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Dienstag, 21. Juli 2015

Die Metro – eine kleine Ethnologie

Die Metro ist ein Weltkonzern und ein Laden hier um die Ecke. Ich spreche im Folgenden vom Laden um die Ecke, wenngleich sich die üblichen Verallgemeinerungen nicht vermeiden lassen, da es auch an anderen Ecken Läden gibt und diese ähnlich strukturiert sind wie hier.

Die Metro wird bevölkert von zwei sich entgegengesetzt verhaltenden Menschengruppen. Während die eine Gruppe dazu da ist, die Regale zu füllen, ist die andere bestrebt, diese zu leeren. Das vorab als erste allgemeine Feststellung. Man nennt diese Gruppe auf der einen Seite Verkaufspersonal und auf der anderen Seite Kunden. Leider kommt niemand um eine weitere Differenzierung innerhalb dieser Gruppen herum. Dazu sei nun folgendes geschrieben:

Auf der Seite des Verkaufspersonals sind die sogenannten Vorgesetzten, die entweder in Anzug und Krawatte an den Kunden vorbei gehen und freundlich grüßen oder niederes Personal nach Bestandslisten abfragen, leere Regale missbilligend zur Kenntnis nehmen oder sonstige Taktiken anwenden, um dem anderen Personal auf den Sack zu gehen. Besonders schön sind da zum Beispiel großflächige Umräumaktionen, sogenannte Aktionsflächen befüllen lassen oder Beschilderungen entwerfen. Eine äußerst einfallsreiche Beschilderung kann jüngst wieder beobachtet werden: Artikel, die gerade nicht lieferbar sind, werden durch leere Regale präsentiert, auf denen ein traurig blickender Smiley auf einem laminierten Zettel darauf hinweist, dass die Preisverhandlungen „zu Gunsten des Kunden“ noch keinen befriedigenden Abschluss gezeitigt haben. Kunden können davon ausgehen, dass 1. der Artikel nicht durch einen vergleichbaren ersetzt wird, 2. der Artikel für geraume Zeit nicht verfügbar sein wird, damit sich 3. niemand mehr daran erinnern kann, dass „zu Gunsten des Kunden“ ein relativer Begriff ist.

Die anderen, das niedere Verkaufspersonal, gliedern sich wiederum in jene, die Regale und Aktionsflächen füllen und solche, die an den Kassen am Ausgang die Ware einscannen, den Preis ermitteln und abkassieren. Während die Regalfüller meist so tun, als wären sie gar nicht da, sind die Kassiererinnen den Kunden schutzlos ausgeliefert. Die einen glotzen mit Kuhaugen an einem vorbei oder drehen sich um oder manchmal, ganz selten, grüßen sie auch. Die anderen an der Kasse grüßen fast immer, halten aber diverse weitere Fallstricke für die Kunden bereit. Sie wollen zum Beispiel Geld haben, nehmen aber an dieser Kasse keine Kreditkarten, sie verantworten höchstpersönlich die falschen Etikettierungen und stecken sich den Fehlbetrag in die eigene Tasche (hier handelt es sich um rein subjektive Wahrnehmungen, meist von sogenannten Sonntagskäufern, siehe dazu weiter unten).

Kommen wir nun zu den Kunden. Auch diese lassen sich weiter aufteilen, in diejenigen, die als Profis auftreten, langjährige Erfahrung im Umgang mit dem Verkaufspersonal haben und sich überhaupt in höchst symbiotischer Beziehung zu diesem befinden (leeren und wieder auffüllen von Regalen). Sie werden vom fast gesamten Personal gegrüßt, häufig sogar geduzt und sie stehen am Ende ihres Einkaufs an den zwei letzten Kassen, die für diejenigen reserviert sind, die „richtig Geld“ im Laden lassen. Sie dürfen auch auf den extra für sie vorbehaltenen Parkplätzen, in der Nähe des Ausgangs parken. Man trifft sie dort regelmäßig, manchmal wöchentlich, manchmal zweimal täglich, je nachdem, welche Art Geschäft sie besitzen und wie frisch die Ware zu sein hat.

Die anderen sind die sogenannten Sonntagskäufer, die sind immer da außer sonntags, gerne mit Hut oder in Uniform oder alt oder jung, aber immer mit dem kleinen Einkaufswagen unterwegs. Sie sind bereits am Eingang daran erkennbar, dass sie ihre Karte zur Identifikation und Legitimation erst dann aus dem Portemonnaie fischen, wenn sich hinter ihnen bereits ein Pulk aus weiteren Kunden gebildet hat, die schon ungeduldig mit den Hufen scharren. Natürlich legen sie die Karte erstmal falsch herum auf den Scanner. Das macht aber nichts, denn die Sonntagskäufer genießen unter dem gehobenen Verkaufspersonal einen Sonderstatus. Sie ermöglichen die zum Teil mondmäßigen Kalkulationen bei größeren Abpackungen (ich berichtete darüber) und deshalb ist der Scanner sogar in der Lage, die „Eintrittskarte“ auf dem Kopf abzulesen. Der Name erscheint im Display und diese Kunden freuen sich, ob der herzlichen Begrüßung durch einen Bildschirm.

Dann fahren diese Kunden mit ihren Wagen los. Sie bleiben unvermittelt stehen, und zwar dergestalt, dass in den Gängen, die Platz für zwei große! Einkaufswagen nebeneinander haben, kein Platz mehr bleibt, um selbst mit einem kleinen daran vorbei zu kommen. Diese Kunden fahren mit ihrem Einkaufswagen in die zweite Etage und verstopfen die Rolltreppe. Aber nicht weil sie dort oben Unmengen an Kopierpapier kaufen, das unheimlich schwer ist, sondern einen Büstenhalter oder ein Handtuch oder einen Wasserkocher. Diese Kunden stellen sich an die falsche Kasse an und tun so, als wäre das völlig normal. Sie bezahlen immer bar oder mit Karte, haben beides aber nicht zur Hand, wenn es ans Bezahlen geht (siehe oben unter „Eintrittskarte“), sie haben es nie passend, möchten aber alle Bonuspunkte für die neue Handtuchserie. Bei ihnen piept es, wenn sie an den Diebstahlsicherungen vorbei fahren. Sie wissen nicht, wo ihr Auto steht, weil sie nicht dort in den Laden hineingegangen sind, wo sie am Ende heraus kommen. Sie trinken ihren Kaffee im Metrorestaurant! Sie sind in der Überzahl!

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Zuletzt aktualisiert: 22. Mär, 21:06

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