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Ivan Illich: Selbstbegrenzung

Anfang der 70er erschien dieses Buch von Ivan Illich zum ersten Mal. Es waren turbulente Zeiten damals; die 68er waren gerade vorbei, die Ölkrise stand ins Haus und am Ende der 70er Jahre bin ich geboren worden.

Illich wird einem ja immer wieder einmal angepriesen wie Sauerbier und leider ist er zu diesen Zeiten meist vergriffen. Das hat er übrigens mit einem anderen großen Gelehrten gemein, der zufällig auch gerade nicht in Buchform zu beschaffen ist, wenn er einem wärmstens empfohlen wird: Norbert Elias. Mir wurde Illich jedenfalls so oft angepriesen, dass ich nicht umhin kam, mir den Erstbesten zu kaufen und durchzulesen, obwohl ich eigentlich einen ganz anderen haben wollte. Ich bleibe aber weiterhin dran und hoffentlich kann ich bald die Illichs in den Händen halten, die ich auch lesen wollte.

Das Buch war zwar keine Offenbarung und gerade der anfängliche Ärger über so manch kleine Episode ist mittlerweile längst verraucht ( die einzigen Zitationen, die in dem Buch auftauchen, sind Illichs eigene Werke, die natürlich im Rowohlt Verlag zu kaufen waren - damals, da musste ich erst eine Weile drüber nachdenken, bevor ich durch den Schleier des Dänikenschen ( der zitiert sich nämlich auch am liebsten selbst ) wieder klare Bilder sah ), ich habe die Lektüre aber nicht bereut. Insgesamt war mir das Buch ein wenig zu radikal und leider in manch einer Hinsicht mit zu wenig Erklärungen versehen. "Je ärmer umso freier" heißt es da auf S. 144, gut und schön doch wer bemißt die Armut und welchen Maßstab nehmen wir dafür? Keine Antwort, oder doch? " Die Festsetzung der Grenzen ist abhängig von Lebensweise und Freiheitsgrad, die eine Gemeinschaft sich wünscht.", auf derselben Seite.

Natürlich darf dies nicht auf Kosten einer anderen "Gemeinschaft" geschehen und so geht es eben nur mit Selbstbegrenzung. Dieser "fromme" Askese-Wunsch zieht sich durch das gesamte Buch und nervt manchmal ein bißchen, wenn auch vieles von dem, was er anprangert richtig ist. Die gesamte Werkzeugproblematik ( der Untertitel im Englischen lautet: Tools for Conviviality ), also die Beherrschung des Werkzeugs durch den Menschen ( ob dies nun ein Auto, eine Maschine oder schlicht eine Institution wie die Judikative oder ein Wirtschaftszweig wie der medizinische Sektor ist ) und die Beherrschung des Menschen durch das Werkzeug ( die Werkzeuge ) kommt so verstörend einfach in seiner Argumentation daher, dass es mir schwerfiel dagegen zu denken. Und leider hat er fast immer Recht, manchmal übertreibt er ein bißchen aber im Großen und Ganzen hält er sich an die Fakten ( auf S. 96 spricht er vom 100millionsten Opfer des Autoverkehrs, welches die Amerikaner unlängst feiern konnten und es wird nicht klar, ob er damit das 100millionste Auto meint, das vom Band lief und einen Käufer fand oder ob er Verkehrstote damit gemeint hat, der zweite Punkt wäre allerdings höchst zweifelhaft, denn das würde bedeuten, dass selbst wenn wir von 1908 ausgingen, wie Illich, und 2008 ansetzen würden, in den USA jedes Jahr 1.000.000 Verkehrstote zu beklagen hätten, eine unglaubliche Zahl! ).

Naja, weswegen ich das Buch überhaupt hier besprochen habe, ist dem ein oder anderen vielleicht bei der Erwähnung des Verlages eingefallen: Rowohlt. Wir haben also wieder eine Werbung im Buch, nichts Besonderes, das hatten wir sogar schon. Aber in sich trotzdem recht interessant, erinnern wir uns kurz an den Anfang des Textes: Anfang der 70er erschien dieses Buch zum ersten Mal und jetzt schaut einmal auf den letzten Satz des kursiven Abschnitts. Fällt etwas auf?

Die Bücher sind wieder teurer geworden und der Zinssatz für Pfandbriefe ist längst nicht mehr so gut. Ein Umstand, dem auch in der 1986 erschienenen Ausgabe nicht Rechnung getragen wurde, wo das Buch immerhin bereits 7,80 DM gekostet hat und sich der Zinssatz von Pfandbriefen bei geradezu obzön hohen 15% belaufen haben müsste, um für 100 DM Erspartes zwei Taschenbücher davon kaufen zu können. Auch das geht also leicht an der Wirklichkeit vorbei.

Autor: Ivan Illich
Titel: Selbstbegrenzung
beworbenes Produkt: Pfandbrief und Kommunalobligation
Fundstelle: zwischen S. 84 u. 85


"Macht unser Bücher billiger!...
... forderte Tucholsky einst, 1932, in einem "Avis an meinen Verleger". Die Forderung ist inzwischen eingelöst.
Man spart viel Geld beim Kauf von Taschenbüchern. Und wird das Eingesparte gut gespart, dann zahlt die Bank oder Sparkasse den weiteren Bucherwerb: Für die Jahreszinsen eines einzigen 100-Mark-Pfandbriefs kann man sich zwei Taschenbücher kaufen.




Bildquelle: Ivan Illich, Selbstbegrenzung, Rowohlt Taschenbuchverlag GmbH, Reinbek bei Hamburg, Juni 1986

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Zuletzt aktualisiert: 22. Mär, 21:06

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