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Strandleben, letzte Einstellungen

Als ich die fünf da so sitzen sah, war mir sofort klar, dass da irgendwas nicht stimmen konnte. Bester Laune, mit einem kleinen elektrischen Spielzeug ausgestattet, aus dem der Klang eines dunklen, vor Stroboskopen nur so wimmelnden Kellers erscholl, lungerten vier auf der Decke und eine saß am Wasser und schaute auf ihr Handy. In angeregter Unterhaltung spritzten die vier wie eine Horde Wassertropfen in einer Zentrifuge um sich selbst. Standen auf, setzten sich wieder, nahmen ungelenk und körperbetont Haltungen ein, die jedem Orthopäden ein Schauergewitter über den Rücken gejagt hätte; da wurden Beine übereinander geschlagen, und zurück, ausgetreckt, abgeknickt, Wirbel verbogen und Hälse gerenkt.

Über allem schwebte eine Affektiertheit, eine kleine angelegentliche Künstlichkeit aus Sonnenbrillenblick und Schnatterwahn, die ich zu unterbrechen bereit war. Zuerst holte ich ein paar Holzklappstühle und lauschte von Ferne. Dann ging ich direkt hin und erbat mir, dass die „Fremdgetränke“ wenigstens im Rucksack zu verschwinden hätten, schließlich wollten wir hier am Strandleben unseren „richtigen“ Gästen unsere Getränke verkaufen. Das sei ja überhaupt kein Problem, und überhaupt wussten sie ja auch gar nicht, dass wir heute auf hätten. Und in der Tat, es sah in diesem Moment so sehr nach Regen aus, dass ich geneigt war, den Arbeitstag noch vor seinem Beginn wieder abzusagen. Ich blieb; stellte den 5 Wasservampiren sogar noch einen Ascher hin, wofür sie sich wieder recht überschwänglich bedankten – wie zuvor schon über meine Nichtvertreibung aus ihrem Paradies. Ich hätte sie wahrscheinlich vertreiben müssen. Sie konsumierten nichts, hatten nur Wasserflaschen und ein geheimes Depot, um die ständige Marschierbereitschaft gewährleisten zu können, sie aßen nichts, jedenfalls nichts von uns und überhaupt war die abgespielte – leise – Musik und ihr Verhalten alles andere als normal. Aber sie taten keinem weh, keine Menschenseele war sonst zu sehen.

Als ich vor Jahren am Adolf-Mittag-See einen Aushilfsjob als Bootjunge hatte, mussten wir, nachdem wir mit dem Aufbau des Vorplatzes ( wir stellten Gartenzwerge auf, Blumen mussten gegossen werden, es wurde geharkt usw. ) fertig und die Boote alle mit Riemen ausgestattet waren, eine Runde auf dem See fahren. Wir arbeiteten immer zu zweit, ein Kumpel und ich. Die Runde auf dem See – jeder in einem extra Boot – diente einzig und allein dem Zweck, dass alle umliegenden Zuschauer, Spaziergänger und sonstige Aufenthalter im Park, wo der See lag, wussten: jetzt ist der Bootsverleih geöffnet, kommt her und leiht euch ein Boot für eine Stunde! Rudert herum, wir helfen euch ins Boot und wieder hinaus, es gibt Schlager aus dem Radio und einen flotten Spruch vom Chef! Ihr wollt nur eine halbe Stunde? Klar, kein Problem, rudert seinetwegen nur 10 Minuten, kostet immer das Gleiche! Ist das nicht super? Und da soll ich die einzigen Zeugen für die Inbetriebnahme der Strandbar vertreiben? Die letzten Reste einer versprengten, verfeierten Nacht, eines ganzen Wochenendes womöglich? Nee, das mache ich nicht. Und dann kam einer von denen hoch zu uns an den Tresen, riss sich sichtlich zusammen und beschloss, einen Kaffee zu bestellen. Bekam er auch. Eine schwarze, heiße Brühe in einer weißen Tasse. Sein unsteter Blick, seine zwei Kaffeetassen, die er im Gesicht trug, brauchten wohl eine Auffrischung.

Als wir, nachdem doch tatsächlich noch 6 Gäste kamen, endlich schließen wollten, saßen die fünf immer noch da. Sie zappelten und rauschten, als gehörten sie zum Blätterwerk der Birke, unter der sie saßen. Wie wir uns begrüßt hatten, so gingen wir wieder und überließen den aufgeregten Strandwachen das Feld. Das war’s wohl mit der Saison, dieses Jahr. Keine Schicht mehr für mich. Bald wird alles abgebaut, eingelagert und auf den Frühling verwiesen, der wohl zu kommen scheint, irgendwann.
Trithemius - 18. Sep, 17:48

Dieser Abgesang auf den Sommer stimmt mich ganz wehmütig. Heiter dagegen ist der Kurzbericht über den Adolf-Mittag-See. Immer wieder staune ich, welche kuriosen Jobs du schon alles gehabt hast.

Shhhhh - 18. Sep, 19:59

Das war fast mein erster Job und einer der kurioseren allemal.
Teresa HzW - 20. Sep, 09:59

Tatsächlich!
Ich "sah" während des Lesens ebenfalls diesen in viel Grün eingebetteten und teilweise von Bäumen um"waldeten" See und diese Gruppe gockelnder Jungmänner ;-)
Dabei dachte ich mir: Das war gewiss ein Job der angenehmeren Sorte [besser wie irgendwo in einer fensterlosen Fabrikhalle den ganzen Tag am Band stehend auf 50 Quadratzentimeter Handlungsfreiheit eingeschränkt irgendwelche stupiden Handbewegungen zu verrichten].
:-)

Shhhhh - 20. Sep, 13:34

Das habe ich auch schon gemacht. War so ziemlich das Erste, womit ich mir mein Taschengeld aufbesserte.
Ich arbeitete zu früher Morgenstunde in einer Glasfabrik und war für die defekten Scheiben zuständig. Die musste ich immer vom Band nehmen und in den Container verfrachten. Daneben musste ich fegen und mich von einem dicken Mittfünfziger, der mich nie nach meinem Namen gefragt hatte, sondern mich nur "Ey Langer!" rief, durch die Halle scheuchen lassen. Ich hatte Schnittwunden über beide Hände und Arme. Trank Kaffee, um mich wachzuhalten ( ich war erst 15 ).
Als die zwei Wochen Ferienjob rum waren, wurde ich gefragt, ob ich noch eine Woche ranhängen möchte, nee, hab' ich gesagt und bin dann kurze Zeit später am See gelandet. Das Geld übrigens habe ich alles für Quatsch ausgegeben.
Teresa HzW - 20. Sep, 19:30

Ich glaube diese Art Job-Erfahrung macht jeder mal im Leben; interessanterweise erinnerte mich Ihre kleine Episode an ein ähnliches Erlebnis [bei mir erst mit 16J].
2Wochen am Band sollten es werden, irgendwelche komischen Spulen[so Art Nähmaschinenspulen] einfädeln; ich hatte Glück und konnte nach einem Tag Fabrikarbeit ins Büro wechseln, weil dort jemand krank wurde und die unter den Ferienjobberinnen rumfragten, ob jemand Schreibmaschine schreiben könne... Ich konnte. Also wechselte ich hinauf ins "Vorzimmer" der Prokuristin; die war dort überall in dem Laden gefürchtet... wegen ihrer Berliner Schnauze. Ich kam jedoch gut klar mit ihr und hatte das schönste Leben; jeden Morgen unterhielt sie sich erstmal ne halbe Stunde mit mir... danach schrieb ich im Schneckentempo Rechnungen und Briefe... dann gingen wir - das ganze Büro - gemeinsam Mittagessen... danach wurde ich zum Kaffee trinken in ihr Büro zitiert... von etwa halbdrei bis halbfünf nochmal gearbeitet und dann durfte ich meist ne halbe Stunde früher heim; Freitags war sogar damals bei denen im Büro immer schon um 12 Uhr Schluss. Ein richtig cooler Job war das, so dass ich sogar eine Woche verlängerte.
Und all das nur, weil meine Eltern damals dagegen waren, dass ich mit ner Freundin in Urlaub fuhr. Tja... no money, no fun! So war das damals noch! Die Eltern am Hebel der Macht. Also suchte ich mir den Ferienjob und jobbte von sechs Ferienwochen, fünfe. Dasselbe das Jahr drauf nochmals. Zwei Jahre später (da war ich dann volljährig) gings per Interrail durch Südosteuropa... bis nach Griechenland hinunter. Das waren noch Zeiten! Leider wurde die Berlinerin dann "gechasst", so dass sich dieser coole Job - der für damalige Verhältnisse s..gut bezahlt wurde - während meiner Studienzeit nicht fortsetzen ließ. >>Mei... wia halt des Lebn so is!<<

Allerdings glaube ich auch, lieber SHHHHH, dass ... ähem..."früher"... die Jungs eher immer die "A....-Karte" hatten, denn solche Erlebnisse wie Sie eins schildern mit "Ey-Langer" etc. das war früher typisch für den Umgang mit Jungs. Heute ist ja alles ganz anders... da werden die "Jungen" [iSv junge Leute] eher "hofiert", denn "gegängelt". So ändern sich die Zeiten.
bonanzaMARGOT - 30. Sep, 17:16

da hast du dich ja richtig literarisch bemüht. hm. oder hm?

Shhhhh - 3. Okt, 15:15

Das Bemühen sieht nicht immer gleich aus, ist aber immer da.

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