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Bei den Leisen Tönen. Manchmal braucht es einen Blog, um sich Luft zum Denken zu verschaffen. Keine Steckenpferde, Hobbies oder sonstiges Spezielles, nur Luft zum Denken.

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Gedankeninseln

Freitag, 27. April 2012

Geschäftswetterindex

Der Strand hat wieder aufgemacht und das seit Tagen schwelende schöne Wetter hat trotzdem auf sich warten lassen. Ich vermutete ja schon einen Zusammenhang mit meinem bisher fehlenden Gesundheitszeugnis, das habe ich jetzt nachgeholt, das Wetter war trotzdem so lala aber wir hatten auf. Angekündigt wurde ja ein Blitzsommer ( Achtung der Link führt zur BLÖD ) aber der war wohl nur für Süddeutschland gedacht - ein marginaler Ankündigungsfehler. Ich hätte es natürlich besser wissen müssen, wo ich bei Wettervorhersagen ja sowieso eher vorsichtig bin. Der Hurraoptimismus einiger Redaktionen zielt ja eher auf die positive Schlagzeile, denn auf den tatsächlichen Wahrheitsgehalt für alle. Schließlich wissen wir schon seit langem, dass schlechte Nachrichten die wirklich guten Nachrichten sind und man den Zeitungen ja nicht vorwerfen möge, deshalb nur schlechte Nachrichten zu drucken, da ist ein euphorischer Wetterbericht doch auch mal was.

Verquer wie das eben ist auch die Feststellung der Wetterexperten, dass Klima das ist, was wir erwarten und Wetter das, was wir kriegen. Verquer deshalb, weil diese optimistische "Vorhersage" meist auf statistischen Daten beruht, die sich aus den letzten 30 Jahren Wetterbeobachtung erschließen und alljährlich im Winter die Leute an vermeintlich noch einigermaßen warme Plätze lockt. Da wird kurzerhand ein Zypernurlaub im Dezember gebucht und 25° C erwartet. Ähnlich verhält es sich auch mit dem Ifo Geschäftsklimaindex, der, wie könnte es anders sein, natürlich nicht Ifo Geschäftswetterindex heißt, weil ja keiner möchte, dass er mit einem Regenschirm zur Börse rennt, obwohl die Prognose doch freundlich war. Da wird der viel dehnbarere Begriff des Klimas herangezogen, um uns vorzugaukeln, alles wäre super.

Ich für meinen Teil, lasse die Kapuzenjacke weiterhin in meinem Gepäck, denn ich vertraue weder den Klima- und erst recht nicht den Wetterexperten, auch wenn es heute am Strand trocken blieb.

Samstag, 14. April 2012

Hat jemand Zeit?

Eigentlich ist es gar keine urbane Legende, denn diese Geschichte ist überhaupt nicht unheimlich oder sonstwie verstörend. Sie handelt nicht von Krankheiten, Straftaten, Racheakten oder übersinnlichen Erfahrungen. Und nur weil ihr der Wahrheitsanspruch nicht abgeht, kann sie überhaupt in die Kategorie der modernen Sage fallen – so wird die urbane Legende ebenfalls genannt.

Wenn man die Limmerstraße in Richtung Küchengarten geht, ist spätestens an demselben Schluss mit der autofreien Flaniererei, denn es gilt, um den Küchengartenplatz zu erreichen, die Fössestraße zu überqueren. Diese Straße hat es in sich, hier bewegt sich wegen der wenigen Verbindungen zwischen dem Zentrum von Hannover und Hannover Linden eine Menge. Überhaupt gibt es nur wenige Verbindungen über die Leine und eine davon ist seit Jahren Dauerbaustelle.

Aber zurück zur Ampel, eine Fußgängerampel. Hier steht der gemeine Lindener, der nach einer anderen urbanen Sage durchschnittlich 78 Tage seines Lebens an roten Ampeln wartet, besonders lange, denn durch die komplizierte Kreuzung mit vorgelagerten Linksabbiegern, Straßenbahnen, die die Fahrbahn kreuzen, hat der Fußgänger einfach die schlechtesten Karten. Den einzigen Menschen, denen es an dieser Ampel besser gehen soll, ist den Blinden.

Wie geht das? Ganz einfach. An dieser Ampel ist, wie häufig in Hannover zu sehen, eine Vorrichtung angebracht, mit der es möglich wird, in den Grünphasen für Fußgänger einen Klickton freizuschalten. Jemand der nicht sehen kann, ob die Ampel grün oder rot ist, muss sich somit nicht auf andere Passanten verlassen. Fahren die Finger den Ampelpfeiler entlang und erwischen den gelben Kasten mit den drei schwarzen Punkten von unten, dann offenbart sich dort eine Aussparung, in der sich ein Druckknopf befindet.

Als ich neulich selbst an dieser Ampel stand, kam mir eine Freundin entgegen, die behauptete, dass die Fußgängergrünphase schneller heranrückt, wenn dieser Schalter betätigt wird, also nicht die freiliegende Fläche mit den drei Punkten, sondern der geheime darunter. Sie ließ sich davon nicht abbringen und hatte dies selbst von einer anderen Freundin erfahren.

Ich kann nicht sagen, ob das stimmt, ich habe es nicht ausprobiert, weil ich sie erst hinter der Ampel sprach und zurück einen anderen Weg ging. Um das zu testen, müsste zu verschiedenen Zeiten jemand dort stehen und zu unterschiedlichen Ampelphasen immer mal wieder diesen Knopf drücken und die Zeit stoppen. Ampeln sind ja bekanntlich zu Stoßzeiten und manchmal sogar je nach Verkehrssituation in der Lage, auf den herrschenden Verkehr zu reagieren. Welche Rolle spielt dabei die Fußgängerampel? Ist das überhaupt möglich? Hat jemand Zeit?

Dienstag, 10. April 2012

Birne weg

„Können Sie mir sagen, wie ich zum Birnenweg komme?“ „Sie“ hatte sie gesagt und meinte mich damit.
„Birnenweg? Der muss hier irgendwo sein, keine Ahnung wo“, so sprach ich wohl und zeigte nach Überall.
„Danke“, hörte ich sie noch sagen, bevor die Frau weiterstapfte im Obst- und Blumendorf. Das „Sie“ wanderte mit meinen Augen zusammen an mir herab, musterte mich von oben nach unten, drehte kurz vor dem Straßenbelag bei und verschwand irgendwo in Richtung Geradeaus hinter einer Hecke. Ich ging nämlich gerade von der Schule nach Hause, da gab es viele Hecken.

Mindestens zweimal am Tag lief ich durch die Reihenhaussiedlung Alt-Reform, weil sonst nur ein Umweg von mehreren hundert Metern zu meiner Schule führte, die ich ab der 7. Klasse besuchte. Umwege sind aber was für trödelnde Gedanken und ich war Schnelldenker und ich ging auch so – immer ein Ziel vor Augen, mit großen ausgreifenden Schritten. Ich teilte die Strecke in kleine Häppchen und legte am Ende eines Happens, also bei jeder zweiten Biegung, immer eine Schippe Kohlen nach. Mit genügend Hackengas konnte ich die Strecke von 20 Gehminuten auf 12 zusammenschmelzen, dafür musste ich aber in den Kurven in Schräglage gehen, wie dieser Tankstellenverkäufer, der immer so schneidig um die Regale kurvte und uns in der Spätjugendphase, vorzugsweise Samstag- oder Freitagnacht gegen halb drei, in der Tankstelle am Westring bediente. Es kam schon mal vor, dass wir alle hintereinander einzeln bestellten, nur um den Michael Schuhmacher der Tankstellenverkäufer möglichst oft nach einem Bier flitzen zu sehen. Er war nicht auf der Arbeit, er war auf Flucht. Naja, vielleicht war er doch kein Schumi, der Tankstellentyp trug nämlich eine Brille. Und die rutschte ihm zu allem Überfluss auch noch ständig von der fliehenden Nase.

Am schnellsten aber war ich bei meinen Schlussfolgerungen. Ich schloss daraus, dass ich im Dahlienweg wohnte und es außerdem einen Nelkenweg und einen Lilienweg in der Gartenstadt gab, es auch einen Birnenweg geben musste. So ähnlich habe ich es der Frau zu erklären versucht, glaube ich.

Jahre vergingen. Ich brachte ein wenig Ruhe in meine Gedanken und ließ den Blick vor allem in der Schule schweifen. Auch auf dem Nachhauseweg war ich längst nicht mehr so schnell wie früher und so kam mir irgendwann ein Straßenschild unter, auf dem stand doch tatsächlich Birnenweg. Er lag im dritten Häppchen von Zuhause aus gerechnet. Niemand, den ich kannte, wohnte da.

6 Jahre lang bin ich fast jeden Tag durch diesen Weg gegangen, ohne dass mir das aufgefallen war. Das konnte aber wirklich niemand ahnen, es stand ja nur ein Birnbaum in der Straße. Ich legte daraufhin beschämt den Turbo ein und verfing mich in Schräglage in einer ausufernden Heckenlandschaft am Knick des Weges. Heute steht da keine Birne mehr, nur noch ein Auto in der Auffahrt, manchmal.

Freitag, 6. April 2012

Ostern

Heute ist Karfreitag. Ostern rückt mir auf die Pelle, wie ein Betrunkener, der mir ganz im Vertrauen von seinen Sorgen berichten möchte. Dabei habe ich selbst genug Sorgen. Er hechelt mir Ostern ins Ohr.

Trotzdem versuche ich den freien Tagen etwas Schönes abzugewinnen. Mir fällt zum Beispiel immer der Osterspaziergang von Goethe ein, wenn ich an Ostern denke. Die ersten Zeilen bekomme ich immer noch aufgesagt, obwohl mir das Erlernen des Gedichts fast so lang her zu sein scheint wie das Erste Konzil von Nicäa.

Als ich neulich in meiner Lieblingskneipe saß und auf Trithemius wartete, versuchte ich zum Spaß eine Neufassung des Gedichts. Da Trithemius aber pünktlich kam und ich das Projekt aus den Augen verloren habe seitdem, ist es unvollendet geblieben. Damit es nicht verloren geht, will ich es hier reinstellen. Ich hätte es Frühjahrsputz genannt:

Mit drohend Gebärde liegt die Wäsche,
wüste Haufen versperren jeden Blick,
die Sonne scheint, was für ein Glück.
Gevatter Faulheit schlägt in die Bresche
und treibt mich in mein Bett zurück...


Es ist gar nicht so einfach, wenn Reimschema und möglichst auch noch die Reimworte identisch, mindestens aber ähnlich sein sollen. Ich hoffe, ich habe jetzt niemandem das Fest verdorben, weil die Fenster plötzlich dreckig erscheinen, der Boden voller Fussel ist oder ein Berg Wäsche wartet. Fröhliche Ostern!

Donnerstag, 5. April 2012

Felsenplatte digital

Ich habe heute mein Notizbuch entdeckt, das ich im Urlaub in Thailand vor zwei Monaten benutzt hatte. Es lag unter einem Stapel dünnem Holz auf meinem Schreibtisch. Hin und wieder möchte meine Frau nämlich, dass ich meinen Schreibtisch aufräume und dabei landen dann immer jede Menge Rechnungen, Mahnungen, Erinnerungsschreiben, schlicht die ganze Post im Papierkorb. Naja, und als ich diesen Stapel bedruckter Not endlich vom Halse hatte, offenbarte sich darunter ein dünnes schwarzes Büchlein, aus dem noch der Sand eines fernen Strandes gerieselt kam:

Heute keine Eindrücke, nur Plattfüsse. Ich wandere über die Felsen am rechten Ende des Strands. Die Felsen sind fest und dulden keine Dellen. Nur Rillen. In denen das Wasser herabläuft.
Die Felsen hier sind bestimmt Tausend Jahre alt. Tausend Jahre alte Schallplatten, denen der Regen und die Gischt eine immergleiche Melodie entlockt. Das Wasser in den Rillen ist wie die Nadel eines Plattenspielers und immer mal wieder springt ein Tropfen woanders hin. Dann hüpft die Nadel, bevor sie wieder einrastet. Ob die Felsen wissen, dass wir längst im digitalen Zeitalter angekommen sind?

Donnerstag, 29. März 2012

Blümern ist neologisch

20 Versuche jetzt einen neuen Beitrag anzulegen. Ich benutze schon gar keine Prädikate mehr im ersten Satz, weil ich den Eintrag wahrscheinlich gleich wieder löschen werde. Ich kann ja schließlich keine Handlung beschreiben, die nachher niemand nachvollziehen kann. Prädikate werden sowieso überbewertet, sie knüpfen ja nur die Bande zwischen den Akteuren im Satz. Hah, und jetzt kommt`s ganz dick: ich kann aber Sätze schreiben, die überhaupt nicht zum vorangegangenen passen: Die Gauck-Behörde könnte man zwar immer noch mit Gauck in Verbindung bringen, sie heißt aber längst nicht mehr so. Sie heißt jetzt Jahn-Behörde, zwischenzeitlich Birthler-.

Zu den Prädikaten von Gauck gehört eindeutig gaucken (was war denn das für eine Überleitung, ich zucke überrascht mit den Augenbrauen), ein Neologismus aus den 90ern, der es sogar in die Liste der Wörter des Jahres 1992 schaffte. Hartzen ist übrigens Jugendwort des Jahres 2009. Riestern hat es nur in die Fachliteratur* geschafft, war kein Wort irgendeines Jahres und steht damit auf ebenso dünnen Beinchen wie mompern ( wer war das nochmal, der Momper? ) oder genschern. Blümern würde ich im Zusammenhang mit riestern als passende Ergänzung betrachten. Immerhin hat der gute Norbert Blüm ja mal gesagt: "Die Rente ist sicher", nur hat er die Höhe der Rente ausgeklammert. Blümern gibt es aber nicht. Wulffen dagegen gibt es, es steht aber nur im "Wörterbuch der Jetztzeit". Tz,tz, könnte ich jetzt sagen, die Halbwertzeit dieser Verben ist auch nicht mehr das, was sie einmal war.

Das wollte ich aber gar nicht sagen. Ich habe schlicht vergessen, was ich sagen wollte. Bin jetzt auf diesen Eintrag gestoßen und lasse zur Abwechslung mal das Subjekt weg - wie bei wulffen, das Verb gibt es noch, das Subjekt ist weg. Wir haben jetzt ein neues Subjekt. Bei dem Artikel dort fällt mir auf, dass da schon so viel steht, dass ich wohl kaum noch was über das Thema verlieren kann, was noch nicht gesagt wurde. Ich bleibe also bei meiner eigenen Wortkreation von blümern stecken und schenke mir den Rest. Satzglieder werden im Allgemeinen sowieso überwertet. Der folgende Satz kommt deshalb ganz ohne aus:

Mittwoch, 21. März 2012

Frühlingsgefühle

Die Kastanien haben ihre edlen Manschettenknöpfe hervorgeholt und tragen sie jetzt an den Ärmeln, sie glänzen klebrig. Das Elsterpärchen hat sich statt Glitzertand auf loses Astwerk verlegt und baut eine Zweizimmerwohnung im Obergeschoss des Baumes. Darunter spielt ein Kind mit einem Spielzeugbesen, es fegt den Winter weg, ein zweites Kind kommt und hat den Frühling auf der Schaufel. Plumps macht es, da liegt er schon verstreut auf dem Grün, blaue, weiße, lila und gelbe Tupfer - ich könnte gerade stundenlang auf meinem Balkon stehen und Konfetti zählen.

edit: Verdammt, jetzt haben ein paar Krähen die Elstern verjagt und das Nest gleich mit. Das liegt jetzt im Innenhof wie ein runtergefallenes Toast mit Strauchmarmelade.

Samstag, 17. März 2012

Limmer? Immer!

Es beginnt wieder die Zeit, zu der du einen Spaziergang von 30 Minuten planen musst, weil du einen Weg von 10 Minuten zurückzulegen hast. Ständig begegnen dir auf der Limmer Leute, die du kennst. Es werden Worte gewechselt, sich verabredet, kurz hingesetzt und urplötzlich ist eine Stunde vergangen. Die Sonne ist auf dem Weg ihre erste Aufwärmrunde zu beenden, du siehst sie nicht, denn sie läuft in der letzten Kurve für heute. Es ist immer noch herrlich warm und das erste Alster des sich ankündigenden Sommers ist auf deiner alten Bank neben Kiosk, Buchladen und Cafe getrunken. Der Winter, der zum reißen gespannte Expander, zieht sich zusammen und alles, was in vermeintliche Ferne gerückt war, stellt sich als neben dir stehend heraus. Nachbarn sind urplötzlich präsent, von denen du nicht einmal wußtest, ob sie da noch wohnen.

Ich habe gestern soviel erlebt, dass mein Kopf die eine Hälfte der anderen zuliebe vergessen musste und die andere Hälfte habe ich dann bruchstückhaft behalten. Der erste Sonnentag im Jahr schien aber auch 48 Stunden zu haben, die in gefühlten 12 Stunden an mir vorüberzogen.

Montag, 12. März 2012

Zombies nicht nur in Linden

Man ist alles nur noch ein bißchen. Ein bißchen hungrig, durstig, müde und ein bißchen online. Wenn ich mitten in der Nacht von der Arbeit, aus der Kneipe, komme und einen Link in mein Facebookprofil setze, dann ist dort fast die Hälfte meiner Freunde anwesend. Wahrscheinlich quatschen sie im Dunkeln miteinander und lachen sich scheckig über die sporadischen Besucher, die sich da für maximal 1 Minute einschalten, also nicht richtig dabei sind.

Das ist natürlich Quatsch, niemand von denen unterhält sich dort. Das wäre von einem kleinen Smartphone aus auch viel zu umständlich. Aber mit diesem kleinen Smartphone kann man den ganzen Tag online, und bei jeder kleinen Bewegung im Profil eines anderen live dabei sein. Vielleicht gibt es sogar schon einen Klingelton für den aktualisierten Status eines Freundes.

Da braucht man sich natürlich nicht zu wundern, wenn dir in der Straßenbahn lauter Smartphonezombies entgegenkommen. Übrigens über die "Zombies in Linden" konnten hier bei uns in Linden viele lachen, wer damit gemeint ist und welches gesellschaftliche Problem dabei auf die Schippe genommen wurde, konnte bei soviel Zombies natürlich nicht mehr untersucht werden. Die Zuschauer, -hörer waren viel zu sehr damit beschäftigt, über die witzigen Dialoge zu lachen und sich bei den vielen Lesungen in den Kneipen Hannover Lindens gegenseitig zuzuprosten.

Ist es ein hanebüchener Vergleich, jetzt von Smartphonebenutzern zu sprechen, die eine gewisse Ähnlichkeit mit Zombies aufweisen? Wie sie da mit ihren Geräten herumspielen und Fingerabdrücke auf Minifenstern verteilen? Wie sie sich die Statusmeldungen derer reinziehen, die auch irgendwo herumsitzen und das gleiche machen?

Plötzlich schaut einer von denen auf, sieht aus dem Straßenbahnfenster und blickt auf einen gelben Forsythienstrauch. "Es ist Frühling" postet er über Facebook, es klingelt in der Bahn, die Hälfte der Leute nimmt ihr Smartphone heraus und dann lächeln sie still vor sich hin, die Smarties (edit).

Samstag, 10. März 2012

Text ohne Überschrift

Gestern traf ich mich mit Trithemius in unserer Lieblingskneipe. Wir saßen wie immer - eigentlich nicht wie immer, denn unser ureigenster Platz war besetzt, so dass wir auf die diagonal gedrehte Ecke im Raum ausweichen mussten - an einem der Tische. Gelesen und gehört hatte ich von ihm einmal, dass es eine emotionale und eine starke Seite in uns gäbe. Wir sitzen stets so, dass ich ihm meine emotionale Seite und er mir seine starke ( in seinem Fall die rechte ) Seite entgegenstreckt. Ich habe mich längst daran gewöhnt, mit meiner "schwachen", emotionalen Seite auf seine starke zu treffen, achte aber seitdem bei jedem Gespräch mit anderen darauf, nicht so ungünstig zu sitzen. Soviel also zur Einrede.

Trithemius sprach dann wie häufig mitten in einem längeren Absatz eine kleine Sentenz aus, die mir zu denken gab. Den ganzen Abend. Ich schrieb sie ein mein kleines grünes Notizbuch und heute morgen hatte sie sich schon weit von mir entfernt. Er sagte so etwas wie Veröffentlichung sei Entfremdung und mit jeder Korrektur stöße man den Text weiter von sich weg. Es können Jahre vergehen dabei, und ein plötzliches Wiederfinden uralter Zeilen ist wie ein Tor zu einer anderen Welt, einem früheren Ich.

Ich korrigiere viel an meinen Texten herum. Meist schreibe ich ihn in einem runter, veröffentliche ihn und lasse ihn dann erstmal in sich ruhen. Kurze Zeit später setze ich mich erneut mit dem Text auseinander und lese ihn - bereits mit einigem Abstand, wie ich denke. Ich suche Fehler heraus - ohne Zwang -, ein paar Formulierungen oder ein Wort, was mir plötzlich einfällt und besser passt als das alte. Der Text wird flüssiger, bilde ich mir ein. Er liest sich schneller weg. Kurzweil, ein Grund zu schreiben. Dieses Spiel spiele ich so oft, bis ich zufrieden bin. Das dauert manchmal einen ganzen Tag, manchmal geht es innerhalb weniger Korrekturen und Minuten.

Ich habe mir bisher nie Gedanken gemacht darüber, wie ich den Text mit meinen Korrekturen von mir wegstoße, wie er mir entgleitet und ein Eigenleben zu führen beginnt, wie er mich beherrscht, indem ich meine Aussage mit seiner vergleiche und er sich, scheinbar gleichzeitig, immer weiter von mir, seinem Autor entfernt.

Es gibt im Fundus meines Blogs noch ein paar Texte, die ich nicht veröffentlicht habe. Ich werde sie nie veröffentlichen. Es fehlt ihnen, auch der besseren Erkennbarkeit in der Beitragsverwaltung wegen, die Überschrift. Es ist mir noch nie gelungen, einen solchen Text zu "retten" und im Nachhinein zu veröffentlichen. Und das ist der Knackpunkt des Ganzen, wie ich finde. Nicht die Veröffentlichung ist die Entfremdung, das Schreiben ist die Entfremdung. Die Sprache entfernt sich unmittelbarer von unseren Gedanken und Gefühlen, weil sie dokumentierbar wird. Ein Wort kann ich morgen vergessen haben, spätestens in einem Jahr ist es vergessen, schreibe ich es aber auf, ist es immer da - aber eigentlich viel weiter von mir weg.

Ich höre jetzt mal auf mit dem Quatsch hier. Ich weiß nicht einmal, ob das Kauderwelsch hier verstanden wird, mache aber nicht den Fehler, dies unveröffentlicht zu lassen. Es geht raus, entfremdet sich von mir und ist morgen schon nicht mehr Ich aber irgendwie genau das, nur eben anders.

*Die Korrektur

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Zuletzt aktualisiert: 12. Mai, 14:30

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