleiche Spiel. Seit Jahren, genauer gesagt schon seit meiner Schulzeit spielte ich dieses Spiel hoch und runter. In der 10. Klasse war ich deshalb einmal drei Wochen nicht in der Schule. Ich bin jeden Morgen um 7 aus dem Haus, zu einem Freund, der dementsprechend natürlich auch zwei Wochen fehlte, und dann haben wir bei Cola und Tiefkühlpizza von morgens bis abends gezockt.

Meine Mutter, Englischlehrerin, kannte meine Klassenlehrerin, ebenfalls Englisch, aus einer Weiterbildung für Französisch. Sie waren auf Du und Du sozusagen. Als sie sich eines Tages beim Einkaufen über den Weg liefen, sagte meine Klassenlehrerin nur: „Dein Sohn ist aber schon lange krank.“ Meine Mutter sagte so etwas wie: „Ja, aber morgen kommt er wieder zur Schule.“ Das gab mächtig Ärger, zudem meine Mutter auch noch eine Schachtel Luckies in meiner Jacke fand.

Bei dem Spiel, was wir da spielten, eine schlichte Aufbausimulation, die für einige ein enormes Suchtpotential bereithält, ging es uns bzw. mir nie darum, zu gewinnen. Es ging um die Momente des Auskostens, kurz vor dem Sieg. Na klar haben wir das Spiel durchgespielt, so wie alle Nachfolger, die sich dem ersten und zweiten Teil der Reihe verbunden fühlten ( zwischenzeitlich kamen ja ein paar weniger gute Ausreißer für die Echtzeitstrategie-Käuferschicht auf den Markt, gotzeidank haben sich die Macher aber zurückbesinnt, uns als potente Käuferschicht wiederentdeckt und ein paar grafisch verbesserte Revivals auf den Markt geworfen, die ich natürlich alle im Original besitze ). Wir haben danach selbst Karten entworfen, haben an manchen Karten tagelang gespielt, und dann kurz vor dem Ende, wenn der Rechner durch das viele Gewusel sowieso kurz vor dem Aufgeben war, neu angefangen und eine andere Karte gespielt. Wir haben extra langsam gespielt, bestimmte völlig abwegige Spielziele erfunden, wie die meiste Kohle oder das meiste Gold einzulagern, die meisten Fische zu angeln. Nur um den einen Sieg ging es uns irgendwie nie so richtig.

Warum erzähle ich das überhaupt? Will ich etwa ein Buch über ein Computerspiel vorstellen? Nein. Ich habe vor einer Woche mein Freitagsbuch ausgelesen. Zum zweiten Mal das gleiche Buch. Ich besitze das Buch sogar zweimal, eine Fassung, bei der sich der Deckel löst und eine fast neuwertige ( wenn man das von einem Buch überhaupt sagen kann, das fast doppelt so alt ist wie ich ) Version, die bis auf vergilbtes Papier nichts an Gebrauchsspuren aufweist, eine Erstausgabe des 4. rororo Taschenbuchs von 1950: Kurt Tucholsky, Schloss Gripsholm.

Ähnlich wie bei meiner Neigung zum Computerspiel erging es mir mit diesem Buch. Ich musste mich zwingen, immer weniger Seiten zu lesen, um es einfach noch ein wenig länger auszukosten. Alles passte an diesem Buch: diese heiter beschwingte Grundstimmung, diese Lebensweisheit, die komplizierten aber nie anstrengenden Beziehungen und zuletzt sogar die traurige Geschichte des kleinen Mädchens, das den Bruder verloren hatte und bei einer Hexe von Erzieherin ihr tristes Dasein fristete. Das gute Ende in jeder Hinsicht, das Fehlen jeglicher Verpflichtung für die Protagonisten über die Handlung hinaus gab mir immer das Gefühl, im Urlaub zu sein, wenn ich zu lesen anfing. Ich trug das Gefühl nach ein paar Seiten der Lektüre für Stunden mit mir herum und wenn ich jetzt daran denke und aus dem Fenster schaue, kann mich selbst die von mir noch zu reinigende Wohnung nicht mehr ärgern.

Das Bild und den eigentlichen Artikel in meiner Reihe "Werbung im Buch" findet sich hier.

Freitag, 18. Mai 2012

Dramaturgie und Theater: Volker Bürger und Dr. Ole Hruschka

Teil 5

Felix Schwenzel schrieb vor kurzem, dass ihm genau die Vorträge auf der Republica am besten gefallen hatten, die von einer gewissen Unprätentiösität getragen wurden. Die Menschen, denen er zugehört hatte, waren allesamt flauschig und unprätentiös. So gesehen war auch das „Gespräch“ – um hier Dr.Ole Hruschka, zu zitieren, der dem gebotenen Rahmen nicht den sperrigen Begriff einer Vorlesung überzustülpen bereit war – welches am letzten Mittwoch in der Vorlesungsreihe „Angewandte Literaturwissenschaft“ stattfand, von solchem Charakter.

Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn ich bei meinem ersten Arbeitsantritt auf einer der Bühnen des Staatstheaters bei der Vorstellung durch einen Kollegen den anderen Anwesenden durch Hände in den Hosentaschen aufgefallen wäre. Ich glaube es waren drei Dinge, die ich bereits vor meinem ersten Arbeitsantritt eingebleut bekam: kein Pfeifen und Summen auf der Bühne, kein Handyklingeln und der wichtigste Punkt: habe niemals die Hände in den Hosentaschen. Im Ballhof ist das nicht ganz so strikt, da gibt es sogar mal Musik auf der Bühne, während ein Stück aufgebaut wird. In der Oper allerdings gab es Zeiten, da war bei einem solchen „Vergehen“ ein Kasten Herri fällig.

Dunkle Kleidung, nicht zwingend schwarz, reicht für uns Aushilfen aus, wenn wir nicht in den Pausen oder sogar während der Stücke Kulissen zu bewegen haben. Die schwarze Bekleidung mag für Festangestellte der Bühnentechnik gelten, für Dramaturgen und auch für solche, die es einmal waren, gilt das nicht, wie gut zu beobachten war. Sicherlich mag der ein oder andere Regisseur oder Schauspieler auf seinen schwarzen Rolli bestehen, wenn er außerhalb des Theaters auf ein Publikum trifft, und sicherlich zeigt er damit mehr Willen zur Identifikation zum Theaterschaffen als der Arzt, der in seiner Freizeit statt zur weißen Hose und weißem T-Shirt lieber die volle Farbpalette ausschöpft, bis hin zum gern getragenen rosafarbenen Polohemd mit dem kleinen grünen Krokodil drauf. An Identifikation mangelte es trotz der vermissten schwarzen Kleidung allerdings nicht. Letztendlich hat es wohl Stanislawski auf den Punkt gebracht: so ist doch der pragmatische, nämlich die Ausblendung alles gerade Unwichtigen, das Verhängen aller nicht bespielten Teile, schlicht ihre Neutralisation der Hauptgrund für das alles dominierende Schwarz am Theater.

Doch genug der Äußerlichkeiten und ersten Eindrücke. Ich bin übrigens genau anders herum vorgegangen, als ich meinen Beitrag hier begann und habe nur einen der beiden Vortragenden genannt, nämlich denjenigen, der in der Sitzung nur „nebenbei“ vorgestellt worden ist. Dr. Ole Hruschka störte das nicht, ganz im Sinne der Unprätentiösität, schob er sich während der Dramaturg Volker Bürger vorgestellt wurde, von seinem „Hiwiplatz“ rechts außen an der Tür in die Mitte des Raumes hinter den großen Schreibtisch und sortierte erstmal seine mitgebrachte Literatur, bevor er sich selbst ins Gespräch einbrachte und auf Fragen antwortete, die ihm gar nicht gestellt worden waren. Volker Bürger war nicht weniger unprätentiös, für Professor Alexander Košenina, so schien es mir, jedoch der interessantere Besucher. Bürgers Antworten begannen stets bei der zuletzt gestellten Frage und arbeiteten sich dann bis zur ersten Frage zurück. Am Schluss der „Vorstellung“ musste er einmal nachhaken, wie denn die erste Frage „nochmal gewesen“ sei, aber insgesamt machte er einen hochkonzentrierten, aufgeräumten Eindruck. Ein kleines Schatzkästlein an Zitaten hatte er ebenfalls im Gepäck, um die Aufgaben des Dramaturgen hinreichend zu erklären. Hier hielt er sich an die „richtige Reihenfolge“ und gab dann zum Beispiel wieder, dass der Dramaturg der erste und letzte Zuschauer sei. Mir kam es so vor, als sei der Dramaturg so etwas wie der Theaterredakteur.

Leider war die Vorlesung in puncto Tipps und Tricks längst nicht so ergiebig wie andere Veranstaltungen zuvor, was auch damit zusammenhängt, dass sich vieles wiederholte. Viel spielt sich im Theaterleben einfach über Sehen und Gesehen werden ab. Da muss es also nicht verwundern, wenn neben den einschlägigen Praktika vor allem die persönlichen Kontakte als Türöffner benutzt werden. Das wirklich Schöne ist: dieses lästige Bewerbungen Schreiben scheint in diesem Berufszweig längst nicht den Stellenwert einzunehmen, wie es in anderen Bereichen so üblich ist. Der Vitamin- B-Faktor ist dafür umso höher anzusetzen, was für den einen gut, für den anderen aber auch ziemlich ungünstig verlaufen kann (Volker Bürger berichtete anbei von einem Kollegen, der 800 Bewerbungen geschrieben hatte. Hut ab! Wenn man dabei auch noch auf Eigenheiten des jeweiligen Stadttheaters Rücksicht nimmt und sich durch Kenntnis der Spielstätte auszeichnen möchte, ist das eine echte Mammutaufgabe.). Interessanter als der Werdegang der beiden waren ihre Ansichten zum Berufsbild des Dramaturgen. Die unterschieden sich nicht groß voneinander, ergänzten sich aber gut, denn Dr. Ole Hruschka repräsentierte die distanzierte Perspektive, er war ja „nur“ bis 2007 als Dramaturg tätig. Volker Bürger vertrat hingegen den direkteren Blick auf das Tätigkeitsfeld. Diese Mischung aus Nähe und Distanz beschreibt dann auch gut den Zwiespalt, mit dem sich ein Dramaturg dem Theaterstück und seinen Protagonisten (Regisseure, Schauspieler, Bühnenbildner, Publikum usw.) nähern muss.

Vielleicht hätte meine Adaption zu einem kommentierten Fußballspiel hier viel besser gegriffen, wenngleich sich das Personalkarussell mit weniger öffentlicher Wahrnehmung dreht als beim Fußball ( längst nicht alle Zeitungen leisten sich einen Feuilleton, einen Sportteil hat sogar das hinterletzte Umsonstschmierpapier ). Es ist aber mindestens genauso schnell, was Volker Bürger so kommentierte: „Um Theater neu zu erfinden, braucht es auch neue Menschen“. Prof. Alexander Košenina konterte ungewohnt (ungewollt wahrscheinlich auch) bissig, indem er kurz danach von Amerika sprach: „In Amerika kann man sich alle paar Jahre neu erfinden…“ Das gab mir persönlich besonders zu denken, worüber ich auch noch nicht fertig bin.

Teil 7

Mittwoch, 16. Mai 2012

Freitagstextergewinnerverkündung

Freitagstexter

Mit Spannung habe ich gestern Abend das Finale verfolgt, bei dem sich dann noch ein paar Kandidaten unter das breitgefächerte Kommentatorenfeld mischten.
Ich will es kurz machen und mich nur bei den besten Kommentaren ein wenig aufhalten lassen:
Den Pubilkumspreis, obwohl es zu mehreren Kommentaren Meldungen gab, vergebe ich an den in dieser Kategorie konkurrenzlos guten Spruch des Herrn LO mit seiner Pupsburger Augenkiste hatte er einen handfesten Treffer gelandet.
Um eine minimale Klasse besser fand ich jedoch den ersten Preis des 42364. Freitagstexters. Nicht nur dass mit Waldorf und Statler genau mein Geschmack getroffen wurde, auch das "Lokalaugenschein" hatte es mir angetan. Deshalb geht der erste Preis an und die Ausrichtung des 42365. Freitagstexters obliegt: NEHALENNIA. Herzlichen Glückwunsch der Gewinnerin und vielen Dank an alle Teilnehmer!

Freitag, 11. Mai 2012

Lektorat und Verlag: Sabine Felsberg und Matthias Wehrhahn

Teil 4

Dem gewonnenen Freitagstexter ist die längere Pause zwischen Beitrag und Vorlesung geschuldet. Außerdem war ich mit mehreren Textenwürfen ins Rennen gegangen, die allesamt in meinem Ideenbuch verewigt sind, es aber bis auf den letzten nicht in dieses Blog geschafft haben.

Eigentlich hatte ich vor, aus der Vorlesung am letzten Mittwoch ein Fußballspiel zu machen. Die Mannschaften der Buchmarktliga, der FC Verlag geführt von Matthias Wehrhahn als krasser Außenseiter und die SpVgg Lektorat mit Sabine Felsberg an der Spitze, sollten im Continentalstadion aufeinandertreffen. Der Unparteiische, Alexander Košenina leitender Professor der Veranstaltung, gäbe, nachdem er die „Fans“ zur Ruhe bittet, den Ball frei. Anstoß hätte der Erstligist SpVgg Lektorat im Stadion des Drittligisten. So ungefähr sollte es losgehen. Es schlichen sich jedoch Zweifel ein im weiteren Verlauf der Vorlesung, ob ich den Vortragenden damit gerecht werden könnte, denn der Lektorin gleich zu Beginn vorzuwerfen, das Tempo verschleppt zu haben, trifft zwar im Kern zu – Professor Alexander Košenina musste wie schon öfter während der Vorlesungsreihe behutsam auf die Eingangsfragen zurückkommen, weil ihm wie auch mir die Antwort nicht konkret genug erschien – deshalb war das Gesagte aber nicht weniger informativ. Matthias Wehrhahn hingegen war präziser aber nicht weniger ausführlich, was in der Gegenüberstellung die bloße Veränderung der Reihenfolge des Genannten ergeben hätte.

Bei dem ungewollten Seitenhieb auf den universitären „Arbeitsalltag“ kam mir zum ersten Mal die Idee des Fußballspiels: ich wollte daraus ein verwandeltes Abseitstor konstruieren. Das wurde vom Publikum auch dementsprechend gewürdigt. Als Sabine Felsberg nämlich in einem Nebensatz erwähnte, dass sie nicht an der Uni bleiben mochte, sie wollte lieber arbeiten, hatte sie die Lacher auf ihrer Seite. Und wie bei einem Abseitstor bleibt so etwas zwar im Kopf, am Ergebnis ändert sich aber wenig. Überhaupt verfestigte sich in mir der Gedanke, die Hauptthesen, also die essentiellen Ratschläge, in Tore zu verwandeln. Ich hätte den Außenseiter, den FC Verlag, mit einer 2:0 Führung in die Halbzeit geschickt und mit einem knappen 3:2 gewinnen lassen. Das entpuppte sich als eines der Probleme bei der Übertragung auf den Rasen, denn mein Faible für Außenseiter spiegelte sich sozusagen nur im Ballbesitz wider. Der Redeanteil von Matthias Wehrhahn war größer aber Sabine Felsberg sagte nicht weniger wichtige Dinge, auch wenn sie häufiger nicht gleich auf den Punkt kam.

Machen, einfach mal machen, rechtfertigte dann den ersten regulären Punkt des „Spiels“ für Matthias Wehrhahn: Gründet einen Verlag! war seine Devise und dem kann ich nur zustimmen. Ein Freund von mir hat das gemacht und ein Buch eines befreundeten Professors verlegt. Ich habe Korrektur gelesen seinerzeit, umsonst und nicht als einziger. Das Thema ist mir nicht gänzlich unbekannt gewesen, es interessiert mich sogar ausgesprochen und außerdem kann ich so was und wurde dafür schon des Öfteren bezahlt: Korrekturlesen. Mit der Aufgabe ist mein Freund, der im übrigen Verlagskaufmann gelernt hatte, bevor er studieren ging, nicht immer glücklich gewesen, weil der Autor kein leichter Umgang ist. Hin und wieder verkauft er noch ein Buch über Amazon, wickelt Versand und Bezahlung ab, demnächst wird er auf einer Tagung, bei der sein Professor einen Vortrag hält, ein paar Bücher einpacken und versuchen, sie dort an den Mann zu bringen. Ansonsten ist das Projekt ein wenig eingeschlafen. Mir brachte es einen Folgeauftrag ein, diesmal mit Bezahlung und von umfangreicherem Kaliber. Hier durfte ich mehr tun, als nur ein paar Sätze umformulieren und Kommas setzen. Ich sollte auch Zitationen vereinheitlichen, sinnlose Satzenden ausmerzen, das gesamte Dokument formatieren, ein Inhaltsverzeichnis anlegen usw. Hurenkinder und Schusterjungen habe ich nur wenige ausgemerzt, das wird wohl der Verlag besorgt haben. Mittlerweile liegt die Arbeit vor. Wie bei meinem Freund ist das Ganze bei mir ein wenig eingeschlafen.

Das 2:0 waren dann die Kontakte; die erwähnten beide, daher war das keine einfache Entscheidung. Matthias Wehrhahn ist dafür sogar auf wissenschaftliche Tagungen gefahren und hatte, wie er sagte, bei einigen seiner dort geknüpften Kontakte Engelsgeduld beweisen müssen, bis sich daraus etwas ergab. Abschreckend wirkten aber weder die Zeitspanne bis zur Entstehung einer fruchtbringenden Verbindung, noch die scheinbar seltsamen Rituale auf solchen Tagungen, die laut Professor Košenina „sehr seltsam“ sein sollen. Natürlich spielten die Kontakte bei Sabine Felsberg keine geringere Rolle aber für die erste Halbzeit sollte dies genügen.

Die zweite Halbzeit wurde durch den Anschlusstreffer eingeläutet, der gerade in punkto „Generation Praktikum“ eine fahlen Beigeschmack enthielt. Aber natürlich hatte Sabine Felsberg Recht, wenn sie sagte, dass Eigeninitiative im Praktikum durch nichts zu ersetzen ist – es ging dabei nicht ums Kaffekochen. Es geht auch nicht um die Punkte für die Schlüsselqualifikation, die kann sich jeder halbwegs intelligente Student auch so ergaunern, es geht um die Schlüsselqualifikation an sich. Ich habe mir die Punkte nicht ergaunert aber anrechnen lassen, weil ich vorher eine Ausbildung gemacht und die Qualifikation zum Ausbilder erworben hatte, bevor ich studieren ging. Um das ASP kam ich aber nicht herum, was gut war, denn Praxis ist eben nicht zu ersetzen.

Den Ausgleich hätte ich „vorverlegt“, was mir einerseits zum Spannungserhalt gedient hätte und andererseits eine zweite Schwäche meiner „Übertragung ins Fußballspiel“ offenbarte: Die „Fans“, das Plenum bzw. Publikum. Ich konnte das Publikum ja nicht einfach auf das Spielfeld rennen lassen, den Rasen, Torpfosten und Eckfahnen entwendend am Spielgeschehen teilnehmen lassen. Wie sollte ich also die „Nachspielzeit“, die „dritte Halbzeit“ ins Spiel bringen, ohne nicht ein bisschen kreativer werden zu müssen? Gar nicht. Deshalb ist die Beantwortung der Frage, die nicht der eigentlichen Frage gewidmet war, eine doppelte Ausnahme, was sie sozusagen schon wieder regulär macht. Um ehrlich zu sein, habe ich die Frage vergessen, denn die Antwort darauf war viel zu kurz und auch unwichtig. Den wirklich interessanten Teil erbrachte erst das „Nachtreten“, ein unangenehmes Geständnis für den Belletristikbuchmarkt aus Sicht des Verlegers: Keine Gedichte, keine Kurzgeschichten, keine Newcomer! Belletristik zu verlegen, ist wie Schach, nur mit Würfeln ( Lukas Podolski sagte einmal, dass Fußball wie Schach sei, nur eben ohne Würfel ).

Das 3:2 wäre die absolute Hingabe gewesen, die Liebe zu dem, was man da macht, denn gute Bezahlung gibt es irgendwie immer woanders ( wahrscheinlich muss man dafür seine Großmutter verkaufen ). Das war ebenfalls kein eindeutiger Treffer, denn beide sprachen davon. Beeindruckt hat mich aber die abgeklärte Begeisterung von Matthias Wehrhahn, das Bekenntnis, damit nicht reich zu werden, wovon sicherlich auch Sabine Felsberg ein Lied singen kann, wo sie doch den „sicheren“ aber wahrscheinlich thematisch wie finanziell eingeschränkten Hafen der Festanstellung durch Selbstständigkeit ersetzt hat. Gegen den Trend zu arbeiten und sich auf eine „Grille“ zu versteigen, das imponiert, das gab den Spielausgang vor.

Tja, so hätte ein spannendes Fußballspiel enden können, bei dem die „Sieger und Verlierer“ auf dem Rasen nicht das Wichtigste waren.

Teil 6

Freitagstexter

Freitagsbanner

Die tastaturbedingte nahe Verwandschaft von i und u hätte mich fast dazu hingerissen, aus dem Frei- einen Freutagstexter zu machen. Naja, soweit bin ich dann doch nicht gegangen:

Hier ist er also, der 42364. Freitagstexter. Meine Lorbeeren habe ich mir hier verdient.

Regeln sollten allgemein bekannt sein: der beste Kommentar gewinnt, was ausdrücklich heißt, dass Kommentare auch erwünscht sind. Auf der vom Gewinner angegebenen Blogadresse wird dann in der Folgewoche am Freutag der nächste Freitagstexter bestimmt. Nötig dafür ist nur ein kommentar und eine Adresse, bei der der nächste Freitagstexter stattfinden kann.

Für die Kommentare, die aus einem Wort, einer Romanseite, einem Gedicht oder freiem Text bestehen können, ist Zeit bis Dienstag Abend um 23:59 Uhr, dann wird sich die Jury zurückziehen und aus den vielen Kommentaren einen Gewinner küren:

Viel Spaß!

Mittwoch, 9. Mai 2012

Immer wieder freitags

Nach langer Abstinenz kehrt er wieder bei mir ein: der Freitagstexterpokal!


(Irgendwas ist da schief gelaufen, ich glaube meine Brille sitzt nicht richtig)

Jetzt nochmal:


(Verdammt, wo ist meine Brille)

aller guten Dinge sind drei:

Freitagsbanner
(Puh, na endlich)

Ich bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen bei dem bisherigen Preisinhaber, der den Pokal frisch gewienert und blank poliert an mich übergab.

Sonntag, 6. Mai 2012

Röttgen for Düsseldorf

Da will doch der Röttgen beim Jauch über Inhalte reden und kann nicht einmal die Frage nach seinem Verbleib nach einer Niederlage beantworten. Den bestimmt nämlich nach dem amtlichen Wahlergebnis der Wahlen in Nordrhein-Westfalen die CDU, also den Verbleib.

Liebe CDU-Wähler in Nordrhein-Westfalen,

ich wohne leider nicht in eurem schönen Land. Deshalb darf ich dort auch nicht wählen gehen. Weil ich mich leider auch nicht mehr viel für Inhalte interessiere, vor allem nicht, wenn sie mir in einer Talkshow der ARD präsentiert werden, bin ich umso neugieriger, ob Norbert Röttgen nach einer verlorenen Wahl in eurem Bundesland als Oppositionsführer zur Verfügung steht oder Bundesumweltminister bleibt.
Ich war heute Abend schon wieder zu faul, nach dem Tatort um- bzw. besser gleich auszuschalten. Vielleicht seid ihr auch einfach mal zu faul, am kommenden Sonntag zur Wahl zu gehen, ich würde es euch nicht verdenken. Bedanken würde ich mich, weil meine - ich gebe ja zu, total oberflächliche, ja profane - Neugier befriedigt wäre.

Mit freundlichen Grüßen
Shhhhh

Freitag, 4. Mai 2012

Supermann in Linden

Trotzdem es ein Umweg ist, bog ich natürlich wieder links ab, als ich aus dem Hoftor kam. Irgendwann stoße ich dann immer auf den Kötnerholzweg, ein geographisches Wunder und Teil der verqueren Anordnung des nördlichen Abschnitts von Linden, denn ich hätte auch rechts und an der nächsten Kreuzung wieder rechts abbiegen können und wäre auf diese Straße gestoßen. Wie verquer der Kötnerholzweg aber nicht nur in seiner Geographie ist, eröffnete er mir heute auf ganz besondere Weise:

Ich fuhr mit dem Fahrrad auf ihm entlang, überquerte die Limmerstraße in Richtung Lindener Berg und kurz danach beginnt auch schon der Anstieg. Ich fuhr auf der falschen Seite und plötzlich überholte mich ein Fußgänger. Ich war nicht unbedingt langsam unterwegs, was mir allerdings weniger Kopfzerbrechen bereitete als der Aufzug des Mannes. An mir rannte ein Mann vorbei, in einem Supermannkostüm. Supermann trabte auf der falschen Seite des Kötnerholzweges an meinem Fahrrad vorüber, blieb weiter vorn, ungefähr dort, wo bereits der Aufstieg zum Lindener Berg beginnt, stehen und holte aus seiner Hosentasche! einen kleinen schwarzen Gegenstand. Ich fuhr natürlich weiter und holte ihn ein. Ich besah mir das kleine Ding und was war es? Ein Smartphone.

Tja, auch Supermann muss mit der Zeit gehen, dachte ich und dachte dann auch noch, wie schön es doch wäre, seine Telefonnummer zu haben. Gefragt habe ich ihn natürlich nicht, vielleicht war die Verkleidung ja Bestandteil einer obskuren Wette, vielleicht war es auch nur eine verirrte Seele, von denen es in Linden ja nur so wimmelt – mir begegnet zum Beispiel des Öfteren ein Mann auf einem Fahrrad, der eine Taucherbrille trägt, ich bin jedesmal so perplex, dass ich mich nicht traue, ihn zu fragen weshalb er diese denn braucht. Naja, jedenfalls überlegte ich eine Weile noch, was die Telefonnummer von Supermann wohl bringen könnte, als ich nach anstrengendem Strampeln endlich mein Ziel erreichte, den Garten einer Freundin. Dort präsentierte sich mir außer dem Garten natürlich die Freundin, ihre kleine Tochter, mein Sohn und meine Frau, die allesamt sehr angestrengt mit sich und der Umwelt beschäftigt waren. Mit mir wurde sich ebenfalls sofort beschäftigt, indem mir gezeigt wurde, wo der Rasenmäher steht und wie er zu bedienen ist. Ein Tomatenzelt harrte auch noch seines Aufbaus und so wurde ich völlig in Beschlag genommen für die kommende Stunde. Beim Rasenmähen fiel es mir dann wie Schuppen von den Augen: jetzt hätte ich Supermann anrufen können.

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