Willkommen

Bei den Leisen Tönen. Manchmal braucht es einen Blog, um sich Luft zum Denken zu verschaffen. Keine Steckenpferde, Hobbies oder sonstiges Spezielles, nur Luft zum Denken.

Kontakt

shhhhtwoday(at)googlemail.com

Aktuelle Beiträge

Studenten - ein lustiges...
Studenten - ein lustiges Völkchen. Die Norddeutschen...
Shhhhh - 22. Mär, 21:06
Rheinschiffer ist besser...
Rheinschiffer ist besser als Rheinscheißer ("Gibt's...
Shhhhh - 22. Mär, 21:04
Am ältesten ist die seit...
Am ältesten ist die seit dem 13. Jahrhundert belegte...
C. Araxe - 21. Mär, 21:59
Bei uns gibt es nur R(h)einschiffer.
Bei uns gibt es nur R(h)einschiffer.
Lo - 20. Mär, 23:10
Altsprachler und Schwallhalla-Kenner:...
Altsprachler und Schwallhalla-Kenner: Schifffahrt →...
NeonWilderness - 15. Mär, 23:12

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Das X mit der Schrift

Mit Verwunderung stellte Trithemius fest, dass er sich nicht erklären könne, wie ein Hemd in dieser Größe wohl aussähe: XXXXL. Das Hemd in seiner Größe kostete seinerzeit wesentlich mehr, als ein Hemd in dieser Größe kurz vor der Schließung des Geschäfts. Geschlossen ist es jetzt deshalb, weil renoviert wird. Neue Fenster, neue Oberlichter, wahrscheinlich auch ein völlig neues Innenleben wurde in dem Laden neben unserem Kaffeestübchen konzipiert und jetzt befindet sich eine Schreinerfirma in der Ausführung der Pläne.

XXXXL. Stünde jedes dieser iXe für einen Arbeitsschritt, so könnte man sich ein ungefähres Bild von einem Unterfangen wie dem Umbau eines Ladengeschäfts machen. Läse man den aktuellen Text von Trithemius, würde man sich bewusst machen können, welche Arbeitsschritte nötig waren und heute nötig sind, um einen Text „auf Papier“ zu bringen. Wir bringen aber heute kaum noch etwas zu Papier. Der Text entsteht an einem Computer, an dem eine Tastatur hängt, auf dem eine Standardtastatur abgedruckt ist, die es uns ermöglicht, in einheitlicher Schriftgröße vor uns hin zu tippen. Wir haben unser Arbeitsmittel vertauscht – manchmal. Wir haben dem Prozess des Schreibens viele kleine Prozesse beigefügt. Wo vorher eine Papiermühle, ein Bleistiftmacher vonnöten war, nebst Lehrer, der einem das Schreiben beibrachte, zuletzt einen Schreiber und eventuell einen Leser als Letzten in der Kette eines Prozesses, der nichts weiter wollte, als mitzuteilen, sind es heute viel mehr iXe, die dazu nötig sind, um nichts mehr als das Gleiche zu erreichen: mitzuteilen. Wir benötigen dazu weiterhin all diese Dinge, sollten wir, wie ich zum Beispiel, nach wie vor ein Notizbuch mit uns führen. Wir benötigen aber auch die Industrie zur Herstellung von Tastaturen, Prozessoren, Monitoren, Computermäusen und nicht zuletzt auch die Programmierer, die dafür sorgen, dass unsere Eingabe auch dem entspricht, was wir wollen: eine von Vielen lesbare Mitteilung.

Wir unterhielten uns aber nicht nur über die Mittel zur Ausführung des Schreibprozesses, sondern auch darüber, was mit uns dabei passiert. Früher benötigten wir dazu eine Kerze oder nicht, je nach Tagesfortschritt, einen Arm, eine funktionierende Hand und ein Auge, meistens zwei, und natürlich das ein oder andere Hirnareal, welches, angeregt durch unser Tun, Synapsen zum Arbeiten brachte. Natürlich könnte diese hohe Form der Konzentration auf einen so schlichten Vorgang wie dem Abfassen einer Nachricht ein Gut sein, dass wir in heutiger Zeit vermissen. Gerade weil es aber Leute gibt ( den hier zum Beispiel ), die das in aberwitzigen Studien, ganzen Buchreihen, ach was sage ich: ganzen Bibliotheken, zu beweisen versuchen, kommt der vernünftige Mensch nicht um die Frage herum: Ist das jetzt gut oder schlecht?

Nicht weniger Konzentration ist übrigens nötig, um als ungeübter oder geübter ( eigentlich ist das sogar völlig egal ) Tastenklimperer den Fortschritt des Textes sicherzustellen, seine Botschaft klar und unmissverständlich herauszuarbeiten, als es beim Schreiben von Hand nötig ist. Man denke nur, an die vielen Blicke, die es erfordert, Einheit zwischen Gedachtem und Geschriebenem herzustellen, eventuelle Rechtschreibfehler oder Tippfehler auszumerzen. Man bedenke nur die Komplexität der Bewegung einer Extremität beim handschriftlichen Abfassen und dem computergestützten Schreiben, bei dem womöglich zwei Arme zu steuern sind. Auch hier sind also ein paar iXe hinzugekommen, deren einzige messbaren Konstanten Hirnareale darstellen, die wir glauben komplett erforscht zu haben und die scheinbar in ihrer Aktivität leiden, wenn wir von dem Einen lassen und das Andere bevorzugen. Deshalb sind Computer per se schlecht und die Handschrift ein Gut, das es zu pflegen gilt.

Was also alle Schreibprozesse gemeinsam haben, ist das sinnlose oder sinnvolle – je nach Betrachter – Aufblähen eines oder mehrerer Vorgänge, die nur einem Zweck dienen: sich mitzuteilen. Ich sagte zu Trithemius, dass der Herr, der draußen an einem der Tische saß, ein XXXXL-Hemd trug, weil er über einen Körperumfang verfügte, in dem wir beide gleichzeitig Platz hätten. Doch nur weil ich die Größe kenne/vermute, heißt das noch lange nicht, dass seine iXe aus einer schlechtlaufenden Schilddrüse herrühren oder er nicht in jeder Jackentasche ein Arsenal aus Schokoriegeln mit sich führt. Und zu beurteilen, was daran gut oder schlecht ist, das maße ich mir schon gar nicht an.
Trithemius - 26. Sep, 19:56

Du hast mich ja heute Morgen beinah überzeugt. Gewiss ist vieles Nostalgie, nach dem Motto: "Früher musste man noch Karten lesen können." Da wäre mit Recht zu fragen: Was ist das Gute daran, Karten lesen zu können? Langsam komme ich aber dahinter, was mir an all den Erleichterungen der menschlichen Handlungen durch Technik Unbehagen macht. Es ist die Abhängigkeit. Mit jeder Qualifikation, die wir in Technik einfließen lassen, verlieren wir auch etwas von unserer Unabhängigkeit. Wir geben sie auf in dem trügerischen Gefühl, dass uns die Technik immer helfen wird, die eigene Unmündigkeit zu kaschieren. Das liegt nicht nur an der Technik, sondern überhaupt am technisch geprägten Sozialgefüge. Wenn es brennt, warten wir auf die Feuerwehr, wenn wo eine Gewalttat passiert, auf die Polizei. Für alles gibt es Spezialisten, die uns die Kompetenz beschneiden. Und wir sind gerne bereit, sie uns beschneiden zu lassen. Denn das ist alles so bequem.

bloedbabbler - 26. Sep, 23:56

Ich teile mich kurz(auch das liegt natürlich im Auge des Betrachters oder irgendwo zwischen den Zeilen) mit, weil mir der Text mal wieder gefallen hat.
Nicht, dass mir die anderen Texte nicht gefielen, nur hier hatte ich den Eindruck mal selbst wieder kurz absenfen zu können. :-D
Doch nur weil ich die Größe kenne/vermute, heißt das noch lange nicht, dass seine iXe aus einer schlechtlaufenden Schilddrüse herrühren oder er nicht in jeder Jackentasche ein Arsenal aus Schokoriegeln mit sich führt.
Es ist uns nicht folglich nicht gegeben – obwohl wir sehen- deshalb auch die Ursache kausal erkennen zu können.
Das sieht man auch leider übertragen auf die Gesellschaft, Produktionsverhältnisse oder die Geräusche meines Nachbarn im Klo nebenan. Stirbt er gerade oder setzt er zutiefst beglückt einen Haufen auf den er stolz ist und von dem er seinen Enkeln noch berichten wird?

Ich warte mal die nächsten Tage ab. :-D

Die Kelten konnten prima Schwerter basteln; ein Wissen das tragisch über die Jahrhunderte verloren gegangen ist.
Auch, weil sich Schusswaffen als effektiver im Business erwiesen haben.
Wer allerdings jemals dringlich töten musste und eine klemmende Beretta sein eigen nannte, weiß sicherlich ein gutes keltisches Schwert zu schätzen ;-)
Manuelle Techniken wie bspw. Karten lesen etc. sind ja nicht nur Selbstzweck, sondern häufig in einen Verbund eingeschlossen.
Dieser soll meist den Zugriff und die Interaktion mit der Realität meistern.
Technik kann da selbstverständlich eine Erleichterung, gar ein Fortschritt sein, aber sie kann manches Mal auch eben nicht immer funktionieren.
Ich habe mir vor kurzem -erstmalig in meinem Leben- mit einem technischen Navigationsgerät- neben der Ms. der diese Aufgabe als Backup gewöhnlich zufiel- meinen Weg durch die Republik gebahnt.
Von lustigen und absurden Kommandos (die aufgrund nicht ganz aktueller Karten kamen - mein Fehler ich dachte sie wären es) geleitet, deren Umsetzung direkt in einen Buñuel Film geführt hätten, war doch letztlich die manuelle Leistung der Ms. -des Kartelesens mächtig- unsere Rettung in den Niederungen des friesischen Hochlandes. :-D
Spezialisierung ist eine wichtige Voraussetzung für Fortschritt, aber letztlich auch der Grund wieso alles den Bach runtergeht.
Spezialisierung ist durchaus sinnvoll, entbindet aber den Einzelnen natürlich nicht davon selbst Hand anzulegen wie im oben genannten Beispiel mit der Feuerwehr.
Gedanken von anderen denken zu lassen, sich dumpf existenten Riten zu beugen ist einer ähnlichen Faulheit geschuldet, wie auch der Trend jegliche technische Neuerung unkritisch zu hofieren.
Und wenn erst mal im Winter endlich der Strom-Blackout kommt vor dem die Energiewirtschaft und ihre Brückenköpfe in der CDU seit ca. 40 Jahren warnen - Atomkraft verstehn' schon!- dann werde ich mir eine Karte schnappen, ne Buddel Schnaps einpacken und durch Deutschland wandern und mir die ganzen herumirrenden verwirrten Menschen angucken, die plötzlich ihren Lebensinhalt verloren haben, weil der Akku ihres Smartphones alle ist.

Gutes Nächtle von Ihnen Ihrm Blödbabbbler
Shhhhh - 27. Sep, 09:43

Also erstmal zum kompetenzenbeschneidenden Spezialisten: Ein Werkzeug ist in egal welcher Form immer als ein solches zu gebrauchen und nötigt dem Benutzer als auch dem Hersteller immer! Fertigkeiten ab, die er zu erlernen hat. Die Krux liegt also nicht in der Ausbildung zum Spezialisten, sondern in der künstlichen Verknappung der Ressource Ausbildung. Illich spricht im Zusammenhang des Werkzeugs von "Entmündigung", denn der Mensch könnte fortan nicht nur nicht in der Lage sein, ein bestimmtes Werkzeug überhaupt zu benutzen, es wird dem Menschen sogar verwehrt, sich selbst zu helfen, indem seine Kompetenz zur Selbstregulierung, -heilung, -lösung der Konfliktsituation beschnitten wird.
Ein Geburtstag steht bald an, mein eigener. Den hätte ich nicht erlebt, wenn meine Aufgabe darin bestanden hätte, Steinquader von der Größe einer Garage den Nil hinaufzuziehen. Wäre ich stattdessen aber des Schreibens mächtig gewesen, wäre ich höchstwahrscheinlich nach Erreichen eines hohen Alters ( 50 Jahre ) in einer Pyramide begraben worden. Wir sprechen hier also nicht von einem Prozess, den Illich erfunden hat oder den es erst seit Beginn der Industrialisierung gibt. Der kleine, feine Unterschied besteht für mich eher darin, dass es scheinbar mehr Leute gibt, die sich des technisch geprägten Sozialgefüges nicht mehr bewusst sind, als dies früher der Fall war - was erstmal zu beweisen wäre und ich für keineswegs gesichert halte, sondern wohl dem Gefühlssektor zuschiebe. Diese "neue Bequemlichkeit", also das Nichtbewusstmachen der Abhängigkeit und das bedingungslose Vertrauen in den Stand der Technik, ist genauso wenig neu, wie die Entmündigung durch Werkzeuge, sie ist auch nicht bequem.

Der Herr Bloedbabbler, der mit dem Stichwort des Navigierens auf Deutschlands Straßen sogleich den zweiten Punkt, die "neue Bequemlichkeit", anspricht, hat sicherlich nicht unrecht, wenn er behauptet, dass sich ein Großteil der Menschheit ohne Licht ( Strom ) nicht mehr zurechtfinden würde. Aber nicht nachvollziehen kann ich die Aussage, dass eine Orientierung ohne Navi nicht bzw. niemandem ( vielen, von mir aus ) möglich ist. Ein Navigationsgerät arbeitet mit Bildern, deren Konsenz im Laufe mehrerer tausend Jahre herausgearbeitet wurde. Und trotzdem wurden immer wieder Neuerungen, Entdeckungen gemacht, die in zukünftige "Verbesserungen" mit eingeflossen sind, wo es zuvor nichts gab, worauf man sich stützen konnte, immerhin sind ganze Kontinente er(ge)funden worden. Doch nicht nur das: eine Straße hat auf dem Navigationsgerät immer noch das gleiche schemenhafte Aussehen einer Straße von vor 50 Jahren auf einer Straßenkarte. Höhenunterschiede werden immer noch als Farbwechsel von Grün zu Braun beschrieben, Siedlungen erscheinen rot, Gewässer blau usw. Wie kann es da sein, dass wir plötzlich, weil unser Navigationsgerät ausfällt, die Orientierung verlieren, nur weil wir von Navi auf Straßenkarte umschalten sollen? Das halte ich schlichtweg für falsch. Nicht ganz von der Hand zu weisen wäre vielleicht der Wegfall der Fähigkeit der inneren Orientierung ( mein persönliches Schreckgespenst und Grund für die generelle Verweigerung von Navis, und höchstwahrscheinlich völlig aus der Luft gegriffen ), der natürlichen, womöglich angeborenen Fähigkeit, uns in fremder Umgebung "einzunorden" ( ja Norden! ).
Bei bestimmten Tierarten weiß ich seit langem, dass sie über spezielles System der Orientierung verfügen, Tauben zum Beispiel. Beim Menschen weiß ich das nicht, vermute aber auch hier eine angeborene Fähigkeit zur Orientierung. Der Unterschied besteht deshalb nicht darin, etwas nicht zu vermögen, sondern darin, dass wir, die Menschen, im Gegesatz zur Taube in der Lage sind, dies zu kommunizieren. Und da der Mesch sowieso zum Lamentieren neigt, fällt es ihm überhaupt nicht schwer, einfach mal zu sagen: "Das kann ich nicht ( gerne auch mit "mehr" hinten dran )." und dies dann auf die Technik zu schieben.
Teresa HzW - 27. Sep, 23:10

Wie schön, dass ich hier auf Ihren "Leise[n] Töne[n]" einen neuen Text vorfinde; ich werde ihn erst noch lesen, im Moment weiß ich noch nicht, ob es darum geht, "jemandem ein "X" für ein "U" [vor] zu machen" oder ob es um das Ankreuzen eines Fragebogens[?] oder das Ausfüllen eines Wahlzettels [?] geht oder schlicht um "das Kreuz" mit der Schrift, die Schwierigkeit des Schreibens, geht.
Vor-Letzteres kann aber nicht sein, weil die Wahlen in Niedersachsen sind ja erst im Frühjahr 2013, wenn ich richtig informiert bin ;-)

Shhhhh - 28. Sep, 08:30

Da bin ich dann aber gespannt, wie Sie den Bogen finden, von der Überschrift zum Text;)

Suche

 

Status

Online seit 4904 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 22. Mär, 21:06

Lesen

Credits


xml version of this page
xml version of this page (summary)
xml version of this page (with comments)

twoday.net AGB

Blogverzeichnis Creative Commons Lizenzvertrag
Shhhhh.

Alles nur Theater
Auf Spatzen geschossen
Auslaufmodell Buch
Den Ball gespielt
Der alltägliche K(r)ampf
Die kleine Form
Gedankeninseln
Geldregierung Arbeitsplatz
Gelegenheitslyrik
HaCK
Herr Fischer
Klassenraum
Links
Mensagespräche
Nichts Spezielles
Ohne Brille
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren