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César Aira: Die nächtliche Erleuchtung des Staatsdieners Varamo II

Wir erkennen plötzlich die kleinen und großen Zusammenhänge. Mit jedem neuen Satz entschleiert sich das Sichtfeld."Häufig sind scheinbar unabhängige Ereignisse durch ein kausales Band verknüpft; täuschen lässt man sich durch die Gleichzeitigkeit, die einen Zufall suggeriert." Wir dröseln die Gedankenwelt Varamos auf, holen die Fäden hervor und stricken eine Kausalkette, die von Gleichmäßigkeitsrennen über Anarchisten bis hin zu falschen Geldscheinen führt. Wo diese Kette anfängt, ist gar nicht mehr so richtig klar dabei, denn nicht mit dem Erscheinen der beiden falschen Scheine, ist ihre Existenz erklärt. Völlig unbegründet, denn die Seiten fliegen nur so dahin, meinen wir plötzlich, es ginge nicht vorwärts im Buch und doch stehen wir nicht, der Zug stand vielleicht. Ein verspäteter ICE war auf der Überholspur. Ich saß diesmal nicht im Fahrradabteil, dort war kein Platz mehr. Ich saß in einem der Gänge auf der Zwischenetage, dort wo man sitzt, wenn man weder unten noch oben sitzen will - oder kann, weil alles voll ist - dort, wo sich der Übergang von einem Wagen in den nächsten befindet.

Die Frage, was zuerst da war, stellt sich uns immer wieder. Auch die Umkehrung dieses Effekts passiert ständig. Varamo geht an einem Haus vorbei, dessen Gast er später wird. Die Bewohner schmuggeln Golfschläger und senden undefinierbare Laute über den Äther, die Varamo immer hören kann, wenn er dort vorüber geht, was er immer tut, um pünktlich seinen Kaffee zu trinken. Es stellt sich heraus, dass die Signale nur Varamos Pünktlichkeit wegen immer um diese Zeit abgesendet werden, wäre er nicht so pünktlich hätte er sie vielleicht nur wenige Male mitbekommen. Seine dadurch eingebildete Geisteskrankheit steht also im kausalen Zusammenhang mit seiner Pünktlichkeit - Zuverlässigkeit, Pflichtgefühl? Ohne es gewollt zu haben, richten sich andere nach ihm - dem unscheinbaren Staatsdiener - vielleicht wäre er besser Anarchist geworden.

Hamburg. Der Zug hielt in Hamburg-Harburg und mir wurde klar, dass ich mit dem Ende des Buches auch mein erstes Ziel erreichen werde, Hamburg Hauptbahnhof. Von dort aus geht es weiter zum Berliner Tor. Ich bin immer noch meine Insel, alles um mich herum ist fremd. Immer wieder denke ich an das Gedicht, das im Buch nicht zu finden war. Ich stelle mir vor, wie es wohl klingen mag.
Ich steige in die S-Bahn und bin nach wenigen Minuten dort, wo mich in einer halben Stunde ein Auto abholen wird, um mich an mein letztes Ziel des Tages zu bringen, Wismar. Das Buch ist in meinem Rucksack - und in meinem Kopf; gleichzeitig.
Nach hinten raus, in Richtung Bürgerweide führt mich mein Weg. Ich komme aus dem Bahnhof heraus, wende mich nach rechts und laufe unter der Unterführung durch. Zu meiner rechten rückt ein kleiner grüner Platz in mein Blickfeld, umsäumt von breiten und stark befahrenen Straßen. Dort fressen sich mehrere kleinere und zwei große Hasen am Gras satt. Ich muss schon wieder an die Insel denken und plötzlich erkenne ich: Der Roman ist das Gedicht.

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Zuletzt aktualisiert: 22. Mär, 21:06

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