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Freitag, 18. Mai 2012

Dramaturgie und Theater: Volker Bürger und Dr. Ole Hruschka

Teil 5

Felix Schwenzel schrieb vor kurzem, dass ihm genau die Vorträge auf der Republica am besten gefallen hatten, die von einer gewissen Unprätentiösität getragen wurden. Die Menschen, denen er zugehört hatte, waren allesamt flauschig und unprätentiös. So gesehen war auch das „Gespräch“ – um hier Dr.Ole Hruschka, zu zitieren, der dem gebotenen Rahmen nicht den sperrigen Begriff einer Vorlesung überzustülpen bereit war – welches am letzten Mittwoch in der Vorlesungsreihe „Angewandte Literaturwissenschaft“ stattfand, von solchem Charakter.

Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn ich bei meinem ersten Arbeitsantritt auf einer der Bühnen des Staatstheaters bei der Vorstellung durch einen Kollegen den anderen Anwesenden durch Hände in den Hosentaschen aufgefallen wäre. Ich glaube es waren drei Dinge, die ich bereits vor meinem ersten Arbeitsantritt eingebleut bekam: kein Pfeifen und Summen auf der Bühne, kein Handyklingeln und der wichtigste Punkt: habe niemals die Hände in den Hosentaschen. Im Ballhof ist das nicht ganz so strikt, da gibt es sogar mal Musik auf der Bühne, während ein Stück aufgebaut wird. In der Oper allerdings gab es Zeiten, da war bei einem solchen „Vergehen“ ein Kasten Herri fällig.

Dunkle Kleidung, nicht zwingend schwarz, reicht für uns Aushilfen aus, wenn wir nicht in den Pausen oder sogar während der Stücke Kulissen zu bewegen haben. Die schwarze Bekleidung mag für Festangestellte der Bühnentechnik gelten, für Dramaturgen und auch für solche, die es einmal waren, gilt das nicht, wie gut zu beobachten war. Sicherlich mag der ein oder andere Regisseur oder Schauspieler auf seinen schwarzen Rolli bestehen, wenn er außerhalb des Theaters auf ein Publikum trifft, und sicherlich zeigt er damit mehr Willen zur Identifikation zum Theaterschaffen als der Arzt, der in seiner Freizeit statt zur weißen Hose und weißem T-Shirt lieber die volle Farbpalette ausschöpft, bis hin zum gern getragenen rosafarbenen Polohemd mit dem kleinen grünen Krokodil drauf. An Identifikation mangelte es trotz der vermissten schwarzen Kleidung allerdings nicht. Letztendlich hat es wohl Stanislawski auf den Punkt gebracht: so ist doch der pragmatische, nämlich die Ausblendung alles gerade Unwichtigen, das Verhängen aller nicht bespielten Teile, schlicht ihre Neutralisation der Hauptgrund für das alles dominierende Schwarz am Theater.

Doch genug der Äußerlichkeiten und ersten Eindrücke. Ich bin übrigens genau anders herum vorgegangen, als ich meinen Beitrag hier begann und habe nur einen der beiden Vortragenden genannt, nämlich denjenigen, der in der Sitzung nur „nebenbei“ vorgestellt worden ist. Dr. Ole Hruschka störte das nicht, ganz im Sinne der Unprätentiösität, schob er sich während der Dramaturg Volker Bürger vorgestellt wurde, von seinem „Hiwiplatz“ rechts außen an der Tür in die Mitte des Raumes hinter den großen Schreibtisch und sortierte erstmal seine mitgebrachte Literatur, bevor er sich selbst ins Gespräch einbrachte und auf Fragen antwortete, die ihm gar nicht gestellt worden waren. Volker Bürger war nicht weniger unprätentiös, für Professor Alexander Košenina, so schien es mir, jedoch der interessantere Besucher. Bürgers Antworten begannen stets bei der zuletzt gestellten Frage und arbeiteten sich dann bis zur ersten Frage zurück. Am Schluss der „Vorstellung“ musste er einmal nachhaken, wie denn die erste Frage „nochmal gewesen“ sei, aber insgesamt machte er einen hochkonzentrierten, aufgeräumten Eindruck. Ein kleines Schatzkästlein an Zitaten hatte er ebenfalls im Gepäck, um die Aufgaben des Dramaturgen hinreichend zu erklären. Hier hielt er sich an die „richtige Reihenfolge“ und gab dann zum Beispiel wieder, dass der Dramaturg der erste und letzte Zuschauer sei. Mir kam es so vor, als sei der Dramaturg so etwas wie der Theaterredakteur.

Leider war die Vorlesung in puncto Tipps und Tricks längst nicht so ergiebig wie andere Veranstaltungen zuvor, was auch damit zusammenhängt, dass sich vieles wiederholte. Viel spielt sich im Theaterleben einfach über Sehen und Gesehen werden ab. Da muss es also nicht verwundern, wenn neben den einschlägigen Praktika vor allem die persönlichen Kontakte als Türöffner benutzt werden. Das wirklich Schöne ist: dieses lästige Bewerbungen Schreiben scheint in diesem Berufszweig längst nicht den Stellenwert einzunehmen, wie es in anderen Bereichen so üblich ist. Der Vitamin- B-Faktor ist dafür umso höher anzusetzen, was für den einen gut, für den anderen aber auch ziemlich ungünstig verlaufen kann (Volker Bürger berichtete anbei von einem Kollegen, der 800 Bewerbungen geschrieben hatte. Hut ab! Wenn man dabei auch noch auf Eigenheiten des jeweiligen Stadttheaters Rücksicht nimmt und sich durch Kenntnis der Spielstätte auszeichnen möchte, ist das eine echte Mammutaufgabe.). Interessanter als der Werdegang der beiden waren ihre Ansichten zum Berufsbild des Dramaturgen. Die unterschieden sich nicht groß voneinander, ergänzten sich aber gut, denn Dr. Ole Hruschka repräsentierte die distanzierte Perspektive, er war ja „nur“ bis 2007 als Dramaturg tätig. Volker Bürger vertrat hingegen den direkteren Blick auf das Tätigkeitsfeld. Diese Mischung aus Nähe und Distanz beschreibt dann auch gut den Zwiespalt, mit dem sich ein Dramaturg dem Theaterstück und seinen Protagonisten (Regisseure, Schauspieler, Bühnenbildner, Publikum usw.) nähern muss.

Vielleicht hätte meine Adaption zu einem kommentierten Fußballspiel hier viel besser gegriffen, wenngleich sich das Personalkarussell mit weniger öffentlicher Wahrnehmung dreht als beim Fußball ( längst nicht alle Zeitungen leisten sich einen Feuilleton, einen Sportteil hat sogar das hinterletzte Umsonstschmierpapier ). Es ist aber mindestens genauso schnell, was Volker Bürger so kommentierte: „Um Theater neu zu erfinden, braucht es auch neue Menschen“. Prof. Alexander Košenina konterte ungewohnt (ungewollt wahrscheinlich auch) bissig, indem er kurz danach von Amerika sprach: „In Amerika kann man sich alle paar Jahre neu erfinden…“ Das gab mir persönlich besonders zu denken, worüber ich auch noch nicht fertig bin.

Teil 7

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