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Dienstag, 22. April 2014

Serialität - Eugene Sue: Die Geheimnisse von Paris

Heute fand die zweite Sitzung statt. Wir waren erheblich weniger Leute im Raum, was zum einen sicherlich daran lag, dass es keine Anwesenheitsliste gibt und zum zweiten daran, dass sämtliche Teilnehmer, die auch etwas wollten, nämlich einen Schein, diesen auch bekommen können. Drittens sind vielleicht sogar noch ein paar Leute ausgestiegen, denn der Text, den wir zu dieser Woche vorbereiten sollten, hatte es in sich: knapp über 100 Seiten, das schreckt ab. Die kommende Woche wird für Nichtleser genauso anstrengend, wenn sie sich denn vorbereiten wollen, denn auch dann werden es wohl um die 100 Seiten sein. Ich muss mich nicht sonderlich vorbereiten, da ich alle Texte von Doyle kenne – um den geht es nächste Woche.

Aber zurück zu heute: es waren zwei Neuankömmlinge unter uns. In meiner Ecke des Rings harrte eine Tasche auf dem Platz neben mir der Dinge, die da kommen mögen und einer der Neuankömmlinge fragte sogleich, ob denn hier noch frei wäre. Natürlich war nicht frei, die Tasche hatte dort ihren Platz. Was den Touristen ihr Handtuch ist den Studenten ihre Tasche. Später setzte er sich mir gegenüber in die andere Ecke und kämpfte die ganze Zeit gegen die Müdigkeit. Ich sah ihn so oft einnicken, hochschrecken und wieder einnicken, dass ich mir vorstellen könnte, er wird kommende Woche entweder ganz früh kommen, um einen Platz mit einer bequemeren Position zu ergattern oder gar nicht mehr.

Aber zurück zu heute: es ging um Eugene Sue und den ersten Feuilletonroman der Geschichte „Die Geheimnisse von Paris“. Ein Machwerk von besonderer Güte, allerdings nur, weil es das Erste von vielen ist und nicht weil es über phänomenale Qualitäten verfügt. Redundanzen an jeder Ecke. Ständig wurde wiederholt, erneut erläutert usw. Wer einmal von Eco las, wie er versuchte, „Der Graf von Monte Christo“ zu übersetzen, der wird ungefähr wissen, worum es geht. Es geht um den Einstieg, der jedem Leser, sei er auch noch so spät hinzugekommen, ermöglicht werden soll. Vielleicht ändert sich dies im Laufe der Erzählung und die Redundanzen erstrecken sich dann lediglich auf das letzte und vorletzte Kapitel, in dem Teil jedoch, den wir zu lesen hatten, waren sie mannigfaltig. Auf der anderen Seite – auch darüber schrieb Eco schon – reihen sich endlose Beschreibungen von Hüten, Zöpfen und Gesichtsausdrücken aneinander, ausgefüllt mit Dialogen, die offensichtlich nichts Neues, sondern nur Bekanntes erzählen, ganze Absätze, die nichts weiter wollen, als dem Gedächtnis auf die Sprünge helfen. Alles in allem eine Zeilenschinderei zum Zwecke der Honorarvermehrung eines Autors, der offensichtlich Geldnot hatte.

Trotzdem, oder gerade deswegen, war das Werk nicht uninteressant. Die Parallelen zum heutigen Groschenroman, bei dem man an beliebiger Stelle einsteigen kann und nie das Gefühl hat, der Handlung nicht folgen zu können, waren nicht nur deshalb, sondern auch wegen der teilweise recht „schwülstigen“ Atmosphäre, dem Pathos, unübersehbar – dachte ich, war aber nicht so. Das hatte einfach keiner auf dem Schirm. Wir hangelten uns entlang bestimmter Topoi, die allesamt zum Einschlafen waren, keiner kriegte das Maul auf und sprach den offensichtlichen Schund an, der uns hier untergejubelt wurde. Mir war das zu langweilig, weshalb ich googelte, dass Sue tatsächlich Geldprobleme hatte und sich seinen zweiten Feuilletonroman fürstlich belohnen ließ. Der hatte so viel Erfolg, dass unser Dozent ein schlecht gedrucktes Exemplar dessen vorzuzeigen in der Lage war, das er, traute man dem Bleistiftpreis der ersten Seite, für gerade einmal 10 Euro erstanden hatte. Naja, wie dem auch sei, das Ganze erinnerte doch sehr an die vier Musketiere oder den oben erwähnten Montechristografen, weshalb ich den Franzosen eine gewisse Geschäftstüchtigkeit im 19. Jahrhundert im Bereich der Printmedien nicht mehr abzusprechen bereit bin.

Bevor ich hier allzu redundant werde, womöglich noch Leser einschlafen, vertagen wir die weitere Erörterung lieber auf kommende Woche. Dann geht es um Sherlock Holmes.

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Zuletzt aktualisiert: 22. Mär, 21:06

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