Bisher hatte ich mich nur wenig verstrickt. Mittlerweile bin ich jedoch so in der Materie gefangen, dass ich kaum aufhören möchte. Das liegt sicherlich auch daran, dass ich von der Sekundärliteratur zur Quelle übergewechselt bin. Ich kann gar nicht so genau beschreiben, was Scheerbart mit seinen Astralen Novelletten alles ausdrücken wollte. Alles als Quatsch abzutun erscheint mir zu einfach aber umso intensiver ich mich mit einzelnen Geschichten oder Charakteren auseinandersetze, desto schwieriger wird es, einen Sinn zu erschließen.
"Also sprach der Herr Professor Kienbein zu mir..." das kommt mir irgendwie bekannt vor.
Durch Zufall stieß meine Frau gestern auf diese
merkwürdige Veranstaltung im Veranstaltungskalender der MagaScene. Ich kannte zumindest den Titel schon und nach ein wenig Überlegen fiel mir auch ein woher. Da renne ich mindestens zweimal am Tag vorbei, wenn ich das Haus verlasse. Das Plakat dazu befindet sich nämlich an der Tür von einem kleinen Laden in einer Nachbarstrasse und versperrt die Sicht auf das Innere des Ladens. Das Schaufenster ist abgedunkelt. Für mich eine Ungeheuerlichkeit, kann ich doch nicht sehen, was sich dort drinnen abspielt.
Seit gestern Abend weiß ich es. Dort haben ein paar findige Leute ein Hörspiel kreiert und vermarkten dies mit Lesungen rund um Hannover-Linden. Alle drei Vorleser kommen mit einer grundsoliden Schnoddrigkeit daher und reihen sich somit nahtlos in ein ebensolches Publikum ein. Ich habe sie nicht erkannt. Andere sind dabei - vielleicht Hardcore-Fans - die sind geschminkt und laufen mit bluttriefenden Augen und Mäulern durch den Laden. Als mich so einer am Eingang begrüßt, dachte ich zuerst, der gehört hier gar nicht her. Aber die gehören alle hier her. Eine gesunde Mischung aus alltäglichem Wahnsinn und vorabendlicher Feierstimmung.
Die Lesung beginnt. Ein paar leichte Regeln: 1. Wer sich im Text verheddert, muss einen Kümmerling trinken, das Publikum ist Jury. 2. Wenn ein bestimmter Jingle eingespielt wird, gibt es was zu gewinnen. Da muss man schnell sein und die Frage beantworten, die von einem blutunterlaufen Einpeitscher per Mikro in den Saal gebrüllt wird. 3. Achso, und Ruhe sollte herrschen, ein gewagtes Unterfangen.
Es klappt alles wie am Schnürchen. Die drei Vorleser sind geübte Leser und anfangs denke ich noch, die gehen hier ganz nüchtern raus ( die paar Astras auf dem Tresen reichen ja kaum zur Kehlenbefeuchtung ). Doch dann geht es allmählich los. Erst ein Kümmerling, dann ein zweiter, ein dritter usw. Die Lesung entwickelt sich zum Härtetest für die Lach- und Schluckmuskeln. Jedes Wort, das sich einer etwas eigenwilligen Aussprache erfreut, wird abgeklopft und auf Lesefehler hin untersucht. Der "Daktar" zum Beispiel, der sich nach mehrmaligem Wiederholen als schrullige Aussprache einer alten Dame entpuppt und somit nicht zählt. Dafür zählt aber "wiedergegäben", denn wie einer der drei Vorleser richtig feststellte, sind Partizipialkonstruktionen nicht mit dem Konjunktiv zu kreuzen. Ein Dauerwitz waren auch die Rolladen ( so standen sie im Text und wurden deshalb falsch betont vorgelesen - das kostete einen Kümmerling ) bei denen es weniger um Rolladen, sondern vielmehr um Rollläden ging.
Der ganze Abend war eine krude Mischung aus Horror-Hörspiel und Trinkgelage und bis auf meine Frau, die nichts trinken darf, gab es wohl niemanden in dem Laden, der nüchtern war. Nach mehr als 2 Stunden war der Spuk vorbei. Für 3 Euro Eintritt ein absolut gelungener Abend. Die nächte Veranstlatung werde ich wohl auch besuchen, findet sie wie die gestrige doch keine 200 Meter von zu Hause entfernt statt. Ein Argument, das nicht zu vernachlässigen ist, wenn man mittlerweile weiß, worum es geht. Es geht um Zombies in Linden und die sind nicht gut zu Fuß.
Ich hatte mich vor kurzem dazu durchringen können, endlich mit meiner letzten Hausarbeit für dieses Semester anzufangen. Gestern und heute war ich dafür in der Bibliothek und fahndete nach Sekundärliteratur einerseits und einer zitierfähigen Gesamtausgabe andererseits. Ich fand beides - wenn auch sehr spärlich.
Die Gesamtausgabe ist eine Schmuckausgabe, die wohl dem Originaltexten von 1912 folgt, folglich wohl zitierfähig. Die Sekundärliteratur ist ein dreiteiliges Kompendium von fast 2000 Seiten, in dem sich nicht nur Vorworte und Nachreden, sondern auch Aufsätze und Rezensionen tummeln. Ein wahrer Schatz, mein erster Gedanke.
Nachdem ich heute alle ausgeliehenen Bücher gesichtet hatte, muss ich leider sagen, dass kein wahrer Schatz dabei ist. Entweder fehlen Stichwortverzeichnisse oder es mangelt an nachvollziehbarer Ordnung. Das dreibändige Riesenwerk zum Beispiel ist in den Aufsätzen chronologisch geordnet. Das hat den Vorteil, dass es wahrscheinlich reicht, die letzten drei Aufsätze zu lesen. Der Rest ist eh überholt oder wird beipflichtend von den Autoren erwähnt. Wenigstens gibt es ein Werk- und ein Namensregister.
Das Schlimmste jedoch war, dass ich die chronlogische Ordnung natürlich erst bemerkte, als ich bereits viele scheinbar interessante Artikel gelesen hatte. Eine These formte sich in meinem Kopf und nahm Gestalt an. Dann stieß ich eben auf den vorletzten Aufsatz im 2. Band ( der 3. beschäftigt sich fast ausschließlich mit Rezensionen ) und darf wieder von vorn anfangen. Der Autor beschäftigte sich mit einer Fragestellung, die meiner so stark ähnelt, dass mir nichts anderes übrig bliebe als auf Guttenbergs Spuren zu wandeln, wenn ich es bei meiner Fragestellung beließe.
Paul Scheerbart ist kein Vertreter der Science Fiction Literatur, sondern eher das Gegenstück. Das weiß ich jetzt.
Ohne mich von Mr. Spott inspirieren lassen zu wollen, sind meine Frau und ich gestern losgefahren und haben einen Laptop erstanden. Der ist für sie, weil ich an meinen beiden Desktops festgewachsen bin und nur ungern Platz mache.
Die Vorfreude war dementsprechend groß, als das Ding endlich da war. Mir kribbelte es natürlich auch in den Fingern und ich konnte die Stromzufuhr gar nicht schnell genug anbringen, um das Ding endlich einzuschalten. Ich hatte mir nicht einmal die Jacke ausgezogen, weil ich das geliehende Fahrzeug noch wegbringen musste.
Da saß ich also mit Frau auf der Couch und stierte auf einen Bildschirm. Es tat sich immer genau dann eine winzige Kleinigkeit, wenn sie sagte: "Bring doch erstmal das Auto weg. Hier passiert doch gerade nichts". Den 5-Minuten-Weg konnte ich dann nicht antreten. Ich konnte auch meine Jacke nicht ausziehen.
Plötzlich klingelte das Telefon. Eine Freundin rief an und die Frau wurde nicht mehr gesehen für Stunden. Als ich den Computer längst fertig hatte und er nur noch darauf wartete, benutzt zu werden, musste ich feststellen, dass ich für das kleine Ding keine Verwendung hatte, denn mein großer brummte im hinteren Bereich des Zimmers und lockte mich mit ausreichend großer Tatastur für meine dicken Finger und einem großen Bildschirm. Was blieb mir also übrig, als ihn auszuschalten und wieder einzupacken? Nichts. Aber wir haben jetzt einen Laptop.
Heute ist ein echter Sch...tag. Die Sonne scheint, ich sitze wie gestern auch im Büro und kann mir die Sonne nicht einmal anschauen, weil das Sitzen mit freiem Oberkörper im Büro wohl nicht so gut kommt. Und mit Sonnenbrille auf den Monitor gucken ist auch nicht so witzig. So friste ich mein Dasein, ohne raussschauen zu können, vor einer langweiligen Aufgabe, die mich noch mindestens 2 Tage beschäftigen wird. Hin und wieder wackelt die Jalousie, so dass mir ein flimmriger Lichtblitz über die Arme fährt. Geistesblitze wären mir allerdings lieber.
Geburtsdatum light ist, wenn das Geburtsdatum auf das Jahr reduziert wird. Eine schöne Geschichte, für Leute, die noch nicht alt genug sind, um zum Beispiel eine Disco zu besuchen. Nur fragt dort leider niemand nach dem Geburtstag light. Da wird auf einen Ausweis bestanden und die Rechnung des kahlrasierten Mittvierzigers mit Knopf im Ohr und Armen wie Industrieschlote dauert viel länger als die Hoffnung überhaupt schimmern kann. Im Schnapsladen genau das Gleiche.
Später dann kann mit Bedauern festgestellt werden, dass nur 10 Tage gefehlt hätten und man wäre ein Jahr jünger, zumindest dem Geburtsjahr bzw. dem Geburtsdatum light nach. Aber egal wie wir es auch drehen und wenden, die Einsicht des Zweiten kam viel zu spät, um aus dem Ersten noch Kapital zu schlagen.
Arbeit ist auch da aber irgendwie stellt sich kein Gefühl dafür ein und so daddelt man sich durch das Netz und den Vormittag. Was muss ich da
lesen? Das Licht in Reaktorblock 2 geht wieder. Na Gott sei Dank. Das wurde auch höchste Zeit, denn nach meinen Recherchen ist es in Japan gerade etwas später als 19:00 Uhr.
Gestern hatte ich ein interessantes Gespräch zum Thema Schmerz. Leider ist mir entfallen, wie wir darauf kamen. Zumindest war genug Alkohol da, um den Faden nicht zu verlieren und ausgiebigst und laut darüber nachzudenken, was wohl zuerst da war: Der Schmerz oder die Benennung desselben. Und: wenn man, vom biologischen Standpunkt aus betrachtet, annimmt, dass der Schmerz als Sinnesreiz auf jeden Fall vor seiner Definition durch den Menschen da war, welche Rolle spielen dann Phantomschmerzen in zum Beispiel amputierten Gliedmaßen? Welche Rolle nimmt die Definition des Schmerzbegriffes überhaupt ein beim Empfinden von Schmerz. Bei Kindern hat man jüngst in einer Studie festgestellt, dass umso größer die Betroffenheit der Eltern, desto größer der Schmerz des zuvor verunglückten Kindes. Was wäre, wenn wir nicht wüßten, was Schmerz ist? Die Studie ging von weniger Schmerzen für das Kind aus, wenn die Eltern mit dem Kind lachten, statt es beschützend in den Arm zu nehmen nach einem Sturz. Doch wie wurde das überhaupt gemessen? Ich habe die Studie nicht mehr bei der Hand und auch keine Ahnung mehr, woher ich das überhaupt hatte. Ich kann das also nicht mehr beantworten. Auf jeden Fall sind wir kurz vor Ende zu dem Schluss gekommen, das dies der letzte Schnaps sei und Schmerz nur ordentlich verwaltet werden müsse, um ihn in den Griff zu bekommen.
Das habe ich heute den gesamten Tag über getan und meinen Kopfschmerz durch möglichst viel zuckerhaltiges Getränk und wenig Bewegung ab Nacken aufwärts auf kleiner Flamme verwaltet.
Als Genussmensch, der auch vor als gesundheitsgefährdend ausgewiesenen Genüssen nicht halt macht, musste ich gestern einiges ertragen. Ich meine damit nicht die einzige Raucherpause auf dem Weg zwischen Wismar und Hannover, die durch einen Fahrerwechsel bedingt an einer Raststätte im Nirgendwo stattfand. Ich meine auch nicht meine ausgiebige Lektüre des Sonntagsteils meiner Lieblingszeitung ( Die Süddeutsche ), bei der mich vor allem das Interview mit HME ( Hans Magnus Enzensberger ) interessierte, wenngleich sich mir die Überschrift "Ignoranz" bezogen auf den Text nicht erschließen wollte.
Es ging vielmehr um die Fahrt als solche, die sowohl die logische Konsequenz des Ersten und Begründung des Nichtverständnisses beim Zweiten erklärt.
Wir sind mit der Mitfahrgelegenheit unterwegs gewesen. Ein Opel Astra zu viert, über A20, A1 und A7. Unsere Fahrer, die sich an genannter Raststätte abwechselten, hielten es nicht für notwendig, das Radio einzuschalten und so blieb neben Konversation nur der Blick in die Zeitung. Aus der Konversation ergaben sich eine Menge Argumente, die beiden gut leiden zu können, die Unterhaltung war also nicht wie so häufig auf das Woher-Wohin-Was-machst-du-so beschränkt. Doch auch die Argumente der Gegenseite erhielten Nahrung, ich enthielt mich hier jedoch eines Kommentars, da ich ja nicht an besagter Raststätte übernachten wollte.
Die inkonsequenteste aller Argumentationsketten, die in unseren Gesprächen zustande kam ergab sich dann auch nicht nur aus dem Dialog, sondern auch aus der Handlung. Es stellte sich nämlich heraus, dass die beiden Fahrer ebenfalls Genussmenschen sind, sich jedoch dem gesunden und bewussten Geniessen verschrieben haben. Das heißt also zum Beispiel keine Zigaretten. Über andere Substanzen haben wir nicht gesprochen, ich wollte ja schließlich nicht an besagter Raststätte... Worin bestand nun die Inkosequenz, wird sich der geneigte Leser an dieser Stelle oder viel früher vielleicht fragen oder schon gefragt haben?
Aus 220 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit, was nach der Entdeckung der Langsamkeit kein wirklicher Begleiter des Genussmenschen sein kann. Hinzu kam, dass der Blinker nicht vertikal sondern horizontal genutzt wurde. In besonders schlimmen Momenten, zum Beispiel während eines Abbrems- und Überholmanövers war ich um die tiefere Einsicht aus Gespräch oder Zeitung besonders bemüht. Nackter Wahnsinn vorn und nackte Angst hinten. Glücklicherweise erlaubte meine Sitzposition nur selten den Blick auf den Tacho, so dass ich nur selten allzu bestürzende Ansichten genießen musste.
Die einzige Raucherpause war übrigens aufgrund der erhöhten Reisegeschwindigkeit absolut ausreichend.
Aus dem Urlaub kurz gemeldet:
Wer auf Rügen hervorragend essen möchte, sollte sich nicht an den ausgeschilderten Weg in Richtung Künigsstuhl halten, sondern an der entscheidenden Kreuzung einfach weiter geradeaus fahren. Nicht nur die schöne Altstadt von Sassnitz kann dort bestaunt werden. Just in dem Moment, wo man glaubt es ginge mit dem Auto nicht mehr weiter, erblickt man zur Linken ein kleines Stübchen, Hoffmanns Gaststätte. Also dreht man am besten im voraus erscheinenden Wendekreis und fährt das kurze Stück zurück oder das Auto wird auf dem hinter dem Wendekreis liegenden Parkplatz abgestellt und das kurze Stück zurück wird zu Fuß bewältigt. Ich habe selten so gut zubereitetes Wild gegessen und das auch noch zu fast obzön günstigen Preisen. Frau Hoffmann klärte diesen Umstand aber schnell auf, ihr Mann sei Jäger und nur deshalb sei dies überhaupt möglich. Aber es war nicht nur möglich sondern auch köstlich.
Der Verdauungsspaziergang kann dann auch erweitert werden, indem der schmale Pfad zum Strand genommen wird, an dem hoch aufragende Kreidefelsen bedrohlich auf einen herabschauen. Die Bedrohung ist derzeit durchaus wörtlich zu nehmen, denn durch die große Feuchtigkeit und die wärmeren Temperaturen kommt es häufiger vor, dass sich mitunter Teile der Felsen lösen und den Strand nebst Wasser in einen Wandtafeleimer ( bei uns in der Schule gab es das noch, heute wird wahrscheinlich eher mit Kreidestiften geschrieben, statt mit richtiger Kreide, oder? ) verwandeln.
Lange musste ich mit mir ringen, denn die Kommentare hatten alle etwas. Ob es nun die arme Oma Hansen war, das böse Efeu, welches zum Verderben von Heckenscheren und als Diebstahlschutz gut war oder schlicht das unaufhaltsame Rad der Zeit.
Die Verbindung zwischen Natur und Technik war es dann aber, die mich am meisten beeindruckte. Dass ein Efeukranz überhaupt auf den Prüfstand kommt und sich dann auch noch als total nutzlos erweist, stellt den gesamten Wissenschaftszweig der Bionik in Frage. Ingenieure, Wissenschaftler und Doktoren womöglich bald alle arbeitslos? Der Wissenschaftsbetrieb kommt einfach nicht zur Ruhe. Deshalb geht der Sieg an:
das bee - 12. Mrz, 15:30
Malestrinis bionischer Ansatz, den Zahn- durch einen Efeukranz zu ersetzen, geriet nach ersten praktischen Versuchen wieder in Vergessenheit.
Herzlichen Glückwunsch!