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Literaturvermittlung und Literaturkritik: Dr. Tilmann Lahme

Geschafft. Zu allererst muss ich mich bedanken bei denen, die während der Vorlesungszeit des Öfteren unseren Sohn betreuten und mit Langmut für Kurzweil sorgten. Ebenso viel Langmut bewiesen auch diejenigen, denen ich meine Entwürfe unter die Nase hielt und nach ihrer Meinung fragte. Auch den Lesern mutete ich mitunter viel Geduld und zu, die zum Schluss hin zwar nachließ, mich aber durch die Seitenaufrufe bestärkt nicht davon abbringen konnte, das Projekt zu Ende zu bringen; immerhin haben es drei Texte in die Top 25 der meistaufgerufenen Artikel meines Blogs geschafft. Die Veranstaltung selbst stieg auf meiner persönlichen Beliebtheitsskala bereits hoch ein und konnte sich am Ende in den Top 3 behaupten. Selten habe ich so viel mitnehmen können, wie in dieser „Vorlesung“. So, genug der Lobhudelei, der letzte Beitrag will verfasst werden:

Tilmann Lahme, ehemaliger FAZ-Redakteur, Gastprofessor für Literaturkritik an der Universität Göttingen 2010/2011 bestritt einen Großteil des Programms der letzten Veranstaltung in der Vorlesungsreihe „Angewandte Literaturwissenschaft“. Dass ihm das offensichtlich Spaß machte, war unschwer zu erkennen.

Nach Fridtjof Küchemann kam also ein weiterer Redakteur der seitens Dr. Alexander Košenina hochgelobten Zeitung, die FAZ, in die Vorlesung und bestätigte erst einmal all die seltsam anmutenden Vorgänge innerhalb der Redakteurssitzung. Vielleicht sollte statt langweiliger Bundestagsdebatten lieber diese Veranstaltung übertragen werden. Er bestätigte die harten Bandagen, die niemals persönlich, sondern sachdienlich gemeint sind. Er bestätigte auch den „leichten“ Einstieg, bei dem es weniger darauf ankommt, eine fundierte Ausbildung im Schreiben zu besitzen, sondern vielmehr auf das Spezialistentum in einer Disziplin. Und er versuchte das „nicht gerade unterdurchschnittliche Selbstwertgefühl“ – Arroganz wollte er es nicht nennen, vielleicht Dünkel? – der Redakteure zu erklären. Das hörte sich alles sehr gut an. Am Ende der Vorlesung hätte ich ihn beinah fragen wollen, wann er denn bei uns ein Seminar hält. Das hielt aber nicht lange an, obwohl mich sein Konzept der Textkritik innerhalb eines Seminars, bei der ein von Studenten verfasster Text nicht weniger als viermal gegengelesen, redigiert und besprochen wird, durchaus überzeugte – und das nicht nur in Hinblick auf eine Karriere bei der Zeitung. Nein, es gab, im Nachhinein betrachtet, einfach zu viel auszusetzen.

Das ging schon los, als er dem Plenum von seiner Zeit beim Radio erzählte und neben NDR1 und dem Radio Nora, bei dem er arbeitete, keinen weiteren zu nennen bereit war, dessen Programm nicht aus 27sekündigen Wortbeiträgen besteht, bevor der nächste Hit gespielt wird. Dass die Musik bei NDR1 nicht jedermanns Sache ist, kann ich gut nachvollziehen und auch bei seinem Sender war das Musikprogramm anscheinend kein Bringer, aber die Wortbeiträge waren toll. Hallo? D-Radio, D-Radio Kultur spielen nicht nur gute Musik, sondern zeichnen sich gerade durch ihre Wortbeiträge aus. Aber das schien Herrn Lahme nicht in den Kram zu passen, bei seiner Polemik gegen die öffentlich Rechtlichen.

Apropos Polemik, das kann Dr. Tilmann Lahme besonders gut. Er ließ sich unter anderem auch über Schreiber aus, die in jedem Artikel Foucault und Bourdieu zitieren aber eigentlich keine Ahnung haben. Lahme zitiert sich da lieber selber und kramt die alte Kamelle Juli Zeh hervor. Dass er auch Bourdieu zitieren kann, lässt er natürlich ebenfalls durchblicken. Als es um die Leser der NZZ geht, die ihre Zeitung gut sichtbar unter dem Arm tragen, aber den Inhalt leider genauso wenig verstehen wie der „normale Leser“, lässt er die nächste Breitseite niederprasseln. Es geht nicht um die Lektüre der NZZ, sondern einzig und allein um Distinktion, jaja die feinen Unterschiede.

Doch wer ist denn der „normale Leser“? Seine Seminarteilnehmer an der Universität Göttingen waren es jedenfalls nicht. Die lasen ja gar keine Zeitung. Und das, obwohl es doch den guten Schreiber ausmachen sollte, auch ein guter Leser zu sein. Hier spätestens hätte sich der ein oder andere an die eigene Nase fassen mögen. Tat aber keiner. Stattdessen wurde herzlich gelacht, während der glasschwenkende Wassertrinker dem Plenum den Spiegel vorhielt. Ein Cosmopolitan hätte ihm besser gestanden.

Gab es denn auch Wissenswertes, etwas das man mitnehmen konnte? Ja. Und zwar mehr als in den Nebensatz am Ende des dritten Absatzes hineinpasst. Schreiben fürs Hören war eine Anregung, die Jan Ehlert schon vorgetragen hatte und hier bestätigt wurde. Ein Text muss gut klingen, wenn er laut vorgetragen wird, was man von so mancher Albumrezension bei D-Radio Kultur leider nicht behaupten kann. Die klingen oftmals gestokelt und lassen den am Radio-Pult stehenden Ableser erkennen.

Mehr Geld für Dozenten und mehr Attraktivität der praxisnahen Veranstaltungen an der Universität. Offene Türen hat er da bei Dr. Alexander Košenina eingerannt und sicherlich auch im Plenum. Das Plenum war überhaupt ungewöhnlich oft Stichwortgeber, selbst wenn es sich gar nicht zu Wort meldete. So wurde von Dr. Alexander Košenina sinngemäß aus den Studienleistungen zitiert und in die Gesichter der anwesenden Erbringer geblickt. Mir blieb das leider verschlossen, denn ich habe diese Studienleistungen nicht lesen können. Ein Manko, das sich abstellen ließe, wären die Arbeiten veröffentlicht worden, z.B. in einem Blog.

Überhaupt mangelte es an Diskussion in der Vorlesungsreihe, die ihrem Charakter damit trotz des Talkshowambientes leider gerechter wurde, als es zu wünschen war. Wieso wird in so großer Runde immer noch mit dem mehr als kläglichen Angebot des stud-ips gearbeitet, in dem außer einer Rundmail vieles an den Studenten einfach abzuprallen droht. Es ist ja schon erstaunlich, dass man mittlerweile Sonderzeichen für sein Passwort verwenden kann, das war ja nicht immer so, zeigt aber auf welch hohem Niveau hier gearbeitet wird. Hauptsache, ich bekomme meine BWL-Bücher aus dem ersten Semester noch an den Mann oder mein WG-Zimmer während meines Auslandaufenthalts!

Es wurde vermehrt nach Übung verlangt, nach schriftlicher Übung, Austausch, Gegenlesen, Korrekturen, damit neben dem Ergebnis einer guten Recherche, die den Geisteswissenschaftler ja auszeichnet, auch noch etwas anderes hängenbleibt bei den Studenten; eine solide Basis in der „Kunst des Schreibens“. Was ist so schwer daran, endlich online zu gehen und die vielfältigen kostenlosen! Angebote zu nutzen, die zur Verfügung gestellt werden, um ein Forum, eine Diskussionsplattform für eine Veranstaltung zu bieten, die entweder an zu vielen oder zu wenigen Eingaben der Studenten krankt? Es wäre jedenfalls schön gewesen, wenn es so eine Plattform gegeben hätte für die Vorlesung, wo jeder hätte mitdiskutieren können, wo die Beiträge hochgeladen worden wären, wo auch außerhalb des sperrigen Termins 14:15-15:45 Uhr noch etwas hätte passieren können. Die Liste mit der Sekundärliteratur dort von einigen Studenten auszuwerten und zu diskutieren zum Beispiel, da guckt doch sonst keiner rein. Ich will gar nicht wissen, welche Studenten zum ersten Mal die Rückseite des „Programmheftes“ betrachteten, als Dr. Alexander Košenina in der dritten oder vierten Veranstaltung explizit darauf verwies; gesehen habe ich einige. Eine interessante Frage wäre zudem, wie sich der Verriss des Romans von Juli Zeh („Schilf“) durch Tilmann Lahme in die Debatte um die Rolle des Feuilletons als Kulturvermittler einfügt.

An Attraktivität mangelt es sicher nicht, schon gar nicht bei so hochkarätigen Veranstaltungen wie dieser. Aber mehr geht immer und nicht jeder fühlt sich bereits vom Titel einer Veranstaltung so gut angesprochen, dass er sie auch besuchen möchte. Wenn aber nur die Gastdozenten für die Attraktivität sorgen sollen, dann ist das ein hartes Brot für den Veranstalter vor allem finanziell.

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Zuletzt aktualisiert: 22. Mär, 21:06

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