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Bei den Leisen Tönen. Manchmal braucht es einen Blog, um sich Luft zum Denken zu verschaffen. Keine Steckenpferde, Hobbies oder sonstiges Spezielles, nur Luft zum Denken.

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Donnerstag, 18. Juni 2015

Null Euro für Falschparken

Vor einer Woche bekam ich einen Strafzettel, weil der TÜV abgelaufen war. Eigentlich stand ich an ungünstiger Stelle, also mein Fahrzeug stand da – das ist wie beim Papst oder beim Weltmeister, plötzlich bist du’s und alle freuen sich, ich bin mein Auto und stand im Parkverbot – aber das hätte nur 15 Euro gekostet. Ein abgelaufener TÜV bringt 25 Euro, da sind Polizisten ganz kühle Rechner. Wie zum Hohn stand das Vergehen, weshalb sie überhaupt auf mein Auto gekommen sind, auch auf dem Zettel, Null Euro musste ich dafür berappen.

Naja, jedenfalls war ich deshalb auf der Suche nach einem TÜV. Ich entschied mich für die Dekra, weil KFZ-Werkstätten plötzlich noch einfällt, dass die Bremsbeläge nichts mehr taugen, und ach, Sie haben Kinder? Um Gottes Willen, setzen Sie sich bloß nicht in dieses Auto, die Elektronik! KFZ-Heinis in Vertragswerkstätten sagen nicht Elektrik, es heißt ja auch nicht mehr Mechanik. Es heißt jetzt irgendwas mit –tronik, damit Deppen wie ich, die schon vorher einem Schwein ähnelten, das in ein Uhrwerk schaut, auch ganz genau bewusst gemacht wird, von welchen Finessen man gerade gar keine Ahnung hat.

„Sie können bestimmt auch irgendwas richtig gut“, sagt der Dekra-Mann zu mir. Das hat mich zum Nachdenken gebracht. Ich schlenkere mit dem Kopf, weil ich nicht weiss, ob ich jetzt nicken oder schütteln soll und murmele irgendwas Zustimmung signalisierendes in den Kragen meiner Jacke. Dann kommt der Meister, er soll sich die Gasflaschen mal ansehen.

Gasflaschen! Die sind unter einer Verblendung versteckt, die man vorher! abmontieren muss, weshalb ich doch noch zum Vertragshändler musste, der keine Zeit hatte und mich überreden wollte, doch gleich bei ihm den TÜV machen zu lassen, aber erst morgen, heute ginge das nicht mehr. Ich sagte Danke, dass ich überlegen würde, ich müsste mal dringend telefonieren.

Ich fuhr tanken, weil der Hinweis eines vollen Gastanks, der zur Überprüfung notwendig sei, das Einzige war, was sich halbwegs als Rechtfertigung für die kleine Stadtrundfahrt eignete, die ich wegen dieser Scheißklappen gerade unternommen hatte. Gegenüber gab es einen türkischen Mechaniker. So wie man sie kennt, fettige Haare, schmutzige Finger, aber höflich. Der redete mich mit Sie an, das ist mir in 20 Jahren KZF-Werkstätten meiden noch nie passiert! Zumindest nicht beim schraubenden Personal. Ich fragte, er machte. 5 Schrauben. Oder sechs. Danach komme ich wieder vorbei, sagte ich. Gut, sagte er.

Dann stehe ich wieder! beim TÜV, denn dass die Klappen ab müssen, hat mir natürlich keiner vorher gesagt, das haben die mir gesagt, als die AU schon fertig war.

Mit apper Klappe hängt der Wagen in der Luft. Der Meister kommt. „Da fehlen noch zwei Gasflaschen, die sind da vorne unter der anderen Verkleidung“, sagt er. Ich stehe das aus, zum Sitzen ist nichts da. Ich schweige einfach und gucke wie eine Kuh in das Innere einer Stahlfelge. Alles ist ausgeblendet, bis der Chef die erlösenden Worte spricht: „Freddy, mach‘ mal kurz hier die Verkleidung ab!“

Freddy kommt, guckt und liest mir einen aufgeklebten Zettel vor: „Nur von geschultem Fachpersonal zu öffnen!“ Ich zähle Eisenatome. „Gut, dass ich diesen Lehrgang gemacht habe“, erlöst er mich und schraubt weitere 5 oder sechs Schrauben ab. Die Klappe fällt. Die Ventile sind fast wie neu. Ich hatte die ganze Zeit einen blinden Passagier an Bord, der wegen der ganzen Aufregung ganz aufgeregt zu schaukeln anfängt, aber bis auf den Weberknecht ist da nichts auszumachen. Alle Atome in Ordnung.

Der Chef holt eine kleine Pastillenbox heraus und zwinkert mir zu, während Freddy den Wagen zu Boden lässt. Er holt aus der Pastillenbox einen kleinen Aufkleber raus, klebt ihn hinten auf den alten drauf und gibt Freddy die Anweisung, mir das Tor aus der Hölle zu öffnen. Ich wanke noch kurz mit ins Büro und bin versucht Trinkgeld zu geben, runde aber nur auf, weil ich ja niemanden bestechen will. Wird angenommen. Blauer Schein für mich. Der sagt, meine Nummernschildbeleuchtung geht nicht. Drauf geschissen.

Sonntag, 14. Juni 2015

Pannemann* - vegan

Tassenrezepte. Kennen Sie das? Sie nehmen ein paar Tassen voll mit Mehl, Zucker, und anderen Sachen, manschen es zusammen und heraus kommt ein Teig, den Sie in jede Form bekommen.
Ich habe heute ein paar Minitörtchen nebst Muffins gebacken, nach einem Tassenrezept. Dafür nehmen Sie:

3 Tassen Mehl
2 Tassen Zucker
1 Tasse Speiseöl
1 Tasse Mineralwasser
1 Tüte Backpulver
1 Tüte Vanillezucker


Leider habe ich bei dem Rezept, das mir während eines Telefonats zugerufen wurde, die mir bereits zuvor hinzugelegten drei Eier vergessen. Die bemerkte ich erst, als ich anfing aufzuräumen. Nur zu diesem Zeitpunkt waren die Törtchen natürlich schon im Ofen. Die zweite Bescherung war die Backzeit. Ich habe Sie unlauter verlängert, deshalb sind es jetzt Minibiskuits statt Törtchen. Sie sind knusprig, süß und mit nur einem Bissen können sie verzehrt werden. Die Muffins haben die gleichen Eigenschaften, sollten aber aufgrund der Größe nicht ohne Getränk eingenommen werden.



Die Kekse sind für ein Buffet in der Kita gedacht, wo morgen Nachmittag das Sommerfest ausgerichtet wird. Ich kann nur hoffen, dass es unter den Gästen ein paar Veganer gibt, die meine Backkünste zu schätzen wissen.

*Der Pannemann kommt übrigens vom Herrn Lo, der mir hier erklärte, wofür der steht.

Donnerstag, 11. Juni 2015

Bratenpfanne



Wenn Liebe durch den Magen geht,
das beste Stück am Manne
ist nicht sein Frauenlobgerät,
sondern die Bratenpfanne.

Dienstag, 9. Juni 2015

Fast & Furious 7

Es gibt eine Filmszene, die ist so unterirdisch, und doch ist es die beste Szene des ganzen Films, wahrscheinlich. Denn ich habe den Film genau bis dahin gesehen. Der Satz, mit dem die Szene endete, war: „Ich wünschte, ich hätte diesen Film nie gesehen.“

Hauptsache klicken

Im Netz scheint es nicht der Text zu sein, der darüber entscheidet, ob etwas gut ist, sondern der Link, der im Text enthalten ist. Nur er lässt den Leser entweder tief eintauchen oder an der Oberfläche verharren. Als notorischer Klickbruder, bin ich an jedem Link interessiert und muss leider viel zu oft feststellen, dass der gesetzte Link nicht funktioniert, nicht weiterleitet.

Unterstrichene Verheißung mit Frustpotential nenne ich sowas. Das kommt auf den besten Seiten vor, in den besten Texten finden sich Sackgassen. Heute war ich auf einer Seite, die es in der gesamten Kategorie auf gerade einmal drei funktionierende Links brachte. Es handelte sich dabei gar nicht um einen Text im herkömmlichen Sinne, sondern um eine Linksammlung, eine schlichte Liste, die auf Texte oder Quellen verweisen sollte, die nicht mehr vorhanden waren. Wenn ich nicht wenigstens ein Drittel der Texte bereits gekannt hätte ich daran verzweifeln können.

An anderer Stelle las ich tatsächlich einen Text, einen wirklichen, gehaltvollen. Auch er enthielt Links. Nach drei erfolglosen Weiterleitungsversuchen, machte ich mir die Mühe, jeden einzelnen Link anzuklicken, nur um festzustellen, dass sie allesamt tot waren.

Mittwoch, 3. Juni 2015

Pokalvergabe Freitagstexter

Freitagstexter

Liebe Mitwirkende des Freitagstexters,

vielen Dank für die vielen Kommentare, die Jury musste mindestens schmunzeln und hat häufig sogar herzlich gelacht. Doch jeder Spaß hat einmal ein Ende und muss weitergereicht werden an anderer Stelle. Deshalb möchte ich den blankpolierten Henkelpott hier weiterreichen. Die Platzierungen:

Der Publikumspreis vom Kulturflaneur war ein wenig doppeldeutig, will ich meinen, wenngleich ich nicht ganz verstanden habe, ob nun die Brötchen nach Pappe oder die Pappe nach Brötchen schmecken. Das blieb aber das einzige Manko.

Den dritten Platz vergebe ich an den Herrn Pathologen, der sich der Überschrift über der Fastfoodkettenfiliale annahm und wahrscheinlich wegen andauerndem Wüstenaufenthalt sowieso ständig an Flüssigkeiten denken muss.

Platz zwei geht an zwei Kommentatoren gleichzeitig (ich weiß, Platz drei gäbe es dann eigentlich nicht, ist mir aber schnuppe). Das Bee war so nah dran am Wort, dazwischen hätte nicht einmal mehr Plankton gepasst. Mr. Spott hingegen spielte eindeutig auf die gestrigen Arbeitsmarktzahlen an, woher er die bereits am Samstag hatte, ist mir schleierhaft, aber die Kritik war treffend.

Und Platz eins ist eigentlich auch eine Doppelbesetzung, denn es war die Antwort auf einen Kommentar, die den Sieger hervorbrachte. Herzlichen Glückwunsch an den Herrn Neon für die überaus treffende und dazu auch noch überaus kurze Umschreibung des vorherigen Kommentars. "Guido Maria Kretzchmer" bringt es auf den Punkt!

Und damit sehen wir uns ab Freitag hier wieder. Ich gebe zurück ins Studio.

Dienstag, 2. Juni 2015

Wellen stechen

Mein Sohn ist dafür bekannt, dringende, eigene Anliegen denen vorzuziehen, die ich ihm gerade auftrage. Meistens sind seine dringenden Anliegen jedoch überschaubar und können entweder abgebogen oder eben noch ausgeführt werden, je nachdem, wieviel Zeit dafür verloren geht.

Vor ein paar Tagen jedoch, wusste ich leider nichts zu erwidern, als wir uns wieder in einer jener Situationen befanden, bei der ich ganz klar formulierte, was Sache ist, und mein Sohn dann noch eine andere Aufgabe hatte:
"Zieh' deinen Schlafanzug an, sofort!"
"Warte, ich muss noch in eine Welle stechen", sagte er und piekste die Luft um sich herum.

Freitag, 29. Mai 2015

Freitagstexter (10)

Freitagsbanner

Guten Morgen meine Damen und Herren,

der Herr Wortmischer war so nett und hat meine schmutzige Phantasie mit einem Pokal prämiert. Das ist toll, weil ich gerade aus dem Urlaub komme und von dort natürlich jede Menge Fotos mitgebracht habe. Spazieren Sie also herein, machen Sie es sich gemütlich und kommentieren Sie nach Lust und Laune und nach den hier nachzulesenden Regeln.

Leider ist es schlussendlich doch kein Urlaubsschnappschuss geworden, weil ich keine Pauschalreisenden kompromittieren wollte und sich mindestens ein solches Exemplar in jedes Bild geschummelt hat. Es hätte noch ein Foto eines Wiedehopfes gegeben, der auf der Wiese vor dem Strand erdnussflipsgroße Würmer aus dem Boden zog, aber ich fand, wenn ich den hier Vorbeireisenden schon Kommentare aus der Nase ziehen möchte, dann sollen sie sich nicht fühlen, wie von einem Wiedehopf bearbeitet.

So, nun aber genug geschwatzt, Mittwoch gibt es einen Gewinner, dann muss der Pokal schon wieder weiterziehen.

Freitag, 22. Mai 2015

Wie erlebte ich Pauschaltourismus? Erleben Sie mit!

So funktioniert es: Schreiben Sie einen Kommentar zu dem bisher Geschriebenen. Nennen Sie mir ihre eigenen Vorbehalte und/oder Erlebnisse. Oder genießen Sie nur oder lesen Sie erst gar nicht, wenn es Sie nicht interessiert. Ich werde auf Kommentare antworten, indem ich eigene Aspekte unseres Urlaubes zu Ihren Kommentaren in den Text einarbeite. Gucken wir mal, was dabei herauskommt.

Tag 0. Vorbereitungen und Vorbehalte.

All inklusive Türkei. Eine Woche. Zusammen mit den Großeltern. Das wird ein Spaß: die beiden ehemaligen Rucksacktouristen, mittlerweile mit drei Kindern gesegnet, tauschen die Rucksäcke gegen Hartschalenrollkoffer und verreisen mit Oma und Opa und Kindern an die türkische Riviera. Die Hartschalenrollkoffer gab es übrigens von den erfahrenen Großeltern geschenkt. Dort, wo wir vorher Urlaub gemacht hatten (ohne Kinder), wären die Rollen nicht einsatzfähig, die harte Schale aber vielleicht von Nutzen gewesen, wenn es zufällig zu einer Schießerei gekommen wäre (soll ja vorkommen in Südamerika, ist uns aber nie passiert).

Übrigens ist der Pauschaltourismus schon etwas über 170 Jahre alt und schon damals hieß der Veranstalter Thomas Cook. Leider widersprechen sich die Wikipedia-Artikel untereinander, weshalb die Angabe nicht hundertprozentig gesichert ist. Sicher aber ist, dass es sich bei den Reisen meist um die Kombination aus Verkehrsmittel und Unterkunft zum Erreichen eines Ziels weitab der Heimat handelt, wahlweise mit oder ohne Verpflegung, zusätzliche Ausflüge und den ganzen anderen Schnickschnack. Vermutlich haben in Zeiten des modernen Massentourismus fast alle Menschen des alten Europas schon die ein oder andere Erfahrung mit der Pauschalreise gemacht, und sei es nur ein Ferienlageraufenthalt oder der Urlaub mit den Eltern.

Ich habe mir für eine Woche eine Packung Tabak, Filter und Blättchen mitgenommen. Nicht, dass ich das Rauchenaufgeben aufgegeben hätte, ich habe es nur noch nicht ganz zu Ende geführt. Mit meinen Eltern in den Urlaub zu fahren und nicht zu rauchen ist schwierig, denn beide rauchen gerne. Mit drei Kindern und der Frau in den Urlaub zu fahren, die es nicht wissen sollen bzw. wollen, dagegen schwierig genug. Eine Zwickmühle.

Tag 1. Anreise und Ankunft.

Drei Stopps haben sie gesagt, bis wir in unserem Hotel sind. Es sind drei Stopps. Wir sind gereizt, verschwitzt und schmutzig. Entern die Rezeption und nehmen die Schlüssel mit. Die Anlage ist weitläufig, bestehen doch die Hotelzimmer aus Zimmern in Häusern, die höchstens dreistöckig und über ein Areal von der Größe Hessens überall verteilt sind. Wir laufen einem Elektro-Caddy hinterher und ich denke noch, wie umweltfreundlich, als ich plötzlich die riesige Solaranlage sehe, die wohl die Klimaanlagen mit Strom versorgt. Es brummt unermüdlich. Unsere Zimmer liegen direkt dahinter. Wir treten ein und sind enttäuscht.

Mal ehrlich: Ein Doppelzimmer als Familienzimmer auszuweisen ist ungefähr so, als würde ich mich zum Bier trinken verabreden und dann nur Wein trinken. Klar, der Effekt ist der gleiche aber es schmeckt mir einfach nicht, weil ich kein Weintrinker bin. Das Doppelzimmer ist ein Durchgangszimmer und ein Schlafzimmer. Das hintere von beiden das Schlafzimmer für die Eltern und das vordere (eigentlich das Wohnzimmer) dient den Kindern zum Schlafen. In dem vorderen Zimmer befindet sich der Zugang zum Hotelzimmer an sich, der Badezimmerzugang, der Zugang zum Balkon, die Minibar und der Fernseher, und dort sollen drei Kleinkinder auf umgebauten Sofas schlafen, obwohl wir eigentlich wenigstens zwei Babybetten bestellt hatten, von denen eins da ist. Die Sofas verfügen über zwei Holzbalken, die quer zur Liegefläche entlang laufen und jedem Menschen über 15 Kilo Körpergewicht das Schlafen vergällen. Dann mache ich den Fehler und besichtige den Balkon. Es brummt von der Solaranlage herüber.

Ich mache mich mit meiner Mutter auf, die Rezeption nach einem Ersatz zu fragen. Der Ersatz kommt prompt, ist aber das Gleiche in Grün, bis auf den Krach von draußen. Wir gehen also erneut zur Rezeption und erfahren ein „Upgrade“ ein Hotelzimmer mit drei Räumen, zwei Bädern für meine Kinder, meine Frau und mich und ein Doppelzimmer für meine Eltern. Wir latschen die komplette Anlage ab, kapieren irgendwann endlich, was die Rezeptionsdame meinte, als sie sagte, es wäre egal, wie wir gehen, wir können so rum oder so rum. Wir gehen im Kreis und verpassen die Abzweigung. Wir gehen zurück und entdecken ein Hinweisschild und sind gefühlt schon auf der benachbarten Hotelanlage, als wir im Schatten mehrerer Bäume ein abgelegenes Haus entdecken, in dem sich unsere Zimmer befinden. Es ist alles schön. Wir packen die Sachen zusammen, behelligen die Kofferleute und lassen uns alle Babybetten hineintragen, die wir bestellt haben und sind glücklich; nach etwas mehr als zwei Stunden nach unserer Ankunft.


Wir gehen zu unserer ersten Mahlzeit, Abendbrot, und ich bekomme einen überwältigenden Eindruck geboten, was Auswahl und Menge der Speisen anbelangt. Wir sitzen an einem Tisch, den eine typisch russische Touristenfamilie - Mutter, Oma und Kind - gerade verlassen hat. Mein Vater erkennt diese Konstellationen sofort. Der Tisch ist noch nicht ganz leer geräumt. Es gibt massenhaft Kinderstühle, wir nehmen uns zwei.
Das Buffet ist toll, ich esse, bis mir schwarz wird, genehmige mir das erste Bier des Tages (ich fliege immer nüchtern).

Tag 2. Warmwerden.

Zur zweiten Mahlzeit, Frühstück, stellen wir fest, dass man auch draußen essen kann. Wir setzen uns an eine Stelle, die später von der Sonne in gleißendes Licht getaucht sein wird. Kein guter Platz. Ich nehme zur Kenntnis, dass das Buffet von gestern heute Morgen ein anderes ist aber an der gleichen Stelle steht und um ein Außenangebot ergänzt wird. Ich werde auch noch feststellen, dass es abends ebenfalls ein draußen gibt, da wird dann Gegrilltes angeboten, von dem ich mich fernhalte (außer bei den Chickenwings konnte ich einmal nicht widerstehen und das gegrillte Gemüse, Paprika, Zwiebelringe und Tomaten, landet häufiger auf meinem Teller).

Dieses Reservieren der Liegen mit dem Handtuch ist längst kein rein deutscher Touristensport mehr, Russen und Engländer stehen den deutschen Touristen in nichts nach. Es gibt Hunderte Liegen, unter kleinen Dächern, mit Schirm daneben zum Aufspannen, gestapelt als Reserve, am Strand, auf der Wiese, um die Pools herum, völlig frei stehend oder in Reih und Glied. Die guten Plätze sind vergeben, bevor wir unser Frühstück beendet haben. Aber was ist denn überhaupt ein guter Platz? Viel Sonne? Viel Schatten? Am Kinderpool oder lieber am Strand? Wir entscheiden uns für Kinderpool im Schatten, am Morgen sind kaum 20°, an baden denke ich nicht. Plötzlich geht das Gespritze los: aus allen möglichen Öffnungen ergießt sich Wasser über Rutschen, Blumen, Gestänge und sonstiger Dekokram, den man sich nur ausdenken kann, und es hört nicht wieder auf. Ganz oben füllt sich ein Eimer mit Wasser, der kippt plötzlich um und entlässt einen Riesenschwall über die gesamte Beckenseite. Kein guter Platz.

Tag 3 Alles ausbaldowern.

Heute habe ich zum ersten Mal gelesen und das Buch gleich geschafft. Es war ein kurzer Krimi von Leo Malet. Manchmal lese ich gern Franzosen. Dieser hier kommt sehr locker rüber und wird mit jedem Buch besser, wenn man vorn beginnt. Weil ich meine Bücher fast ausschließlich antiquarisch kaufe, konnte ich leider nicht mit dem ersten Buch beginnen, was allerdings aufgrund der abgeschlossenen Handlung kaum ein Problem darstellt.

In mir reift der Gedanke, das Angebot vollumfänglich umzusetzen, d.h. kein Besuch in der Stadt, nur in der Anlage zu bleiben. Meine Mutter findet das witzig.

Tag 4. Alte Hasen.

Die Mahlzeiten sind wie folgt geregelt:
Frühstück: Meine Familie kommt zusammen an und isst gemeinsam, meine Eltern kommen etwas später und essen auch.
Mittag: Meine Frau, meine Tochter, mein kleinster Sohn und ich essen gemeinsam, während meine Eltern mit meinem Ältesten zusammen den Platz bewachen, an dem wir uns niedergelassen haben. Danach wird getauscht.
Abend: Zuerst essen die Kinder bei dröhnender Kindermusik im Kinderrestaurant. Dann essen meine Frau und ich allein, während meine Eltern mit den Kindern Karussell fahren. Danach essen meine Eltern allein, während wir die Kinder zu Bett bringen, wo sie hoffentlich bald schlafen.


Halbzeit. Meine Mutter bietet uns an, den Abend auf die Kinder aufzupassen, damit meine Frau und ich in die Stadt fahren können zum Shoppen. Angebot angenommen, gehen aber stattdessen zur Show ins Theater hier auf dem Gelände. Meine Mutter sagt, sie dachte, ich hätte einen Witz gemacht, als ich gestern von meiner Idee sprach.

Ich weiß jetzt, wie die anderen Familien das Problem der Doppelzimmer-Familienzimmer-Problematik gelöst haben. Die nehmen ihre Kinder einfach überall hin mit, bis diese vor Müdigkeit umfallen und legen sie dann schlafen, um dann wieder zu den Abendveranstaltungen zurückzukehren. Wirklich schlau!

Habe das zweite Buch ausgelesen, während mein kleinster meinen Bauch okkupiert und Siesta hält. Ich bin ein wenig enttäuscht, weil es, wie sich später herausstellte, der zweiteTeil der Reihe ist, und mir nicht so gut gefallen hat, wie das andere davor. Ich muss dabei an Börne und Thiel denken, denn als ich deren ersten Fall ansah – ich hatte ihn seinerzeit verpasst –, konnte ich mir auch kaum vorstellen, dass das jemand lustig gefunden hat. So geht es mir mit diesem Krimi. Leider geht es mir sonst nicht so gut. Mich plagen seit der Siesta ein paar Rückenschmerzen, die ich mit Schmerztabletten bekämpfe.


Tag 5. Vorurteile ablegen.

Erkundigungen im Ladengeschäft innerhalb der Anlage eingeholt, was Blättchen kosten, Tabak und Filter sind noch ausreichend vorhanden. 4,- Euro die Packung, nein danke.

Tag 6. Krank sein.

Es könnte am letzten Cuba Libre gelegen haben, der mit Zucker! gestreckt wurde, oder an der letzten Mahlzeit, dem Abendbrot. Ich weiß es nicht. Bewegen werde ich mich heute nicht und meine Quote erfüllen, nämlich einen bestimmten Anteil der Reise krank zu sein. Diesmal ist es ein Siebtel, es erspart mir den Preisaufschlag wegen Übergewicht beim Rückflug und hässliche Druckstellen im Beckenbereich. Außerdem muss ich nicht so tun, als ob ich den Kindergurt tatsächlich noch nicht bekommen habe und einen zweiten verlangen, weil ich den ersten dazu verwendet habe, den eigentlichen Gurt zu verlängern, damit ich ihn überhaupt zu bekomme. Das alles entfällt wegen meiner vorausschauenden Planung, am Ende des Urlaubs eine kleine Entspannung für den Magen einzubauen.

Nicht einmal lesen kann ich. Ich schlafe gefühlte 48 Stunden lang durch mit kurzen Unterbrechungen.

Tag 7. Heimreise und Ankunft.

Ein Buch habe ich umsonst mitgeschleppt, vier Paar Socken, zwei Unterhemden und kein T-Shirt. Kein T-Shirt, weil ich nur vier eingepackt und zwei davon mehrmals gewaschen habe, damit es überhaupt reicht. Ich lerne mit jeder Reise dazu, jetzt weiß ich, dass ich mehr T-Shirts brauche und weniger Socken und mir nicht vornehmen sollte, im Urlaub etwas für die Uni zu tun und ein Buch dafür mitzunehmen, das klappt nicht. Das ist zwar vorerst eine gute Gewissensberuhigung, funktioniert aber am Ende der Reise nicht mehr, da wirkt es anders herum.

Tag 8. Akklimatisieren.

Heute Morgen das letzte Blättchen verbraucht. Das war knapp.

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