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Dienstag, 18. September 2012

Strandleben, letzte Einstellungen

Als ich die fünf da so sitzen sah, war mir sofort klar, dass da irgendwas nicht stimmen konnte. Bester Laune, mit einem kleinen elektrischen Spielzeug ausgestattet, aus dem der Klang eines dunklen, vor Stroboskopen nur so wimmelnden Kellers erscholl, lungerten vier auf der Decke und eine saß am Wasser und schaute auf ihr Handy. In angeregter Unterhaltung spritzten die vier wie eine Horde Wassertropfen in einer Zentrifuge um sich selbst. Standen auf, setzten sich wieder, nahmen ungelenk und körperbetont Haltungen ein, die jedem Orthopäden ein Schauergewitter über den Rücken gejagt hätte; da wurden Beine übereinander geschlagen, und zurück, ausgetreckt, abgeknickt, Wirbel verbogen und Hälse gerenkt.

Über allem schwebte eine Affektiertheit, eine kleine angelegentliche Künstlichkeit aus Sonnenbrillenblick und Schnatterwahn, die ich zu unterbrechen bereit war. Zuerst holte ich ein paar Holzklappstühle und lauschte von Ferne. Dann ging ich direkt hin und erbat mir, dass die „Fremdgetränke“ wenigstens im Rucksack zu verschwinden hätten, schließlich wollten wir hier am Strandleben unseren „richtigen“ Gästen unsere Getränke verkaufen. Das sei ja überhaupt kein Problem, und überhaupt wussten sie ja auch gar nicht, dass wir heute auf hätten. Und in der Tat, es sah in diesem Moment so sehr nach Regen aus, dass ich geneigt war, den Arbeitstag noch vor seinem Beginn wieder abzusagen. Ich blieb; stellte den 5 Wasservampiren sogar noch einen Ascher hin, wofür sie sich wieder recht überschwänglich bedankten – wie zuvor schon über meine Nichtvertreibung aus ihrem Paradies. Ich hätte sie wahrscheinlich vertreiben müssen. Sie konsumierten nichts, hatten nur Wasserflaschen und ein geheimes Depot, um die ständige Marschierbereitschaft gewährleisten zu können, sie aßen nichts, jedenfalls nichts von uns und überhaupt war die abgespielte – leise – Musik und ihr Verhalten alles andere als normal. Aber sie taten keinem weh, keine Menschenseele war sonst zu sehen.

Als ich vor Jahren am Adolf-Mittag-See einen Aushilfsjob als Bootjunge hatte, mussten wir, nachdem wir mit dem Aufbau des Vorplatzes ( wir stellten Gartenzwerge auf, Blumen mussten gegossen werden, es wurde geharkt usw. ) fertig und die Boote alle mit Riemen ausgestattet waren, eine Runde auf dem See fahren. Wir arbeiteten immer zu zweit, ein Kumpel und ich. Die Runde auf dem See – jeder in einem extra Boot – diente einzig und allein dem Zweck, dass alle umliegenden Zuschauer, Spaziergänger und sonstige Aufenthalter im Park, wo der See lag, wussten: jetzt ist der Bootsverleih geöffnet, kommt her und leiht euch ein Boot für eine Stunde! Rudert herum, wir helfen euch ins Boot und wieder hinaus, es gibt Schlager aus dem Radio und einen flotten Spruch vom Chef! Ihr wollt nur eine halbe Stunde? Klar, kein Problem, rudert seinetwegen nur 10 Minuten, kostet immer das Gleiche! Ist das nicht super? Und da soll ich die einzigen Zeugen für die Inbetriebnahme der Strandbar vertreiben? Die letzten Reste einer versprengten, verfeierten Nacht, eines ganzen Wochenendes womöglich? Nee, das mache ich nicht. Und dann kam einer von denen hoch zu uns an den Tresen, riss sich sichtlich zusammen und beschloss, einen Kaffee zu bestellen. Bekam er auch. Eine schwarze, heiße Brühe in einer weißen Tasse. Sein unsteter Blick, seine zwei Kaffeetassen, die er im Gesicht trug, brauchten wohl eine Auffrischung.

Als wir, nachdem doch tatsächlich noch 6 Gäste kamen, endlich schließen wollten, saßen die fünf immer noch da. Sie zappelten und rauschten, als gehörten sie zum Blätterwerk der Birke, unter der sie saßen. Wie wir uns begrüßt hatten, so gingen wir wieder und überließen den aufgeregten Strandwachen das Feld. Das war’s wohl mit der Saison, dieses Jahr. Keine Schicht mehr für mich. Bald wird alles abgebaut, eingelagert und auf den Frühling verwiesen, der wohl zu kommen scheint, irgendwann.

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Zuletzt aktualisiert: 22. Mär, 21:06

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