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Bei den Leisen Tönen. Manchmal braucht es einen Blog, um sich Luft zum Denken zu verschaffen. Keine Steckenpferde, Hobbies oder sonstiges Spezielles, nur Luft zum Denken.

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César Aira: Die nächtliche Erleuchtung des Staatsdieners Varamo I

"Obacht vor der Prokrastination, die der Literatur soviel Schaden zugefügt hat." Das geben die Verleger Varamo mit auf den Weg, und wenn ich bedenke, welche beiden mächtigen Bücher da noch auf mich warten, dann beschleicht mich das Gefühl, genau dieser zu unterliegen. Meine Rechtfertigung, auf Zugreisen mit leichtem Gepäck zu verreisen, klingt dann wie eine billige Ausrede. Aber tatsächlich, so war es. Ich wollte lediglich Platz in meinem Rucksack haben und nicht so schwer tragen müssen, also kam mir das dünne bunte Büchlein in die Tasche.

Die Welt war Colón; Colón war der Platz. Wie in vielen lateinamerikanischen Städten scheinen die Regierungsviertel um große Plätze herum angelegt worden zu sein. In der Mitte sprießt ein kleiner Park, der trotz all der Hektik um ihn herum - schließlich wird der Verkehr ja im Kreis um den Park an den Regierungsgebäuden vorbei geleitet - ein Ort der Entspannung sein kann; eine Insel im Meer der Autohupen, Händler, Passanten und nicht zuletzt sogar Vögel, die alle etwas zu sagen haben. Meine Insel war ein Platz in der zweiten Klasse des Metronoms nach Hamburg, im Fahrradabteil habe ich zwischen Kinderwagen, Fahrrädern, Kindern, Müttern, Fahrradfahrern mein Lager aufgeschlagen. Im Klappentext ist von einem Gedicht die Rede, ich blätterte im Buch auf der Suche danach, fand nichts als ganze Seiten ohne Absätze. Erinnerungen an "Das Parfüm" wurden wach und meine positive Grundstimmung wollte kippen. Die Schienen halten jedoch alles fest, kein Schlenker, kein Gegenwind ist stark genug, um mich jetzt nicht in das Buch vertiefen zu können - zu müssen, das Chaos stieg proportional zum sinkenden Platzangebot; mit jedem Bahnhof zog ich mich enger zusammen, um den Menschen Platz zu machen.

Es sind die kleinen Augenblicke, denen dieses Buch gewidmet zu sein scheint. Immer wieder rekuriert das gerade Gelesene auf etwas Vorangegangenes und immer wieder deuten die Details in die Zukunft. Es ist beinah so, als läse man das Buch von allen Seiten gleichzeitig. Das bekam ich nicht mit, zumindest nicht gleich. Natürlich hatte ich wie immer einen Marker und einen Kugelschreiber dabei und markierte damit fleißig beim Lesen. Auf S. 29 erst wurde mir plötzlich klar, wie das Buch funktioniert. Ich sollte des hohen Tons wegen auf S. 9 zurückblättern, tat dies, las noch einmal und blätterte wieder vor. Befriedigt und irgendwie unpassend schaute ich in die Runde.

Varamo läuft über den anfangs beschriebenen Platz und wir laufen mit. Wir können den Krach förmlich riechen - und das Rascheln der beiden falschen Hundertpesoscheine in seiner Tasche. Natürlich umtreiben ihn Sorgen, trotz der gehorteten Konserven, alles wird plötzlich klar und bekommt einen Sinn; warum das Kleingeld doch im Gegensatz zu den großen Scheinen einen so großen Wert hat, in seinem Fall hat es sogar einen doppelten Sinn, denn das Geld zu wechseln traut er sich nicht. Ich wechselte jetzt meinen Platz. Ich wechselte auf der Hälfte der Strecke den Zug, denn es ist zwar widersinnig in Uelzen von einem aus Göttingen kommenden Metronom in einen anderen Metronom einzusteigen, der aus Hamburg kommt, um beide Metronome dann wieder zu ihren Ursprungsbahnhöfen zurückfahren zu sehen, aber ob man das will oder nicht, danach wird nicht gefragt, das wird eben so gemacht. Nein, so war es nicht ganz, nur einer fuhr zurück, der andere wurde gegen einen leeren Metronom ausgetauscht, der sich unweit des Bahnhofs in den eigens dafür gebauten Lagerhäusern befand und mit dem jetzt ebenfalls leeren Metronom seinen Platz tauschte...

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Zuletzt aktualisiert: 22. Mär, 21:06

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