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Bei den Leisen Tönen. Manchmal braucht es einen Blog, um sich Luft zum Denken zu verschaffen. Keine Steckenpferde, Hobbies oder sonstiges Spezielles, nur Luft zum Denken.

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Montag, 18. März 2013

Bücherregalbiographien Übersicht

Da sich bereits 5 Beiträge zu dem Projekt der Beschreibung des eigenen Bücherregals gefunden haben und ich eigentlich guter Dinge bin, vielleicht noch ein paar weitere dazu bewegen zu können, mitzumachen, möchte ich hier noch einmal die Idee vorstellen.

Der Autor darf alles. Einzige Bedingung ist, dass es sich um Dinge dreht, die Inhalt eines Bücherregals sind. Weder die Anzahl der Bücher oder Dinge, die beschrieben werden, ist festgelegt, es kann also auch ein einziges Lieblingsbuch sein oder ein ganzer Stapel. Es kann mit Foto oder ohne sein, es kann gar nicht um Bücher gehen, wenn nur das Regal dabei ist oder anders herum. Keine noch so abwegige Idee ist unwillkommen. Jeder kann so viele Texte beisteuern, wie Regale oder Bücher vorhanden sind.

Zwei weitere Bedingung habe ich doch noch: Am Anfang des Textes soll auf den vorherigen Text verlinkt werden und am Ende auf den folgenden. Der Link auf den folgenden Text wird erstellt, sobald sich der oder die Autor:in per Kommentar im Blog mit dem letzten gelisteten Text meldet und ihren Text dort ankündigt ( am besten schon veröffentlicht hat ).

Ich werde diesen Text hier immer wieder aktualisieren und alle Texte verlinkt in diesen Beitrag einpflegen, damit jeder, der darüber stolpert, eine Übersicht erhalten kann, wo die Texte nachzulesen sind. Diese Übersicht kann natürlich auch jede/r andere machen, aber das ist nicht Pflicht.

Folge 1: Notizen jenseits des Regals
Folge 2: Biographie des Regals
Folge 3: „Hl. Joseph, bitt’ für uns!“ – Die Biographie des Regals
Folge 4: Lieber der Spatz im Regal
Folge 5: Regal - Fang hui -und wech
Folge 6: Die Thronverschwörung und ein Sieg der Kaisertreuen
Folge 7: Diskjockeyverbandspräsident ohne Mitglieder
Folge 8: [M]Eine [virtuelle] Bibliothek
Folge 9: Regalgedöns
Folge 10: Buchrückenpoesie

Samstag, 16. März 2013

Die Biographie des Regals

Die Anregung ging von einer Art Stöckchenspiel aus, zu dem ich mich eigentlich nicht hinreißen lassen wollte. Deshalb möchte ich hier auch kein Stöckchenspiel draus machen. Trotzdem, bzw. gerade deswegen bin ich aber auf Mithilfe angewiesen, die ich eben nicht damit einfordern möchte, dass ich am Ende des Beitrages einen oder mehrere Blogger zum Weitermachen bestimme. Der oder die Bloggerin, die mit einem ähnlichen Text weitermachen möchte, kann hier kommentieren. Entweder bevor der Text ensteht, währenddessen oder danach. Wer zuerst kommt mahlt nicht zuerst, denn das Ergebnis muss mehr zählen als die bloße Willensäußerung.
Funktionieren soll das Ganze, indem der- oder diejenige mit dem Folgetext auf den jeweils vorherigen und nachfolgenden Text verlinkt, sozusagen eine Art Chronologie entsteht. Dazu kann man sich einigen im aktuellen Beitrag.

Der Inhalt des Textes sollte eine Beschreibung eines Bücherregals sein. Das kann ein Regalboden, das ganze Regal oder nur ein Buch an einer bestimmten Stelle sein. Es muss nicht nur um Bücher gehen, es können sich ja auch andere Gegenstände als Bücher in dem Regal befinden. Zwei Texte, die als Beispiele dienen können, habe ich hiermit geschrieben und würde mich freuen, wenn es danach weiterginge, die Runde machte
.

Folge 1: Notizen jenseits des Regals

Duden 7. Er steht ganz links in meinem zweiten Bücherregal, das ich aus Resten des ersten gebaut habe, um zusätzlichen Platz zu schaffen. Wenn man den Dingen auf den Grund gehen will, ist der Duden 7 eine gute Wahl, denn es ist das etymologische Wörterbuch. Der Duden 7 ist mein am häufigsten benutztes Nachschlagewerk. Von meinem Platz schräg links darunter kann ich, ohne von meinem Platz vor der Tastatur aufzustehen, bequem danach greifen. Das Fremdwörterbuch und die Deutsche Rechtschreibung stehen direkt daneben, werden von mir aber wesentlich weniger gebraucht. Direkt im Anschluss steht der Lexer, darauf folgt allerhand Latein, der Stowasser natürlich, Eisenhut und diverse Lehrbücher. Fast die Mitte des Faches bildet eine fünfbändige Ausgabe des Deutschen Sprichwörterlexikons und den verbliebenen Rest füllen diverse Lexika und Nachschlagewerke mindestens abwegiger eher aber kurioser Natur. Ein Wörterbuch der Musik, ein Lexikon untergegangener Wörter, Symbole, eine Sachwörterbuch der Literatur, ein Handbuch der Semiotik und der Fischer Weltalmanach des Jahres 2006. Darauf liegt ein Küchenlexikon als Dach und Verbindung zum fast mittig gestellten Sprichwörterlexikon.

Ein paar Stoffschwänze lugen am Einlegeboden hervor. Sie bilden die Lesezeichen der Sprichwörterlexika. Auf den Lexika liegt ein Hammer. Der Hammer passt gerade so unter den folgenden Boden auf dem sich weitere Nachschlagewerke befinden, die ich in ähnlichem Verhältnis wie Duden 1 und 5 zu Duden 7 benutze, also fast nie. Der Hammer allerdings hat dort seinen festen Platz. Er ist einer von zweien in unserem Haushalt und folglich wird er nur für seinen Bestimmungsort, seinem Zweck dort aufbewahrt. Der Zweck ist ein oder mehrere Schläge gegen das Heizungsrohr vornehmen zu können, sollte die Musik unter uns zu laut sein. Wir, also unser Nachbar unter uns und ich, haben uns auf dieses Zeichen geeinigt, weil ich es belastend fand, deshalb die Wohnung zu verlassen, nach unten zu gehen, zu klingeln und auf ein „Ach, bin ich zu laut? Ja, kein Problem, ich mache etwas leiser“ wieder nach oben zu stiefeln, um festzustellen, dass sich der Regler ein mü nach links bewegt hat.

Die Stelle, wo der Hammer das Heizungsrohr trifft, ist blank. Die weiße Farbe ist abgeplatzt. Einmal hat meine Frau die Stelle überstrichen und aus Respekt vor ihrer Arbeit habe ich fortan eine andere Stelle des Rohrs bearbeitet. Der Effekt war ernüchternd. Früher hatten wir die Klopfzeichenvereinbarung auch mit den Nachbarn über uns. Bei meinem Verständnis von Krach muss ich immer an Lenin denken, von dem ich einmal las, dass es in seinem Haus stundenlang mucksmäuschenstill sein musste, damit er in Ruhe arbeiten konnte. Und ich habe es am liebsten immer ruhig, ob arbeiten, lesen oder die Decke anstarren. Mit den Nachbarn über uns habe ich mich überworfen, weil sie natürlich dachten, ich meine sie, wenn ich eigentlich den Nachbarn unter uns meinte, der, wie ich feststellen musste, für den meisten Krach verantwortlich war. Ich gehe seitdem nach oben, wenn es mir von dort zu laut ist und wäre es nicht im Endeffekt immer der gleiche Weg, also einmal nach oben und dann wieder nach unten anstatt einmal nach unten und wieder nach oben, ich hätte mich über dieses Eingeständnis sehr geärgert.
Ich nehme jedes Paket an, was ein Postbote in unser Haus einschleppt, um überhaupt noch gebraucht bzw. gegrüßt zu werden. Dann klingeln sie bei uns, ich gehe zur Haustür, öffne und grüße freundlich, überreiche das Paket und wir gehen uns wieder aus dem Weg.

Ich habe soeben, vom Platz vor meiner Tastatur aus, nach oben getastet, ob sich vor den Büchern noch ein kleinerer Gegenstand befindet und bin fündig geworden. Ein aus zwei Drähten und einer dazwischen angebrachten Bespannung aus Papier bestehender Clip, wie man ihn an Brottüten findet, lag direkt vor dem Duden 1. Das ist ein Überbleibsel der bunten Tüte von vor zwei Tagen. Gestern Nachmittag lag da auch noch ein Stück Lakritze.

Bis auf das etymologische Wörterbuch brauche ich keins der Bücher in Reichweite meines Computers und wäre ich nur einigermaßen konsequent in meinen Recherchen, bräuchte ich wahrscheinlich nicht einmal das. Ich bräuchte wahrscheinlich das gesamte Regal nicht, verzichtete ich außerdem auf die Unterbringung eines längst abgeschlossenen Kapitels meiner Lesegewohnheiten, dem ich die beiden obersten Fächer gewidmet habe, meine Karl May Sammlung. Nur leider wüsste ich dann nicht, wohin mit dem Hammer, denn der Platz weit oben im Regal hindert meinen Sohn daran, den Hammer in die Hand zu nehmen und wahllos auf Dinge einzuschlagen. Er könnte ihn – wie übrigens schon geschehen, als der Hammer noch in der Schublade meines Schreibtisches lag – am Heizkörper ausprobieren, auf meinem Schreibtisch oder am Pflanzenkübel direkt gegenüber, ich wäre jedenfalls mäßig erfreut darüber. Gut, dass der Hammer jetzt so weit oben liegt.

Folge 3: "Hl. Joseph, bitt' für uns!"

Dienstag, 12. März 2013

Notizen jenseits des Regals

Mir kamen so einige Gedanken in den letzten Tagen, von denen ich, glücklicherweise, nicht einmal die Hälfte behalten habe. Aufgeschrieben habe ich noch weniger, und das obwohl sich mein Notizbuch Nummer 2 gefährlich nah dem Ende neigt. Das neue Notizbuch liegt derweil in meinem Bücherregal. Da liegt so einiges. Zum Beispiel thront eine Tüte Eukalyptusbonbons etwas über Sichthöhe auf den Rücken von Rothmann und Ruff. Rothmann war eine jüngst gemachte Entdeckung und Ruff eine alte Empfehlung, die in Ermangelung besseren Lesestoffes tatsächlich einmal von mir angepackt wurde. Vor Poe, dessen 10-bändige Gesamtausgabe mit den Worten beginnt, dies könne keine Gesamtausgabe sein, da Poe als sich vom Schreiben Ernährender ein wahnsinniges Pensum an den Tag legte und überall veröffentlichte und niemand wisse, wo sich nicht vielleicht noch einer seiner Texte herumtreiben mag, steht eine Gießkanne. Die Gießkanne ist leer. Auf Poe liegt ein Schachbrett mit inliegenden Figuren. Indios gegen Konquistadoren, handbemalt. Immer wenn meine Nichte zu Besuch kommt, spielen wir eine Partie und ich staune darüber, wie sie sich den Gang der Figuren merken kann, wo sie doch zu Haus nie Schach spielt.

Im Fach daneben, das von Krimiautoren der alten Schule besetzt ist, liegt eine alte Aquariumlampe, die ich trotz eines wöchentlich stattfindenden Termins auf der Mülldeponie noch immer nicht entsorgt habe. Dahinter steht in Reih und Glied Agatha Christie und Arthur Conan Doyle. Dazwischen haben sich ein paar Querschläger eingenistet, Crusoe, Dath und Doctorow. Aber ganz am Rand, hinter Durrell, wird es wieder genregerecht: Dürrenmatt schließt die Reihe ab, der ist ja mittlerweile auch schon alte Schule. Ich habe sogar einen S.S. Van Dine dazwischen stehen, Sie wissen schon, das war der Literaturkritiker Willard Huntington Wright, der unter seinem Pseudonym Dine Kriminalromane schrieb und die 20 Regeln für eine gute Detektivgeschichte aufstellte. Auf Christie liegt ein Lolly, keine Ahnung wieso.

Ein sehr interessantes Fach findet sich ganz links in Hüfthöhe. Dort stehen alle kleinen Reclamhefte, derer ich habhaft werden konnte. Darauf liegt eine sternförmige Holzschale, die genau in die Lücke passt zwischen den höheren Büchern am linken Rand des Fachs und der kurz darauf, ebenfalls mit größeren Büchern beginnenden alphabetischen Sortierung. In der Holzschale sind ein paar Tannenzweige und ein paar rote Christbaumkugeln, die ich vor unserem Sohn retten musste. Der hat entdeckt wie schön es klimpert, fallen die Kugeln zu Boden. Ich musste entdecken, wie ungünstig sich haarfeine Glassplitter auf dem Fußboden machen, sollte eine Kugel dabei zerspringen. Zwischen Aira und Algren ragt ein Turm aus Spezialbürsten hervor, die unseren Staubsauger komplettieren sollen aber noch nie benutzt worden sind.

In einem Fach ganz rechts liegt sogar ein abgesägter, blau lackierter Stiel, dessen Bestimmung es war, beim Kinderbettbau übrig zu bleiben. Darunter versammeln sich die Vorlesungsverzeichnisse der Erziehungswissenschaften, Geschichte und des Faches Deutsch, was mich gleich auf die Palme bringt. Einerseits steht in dem Fach daneben tatsächlich eine abgesägte Yucca, die ich in einem Wasserglas zum Wurzeln bringen möchte. Andererseits schimpfen sich die Verzeichnisse selbst in Ermangelung des Formats Vorlesung in denselben nach wie vor Vorlesungsverzeichnisse. In dem neuesten Vorlesungsverzeichnis des Deutschen Seminars findet sich genau eine Vorlesung. Der Rest sind Seminare, die mit begrenzter Teilnehmerzahl, Zuteilung im Losverfahren und zu erbringenden Studien- und Prüfungsleistungen locken. Ein Hohn. Der Holzstiel ist lang genug für einen Knüppel, vielleicht passt da mehr zusammen, als ich bisher zu ahnen wagte.

Jetzt habe ich allerhand Gedanken verschwendet, mein Notizbuch ungenutzt liegen lassen, weil meine Tastatur diesen Text aufnahm und obendrein habe ich Ihnen wertvolle Zeit gestohlen, weil ich keine wichtige Feststellung zu machen hatte. Es gibt keine Konklusion, keine Pointe, nur Plauderei. Entschuldigung.

Folge 2

Freitag, 8. März 2013

Ohne Brille

Das Bier liegt im Gemüsefach
und in der Stube gibt es Krach.
Er zetert: geh' schon auf du Schurke!
und rammt den Öffner in die Gurke.

Donnerstag, 7. März 2013

Mongolen meiden den Appendix

Wollte gerade einen Beitrag über die mongolischen Horden schreiben, die mich heimgesucht haben. Lasse das lieber. Hätte auch einen Beitrag zu meiner derzeitigen Prokrastination schreiben können, lasse ich aber auch. Schreibe lieber was zum Wort Prokrastination. Schreibe, dass Prokrastination aus dem Lateinischen kommt. Kann man nachlesen, steht so bei Wikipedia. Das stimmt, hab's im Stowasser erblättert. Wikipedia beginnt mit den Worten:

"Aufschieben, auch Prokrastination (lateinisch: procrastinatio ‚Vertagung‘, Zusammensetzung aus pro ‚für‘ und cras ‚morgen‘), Erledigungsblockade, Aufschiebeverhalten, Erregungsaufschiebung oder Handlungsaufschub ist das Verhalten, als notwendig aber auch als unangenehm empfundene Arbeiten immer wieder zu verschieben, anstatt sie zu erledigen."

Nur das tinatio, den mitgeschleiften Appendix dieser Lehnwortkaskade, den hat Wikipedia nicht erklärt. Der findet sich auch nicht im Stowasser. Man könnte ja vermuten, es handele sich dabei um etwas ähnliches wie das deutsche Suffix ung, das aus allen möglichen Wortformen ein Substantiv des Vorgangs, eines Ergebnisses eines Vorgangs oder einer Raumbezeichnung macht.

Wie dem auch sei. Der Appendix ist genauso lang wie der erklärte Teil des Wortes procrastinatio. Das bringt mich wieder zu den mongolischen Horden zurück. Die kamen auch ohne Erklärung, marodierten in meinem Darm herum und verlangten an jeder Schlinge, auf die sie trafen ein Wegegeld. Meinen Appendix aber ließen sie rechts liegen, die Schlingel. Die wussten schon, dass das eine Raumbezeichnung sein muss; sozusagen eine Sackgasse.

Sonntag, 3. März 2013

letzte Lesung: Bodenschrubben mit Jules van Ley

Ursprünglich war der Artikel für ein Onlinemagazin gedacht. Dort erschien er aber nicht, deshalb erscheint er jetzt hier.

Beklemmung stellte sich glücklicherweise nicht ein. Sie könnte sich aber aus der Vorstellung ergeben, ein Kaffeelöffel in einer dunklen Besteckschublade zu sein, einem übermächtigen Gott huldigen zu müssen, nur, um bequemer zu liegen, ab und an das Licht zu sehen oder nicht herausgenommen zu werden aus der gewohnten Umgebung. Beklemmend wäre es wahrscheinlich gewesen, hätte die Erzählung aus Kafkas Feder gestammt. Kafka war aber nicht da. Es war Jules van der Ley, der den Mittwochabend im „Zensurfrei“ bestritt, diese und andere groteske Szenen beschrieb, den Beklemmungen ein Augenzwinkern verpasste und den Zuhörern mindestens ein Lächeln abgewann. Jules van der Ley ist gelernter Schriftsetzer, hat darauf Kunst und Deutsch studiert und diese Fächer später auch unterrichtet, war lange Jahre als freier Autor für das Satiremagazin „Titanic“ tätig und ist seit geraumer Zeit mit seinen mittlerweile 3 Blogs und mehr als 2000 Texten im Internet aktiv. Wenn er einmal nichts schreiben kann, so erzählte er, fertige er Collagen zum Zeitgeschehen an.

Die von ihm gelesenen Texte entstammten allesamt dem großen Fundus seiner Blogs. Zwei Schwerpunkte hatte Jules van der Ley dabei gesetzt; zum einen seine Textreihe „Surrealer Alltag“, dem auch der oben beschriebene Text „Die Philosophie des Kaffeelöffels“ entsprang, und zum anderen Auszüge seines Internetromans „Die Papiere des Pentagrion“, an dem mittlerweile nicht mehr nur er schreibt, sondern auch andere Autoren, die eigene Handlungsstränge erfunden haben und das Projekt vorantreiben. Jules van der Ley bedauerte an dem Abend ein wenig, selbst nicht daran weiterzuschreiben, hat sich dies aber für die nahe Zukunft fest vorgenommen. Ein Ausblick der erwartungsvoll stimmt, denn beide Textauszüge, die Reihe „Surrealer Alltag“ als auch „Die Papiere des Pentagrion“ wurden mit Begeisterung aufgenommen.

Der Autor Jules van der Ley reihte sich mit seiner Lesung in eine Veranstaltung ein, die für etwa zweieinhalb Jahre jeden zweiten Mittwoch im Monat in der Bar „Team Nordstadtbraut“ das Abendprogramm darstellte. Gelesen haben dort neben noch größtenteils unbekannten „Newcomern“ auch gestandene Größen der lokalen Poetry Slam Szene. Es waren auch immer wieder Autoren dabei, die ein eigenes Buch im Gepäck oder mindestens in Planung hatten. Matthias Göke, dem Initiator der Lesereihe, war es wichtig, sich abseits vom Mainstream zu bewegen. Es ging und geht ihm dabei nicht um Gewinn, sondern um einen schönen Abend in lockerer Atmosphäre. Matthias Göke ist in der Literaturszene Hannovers kein Unbekannter. Seine ersten Gehversuche fanden bereits während seines Studiums statt. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern des heute noch erfolgreichen Literarischen Salons.

Dass die letzte Veranstaltung seiner Lesereihe nicht in seinem „Stammlokal“ stattgefunden hatte, dafür gab es viele Gründe. Der wichtigste war allerdings, dass sich Matthias Göke wieder einmal neu erfinden will. „Bodenschrubben“, so hieß die Lesereihe, die im „Zensurfrei“ ihren Abschluss fand, war nicht sein erstes Projekt. Bereits 12 Jahre lang hatte er zuvor die Lesereihe „Fliegenköpfe“ ausgerichtet. Den Schwerpunkt bildeten auch hier Slammer und junge Autoren, stattgefunden hatte es in einer Druckerei am Weidendamm in der Nordstadt.

Aber was heißt hier Abschluss? Neubeginn trifft es wohl eher, denn mit dem „Zensurfrei“ ist es Matthias Göke nicht nur gelungen einen geeigneten, unverbrauchten Ort für sein neues Projekt zu finden, er hat mit dem Blogger Jules van der Ley auch gleich bewiesen, dass gute Unterhaltung nicht nur mit hochbezahlten, bekannten Autoren gelingen kann. Das „Zensurfrei“, hier soll auch in Zukunft gelesen werden, hat erst kürzlich die Räumlichkeiten der ehemaligen Bar „Cille“ übernommen. Agnia und Vitaly, die noch jungen Betreiber des Lokals, standen dem Projekt von Anfang an aufgeschlossen gegenüber. Es ist ihr Anspruch, die Kulturszene der Nordstadt zu bereichern. Dazu veranstalten sie Abende mit Live-Musik oder Dj‘s oder sie lassen junge Künstler ihre Bilder in den Räumlichkeiten ausstellen. Eine Lesereihe passt also sehr gut ins Portfolio.

Das Publikum am Mittwoch war sehr zufrieden mit dem Verlauf des Abends. Sogar eine Zugabe, wie man sie sonst vielleicht eher von Konzerten kennt, wurde verlangt und natürlich auch eingelöst. Das gewünschte Resultat, nämlich einen schönen Abend in lockerer Atmosphäre zu verbringen, ist absolut gelungen. Bitte mehr davon!

Mittwoch, 27. Februar 2013

Der homo smartphone und sein Faible für Thüringer Klöße

Gestern Abend saß mir Trithemius schräg gegenüber, unsere bevorzugte Sitzposition zueinander. Er sitzt mit seiner starken Seite, der rechten, zu meiner linken Seite, der emotionalen, wie er mir einmal erläuterte. Das Smartphone lag betriebsbereit am linken äußeren Rand des Tisches und Trithemius entschuldigte sich sogleich dafür, weil er meine Antipathie gegenüber diesem Teufelszeug kennt. Er hätte es nur kurz benutzt, als ich zur Toilette war.

Als ich dann zufälligerweise einen Satz sagte, der ungefähr so lautete: das neue gut ist schlecht, hob er seinen Kasten auf und tippte ihn als Memo in sein outgesourctes Gedächtnis. Mir ging das alles nicht schnell genug und weil wir uns sowieso gerade darüber unterhielten, welchem Umstand wir die millionenfache Verbreitung von Dummheit wie „Thüringer Klöße“ verdanken, breschte ich gleich weiter, indem ich dem Smartphone und seinen vielfältigen Möglichkeiten der Ablenkung die Schuld gab.

Ich erzählte kurz von einem Mittagessen im Spandau, einer Bar, meinem Arbeitsplatz, bei dem ich allein mit einem Spiegel ausgestattet vor mich hin starrte und mein Essen genoss. Kurz bevor ich fertig wurde, setzte sich ein entfernter Bekannter zu mir an den Tisch. Ich unterbrach meine Lektüre und kurbelte trotz unterschiedlicher Interessenlagen ein Gespräch an. Wir kamen auf das Strandleben zu sprechen, was am Ostersonntag eröffnet werden soll. Ostersonntag sei der 31.03. verlautbarte ich noch. Weil da mein Sohn zwei Jahre alt wird, weiß ich das so genau. Der bekannte wusste das nicht so genau, saß mir außerdem direkt gegenüber und prüfte kurz darauf via Smartphone, ob meine Aussage denn korrekt sei. Da er außerdem am Aufbau des Strandlebens, insbesondere der Wiederherstellung von Elektrik und Wasseranschluss, beteiligt ist, wollte er sich dies wahrscheinlich gleich als Memo in seinen Tausendsassa einspeichern. Und weil mir das zu lange dauerte – das Gespräch verebbte natürlich nebenbei – und ich nicht sehen konnte, was er tatsächlich tat, stellte ich mir vor, wie er auch noch schnell seine Emails checkte, seinen Kontostand und seinen Facebook-Account auf Neuigkeiten überprüfte. Nach ca. 10 Minuten wollte ich dann auch nicht mehr sprechen, blieb aber höflich und hörte noch ein wenig zu. Der Spiegel lag ungelesen vor mir, weil ich aus Höflichkeit natürlich nicht danach gegriffen hatte, als mein Gegenüber sein Handy fütterte.

Nachdem ich diese Episode erzählt hatte, sagte ich Trithemius, wie selbstverständlich ich seinen Griff nach einem Notizbuch gehalten hätte, wäre ich mir doch sicher gewesen, dass er dort lediglich etwas notiert. Genauso wie ich es als Signal eines Endes verstanden hätte, wenn sich mein Gegenüber eine Zeitung nimmt und darin liest, das hätte ich zwar als unhöflich empfunden aber wenigstens ist es konsequent. Bei einem Smartphone aber weiß man nie, was als nächstes passiert. Da kann plötzlich ein volksliedartiges Nonsenslied über Thüringer Klöße erschallen oder ein Memo über das neue gut verfasst werden, oder eine SMS wird empfangen, eine Antwort getippt, ein Anruf trudelt ein oder eine Statusmeldung via Facebook. Man selbst sitzt dann einfach da und wartet die Zeit ab, die der homo smartphone im Kegellicht seiner Verdämmerung verbringt. Und dann schauen sich dieses vollverblödete Video auf Youtube auch noch mehr als 2.000.000 Menschen an, so dass der Urheber bei Joko und Klaas in die Sendung darf, um auch denen den Blödsinn beizubringen, die mal wieder den Trend im Netz verpasst haben, ihn gar nicht sehen wollen oder – so wie ich – gar kein Smartphone besitzen.

Dienstag, 26. Februar 2013

Schaumschläger

Früher war alles besser. Ich schneite gerade durch die Küche, als mich dieser Satz befiel. Mein Blick, getrübt durch allerhand Kaffee, wanderte zu einer fast völlig entleerten Minischaumkusspackung, deren Inhalt sich auf lediglich drei dunkle Minischaumküsse beschränkte. Ich hasse die dunklen, nur leider sind sie in der Überzahl und am Ende meistens übrig.

Schon seit geraumer Zeit denke ich mir, es müsste mehr Individualität geben, zum Beispiel Minischaumkusspackungen, wo nur hellbraune Minischaumküsse drin sind, oder kleine Gummibärenpackungen, wo nur grüne Gummibären Platz haben. Manche würden jetzt einwenden, dass die weißen doch viel besser schmecken, von mir aus also kann es auch Packungen mit weißen Minischaumküssen oder Gummibären geben.

Das Seltsame daran ist ja auch nicht mein Wunsch nach freier Farb- und Geschmackswahl, sondern vielmehr der Umstand, dass das absolut nichts mit früher zu tun hat. Früher konnte ich froh sein, wenn ich überhaupt mal einen Gummibären sah, von Negerküssen – so hießen die früher noch – mal ganz zu schweigen. Ich muss also feststellen, dass bis auf den mittlerweile reflektierten Umgang mit dem Wort Neger – in Gedanken schiebt sich immer noch der Negerkuss vor alle anderen Bezeichnungen – nichts anders geschweige denn besser geworden ist.

Mittlerweile habe ich alle drei Minischaumküsse verputzt. Ich beiße ihnen immer den Kopf ab, vielmehr ich beiße die Schokoladenhaube ab. Dann sauge ich vorsichtig den Schaum aus der Hülle. Es bleibt ein leerer Behälter aus dunkler Schokolade mit ein paar Resten von Schaum am unteren Ende. Bevor ich zum Schluss die Schokolade mit der Waffel esse, balanciere ich den Minischaumkuss von der rechten in die linke Hand und lecke mir die Finger ab. In diesem Verfahren bin ich gut.

Und weil ich mich so auf das Schreiben konzentriert habe, konnte ich gar nicht merken, wie scheußlich dunkle Schokolade auf Minischaumküssen schmeckt. Im Endeffekt sind die Minischaumküsse sowieso alle gleich und die Geschmacksrezeptoren behalten am Ende nur die Süße übrig. Was rege ich mich also auf? Keine Ahnung.

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