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Bei den Leisen Tönen. Manchmal braucht es einen Blog, um sich Luft zum Denken zu verschaffen. Keine Steckenpferde, Hobbies oder sonstiges Spezielles, nur Luft zum Denken.

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Donnerstag, 4. April 2013

12 Monkeys

Kennen Sie den Film „12 Monkeys“? Es geht um eine Jahrtausendseuche, die bis auf Wenige niemand überlebt. Um den Auslöser der Seuche ausfindig und unschädlich zu machen, schicken diese Wenigen ganz Wenige in die Vergangenheit zurück, um das Problem zu lösen. Die Wenigen, die zurückgeschickt werden, sind Strafgefangene und es ist mehr als fragwürdig, ob das Zurückgeschicktwerden freiwillig passiert. Der Film heißt so, weil sich im Verlauf des Films herauskristallisiert, dass eine Gruppe, die sich die Armee der 12 Monkeys nennt, dafür verantwortlich sein soll. Das stimmt natürlich nicht. Das kann gar nicht stimmen.

Die Armee der 12 Monkeys ist aber trotzdem hier, in der Gegenwart. Clou des Films war eine Telefonnummer, die angerufen werden sollte, damit sie in der Zukunft abgehört werden konnte, um den „Freiwilligen“ dann entweder zurückzuholen oder ihm neue Instruktionen zu geben. Und am Wochenende habe ich einen dieser Armee dabei beobachtet, wie er seine kryptische Botschaft in die Zukunft sandte. Ich war gerade dabei, die Reste des Grillabends aufzuräumen. Ich stand im Hinterhof und säuberte das Grillrost, als ich im Erdgeschoss, mir gegenüber einen dicken alten Mann entdeckte. Er wandte mir sein Profil zu, trug ein schmuddeliges Unterhemd und eine Glatze, die perfekte Tarnung. Mehr als die Glatze konnte ich selbst bei Zurschaustellung des Profils nicht sehen, weil er einen überdimensionierten grünen Telefonhörer an seinen Kopf hielt, genau da, wo das Ohr sitzt.

Mit der freien anderen Hand blätterte dieser gewaltige Berg Zukunft in Werbeprospekten herum, die zweimal wöchentlich mit einem Fitzel an gerade noch erträglicher Information ausgeliefert werden. Am Wochenende ist das meist das Fernsehprogramm, verpackt in Plastikfolie mit einem Berg Werbematerial örtlicher Supermärkte. Unter der Woche gibt es dann noch das Wochenblatt, was, wenn man es nicht richtig anpackt, beim Hochheben auseinanderklafft und den gesamten Hausflur mit buntem Papier bedeckt, Werbung. Sowohl auf das kostenlose Wochenblatt als auch das Fernsehprogramm kann jeder normale Mensch verzichten, deshalb landen in unserem Hausflur diese Pakete häufig ungelesen und unausgepackt in der Papiertonne. Bei dem Mann allerdings nicht.

Der sprach sitzend in die grüne Muschel und blätterte nach kurzer Ansage auf die nächste Seite. Ich konnte nicht hören, was er sagte, weil das Fenster geschlossen war und Lippenlesen fiel auch aus. Aber in mir dämmerte es so plötzlich wie nach einem verschlafenen Vormittag: „Leerdamer, Acht Scheiben, Einhundertsechzig Gramm, Einsneunundneunzig. Grünländer 8 Scheiben, Einhundertfünfundsiebzig Gramm, Einsneunundneunzig.“ Er war gerade auf der Käseseite. Er muss von der Marketingabteilung der vereinigten Käsereien der nördlichen Hemisphäre aus der Zukunft in unsere Zeit geschickt worden sein, um herauszufinden, ob es dem Jetztmenschen etwas ausmacht, wenn die Scheiben immer dünner werden, das Ganze aber immer das Gleiche kostet.

Der Clou nämlich ist nicht, dass die Zukunft zu uns kommt, um die Armee der 12 Monkeys zu finden, sondern, dass die Zukunft eine Armee von 12 Affen schickt, die uns ausspioniert, um uns in der Zukunft besser dressieren zu können. Falls Ihnen also einer der anderen 11 Affen begegnet, studieren Sie seine Gewohnheiten und geben Sie die Informationen in dieses grüne Blog hier ab, vielleicht können wir dann der Zukunft noch ein Schnippchen schlagen.

Dienstag, 2. April 2013

Der Schneemann von Rassul

Es tut mir leid. Ich bin schuld. Ich habe den Schneemann im Flur stehen lassen.
Ich bin tagtäglich an ihm vorbei gelaufen, ohne ihn zu bemerken. Und heute Morgen ruft mein Sohn plötzlich: "Der Schneemann ist von Rassul." Und ich denke, Mist, der Schneemann, das kann ja gar nichts werden. "Ja, der Schneemann ist von Rassul", antworte ich und beschließe, ihn endlich einzumotten, diesen Winterbringer.
Also wie gesagt, sorry, dass das jetzt so lange gedauert hat. Der Schneemann ist jetzt von der Kommode verschwunden. Ab Morgen wird es Frühling!

Freitag, 29. März 2013

Die Verschädigung

Ich habe vorgestern ein ganz tolles Wort gehört und sofort aufgeschrieben: Verschädigung. Ich konnte, weil es den Zusammenhang der Rede, unserer Gedanken zur Rede und die Rede selbst ins Stocken gebracht hätte, nicht intervenieren und kurz fragen, was es bedeutet. Da sich bei mir allerdings bereits alle drei zuvor beschriebenen Phänomene, Zusammenhang, Gedanken und Rede, bereits in Auflösung befanden, war ich zumindest geistesgegenwärtig genug, mir das Wort zu notieren und einen ersten Gedanken abseits der Rede, dem Zusammenhang und den anderen Gedanken zu notieren.

Doch fangen wir vorn an: Ich saß in einer Kneipe mit Herrn Putzig und Trithemius und worüber wir sprachen habe ich vergessen. Es hat sich mit dem Hören des Wortes Verschädigung im wahrsten Sinne des Wortes verabschiedet. Wenn wir trotzdem vorn anfangen wollten, müssten wir also mit dem "ver-" beginnen, denn eine Schädigung allein macht ja noch keinen Sommer. Im Gegensatz zur Beschädigung bleibt die Verschädigung auch eher diffus, wir wissen nicht genau, was damit gemeint ist, noch können wir konkret sagen, was dabei passiert. Aber eines wissen wir: das Wichtige bei Substantiven steht immer hinten, demzufolge liegt ein Schaden vor, wo oder wie auch immer. Das ist also schlecht.

Verwirre ich Sie? Tut mir leid. Ich weiß auch nicht, was gerade mit mir los ist. Nachdem ich eine Weile nach dem "ver-" recherchierte, kam ich über die synthetischen Sprachen bis zu den einzigen beiden unregelmäßigen Verben des Japanischen suru und kuru, und von dort aus bin ich dann gotzeidank wieder auf mein gutes altes Etymologisches Wörterbuch in meinem Regal zurückgekommen. Darin finden sich auch Weiterleitungen, die ebenso interessant sind, denen aber längst nicht so leicht zu folgen ist, wie im Internet. Da klicken Sie ja einfach drauf und schon sind Sie auf einer neuen Seite. Falls Sie übrigens meinem Link gefolgt sind, ist Ihnen ungefähr, das passiert, was mir bei Internetrecherchen immer passiert: plötzlich haben Sie vergessen, worum es Ihnen überhaupt ging und Sie staunen darüber, dass es im Japanischen nur zwei unregelmäßige Verben gibt.

Jedenfalls, um den Faden nicht schon wieder zu verlieren, gibt es bei der Etymologie von "ver-“ einiges zu bestaunen. Dieses Präfix ist ein Universalpräfix und ursprünglich waren es einmal mehrere unterschiedliche Präfixe, die dann alle zu einem verschmolzen sind, dem "ver-“. Und weil das so viele einzelne Präfixe waren, können dem "ver-“ auch die unterschiedlichsten Bedeutungen zukommen. Zwei jedoch sind sehr häufig. Zum einen wird damit ein Verlauf gekennzeichnet und zum anderen steht am Ende des Verlaufs meistens etwas Diffuses. Ein Verhör ist die Befragung eines Zeugen zum Beispiel, verhören wir uns aber, dann ist beim Hören etwas schief gelaufen, was dann dazu führen kann, dass wir am Ende verwirrt sind.

Für den Schaden, Sie erinnern sich hoffentlich an den Anfang des Textes, hat das nun folgende Relevanz: Die erfolgte Schädigung tritt definitv auf und ist nicht von der Hand zu weisen, leider kann man nicht vorhersehen, wie sie sich äußert. Ach, jetzt weiß ich wieder, worum es in unserem Gespräch ging. Es ging um das Rauchen. Und natürlich hat Trithemius absolut Recht, wenn er den Schaden durch das Rauchen als Verschädigung bezeichnet, denn die Schädigung ist ein Verlauf und am Ende weiß man nicht, was man kriegt. Der Schaden äußert sich ja bei jedem irgendwie ein bisschen anders, ist also mehr oder weniger schlecht zu fassen, diffus also.

Ich habe jetzt wieder alle beisammen und gehe Ostereier färben. Ihnen wünsche ich auch ganz gute Feiertage. Bis bald.

Montag, 25. März 2013

Eine Fahrradtour durch die City oder Schade um das Papier

Am Wochenende fuhr ich mit dem Fahrrad durch Hannovers Innenstadt zur Arbeit. Es war Markttag aber zu dieser Uhrzeit sind normalerweise keine Stände mehr aufgebaut. Umso mehr staunte ich über den einen verlorenen Stand am Steintor, dort wo die Fußgängerzone beginnt und Radfahrer nur noch bedingt fahren dürfen. An dem Stand gab es einen Haufen Bücher und dahinter saßen zwei frierende Typen, von denen ich nicht mehr sah, als die Augenpartien. Der Rest verschwand unter Schal und Mütze. Die armen Jungs, dachte ich, bis ich, weil ich sehr auf die Fußgänger zu achten hatte, im Vorüberfahren einen Blick auf die Titelseite des Buches werfen konnte. Es war nur ein ganz kurzer Blick und mehr als den Nachnamen des Autors habe ich in der Kürze gar nicht erfassen können. Das reichte aber, um das „arme Jungs“ zurückzunehmen. Es war von Hubbard. Ich sah mich schnell nach allen Seiten um, denn am vorigen Samstag traf ich genau zu dieser Zeit an genau dieser Stelle ein paar weißgewandete Koranverschenker und für ein Aufeinandertreffen dieser beiden Gruppen hätte ich sogar meinen Arbeitsbeginn verschoben.

Ich fuhr mittlerweile am neuen Treffpunkt in der Innenstadt vorbei. Früher war das ja an der Kröpcke-Uhr. Heute trifft man sich vor dem Eingang von Primark. Zumindest stehen hier so viele Leute planlos herum und starren auf ihre Handys, dass ich nur hoffen kann, sie sind hier verabredet und nicht vielleicht obdachlos und tragen ihr gesamtes Hab und Gut in einer dieser großen braunen Tüten mit dem Primark-Logo herum. Nur ein paar Straßen weiter gab es plötzlich wieder einen dieser Stände, die man weder an diesem Ort noch zu dieser Zeit vermutet hätte. Der Wahlkampf ist in Niedersachsen längst vorüber, dennoch konnte ich bereits von weitem erkennen, dass es sich um einen Parteienstand handeln musste. Die Beschriftung des windschiefen Schirmchens ließen keine Zweifel aufkommen. Hier warb die Partei „Pro Deutschland“ auf verlorenem Posten mit kleinen Handzetteln, für die ich extra mein Tempo erhöhte, um nicht noch einen aufgedrückt zu bekommen. Mein Mitleid für diese kleine frierende Runde hielt sich in Grenzen. Vielmehr wünschte ich mir jetzt nichts sehnlicher als die Koranverschenker, die leider wieder nicht auftauchten.

Der letzte Stand an diesem Tag begegnete mir, kurz bevor ich auf den Opernplatz einbog. Die Koranjungs waren es aber nicht, die ich sah. Gewundert hätte mich das jetzt auch nicht mehr, wenn die plötzlich statt herumzulaufen hinter einer überdachten Theke eine Auslage bedienten. Bücher gab es allerdings auch hier in Massen, Gelbe Seiten.

Montag, 18. März 2013

Bücherregalbiographien Übersicht

Da sich bereits 5 Beiträge zu dem Projekt der Beschreibung des eigenen Bücherregals gefunden haben und ich eigentlich guter Dinge bin, vielleicht noch ein paar weitere dazu bewegen zu können, mitzumachen, möchte ich hier noch einmal die Idee vorstellen.

Der Autor darf alles. Einzige Bedingung ist, dass es sich um Dinge dreht, die Inhalt eines Bücherregals sind. Weder die Anzahl der Bücher oder Dinge, die beschrieben werden, ist festgelegt, es kann also auch ein einziges Lieblingsbuch sein oder ein ganzer Stapel. Es kann mit Foto oder ohne sein, es kann gar nicht um Bücher gehen, wenn nur das Regal dabei ist oder anders herum. Keine noch so abwegige Idee ist unwillkommen. Jeder kann so viele Texte beisteuern, wie Regale oder Bücher vorhanden sind.

Zwei weitere Bedingung habe ich doch noch: Am Anfang des Textes soll auf den vorherigen Text verlinkt werden und am Ende auf den folgenden. Der Link auf den folgenden Text wird erstellt, sobald sich der oder die Autor:in per Kommentar im Blog mit dem letzten gelisteten Text meldet und ihren Text dort ankündigt ( am besten schon veröffentlicht hat ).

Ich werde diesen Text hier immer wieder aktualisieren und alle Texte verlinkt in diesen Beitrag einpflegen, damit jeder, der darüber stolpert, eine Übersicht erhalten kann, wo die Texte nachzulesen sind. Diese Übersicht kann natürlich auch jede/r andere machen, aber das ist nicht Pflicht.

Folge 1: Notizen jenseits des Regals
Folge 2: Biographie des Regals
Folge 3: „Hl. Joseph, bitt’ für uns!“ – Die Biographie des Regals
Folge 4: Lieber der Spatz im Regal
Folge 5: Regal - Fang hui -und wech
Folge 6: Die Thronverschwörung und ein Sieg der Kaisertreuen
Folge 7: Diskjockeyverbandspräsident ohne Mitglieder
Folge 8: [M]Eine [virtuelle] Bibliothek
Folge 9: Regalgedöns
Folge 10: Buchrückenpoesie

Samstag, 16. März 2013

Die Biographie des Regals

Die Anregung ging von einer Art Stöckchenspiel aus, zu dem ich mich eigentlich nicht hinreißen lassen wollte. Deshalb möchte ich hier auch kein Stöckchenspiel draus machen. Trotzdem, bzw. gerade deswegen bin ich aber auf Mithilfe angewiesen, die ich eben nicht damit einfordern möchte, dass ich am Ende des Beitrages einen oder mehrere Blogger zum Weitermachen bestimme. Der oder die Bloggerin, die mit einem ähnlichen Text weitermachen möchte, kann hier kommentieren. Entweder bevor der Text ensteht, währenddessen oder danach. Wer zuerst kommt mahlt nicht zuerst, denn das Ergebnis muss mehr zählen als die bloße Willensäußerung.
Funktionieren soll das Ganze, indem der- oder diejenige mit dem Folgetext auf den jeweils vorherigen und nachfolgenden Text verlinkt, sozusagen eine Art Chronologie entsteht. Dazu kann man sich einigen im aktuellen Beitrag.

Der Inhalt des Textes sollte eine Beschreibung eines Bücherregals sein. Das kann ein Regalboden, das ganze Regal oder nur ein Buch an einer bestimmten Stelle sein. Es muss nicht nur um Bücher gehen, es können sich ja auch andere Gegenstände als Bücher in dem Regal befinden. Zwei Texte, die als Beispiele dienen können, habe ich hiermit geschrieben und würde mich freuen, wenn es danach weiterginge, die Runde machte
.

Folge 1: Notizen jenseits des Regals

Duden 7. Er steht ganz links in meinem zweiten Bücherregal, das ich aus Resten des ersten gebaut habe, um zusätzlichen Platz zu schaffen. Wenn man den Dingen auf den Grund gehen will, ist der Duden 7 eine gute Wahl, denn es ist das etymologische Wörterbuch. Der Duden 7 ist mein am häufigsten benutztes Nachschlagewerk. Von meinem Platz schräg links darunter kann ich, ohne von meinem Platz vor der Tastatur aufzustehen, bequem danach greifen. Das Fremdwörterbuch und die Deutsche Rechtschreibung stehen direkt daneben, werden von mir aber wesentlich weniger gebraucht. Direkt im Anschluss steht der Lexer, darauf folgt allerhand Latein, der Stowasser natürlich, Eisenhut und diverse Lehrbücher. Fast die Mitte des Faches bildet eine fünfbändige Ausgabe des Deutschen Sprichwörterlexikons und den verbliebenen Rest füllen diverse Lexika und Nachschlagewerke mindestens abwegiger eher aber kurioser Natur. Ein Wörterbuch der Musik, ein Lexikon untergegangener Wörter, Symbole, eine Sachwörterbuch der Literatur, ein Handbuch der Semiotik und der Fischer Weltalmanach des Jahres 2006. Darauf liegt ein Küchenlexikon als Dach und Verbindung zum fast mittig gestellten Sprichwörterlexikon.

Ein paar Stoffschwänze lugen am Einlegeboden hervor. Sie bilden die Lesezeichen der Sprichwörterlexika. Auf den Lexika liegt ein Hammer. Der Hammer passt gerade so unter den folgenden Boden auf dem sich weitere Nachschlagewerke befinden, die ich in ähnlichem Verhältnis wie Duden 1 und 5 zu Duden 7 benutze, also fast nie. Der Hammer allerdings hat dort seinen festen Platz. Er ist einer von zweien in unserem Haushalt und folglich wird er nur für seinen Bestimmungsort, seinem Zweck dort aufbewahrt. Der Zweck ist ein oder mehrere Schläge gegen das Heizungsrohr vornehmen zu können, sollte die Musik unter uns zu laut sein. Wir, also unser Nachbar unter uns und ich, haben uns auf dieses Zeichen geeinigt, weil ich es belastend fand, deshalb die Wohnung zu verlassen, nach unten zu gehen, zu klingeln und auf ein „Ach, bin ich zu laut? Ja, kein Problem, ich mache etwas leiser“ wieder nach oben zu stiefeln, um festzustellen, dass sich der Regler ein mü nach links bewegt hat.

Die Stelle, wo der Hammer das Heizungsrohr trifft, ist blank. Die weiße Farbe ist abgeplatzt. Einmal hat meine Frau die Stelle überstrichen und aus Respekt vor ihrer Arbeit habe ich fortan eine andere Stelle des Rohrs bearbeitet. Der Effekt war ernüchternd. Früher hatten wir die Klopfzeichenvereinbarung auch mit den Nachbarn über uns. Bei meinem Verständnis von Krach muss ich immer an Lenin denken, von dem ich einmal las, dass es in seinem Haus stundenlang mucksmäuschenstill sein musste, damit er in Ruhe arbeiten konnte. Und ich habe es am liebsten immer ruhig, ob arbeiten, lesen oder die Decke anstarren. Mit den Nachbarn über uns habe ich mich überworfen, weil sie natürlich dachten, ich meine sie, wenn ich eigentlich den Nachbarn unter uns meinte, der, wie ich feststellen musste, für den meisten Krach verantwortlich war. Ich gehe seitdem nach oben, wenn es mir von dort zu laut ist und wäre es nicht im Endeffekt immer der gleiche Weg, also einmal nach oben und dann wieder nach unten anstatt einmal nach unten und wieder nach oben, ich hätte mich über dieses Eingeständnis sehr geärgert.
Ich nehme jedes Paket an, was ein Postbote in unser Haus einschleppt, um überhaupt noch gebraucht bzw. gegrüßt zu werden. Dann klingeln sie bei uns, ich gehe zur Haustür, öffne und grüße freundlich, überreiche das Paket und wir gehen uns wieder aus dem Weg.

Ich habe soeben, vom Platz vor meiner Tastatur aus, nach oben getastet, ob sich vor den Büchern noch ein kleinerer Gegenstand befindet und bin fündig geworden. Ein aus zwei Drähten und einer dazwischen angebrachten Bespannung aus Papier bestehender Clip, wie man ihn an Brottüten findet, lag direkt vor dem Duden 1. Das ist ein Überbleibsel der bunten Tüte von vor zwei Tagen. Gestern Nachmittag lag da auch noch ein Stück Lakritze.

Bis auf das etymologische Wörterbuch brauche ich keins der Bücher in Reichweite meines Computers und wäre ich nur einigermaßen konsequent in meinen Recherchen, bräuchte ich wahrscheinlich nicht einmal das. Ich bräuchte wahrscheinlich das gesamte Regal nicht, verzichtete ich außerdem auf die Unterbringung eines längst abgeschlossenen Kapitels meiner Lesegewohnheiten, dem ich die beiden obersten Fächer gewidmet habe, meine Karl May Sammlung. Nur leider wüsste ich dann nicht, wohin mit dem Hammer, denn der Platz weit oben im Regal hindert meinen Sohn daran, den Hammer in die Hand zu nehmen und wahllos auf Dinge einzuschlagen. Er könnte ihn – wie übrigens schon geschehen, als der Hammer noch in der Schublade meines Schreibtisches lag – am Heizkörper ausprobieren, auf meinem Schreibtisch oder am Pflanzenkübel direkt gegenüber, ich wäre jedenfalls mäßig erfreut darüber. Gut, dass der Hammer jetzt so weit oben liegt.

Folge 3: "Hl. Joseph, bitt' für uns!"

Dienstag, 12. März 2013

Notizen jenseits des Regals

Mir kamen so einige Gedanken in den letzten Tagen, von denen ich, glücklicherweise, nicht einmal die Hälfte behalten habe. Aufgeschrieben habe ich noch weniger, und das obwohl sich mein Notizbuch Nummer 2 gefährlich nah dem Ende neigt. Das neue Notizbuch liegt derweil in meinem Bücherregal. Da liegt so einiges. Zum Beispiel thront eine Tüte Eukalyptusbonbons etwas über Sichthöhe auf den Rücken von Rothmann und Ruff. Rothmann war eine jüngst gemachte Entdeckung und Ruff eine alte Empfehlung, die in Ermangelung besseren Lesestoffes tatsächlich einmal von mir angepackt wurde. Vor Poe, dessen 10-bändige Gesamtausgabe mit den Worten beginnt, dies könne keine Gesamtausgabe sein, da Poe als sich vom Schreiben Ernährender ein wahnsinniges Pensum an den Tag legte und überall veröffentlichte und niemand wisse, wo sich nicht vielleicht noch einer seiner Texte herumtreiben mag, steht eine Gießkanne. Die Gießkanne ist leer. Auf Poe liegt ein Schachbrett mit inliegenden Figuren. Indios gegen Konquistadoren, handbemalt. Immer wenn meine Nichte zu Besuch kommt, spielen wir eine Partie und ich staune darüber, wie sie sich den Gang der Figuren merken kann, wo sie doch zu Haus nie Schach spielt.

Im Fach daneben, das von Krimiautoren der alten Schule besetzt ist, liegt eine alte Aquariumlampe, die ich trotz eines wöchentlich stattfindenden Termins auf der Mülldeponie noch immer nicht entsorgt habe. Dahinter steht in Reih und Glied Agatha Christie und Arthur Conan Doyle. Dazwischen haben sich ein paar Querschläger eingenistet, Crusoe, Dath und Doctorow. Aber ganz am Rand, hinter Durrell, wird es wieder genregerecht: Dürrenmatt schließt die Reihe ab, der ist ja mittlerweile auch schon alte Schule. Ich habe sogar einen S.S. Van Dine dazwischen stehen, Sie wissen schon, das war der Literaturkritiker Willard Huntington Wright, der unter seinem Pseudonym Dine Kriminalromane schrieb und die 20 Regeln für eine gute Detektivgeschichte aufstellte. Auf Christie liegt ein Lolly, keine Ahnung wieso.

Ein sehr interessantes Fach findet sich ganz links in Hüfthöhe. Dort stehen alle kleinen Reclamhefte, derer ich habhaft werden konnte. Darauf liegt eine sternförmige Holzschale, die genau in die Lücke passt zwischen den höheren Büchern am linken Rand des Fachs und der kurz darauf, ebenfalls mit größeren Büchern beginnenden alphabetischen Sortierung. In der Holzschale sind ein paar Tannenzweige und ein paar rote Christbaumkugeln, die ich vor unserem Sohn retten musste. Der hat entdeckt wie schön es klimpert, fallen die Kugeln zu Boden. Ich musste entdecken, wie ungünstig sich haarfeine Glassplitter auf dem Fußboden machen, sollte eine Kugel dabei zerspringen. Zwischen Aira und Algren ragt ein Turm aus Spezialbürsten hervor, die unseren Staubsauger komplettieren sollen aber noch nie benutzt worden sind.

In einem Fach ganz rechts liegt sogar ein abgesägter, blau lackierter Stiel, dessen Bestimmung es war, beim Kinderbettbau übrig zu bleiben. Darunter versammeln sich die Vorlesungsverzeichnisse der Erziehungswissenschaften, Geschichte und des Faches Deutsch, was mich gleich auf die Palme bringt. Einerseits steht in dem Fach daneben tatsächlich eine abgesägte Yucca, die ich in einem Wasserglas zum Wurzeln bringen möchte. Andererseits schimpfen sich die Verzeichnisse selbst in Ermangelung des Formats Vorlesung in denselben nach wie vor Vorlesungsverzeichnisse. In dem neuesten Vorlesungsverzeichnis des Deutschen Seminars findet sich genau eine Vorlesung. Der Rest sind Seminare, die mit begrenzter Teilnehmerzahl, Zuteilung im Losverfahren und zu erbringenden Studien- und Prüfungsleistungen locken. Ein Hohn. Der Holzstiel ist lang genug für einen Knüppel, vielleicht passt da mehr zusammen, als ich bisher zu ahnen wagte.

Jetzt habe ich allerhand Gedanken verschwendet, mein Notizbuch ungenutzt liegen lassen, weil meine Tastatur diesen Text aufnahm und obendrein habe ich Ihnen wertvolle Zeit gestohlen, weil ich keine wichtige Feststellung zu machen hatte. Es gibt keine Konklusion, keine Pointe, nur Plauderei. Entschuldigung.

Folge 2

Freitag, 8. März 2013

Ohne Brille

Das Bier liegt im Gemüsefach
und in der Stube gibt es Krach.
Er zetert: geh' schon auf du Schurke!
und rammt den Öffner in die Gurke.

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Zuletzt aktualisiert: 12. Dez, 08:51

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