Wir saßen beieinander in der Kantine des Schauspielhauses und unterhielten uns über Dies und Das, als plötzlich ein komplett grüner Mann um die Ecke bog, sich dazu setzte, als ob nichts wäre und zuhörte, als ob seine Erscheinung keinen Eindruck machen würde. Er war nicht nur in einem grünen Kostüm eingekleidet, das sogar seine Finger umschloss, er steckte in grünen Schuhen und hatte außerdem ein grünes Gesicht und grüne Haare. Seine Begleitung, die Ruhe selbst. Die Haare und das Gesicht seien mit einem Airbrush behandelt worden und die grüne Farbe ließe sich leicht wieder entfernen. Schweiß allein reichte schon aus, die Gesichtsfarbe zum Entgleiten zu bringen, eine Dusche täte dies aber ganz bestimmt, so erzählte er uns.
Auf die Frage hin, weshalb er an einem Sonntagmorgen, an dem kein Stück gespielt wurde, in voller Montur und komplett geschminkt in der Cafeteria des Theaters sitzt, antwortete er noch gelassen, dass es sich um einen Fototermin handeln würde für die hiesige Zeitung. Über irgendein Stück sollte also in den kommenden Tagen per Zeitung berichtet werden. Wir fragten zwar, ob er der Grinch sei, was er verneinte, aber nicht, wie das Stück denn heißen würde, das blieb uns ein Rätsel. Vielleicht ging es ja um Außerirdische.
Zufällig war in unserem Besitz eine Zeitung von diesem Format und natürlich musste die Frage aufkommen, ob sich die Verkleidung überhaupt lohne, wo doch bis auf die Titelseiten der einzelnen Rubriken – und den Feuilleton als eigenständige Rubrik gibt es in dieser Zeitung gar nicht – nicht einmal Farbfotos in der Zeitung zu finden sind. Die Ruhe war spurlos verschwunden, kein Blick unter das Sitzmöbel oder an entfernte Tische konnte sie wieder herbeizaubern und so sah sich unser Tischnachbar genötigt, die Kantine zu verlassen und ohne sie zu dem Fototermin zu eilen. Wir saßen da und lachten noch eine Weile.
Ich bin ja ein begieriger Sucher von Mustern aller Art. Und als ich neulich Abend beim Herrn Putzig weilte und in Ermangelung noch ausstehender Gäste das Gespräch hin zu kleinen Peinlichkeiten driftete, dachte ich mir nichts dabei, schrieb es mir aber trotzdem in mein kleines Notizbuch.
Es ging um das Textverständnis von Liedtexten, dass sich in Kombination mit Bildern manchmal weniger stark ausprägt, als es dem Zuhörer oder –seher lieb sein kann und deshalb seltsame Blüten zutage fördert. Als regelmäßiger Zuschauer von Dailysoaps ist mir Herr Putzig sowieso schon suspekt genug, weiß man aber, dass er dazu neigt, die Serien unter dem Aspekt seiner soziologischen Studien zu bewerten, entsteht ein komischer Eindruck bei der von ihm berichteten Episode.
Er saß mit Freunden, schon vor einigen Jahren, vor dem Fernseher und sie sahen bei Kaffee und Kuchen eine Folge „Marienhof“. Als die Eingangsmelodie ertönte, sangen alle mit. Herr Putzig allerdings sang den Refrain ein wenig anders, was zu großer Erheiterung führte. Er sang nämlich statt „Es wird viel passieren, nichts bleibt mehr gleich“, den Satz „Es wird viel passieren, mich deucht der Dolch“, was erneut für Heiterkeit sorgte und ihm damals sehr peinlich war. Heute kann er darüber schmunzeln.
An anderer Stelle, er muss noch jünger gewesen sein als zu der Marienhof-Episode, besuchte er einen Jahrmarkt. Bei uns in Magdeburg hießen diese Veranstaltungen Frühjahrs- oder Herbstmesse, wegen des Termins, sonst aber ähnelten sich die Vergnügungen. Karussells, Luftgewehrschießstände und Autoscooter waren die Highlights. Am Autoscooter konnte sich neben dem Befahren einer spiegelglatten Fläche durch einen in einem Autorreifen bekleidetes Gefährt auch noch Musik gewünscht werden. Da es allerdings dermaßen laut war, mussten die Wunschlieder auf einen Zettel geschrieben werden, die dem DJ dann überbracht wurden. Herr Putzig schrieb damals auf einen jener Zettel den wohl größten Hit Bruce Springsteens: „Paul in the USA“.
Und kürzlich stokelte plötzlich eine alte Aufnahme von „What a day for a daydream“ durch die Kneipe und
Trithemius, der mit mir dort weilte, korrigierte in „California daydream“. Da hatte ich mein Muster, dachte ich, und ich musste dringend zu Herrn Putzig, um herauszufinden, was denn nun tatsächlich gesungen wurde. Sicher war ich mir nämlich längst nicht mehr, obwohl nicht einmal Bilder den Text verstellten, also keine Fernsehbilder zumindest. Beim Herrn Putzig eingetroffen, spuckte Google beides aus, doch waren es unterschiedliche Songs und nur der erstgenannte Text kam in Frage für die gehörte Aufnahme. Ich war ziemlich erleichtert darüber, keinen „weißen Neger Wumbaba“ produziert zu haben.
Anpack, das ist der kleine Bruder von Handwerk, der mittlere von drei Brüdern und die rechte Hand von Handwerk. Zuguck, der Jüngste der Drei, ist zu gar nichts nütze, schnappt aber hin und wieder was auf und merkt es sich für später. Als ich noch Zuguck war, bekam ich zuallererst einmal Unterricht im richtigen Gebrauch von Werkzeugen und Materialen aller Art. Scheibenkleister war so ein Material, das mein Vater ziemlich häufig brauchte, er rief ständig danach und nie war welcher zu bekommen. Ganz selten rief er auch Scheiße, dann war für mich Zeit zu gehen. Zu was der Scheibenkleister nütze war, malte ich mir auch aus. Ich vermutete zum Beispiel, dass er beim Tapezieren helfen könnte, oder dass er als Fugendichtung dient.
Später stieg ich dann so langsam zum Anpack auf. Das bedeutete vor allem, sich richtig reinzuknien, den Schraubenzieher – der ja eigentlich ein –dreher ist – vom Hammer und der Zange zu unterscheiden, Nägel von Schrauben und Mütter von Muttern. In diese Zeit, sozusagen meine Wanderjahre, fiel auch mein erster richtiger Job. Ich war gerade 14 Jahre alt und hievte, mit einer Pike bewaffnet, Leute in Boote. Die Pike diente der Stabilisierung des Bootes und musste unter den äußeren Rand desselben untergehakt werden. Von oben trat man dann auf den Rand und gab den besonders Ängstlichen noch den freien Arm. Dafür gab es 5 Mark die Stunde, ich war reich.
Leider verhielt es sich mit den Booten so, dass sie häufig genau an dieser sensiblen für uns Bootseinstiegsgehilfen so wichtigen Stelle brachen. Dann wurde das gute Stück an Land geholt und auf zwei Böcke gestellt. Unsere „Chefs“, die Väter zweier Freunde und Arbeitskollegen von mir, besahen sich dann den Schaden und besorgten im Baumarkt so etwas ähnliches wie Scheibenkleister. Das strichen sie in zart angelegten Bahnen ein ums andere Mal über die Bruchstelle und ließen es dann ziemlich lange trocknen. Danach war alles wieder beim Alten.
Neue Boote waren viel zu teuer, noch teurer waren die höchst reparaturanfälligen Tretboote. Es gab immer etwas derart zu tun, eine neue Antriebswelle für einen Treter, neue Farbe, Halterungen für die Riemen, die ebenso gern ausbrachen wie der Bootsrand, gerne auch mit ihm zusammen. Wir hatten kaum genug Zeit, um richtig Skat spielen zu lernen, weil immer einer oder zwei am Werkeln waren. Aber als Geselle Anpack brauchte man sich nicht zu beschweren, man lernte viel. Als Anpack durfte ich beim Anlanden und Zuwasserlassen der Boote natürlich mithelfen, auch beim Anstreichen und Bänke zimmern durften wir helfen, das Kleben der Bruchstellen aber machten die Handwerker allein.
Gestern habe ich mir auch etwas Scheibenkleister geleistet. Einfach so. Zufällig hat er eine ähnliche Farbe wie das Kinderhochbett, an dem ich gerade baue. Ich wusste noch nicht einmal, wozu ich das Zeug überhaupt brauchen würde, bis ich mich in die Bereiche unter die Treppe wagte. Dort soll ein Regal hinein und ich bemerkte leider, dass die Benutzung einer Stichsäge mehr Übung erfordert, als ich damit bisher hatte. Nicht dass es mir nicht gelang einen geraden Schnitt zu vollführen, aber wenn eben gerade kein solcher benötigt wird, klafft am Schluss eine Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
Diese Lücke hat viele Namen. Manche nennen sie Pfusch und behaupten, es wäre ein verstoßener Bruder des Dreiergespanns Zuguck, Anpack und Handwerk, das schwarze Schaf der Familie, von dem man nicht gerne redet. Andere rufen es Scheibenkleister und haben nichts davon zu Hause. Dann macht Zuguck `ne Biege, denn es wird jetzt unerfreulich, und Anpack bleibt da und nimmt seinen Platz ein. Ich rief nicht nach Scheibenkleister. Musste ich auch gar nicht. Er stand nicht weit entfernt in seinem Tiegel. Ich befreite ihn daraus und strich ihn in die klaffenden, nicht klafternen Lücken.
Ein kleiner Zwischenstand, bevor es weitergeht. Die Treppe ist begehbar. Diesem Anspruch sollte das "Bauwerk" mindestens genügen, jetzt gilt es noch, das Unfallrisiko zu minimieren und etwaige Kanten glattzubügeln. Danach kann mit der Pforte fortgesetzt werden und die ersten Regale werden noch eingepflanzt. Vielleicht, aber nur vielleicht kann Sohnemann am Wochenende bereits darin nächtigen.
Mission 2 erkläre ich hiermit für beendet, der Rest ist Kleinkram, pah!
Max Goldt schrieb einmal*, dass die Säumniszuschläge beim Finanzamt derart hoch seien, dass man sich einerseits verkneift, den Saum beanspruchen zu müssen und andererseits bei jeder anderen Art von „Geschäft“ lieber auf solche Partner verzichten würde. Das ist mitnichten so, was jeder weiß, der schon einmal zufällig vergessen hat, sein Konto ausreichend zu decken, bevor der Mobilfunkanbieter abbuchen konnte und sich dann mit Mahngebühren konfrontiert sah, die das Prinzip der doppelten Buchführung durch die Verdopplung des Rechnungsbetrages persiflieren.
Das Selbstbewusstsein des Staates, in dieser Angelegenheit von Goldt besonders betont, ist demnach schon längst ein Privatisiertes, wenngleich die Steuern und Abgaben anscheinend keiner Firma, sondern dem Staate zukommen. Da ich die Versäumnisse des Staates hier gar nicht in seiner Gänze auslegen möchte und mich viel lieber frage, was bei all der Privatisierung denn einerseits überhaupt noch übrig ist davon und andererseits ein viel größeres Gebilde durch mehr oder weniger gute Schlagzeilen von sich reden macht, will ich doch lieber versuchen, mein „Stück vom Kuchen“ abzubekommen. Die Rede ist von nichts geringerem als dem Preisgeld aus dem Nobelfond.
Bei Günther Jauch gestern in der Sendung „Wer wird Millionär“ wurde die Frage gestellt, wer denn den Friedensnobelpreis erhielte, bzw. vom „Ansehen“ dieses Preises besonders profitiere. Als Antwort, wo ein Zuschauer aus dem Saal helfen musste – dafür nebenbei 500,- Euro kassierte – kam natürlich die EU heraus mit ihren knapp über 500.000.000 Einwohnern. Ich hätte die Antwort natürlich auch gewusst, maße mir aber nicht an, deshalb auf 500,- Euro zu bestehen. Ich würde mich schon über den kleinen Betrag von 0,00179 Cent freuen, meinen Anteil vom Preisgeld, das die EU für mich einkassiert hat. Diesen erbitte ich mir freundlichst auf mein Konto zu überweisen.
Das ist natürlich kaum zu bewerkstelligen, solch einen kleinen Betrag an jeden EU-Bürger zu überweisen. Da ich allerdings nicht daran glaube, dass sich die EU nun überhaupt aufmacht, das Preisgeld unter den Preisträgern aufzuteilen, ich sowieso für fraglich halte, ob sich jeder einzelne denn jetzt mehr oder überhaupt mit der EU identifizieren kann, könnte man ja den Anteil der Rechtspopulisten, Million- und Milliardäre, Politiker, Banker und sonstiger Leute, die es nicht nötig haben, unter den Verbliebenen Rechtsgläubigen aufteilen und käme vielleicht auf die stolze Summe von 0,01 Euro pro verbliebenen Einwohner.
Die Zahl, von der eben die Rede war, ist übrigens nicht nur deshalb gewählt, weil ich vermute, dass ca. ein Zehntel der EU-Bevölkerung einen Sch… auf die EU und das Preisgeld geben, vom Ansehen mal ganz zu schweigen, sondern weil ich vermute, dass die EU nicht in der Lage ist, mir das Geld pünktlich zu zahlen, weshalb ich den Rechnungsbetrag schlicht aufgerundet, äh mit Säumniszuschlägen versehen habe, wie sie ja von Staatseite ebenfalls in Betracht gezogen werden, sollte ich mit meiner Steuererklärung zu lange brauchen. Wie Sie sehen, mangelt es auch mir nicht an Selbstbewusstsein, aber wen wundert's, bin ich doch frischgebackener Friedensnobelpreisträger.
Unter Verwendungszweck kann die EU übrigens "Friedensnobelpreis" eintragen, damit ich die Überweisung auch zuordnen kann.
*in: Finanztantenhappen in Freiheit heißen Hering, aus: Max Goldt, Ä - Kolumnen, Rowohlt Taschenbuchverlag 2004.
Das Wort Schiff geht wie auch die Worte Boot oder Nachen zurück auf den gehöhlten Stamm, den Einbaum. Weiterhin bedeutete es im Ahd. auch Gefäß, woraus sich in späterer Zeit der Nachttopf entwickelte und das heute noch gebräuchliche schiffen, also das urinieren. Das schiffen, im Sinne von einer im Boot absolvierten Überfahrt ist dagegen kaum noch gebräuchlich.
Das Wort Fisch hat leider keine so interessante Geschichte. Scheinbar liegt die Wortherkunft sogar ziemlich im Dunkeln, denn außergermanisch ist der Fisch nur noch mit Lat. piscis und Air. iasc verwandt. Genauso verhält es sich leider mit der Ableitung fischen. Daraus ergibt sich allerdings eine interessante Beobachtung. Dass nämlich der Mensch, bevor er denn fischen ging bzw. den Fisch überhaupt kannte, schon Boote gebaut haben musste, an deren Unterseite sich, von ihm dann beobachtet, plötzlich Wesen auftaten, die gegrillt und in Mayonaise versenkt, herrliche Mahlzeiten abgaben.
Wen nimmt es da Wunder, wenn der Urgermane, um seinem Erstaunen über diese Entdeckung Ausdruck zu verleihen, ein Wort bildet, was sich aus seiner Perspektive heraus völlig natürlich ergibt? Er sitzt im Einbaum über dem Wasser, dem „Schiff“ und schaut herab in das Wasser zum, na klar, zum: „Fisch“. Ein simples Anagramm, eine gespiegelte Wasseroberfläche verstellte der historischen Sprachwissenschaft so lange die wahre Herkunft des Wortes Fisch.
Gleich hinter Fisch findet man im etymologischen Wörterbuch übrigens das Wort Fisematenten, dessen Herkunft, und ich zitiere, „trotz aller unternommenen Deutungsversuche nach wie vor ungeklärt ist.“
Warum ich heute eigentlich keine Zeit hatte, war dieses schöne Stück. Kleiner Tip am Rande: lassen Sie sich von einem Baumarktmitarbeiter niemals, ich betone niemals!, einen
Forstnerbohrer andrehen, der um 3 mm zu klein ist, mit den Worten: "Ach den Rest, der schleift sich mit ein wenig Schleifpapier ganz schnell weg."
Mission 1 ist damit abgeschlossen, es fehlt nur noch das Gatter, die Treppe und all die Sachen, die man sonst so für eine Skinner-Box benötigt;)
Immer wieder fällt mir auf, dass es urplötzlich zu Neuerungen in der Wissenschaft kam, die sich auf das Prinzip der Drei herunterbrechen lassen. Das ist natürlich Nonsens, weil es wahrscheinlich genauso viele Konzepte, Theorien oder Methoden gibt, die mehr oder weniger Möglichkeiten beinhalten. Trotzdem fiel mir das auf. In meinem subjektiven Empfinden war ich sogar bereit, den Großteil dessen, was sich mit der Drei in Verbindung bringen lässt, auf die Zeit während und nach der Aufklärung zu beschränken und im wesentlichen sogar auf die Geisteswissenschaften.
Ist natürlich alles Quatsch wie sich sehr leicht beweisen ließe:
Die 3
Keplerschen Gesetze (viel zu früh, um ins Schema zu passen und außerdem Physik)
Die 3
Hauptsätze der Thermodynamik (passt zeitlich, aber leider auch Physik)
Die 3
Schlussweisen nach Peirce best. aus Induktion, Deduktion und Abduktion (passt fast, Peirce war ja u.a.a. Mathematiker)
Hegels Dialektik aus These, Antithese und Synthese (passt eigentlich)
Aber genau das Unwahrscheinliche, das Zutreffen meiner subjektiven Beobachtung, wäre für mich interessant. Daher bitte ich Sie, mir doch vielleicht noch ein paar Beispiele zu nennen, deren Prinzip sich auf die Dreierregel stützt, ob nun vor, während oder nach der Aufklärung, ob nun Physik, Mathematik oder Philosophie finde ich erstmal gar nicht so wichtig, Hauptsache die Drei ist dabei!