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Mittwoch, 26. September 2012

Das X mit der Schrift

Mit Verwunderung stellte Trithemius fest, dass er sich nicht erklären könne, wie ein Hemd in dieser Größe wohl aussähe: XXXXL. Das Hemd in seiner Größe kostete seinerzeit wesentlich mehr, als ein Hemd in dieser Größe kurz vor der Schließung des Geschäfts. Geschlossen ist es jetzt deshalb, weil renoviert wird. Neue Fenster, neue Oberlichter, wahrscheinlich auch ein völlig neues Innenleben wurde in dem Laden neben unserem Kaffeestübchen konzipiert und jetzt befindet sich eine Schreinerfirma in der Ausführung der Pläne.

XXXXL. Stünde jedes dieser iXe für einen Arbeitsschritt, so könnte man sich ein ungefähres Bild von einem Unterfangen wie dem Umbau eines Ladengeschäfts machen. Läse man den aktuellen Text von Trithemius, würde man sich bewusst machen können, welche Arbeitsschritte nötig waren und heute nötig sind, um einen Text „auf Papier“ zu bringen. Wir bringen aber heute kaum noch etwas zu Papier. Der Text entsteht an einem Computer, an dem eine Tastatur hängt, auf dem eine Standardtastatur abgedruckt ist, die es uns ermöglicht, in einheitlicher Schriftgröße vor uns hin zu tippen. Wir haben unser Arbeitsmittel vertauscht – manchmal. Wir haben dem Prozess des Schreibens viele kleine Prozesse beigefügt. Wo vorher eine Papiermühle, ein Bleistiftmacher vonnöten war, nebst Lehrer, der einem das Schreiben beibrachte, zuletzt einen Schreiber und eventuell einen Leser als Letzten in der Kette eines Prozesses, der nichts weiter wollte, als mitzuteilen, sind es heute viel mehr iXe, die dazu nötig sind, um nichts mehr als das Gleiche zu erreichen: mitzuteilen. Wir benötigen dazu weiterhin all diese Dinge, sollten wir, wie ich zum Beispiel, nach wie vor ein Notizbuch mit uns führen. Wir benötigen aber auch die Industrie zur Herstellung von Tastaturen, Prozessoren, Monitoren, Computermäusen und nicht zuletzt auch die Programmierer, die dafür sorgen, dass unsere Eingabe auch dem entspricht, was wir wollen: eine von Vielen lesbare Mitteilung.

Wir unterhielten uns aber nicht nur über die Mittel zur Ausführung des Schreibprozesses, sondern auch darüber, was mit uns dabei passiert. Früher benötigten wir dazu eine Kerze oder nicht, je nach Tagesfortschritt, einen Arm, eine funktionierende Hand und ein Auge, meistens zwei, und natürlich das ein oder andere Hirnareal, welches, angeregt durch unser Tun, Synapsen zum Arbeiten brachte. Natürlich könnte diese hohe Form der Konzentration auf einen so schlichten Vorgang wie dem Abfassen einer Nachricht ein Gut sein, dass wir in heutiger Zeit vermissen. Gerade weil es aber Leute gibt ( den hier zum Beispiel ), die das in aberwitzigen Studien, ganzen Buchreihen, ach was sage ich: ganzen Bibliotheken, zu beweisen versuchen, kommt der vernünftige Mensch nicht um die Frage herum: Ist das jetzt gut oder schlecht?

Nicht weniger Konzentration ist übrigens nötig, um als ungeübter oder geübter ( eigentlich ist das sogar völlig egal ) Tastenklimperer den Fortschritt des Textes sicherzustellen, seine Botschaft klar und unmissverständlich herauszuarbeiten, als es beim Schreiben von Hand nötig ist. Man denke nur, an die vielen Blicke, die es erfordert, Einheit zwischen Gedachtem und Geschriebenem herzustellen, eventuelle Rechtschreibfehler oder Tippfehler auszumerzen. Man bedenke nur die Komplexität der Bewegung einer Extremität beim handschriftlichen Abfassen und dem computergestützten Schreiben, bei dem womöglich zwei Arme zu steuern sind. Auch hier sind also ein paar iXe hinzugekommen, deren einzige messbaren Konstanten Hirnareale darstellen, die wir glauben komplett erforscht zu haben und die scheinbar in ihrer Aktivität leiden, wenn wir von dem Einen lassen und das Andere bevorzugen. Deshalb sind Computer per se schlecht und die Handschrift ein Gut, das es zu pflegen gilt.

Was also alle Schreibprozesse gemeinsam haben, ist das sinnlose oder sinnvolle – je nach Betrachter – Aufblähen eines oder mehrerer Vorgänge, die nur einem Zweck dienen: sich mitzuteilen. Ich sagte zu Trithemius, dass der Herr, der draußen an einem der Tische saß, ein XXXXL-Hemd trug, weil er über einen Körperumfang verfügte, in dem wir beide gleichzeitig Platz hätten. Doch nur weil ich die Größe kenne/vermute, heißt das noch lange nicht, dass seine iXe aus einer schlechtlaufenden Schilddrüse herrühren oder er nicht in jeder Jackentasche ein Arsenal aus Schokoriegeln mit sich führt. Und zu beurteilen, was daran gut oder schlecht ist, das maße ich mir schon gar nicht an.

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