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Die Verschädigung

Ich habe vorgestern ein ganz tolles Wort gehört und sofort aufgeschrieben: Verschädigung. Ich konnte, weil es den Zusammenhang der Rede, unserer Gedanken zur Rede und die Rede selbst ins Stocken gebracht hätte, nicht intervenieren und kurz fragen, was es bedeutet. Da sich bei mir allerdings bereits alle drei zuvor beschriebenen Phänomene, Zusammenhang, Gedanken und Rede, bereits in Auflösung befanden, war ich zumindest geistesgegenwärtig genug, mir das Wort zu notieren und einen ersten Gedanken abseits der Rede, dem Zusammenhang und den anderen Gedanken zu notieren.

Doch fangen wir vorn an: Ich saß in einer Kneipe mit Herrn Putzig und Trithemius und worüber wir sprachen habe ich vergessen. Es hat sich mit dem Hören des Wortes Verschädigung im wahrsten Sinne des Wortes verabschiedet. Wenn wir trotzdem vorn anfangen wollten, müssten wir also mit dem "ver-" beginnen, denn eine Schädigung allein macht ja noch keinen Sommer. Im Gegensatz zur Beschädigung bleibt die Verschädigung auch eher diffus, wir wissen nicht genau, was damit gemeint ist, noch können wir konkret sagen, was dabei passiert. Aber eines wissen wir: das Wichtige bei Substantiven steht immer hinten, demzufolge liegt ein Schaden vor, wo oder wie auch immer. Das ist also schlecht.

Verwirre ich Sie? Tut mir leid. Ich weiß auch nicht, was gerade mit mir los ist. Nachdem ich eine Weile nach dem "ver-" recherchierte, kam ich über die synthetischen Sprachen bis zu den einzigen beiden unregelmäßigen Verben des Japanischen suru und kuru, und von dort aus bin ich dann gotzeidank wieder auf mein gutes altes Etymologisches Wörterbuch in meinem Regal zurückgekommen. Darin finden sich auch Weiterleitungen, die ebenso interessant sind, denen aber längst nicht so leicht zu folgen ist, wie im Internet. Da klicken Sie ja einfach drauf und schon sind Sie auf einer neuen Seite. Falls Sie übrigens meinem Link gefolgt sind, ist Ihnen ungefähr, das passiert, was mir bei Internetrecherchen immer passiert: plötzlich haben Sie vergessen, worum es Ihnen überhaupt ging und Sie staunen darüber, dass es im Japanischen nur zwei unregelmäßige Verben gibt.

Jedenfalls, um den Faden nicht schon wieder zu verlieren, gibt es bei der Etymologie von "ver-“ einiges zu bestaunen. Dieses Präfix ist ein Universalpräfix und ursprünglich waren es einmal mehrere unterschiedliche Präfixe, die dann alle zu einem verschmolzen sind, dem "ver-“. Und weil das so viele einzelne Präfixe waren, können dem "ver-“ auch die unterschiedlichsten Bedeutungen zukommen. Zwei jedoch sind sehr häufig. Zum einen wird damit ein Verlauf gekennzeichnet und zum anderen steht am Ende des Verlaufs meistens etwas Diffuses. Ein Verhör ist die Befragung eines Zeugen zum Beispiel, verhören wir uns aber, dann ist beim Hören etwas schief gelaufen, was dann dazu führen kann, dass wir am Ende verwirrt sind.

Für den Schaden, Sie erinnern sich hoffentlich an den Anfang des Textes, hat das nun folgende Relevanz: Die erfolgte Schädigung tritt definitv auf und ist nicht von der Hand zu weisen, leider kann man nicht vorhersehen, wie sie sich äußert. Ach, jetzt weiß ich wieder, worum es in unserem Gespräch ging. Es ging um das Rauchen. Und natürlich hat Trithemius absolut Recht, wenn er den Schaden durch das Rauchen als Verschädigung bezeichnet, denn die Schädigung ist ein Verlauf und am Ende weiß man nicht, was man kriegt. Der Schaden äußert sich ja bei jedem irgendwie ein bisschen anders, ist also mehr oder weniger schlecht zu fassen, diffus also.

Ich habe jetzt wieder alle beisammen und gehe Ostereier färben. Ihnen wünsche ich auch ganz gute Feiertage. Bis bald.
Lo - 29. Mär, 15:06

Ich wünsche Ihnen, dass Sie die Eier hoffentlich nicht verfärben.

Shhhhh - 29. Mär, 16:02

Das wünsche ich mir auch. Die letzten verfärbten Eier sollten rot werden, weil aber der Essig nicht mehr reichte, sind sie irgendwas zwischen hellorange und braun geworden. Ich hätte gar keine weißen Eier kaufen brauchen^^
Trithemius - 29. Mär, 16:08

Ich bestreite, das Wort "Verschädigung" je benutzt zu haben, und zwar in jeglichem Zusammenhang nicht. Ich kenne das nicht einmal und vermute einen Hörfehler. Jetzt erinnere ich mich aber daran, dass du im Verlaufe unseres angeregten Gesprächs plötzlich wie elektrisiert dein Notizbuch gegriffen und etwas hineingekritzelt hast. Vermutlich "Verschädigung". Inzwischen hast du dem Wort ja ein Bedeutungsfeld geschaffen, aber dein Gewährsmann, nämlich ich, bestreitet den Gebrauch des Wortes. So gehört es vermutlich dir allein, aber das ist ja auch schon was, worauf man stolz sein kann, ein neues Wort geschöpft zu haben. Glückwunsch und frohe Ostern!

Shhhhh - 29. Mär, 16:19

Soll ich mich etwa ganz schnöde verhört haben? Außerdem ist mir deine doppelte Verneinung im ersten Satz zu diffus.
Trithemius - 29. Mär, 17:14

Gar nicht schnöde. Bevor eine Sprache aufgezeichnet und ihr Wortschatz lexikalisiert wird, ist das Verhören gewiss sehr produktiv, was die Entstehung neuer Wörter betrifft, und ist da ein treibendes Moment des Sprachwandels.

Mit der diffusen doppelten Verneinung räume ich ein, das Wort vielleicht gesagt, aber nicht gemeint zu haben. Ich weiß es nicht, erinnere mich nicht, aber unsere Wahrnehmung spielt uns ja oft einen Streich.

Dein Verhörer kann ja in Wahrheit mein Versprecher sein. Wenn man mit einem Verhörer oder Versprecher etwas anfangen kann, entsteht ein neues Wort.
Shhhhh - 29. Mär, 19:21

Achso, ich dachte, die Verneinung diente, wie im Mündlichen ja durchaus üblich, der Bekräftigung.
kiezneurotiker (Gast) - 30. Mär, 06:54

:)

Schön die Kurve gekriegt. :)

Shhhhh - 30. Mär, 15:44

Danke.
Bubi40 - 30. Mär, 09:20

möglicherweise tritt eine verschädigung bevorzugt bei einer vorschädigung auf ... ;-)

Shhhhh - 30. Mär, 15:46

Tatsächlich gehört auch der Präfix "vor-" in das seltsame Gespann, aus dem sich die Vorsilbe "ver-" zusammensetzte. Allerdings würde ich nicht so weit gehen, bereits einen Schaden voraus zu setzen, bei Leuten, die mit dem Rauchen anfangen.
Bubi40 - 31. Mär, 08:56

da wäre ich mir gar nicht so sicher ... ;-)
bonanzaMARGOT - 31. Mär, 15:35

ver-

interessante vosilbe.
erst kommt die verliebung, dann eventuell die verschädigung oder vermehrung, und schließlich die verkommung und verlebung sowie die versterbung und verwesung.

Shhhhh - 31. Mär, 20:41

Sehr gut zusammengefasst, Herr Kollege.
la-mamma - 31. Mär, 22:12

ich bin auch ein besonderer fan der vorsilbe ver-

vor allem mag ich auch die doppeldeutigen ...
verfahren
vergeben
verbringen
vermögen (ok, das ist ein bisschen grenzwertig)

und verfärben sie sich nicht;-)

Shhhhh - 1. Apr, 11:45

Ich halte die Ohren steif.
Lo - 1. Apr, 11:48

Frostern!

Das ist bei diesen Temeraturen auch keine Kunst ;-))
steppenhund - 1. Apr, 20:10

Vervollkommnen

hat mich immer frappiert. Denn ganz allgemein hat die Vorsilbe für mich immer einen negativen Anstrich gehabt. Etwas verändert sich - und das fast immer zum Schlechteren. Dabei ist die Verlaufsbedeutung ja recht einfach zu erkennen; sie erscheint recht eindeutig.
-
Vor vierzig Jahren borgte ich mir noch Bücher in der Bücherei aus. Später wollte ich sie haben und habe fast nur etwas gelesen, was mir gehörte. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, wie der Buchtitel und vor allem der Titel der Geschichte hieß. Das Buch war eine Anthologie von literarischen Variationen über die griechische Mythologie. Es könnte Benn gewesen sein, der eine Geschichte mit "Vergehen" übertitelte. In der Geschichte machte er sich über die Vieldeutigkeit des Wortes Gedanken und verwendete die unterschiedlichen Bedeutungen in einer mythologischen Liebesgeschichte.
Die Bedeutung "Vergehen" im Sinne einer strafbaren Handlung kam nicht dabei vor. Aber indessen das Abweichen von einem Weg, quasi das Verlaufen. Und das Verlaufen führte in die Liebesbeziehung, in der das Paar verging, oder sich in der Lust auflöste. Vergehen war hier eindeutig positiv besetzt. In höchster Lust vergehen, das ist doch ein ziemlich netter Wunschtraum. Er ist eigentlich eine Art von Gottesbeweis für die Liebe. Nein, nicht Gott wird bewiesen, sondern vergehen darf man sich ja nur trauen, wenn man dem anderen ausreichend vertraut. Denn wenn man in Lust vergangen ist, ist man anfällig und verletzlich. Als Mathematiker würde ich formulieren, je mehr man vertraut, desto mehr kann man vergehen. Dass ich in diesem Zusammenhang das Wort Gottesbeweis verwendet habe, liegt daran, dass die Liebe ja ebensowenig beweisbar erscheint. (Einen) Gott will ich da sonst nicht herbei zitieren. Vergehen kann man auch im Nirwana. Für einige ist auch das vollkommen positiv besetzt.

Shhhhh - 2. Apr, 21:43

Ich bin mir nicht sicher, welchen Anstrich mein "ver-" hat. Verbot zum Beispiel hatte und hat sowohl etwas Negatives als auch etwas Positives, sobald ich mich darüber hinwegsetzte. Vervollkommnen selbst ist eines dieser Wörter, die so lange durch die Affixmangel gedreht wurden sind, bis man gar nicht mehr genau weiß, in welcher Reihenfolge das Ganze stattgefunden hat. Und außerdem: manch eine Raupe sieht viel besser aus, als der daraus enstehende Schmetterling, deshalb bleibe ich lieber bei der Metamorphose;).
Den Benn behalte ich im Gedächtnis, danke für den Tip.

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