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Bei den Leisen Tönen. Manchmal braucht es einen Blog, um sich Luft zum Denken zu verschaffen. Keine Steckenpferde, Hobbies oder sonstiges Spezielles, nur Luft zum Denken.

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Freitag, 2. Januar 2015

Der kompetente Herr Bartels

Der totale Einfall kam mir, als ich das Gespräch von gestern Nacht resümierte und unsere Stühle nachzählte. Wir hatten einen zu wenig für die Gäste, die zu Silvester bei uns feiern wollten. Daraus ergaben sich zwei Möglichkeiten, eine davon ließ mich mein Frühstück vorzeitig beenden und der anderen Möglichkeit zu harren, die nicht mir sondern meiner Frau eingefallen war. Lass uns doch schnell bei Ebay gucken, ob nicht einer einen solchen Stuhl gerade anbietet, dann können wir uns Ikea ersparen, sagte sie. Ich sah meine Kötbullar sich in Luft auflösen und fragte deshalb nach der letzten Scheibe Toast. Ja, die würde sie noch essen, sagte sie und schaltete sogleich den Rechner an, um nach frei gewordenen Stühlen zu fahnden.

Meine Laune war im Keller. Einsilbig kommentierte ich den von ihr vorgelesenen Bestand. Ich Glückspilz hatte Glück und die Stühle waren entweder nicht unser Modell oder zu weit weg oder zu teuer oder beides von allen. Es wurde abgemacht, zu Ikea zu fahren und den fehlenden Stuhl zu holen. Was wird da schon los sein, dachte ich noch, als meine Frau davon anfing, wie voll das da sein wird. Als ob die Leute nichts Besseres zu tun hätten, als zwischen den Jahren frittierte Klöße mit Pommes zu essen – Preiselbeeren finde ich bescheuert, sowas gehört ins Kompott.

Wir fuhren da hin und wie das manchmal so passiert, macht man sich so seine Gedanken, wo der Pulk der Autos denn so hin will am frühen Mittagmorgen. Als dann keine andere Option mehr offen war, musste ich meiner Frau zugestehen, dass sich Hannover zum Klöße Essen bei Ikea verabredet hatte. Die Freifläche war gesperrt, das erste Parkdeck komplett zugeparkt und im zweiten fanden sich ganz hinten noch ein paar Plätze für diejenigen, die zu spät dran waren, für uns also.

Wir machten aus, dass meine Frau den Stuhl und bei der Gelegenheit gleich noch ein Sitzkissen besorgen würde, während ich mit den Kindern irgendwo warten würde, um dann gemeinsam zur Kantine zu gehen. Es war so voll, dass ich Mühe hatte einen Platz zu finden, wo ich den Kinderwagen parken konnte, ohne dass er im Weg stand – er stand dann schlussendlich im Weg – und außerdem noch auf Madame ein Auge haben könnte. Der Große ist gerade bei den Großeltern, das machte die Sache einigermaßen übersichtlich. Madame kochte mir in der Kinderküche eine Suppe aus Pilzen, Fisch und dem Krönchen eines Stoffmuffins, während ich aus Kleinsttassen imaginierten Tee und Kaffee schlürfte. Heiß!, sagte Madame immer wieder und ermahnte mich, doch vorher zu pusten.

Dann war es endlich soweit. Wir gingen rüber, bestellten unsere Kötbullarportionen und fanden sogar einen Fensterplatz. Minimi bekam nur Brei, was ihn irgendwie zu frustrieren schien. Madame machte sich ohne Umschweife über die Klopse her, bis meiner Frau einfiel, ihr die kleine Schwedenflagge zu reichen, die in einem ihrer Klopse steckte, von da an wurde unter erschwerten Bedingungen weiter gespeist. Halbe Klopse landeten schon mal auf dem Fußboden, wenn die schwedische Gabel plötzlich nachgab, den Klopsen machte das nichts, die hatten da unten reichlich Gesellschaft.

Ich aß mit Inbrunst meine Kötbullar, die Pommes und die Soße, die so lau war, wie ich sie in Erinnerung hatte. Salz dürften die Schweden kaum gekannt haben, ein Umstand, den ich immer wieder vergesse, sobald ich mit den Klößen sitze und es mir gemütlich gemacht habe. Pech eben. Geht’s eben ohne Salz.

Nebenbei hörte ich die Durchsagen. Es kamen viele davon. Einige handelten von Falschparkern, andere von Kindern, die aus dem Smalland abgeholt werden wollten und die besten sind natürlich die Durchsagen, die sich an Personen richten, denen Angehörige verloren gegangen sind: „Herr Bartels, Herr Bartels, bitte kommen Sie in die Pflanzenabteilung! Ihre Frau und Ihre Tochter warten da auf Sie!“ Ich träumte von Familienzusammenführungen und davon, wie Herr Bartels nichts ahnend, dass er eine Tochter hätte, in die Pflanzenabteilung ginge und sich von weitem erst einmal einen Überblick verschafft, seine Tochter sieht und plötzlich entscheidet, dass er doch keine Tochter haben möchte, und diese Frau auch nicht. Was für ein schlauer Typ.

„Frau Bartels, Frau Bartels, bitte kommen Sie in die Pflanzenabteilung! Ihr Mann erwartet sie dort!“ Prompt kommt also die Retourkutsche, dachte ich bei dieser zweiten Anrufung. Da hat ihm die Frau und Tochter nicht gefallen und dann ruft er sich einfach eine Neue aus. Und auf die Tochter hat er gleich verzichtet, das muss ein richtiger Stratege sein dieser Herr Bartels. Vielleicht sollte ich mir auch einen Herr Bartels besorgen - aber heute nicht, es ist hier einfach zu voll.

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Zuletzt aktualisiert: 22. Mär, 21:06

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