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Bei den Leisen Tönen. Manchmal braucht es einen Blog, um sich Luft zum Denken zu verschaffen. Keine Steckenpferde, Hobbies oder sonstiges Spezielles, nur Luft zum Denken.

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Mittwoch, 13. Juli 2011

Schulalltag in der DDR III

Ein vorletzter Teil des Interviews.

Die vorher erschienenen gibt es hier: Teil I und Teil II

3. Wie gestaltete sich die Organisation von Klassenfahrten und inwieweit konnte der Alltag der Schüler in den Ferien mitgestaltet werden? Wer machte was?

Im Prinzip war das eine ganz einfache Sache. Ich bekomme jetzt vielleicht die Altersgruppen nicht mehr so zusammen, aber es gab ja für die jüngeren Schüler die Ferienspiele. Die wurden angeboten – ich glaube so etwas gibt es jetzt auch wieder - für die kleineren Schüler. Die Gruppierungen sind heute noch genauso. Heute heißt es auch Hort. Ich bin mir nicht sicher, ob die Mittelstufe da noch mit dabei war. Für die größeren Schüler wurde ebenfalls eine Ferienplanung angeboten, Veranstaltungen zu denen man sich traf. Da musste man sich vorher anmelden und einen geringen Obolus bezahlen und dann konnten die Schüler während der Ferien in der Schule betreut werden.
Mit der 8. Klasse jedoch hörte das auf. Die 9. und 10. Klasse konnte aber mit einbezogen werden, wenn sie Lust dazu hatten, natürlich ohne Bezahlung. Mehr habe ich persönlich als Ferienbetreuung nicht kennengelernt, ich bin ja erst 1980 Lehrerin geworden. In meiner Kindheit war das ähnlich, deshalb kann ich dazu nicht so viel sagen.
In Wirklichkeit hatte das weniger einen politischen Hintergrund, und dass das FDJ und Pionierorganisationen machten, war nur aus organisatorischen Gründen so – Arbeitsteilung eben. Und diese Leute, die jetzt in der Lehrerschaft eingebunden waren und auch Funktionen in den Jugendorganisationen wahrnahmen, hatten dadurch weniger Unterrichtsstunden zu leisten. Teilweise gehörten auch die Staatsbürgerkundelehrer dazu, die Pionierleiter usw. Wir Fachlehrer empfanden das deshalb nicht als ungerecht, weil diese Lehrer sich eben mit solchen Planungen befassen mussten. Die Schülerbetreuung außerhalb des Unterrichts war also neben dem Unterricht ein gleich behandeltes Thema. Die Pionierorganisationen mussten neben ihren politischen Zielen, die sie vertraten auch den sozialen Anspruch der Kinderbetreuung wahrnehmen. Die Klassenlehrer waren natürlich ebenfalls gefragt. Sie konnten und sollten sich mit einbringen. Dazu kam ein Gremium aus Eltern, der sogenannte Elternbeirat. Hier bestand eine ganz enge Zusammenarbeit. Das wird oft unterschlagen. Die war in Wirklichkeit genauso vertraut und eng wie heute. Das hieß, dass man gemeinsam mit dem Elternbeirat für die Klasse die Probleme löste und z.B. auch Klassenfahrten und dergleichen plante. Eine Klassenfahrt musste stattfinden, nicht so wie heute, dass dort auch mal nicht gefahren wird, weil der Lehrer keine Lust hatte oder weil die Eltern nicht genug Geld hatten. Einer Klassenfahrt wurde neben der Wissensvermittlung ein hoher pädagogischer Wert beigemessen. Kinder sollten lernen, miteinander auszukommen und zwar in einer anderen Atmosphäre als dem Schulalltag. Die Ziele, die sich für die Klassenfahrten ausgesucht worden sind, entsprachen zum Teil auch dem Wissensinhalt des Schuljahres. Da wurde nicht einfach irgendwo hingefahren, um für 2 Wochen die Badehose anzuziehen, da wurde auch weiterhin Wissen vermittelt. Ich selbst musste kurz nach der Wende plötzlich sehr komplizierte Begründungen schreiben, ich weiß nicht, wer da hysterischer war, die Beamten aus dem Westen oder die „neuen“ Beamten aus dem Osten. Das war schrecklich, denn dazwischen zerrieb man den Lehrer. Die Kardinalfrage von heute ist ja auch immer wieder die Finanzierung, das spielte damals keine große Rolle.
Ich habe immer versucht, mit einer 9. Klasse nach Weimar zu fahren, das war mir als Deutschlehrer sehr wichtig. Heute fragt man ja die Schüler: Wo wollt ihr denn hinfahren?, und dann sagen die: Nach Barzelona!, und nicht nach Weimar. Aber da ärgere ich mich nicht mehr drüber. Die Fahrten nach Weimar jedoch waren mir sehr wichtig, da habe ich alles eingesetzt. Die Kinder waren da anfangs nie sehr glücklich aber im Verlauf der Reise, konnten sie soviel mitnehmen, sie haben soviel gesehen und gelernt und sie waren im richtigen Alter, um das auch genießen zu können. Vorher oder nachher habe ich mich nie anders gefühlt. Es war immer das Gleiche, auch die organisatorischen Sachen. Wir konnten entweder ein Elternteil oder einen weiteren Lehrer als zweiten Erziehungsberechtigten mitnehmen. Wir haben damals weniger Kollegen mitgenommen, denn diese sollten ja nicht raus dem Unterricht. Deshalb sind immer Elternteile mitgefahren.

Montag, 11. Juli 2011

Blogger-Flashmob

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Sonntag, 10. Juli 2011

Aldous Huxley: Kontrapunkt des Lebens I

Ich sage mir mit jeder Seite: es kommt eine weniger nach dieser. Wenige Bücher zogen sich bisher so in die Länge wie dieses Eine, und dennoch ich habe mich festgebissen in des England des frühen 20. Jh.
Es dauert und jeder neue Ansatz ist ein Kampf. In dieser Beständigkeit des Orts- und Personenwechsels, der Dauer der Lesepausen und dem kurzen Aufblühen der gewaltigen - Philip Quarles würde gargantuesk sagen, weil im rabelaisisch zu gebildet vorkommt - Erzähldichte an einem Abend wie heute, wenn ich mich denn endlich einmal wieder dazu hinreißen ließ, weiterzulesen; darin liegen auch die Stärken und Schwächen des Romans verborgen. Bezeichnend war in diesem Fall die Wiedergabe eines Diktats an die halbtags bei Quarles sen. beschäftigte Sekretärin, bei der ein Komma mit zwei Kommata eingefasst wird. Mit dieser Verfielfältigung werden ganze Kapitel erklärt, erscheinen in einem neuen Licht. Aber ist es wirklich eine Vervielfältigung? Denn zuerst ist es ja nur ein Zeichen, dann ein ganzes Wort und dann wieder nur ein Zeichen. Das las sich folgendermaßen: " Manche Denkah sind, Komma, üch weiß es, Komma, imstande, Komma, diese..."

"..., Komma,..."

Meine Oma hat früher für mehrere Ärzte Diagnosen und Korrespondenz auf Schreibmaschine abgetippt. Die Ärzte haben diktiert und meine Oma hat getippt. Von zu Hause aus, die Bänder bekam sie per Post. Meine Oma ist gelernte Krankenschwester, kannte sich also mit den Fachbegriffen aus, und schnell tippen konnte sie auch. Diese Kommata - oder Kommas - waren kleine Pausen, anstatt eines Wortes aus vielleicht 5 Buchstaben zu tippen, konnte sie jetzt ein kleines Zeichen loswerden und pausieren, während der Sprecher oder die Sprecherin noch mit der zweiten Silbe beschäftigt war.

"..., Komma,..."

Da liest man also ein ganzes Kapitel und plötzlich reduziert sich das Gelesene auf ein Komma. Die ganze Handlung sind Kommata, das darf man dabei nicht vergessen, denn in dem Buch passiert ja eigentlich nichts. Nur ein ständiger Wechsel von Orten und Personen. Meine Leseeindrücke sind Kommata; Pausen vom Draußen, wenn ich mich dazu durchrang, weiterzulesen; die mir im Buch wieder begegnet sind.

Freitag, 8. Juli 2011

Schulalltag in der DDR II

Teil 1 des Interviews gibt es hier

Nachdem das Seminar nun gelaufen ist und tatsächlich eins der interessantesten war, das ich seit längerem besucht habe, folgt hier der zweite Teil des Interviews mit meiner ehemaligen Deutsch- und Geschichtslehrerin:

2. Wie sah der Schulalltag aus, sowohl der Unterricht als auch die Freizeitgestaltung danach? Welchen Einfluss übten die Lehrer dabei aus?
Meine eigene Kindheit verlief unter dem Aspekt des Empfindens der Geborgenheit, obwohl wir ein christliches Leben hatten, und ich dem auch nachgehen konnte. Es war auch in der Schule ständig jemand da, der mit Kindern etwas veranstaltete, etwas zeigte, sie betreute, man konnte werkeln im Keller, tanzen und malen, man konnte aber auch zur Kirche gehen, da wurde dies ebenfalls angeboten. Am Anfang waren beide Institutionen sogar noch in einem Haus. Man konnte in dem Viertel, in dem ich aufgewachsen bin rundum betreut und beschützt werden. Das war auch notwendig, denn die Leute arbeiteten ja. Dann gab es natürlich Horte, nicht ganz unentgeltlich, soweit ich weiß. Der Obolus wurde für die Verpflegung entrichtet. Darüber hinaus auch AGs und die Sportvereine. Das darf man heute nicht vergessen, die Leute konnten für wenig Geld ihre Kinder bis in die frühen Abendstunden abgeben und diese wurden dort gut versorgt.
Als ich dann Lehrer war, hat sich dieses System erhalten. Die Betreuung der Kinder, wenn diese nachmittags in die Schule kommen wollten, war bis zur 10. Klasse möglich. Ich selbst hatte zu meiner Anfangszeit, weil ich gleich in die Oberstufe reinrutschte – ich hatte nur ein einziges Mal eine 5. Klasse –sehr viel mit den Jugendlichen zu tun. Dabei fiel mir auf, dass zwar die Kinder ordentlich betreut wurden, die Jugendlichen aber weniger. Die fingen dann an, wie heute auch, zu trinken, rauchen, Blödsinn machen. Da habe ich dann einfach einen Schulclub gegründet. Ich habe mit den Jugendlichen zusammen diesen Club aufgebaut. Ich habe zu Ihnen gesagt, wenn sie das wollen, dann übernehme ich die Aufsicht, ihr seid der Clubrat – meine 10. Klassen holte ich so mit ins Boot. Auf die konnte ich mich voll verlassen. Dann stellte ich fest, dass die jungen Leute da hin kamen und nichts gegessen hatten, weil ja auch niemand zu Hause war. Dann haben wir angefangen, für 5 Pfennig Brötchen mit Wurst zuzubereiten. Später haben wir dann auch Tee angeboten. Dann kamen die Jugendlichen schon allein deshalb dorthin. Um 18.00 Uhr machte der Club auf, dann aßen die dort und später war Disco. Das haben wir später erweitert auf drei Tage in der Woche. Ich habe dann die Lehrerschaft dazu gezwungen, mit Aufsicht zu machen. Das lief sehr gut. Die Räumlichkeiten wurden von der Schule zur Verfügung gestellt. Es gab einen großen Raum im Keller, der dazu umfunktioniert wurde. Alles in allem war diese Zeit sehr angenehm für mich, da sich das gute Verhältnis zu meinen Schülern natürlich auch auf den Unterricht übertrug.
Vielleicht gab es ideologische Zwänge. Ich für meine Person wurde gar nicht bedrängt. Das einzige, was ich immer tun musste, war nach Offiziersanwärtern zu suchen, weil ich ja die Oberstufe unterrichtete.
Generell zum Ablauf des Unterrichts gibt es wenig zu sagen, was sich von heute unterscheidet. Die Stunden waren gleich lang. Lehrpläne waren einheitlich geregelt. Ein großer Vorteil waren auch die einheitlichen Schulbücher. Nach streng wissenschaftlichen Kriterien wurde der Unterricht gestaltet, die Ideologie gab es als Bonbon obendrauf, wobei man als Lehrer auch immer selbst entscheiden konnte, inwieweit diese im Unterricht einen Stellenwert bekam, sofern nicht gerade ein Fachberater* zur Hospitation anwesend war. Man konnte die Anweisungen – dass man im Sinne der Arbeiterklasse unterrichtete – nämlich auslegen. Wenn man genug weiß, konnte man auch genug auslegen. Wer dagegen wenig weiß, musste sich eben an die Vorschriften halten. Ein glücklicher Umstand für mich war auch, dass ich nie Geschichte in der 10. Klasse unterrichten musste. Das war furchtbar, das war nur noch DDR, SED, Parteitage usw. Da fehlte es natürlich gänzlich an Wissenschaftlichkeit. Man musste bis zum Beginn der 10. Klasse mit der Entstehung der geteilten Welt fertig sein. Danach kam nicht mehr viel.
Mit den homogenen Lehrplänen hat man natürlich auch ein relativ gleichmäßiges Bildungspotential erhalten. In den grundlegenden Dingen war die DDR-Bevölkerung nach der Schule erstmal gleich gebildet. Klassenarbeiten wurden wie heute auch im Fachbereich erarbeitet. Die Benotung war ähnlich, wenn auch nur mit 5 Noten, wie heute. Wir hatten keinen Anforderungsbereich wie heute, also es hieß nicht so, aber an bestimmten Maßstäben wurde sich orientiert und diese wurden angewandt. Die Eltern hatten gegenüber den Lehrern einen relativ schlechten Stand. Sie durften pro forma ihre Sorgen mitteilen, bei Lernschwierigkeiten waren die Lehrer dazu da, Abhilfe zu schaffen. Nachhilfe in dem Sinne gab es nicht, das wurde von den Lehrern organisiert. Es zählten vor allem aber die Noten und - was ich heute vermisse- die Persönlichkeit des Schülers. Diese beiden Aspekte hatten maßgeblichen Einfluss bei einer Versetzung. Dies war dann sicherlich auch von der Atmosphäre in der Schule abhängig. Bei uns an der Schule herrschte eine eher pädagogische denn politische Stimmung. Da wurde der Schüler nach gewissen Fähigkeiten eingeschätzt, wie zum Beispiel Fleiß, Ausdauer usw. nicht unbedingt der IQ. Es galt bei uns deshalb der Maßstab, eher zu versetzen, als wiederholen zu lassen. Es gab Fälle, meist erst zum Abitur oder beim Studium, da wurde dann dem ein oder anderen, der sich nicht in FDJ oder anderen Organisationen beteiligte, das Studium bestimmter Fächer verwehrt. Probleme gab es auch immer wieder mit Kindern aus sehr religiösem Elternhaus, die entweder von dort aus oder auch von sich aus, nicht am gesellschaftlichen Leben innerhalb der Jugendorganisationen teilnehmen wollten. Theologie zu studieren, war zum Beispiel sehr schwer.
Vielleicht noch ein Beispiel: in der Magdeburger Börde wurde zu bestimmten Zeiten immer die Hasenjagd für Erich Honecker veranstaltet. Die jüngeren Schüler mussten dafür Wimpel nähen und später gingen dann alle zum Bahnhof und empfingen ihn dort. Wenn man allerdings nicht mitging, so hatte das auch keine Konsequenzen. Es trauten sich nie alle. Manche haben gesagt, sie können nicht, manche haben sich krank schreiben lassen. Es passierte deshalb aber nichts. Das war für mich immer wieder ein richtiges Aha-Erlebnis, weil man ja doch ein wenig Angst hatte.

* Der Fachberater war das Schreckgespenst. Dieser beherrschte genau das, worüber man als Student Prüfungen ablegen musste. Dieser setzte sich immer wieder hinten rein, nicht etwa wie ein Freund, sondern wie jemand, der eine Prüfung abnimmt. Solche Musterstunden – das wussten ja alle – kann man nur einmal am Tag abhalten, danach war man fix und fertig. Heute weiß ich aber, wenn man gute Fachberater hatte, die fachlich versiert waren – oft waren sie ja einfach nur konform oder hatten mit Kindern Probleme, weshalb sie selbst nicht unterrichteten – und mein Fachberater in Geschichte war so jemand, dann hat man da auch wertvolle Tipps erhalten. Zu den Notizen, die diese Leute über einen gemacht haben: man hielt das nicht aus, immer zu überlegen, was sie jetzt über einen denken. Man konnte DDR-Alltag nur ertragen, wenn man sich sagte: ich sage, was ich sagen will und passe auf, wem gegenüber. Aber man konnte nicht immerzu nur wachsam sein. Die Wahrnehmung der Kontrolle rückte aber in den Hintergrund, umso öfter sie stattfand. Man war versucht auch das als „normal“ anzusehen. Meine Fachberater haben sich nur wenig über meinen Stil aufgeregt, vor allem bestimmte Aspekte, wie vielleicht die Rolle der Arbeiterklasse während einer bestimmten Zeit, die ich nicht einmal erwähnt hätte, so etwas ist mir selbst nicht passiert. So jemanden habe ich selbst nicht erlebt. So etwas hatte ich nur während meiner Lehrerprüfung. Vielleicht hat das ein wenig abgestumpft, um es zu ertragen, haben wir viele Dinge in Kauf genommen. Das war alles nicht so wichtig, Hauptsache, wir hatten unser seelisches Gleichgewicht. Ich weiß nicht, ob das richtig oder falsch war, ich für meinen Teil wollte aber auch leben und nicht immer kämpfen.

Dienstag, 5. Juli 2011

Unzeit

Manchmal sind so Tage, an denen fragt man sich, was aus ihnen geworden wäre, wenn sie nachts stattgefunden hätten. Vielleicht hätte man diese Tage verschlafen? Vielleicht wären auf den Straßen viel mehr Unfälle passiert, weil die Leute ihr Licht am Auto nicht eingeschaltet hätten, ist ja schließlich tags. Und nachts dann, wenn sie schlafen wollen, können sie nicht, weil die blöde Sonne rauskommt und durch blick- aber nicht lichtdichte Vorhänge reinscheint.
Leute die zur Arbeit gehen, werden zu nächtlichen Ruhestörern. Vielleicht tritt noch einer aus Versehen einen Autospiegel ab, weil er nichts sehen kann; die Straßenbeleuchtung ist ja auch nicht an. Diskotheken verzeichnen rückläufige Besucherzahlen, weil sich Leute im Hellen betrachtet lieber nicht unter die Augen treten wollen. Der Alkohol zieht immer noch die häßlichsten Fratzen.
Am folgenden Tag, wenn die Sonne untergeht, klingelt der vermaledeite Wecker schon wieder zur Unzeit. Es ist eine Stunde vor Sonnenuntergang und im Bad muss schon das Licht eingeschaltet werden, damit die Rasur noch klappt. Als der Tag endlich geschafft ist geht die Scheißsonne wieder auf. Das Fernsehprogramm ist zum Kotzen, weil da plötzlich gutgelaunte Honks zum Frühstücksfernsehen blasen und verzweifelte Anrufer mit dummen Bildschirmspielen quälen. Weil einfach alles verkehrt herum ist; und keiner merkt's.

Montag, 4. Juli 2011

Tückisches Anbei

Gestern hatte ich ein wirklich unheimliches Erlebnis. Das beklemmenste daran war, dass es während des Schreibens einer Email passierte und mich deshalb auch völlig unvorbereitet traf. Ich schrieb gerade den Text fertig und hatte alles andere im Sinn als darauf zu schauen, was links und rechts vom Bildschirm passierte und so war ich nach längerem Schreiben in eine hochkonzentrierte Phase übergetreten, aus der mich nur ein Telefon oder eine Türklingel wecken kann. Gespräche und dergleichen, herabstürzende Teile oder auch zufliegende Fenster werden nur kurz gedanklich notiert, haben aber keinen Einfluss auf meinen Zustand. Wenn sich jedoch der Bildschirm plötzlich verdunkelt und sich ein Fenster öffnet, was ein "OK" oder "Abbrechen" von mir fordert, obwohl ich doch nichts weiter tun wollte, als die Mail abzuschicken, dann ist die Hochphase der Konzentrationsfähigkeit überschritten. Bei Popups grundsätzlich mißtrauisch, achtete ich darauf gar nicht, sondern versuchte mit der linken Hand bereits die Strg-Taste und das "C" zu bedienen und mit der rechten die Maus über den Text fahren zu lassen, um den gerade abzuschickenden Text zu retten. Das gelang mir nicht, der Text schwebte im gräulich eingefärbten Hintergrund irgendwo zwischen "Gesendet" und "Aufgehängt". In solchen Momenten wünsche ich mir immer, dass Emails auch nur 160 Zeichen fassen, das würde die Informationsdichte erheblich beeinflussen und bei Abstürzen müsste nicht soviel neu geschrieben werden.
Nachdem ich mit hektischer Linse den Raum um das Popup abgesucht hatte, musste ich feststellen, dass kein Weg an diesem Fenster vorbeiführt. Was will das Fenster also? Das Fenster fragte mich doch allen Ernstes, ob ich die Mail abschicken wolle. Ich habe nämlich im Email-Text ein "Anbei" hinterlassen und unverfrorener Weise keinen Anhang zur Mail.
So völlig ohne Anhang ist ein "Anbei" natürlich absolut gegenstandslos, Informationen könnten ja dann mit "Übrigens" oder "Wußtest du schon" übermittelt werden. Während ich mich also fragte, warum ich nicht "Übrigens" geschrieben hatte, um mich der hochnotpeinlichen Befragung durch meinen Emailprovider zu entziehen, drückte ich auf den OK-Button und die Mail wurde abgeschickt.
Heute morgen nach reiflichem Überlegen bin ich ehrlich gesagt froh, dass ich nicht "Übrigens" oder "Wußest du schon" geschrieben hatte. Wer weiß, ob mich der Provider dann nicht gefragt hätte, wo denn die eigentliche Information zu finden sei, die ich hier angekündigt hatte.

Sonntag, 3. Juli 2011

Flashmob

A Flashmob im Bloggerland? Da bin i dabei. Am 11.07.11 um 20:20 Uhr wird gebloggt.

Das Wort zum Sonntag

In meiner nächtlichen Euphorie, gestärkt durch mehrere Kölsch, griff ich einen Faden wieder auf, den ich mir vor ein paar Tagen in mein Notizbüchlein schrieb. Bis jetzt kann ich mir keinen Reim darauf machen. Ich sehe mir das entstandene Gerüst auch nur von außen an und bin längst nicht in der Lage mit fachlicher Kompetenz auf Einwände zur reagieren. Trotzdem, oder gerade deswegen, treibt mich dieser Gedanke um:

Die Katholiken sind die Protestanten der Juden

Donnerstag, 30. Juni 2011

Leibniz und Leipzig

Gestern waren der Herr Trithemius und ich mal wieder die universitäre Luft beschnuppern. Die roch gewaltig nach Regen, und, so sagte Trithemius, sie sei deshalb besonders sauerstoffhaltig.

Im Hörsaal angekommen erwartete uns eine nicht kleinere Menge an Zuhörern als sonst. Die eingeschworenen Teilnehmer hatten sich trotz der widrigen Witterung eingefunden, um dem Vortrag des Herrn Doktor Otto zu lauschen. Die Laudatio vom schwer zu verstehenden Dr. Li fiel vielversprechend aus, bis zu diesem Satz: "Wo andere Teilnehmer der Konferenz einen 10-15seitigen Beitrag in dem Sammelband, der zu Tagung erschienen ist, veröffentlichten, war der Aufsatz des geschätzten Kollegen Otto 76 Seiten stark. Das vermittelt ungefähr das Gewicht."

Ich denke mir noch: Gewicht? Wieso Gewicht? Und da prasselte der Vorträger bereits auf uns ein. Ohne Punkt und Komma flog einem Gewitter gleich die erste Ladung des Vortrages über uns hinweg und während wir uns noch fragten, wie der dritte Punkt der Überschrift hieß - wir verstanden nur Leibniz, Gottsched und die deutsche... - waren die Einleitung und die ersten Zitate schon über uns herabgeregnet, leider vermisste ich den Sauerstoff.
Es gab ein paar Dinge, die ich mir trotz der Geschwindigkeit notiert hatte. Die kann ich hier leider nicht vortragen, denn ich bin mir nicht sicher, ob ich sie nicht falsch wiedergeben würde. Deshalb beschränke ich mich einfach mal auf die Art und Weise des Vortrages.

Ich behielt im Gedächtnis, dass Gottsched ein ziemlicher Egozentriker gewesen sein muss ( oder seine Frau hat ihm die Flausen eingeflüstert ) und Leibniz, in Leipzig geboren, entwickelte sich zu einem kontinuierlichen Stolperstein in Gottscheds Leben und vor allem im Vortrag. Nicht selten kam es nämlich vor, dass Dr. Otto "Leipzig" sagte, wenn er "Leibniz" meinte und umgekehrt. Die unfreiwilligen Pausen dieser Versprecher nutzte der gute Mann allerdings für ausgiebige Recherchen auf seinen Blättern, um danach in verdoppelter Geschwindigkeit den Tempo- und Zeitverlust wieder einzuholen. Auch "aus" und "auf" bargen so ihre Schwierigkeiten und da sich diese Präpositionen auch als Präfixe in der deutschen Sprache tummeln, wurden auch hier Pausen nötig, um noch einmal zu rekapitulieren, was denn überhaupt gemeint sei.

Nach gefühlten 66 Seiten Vortrag kamen wir dann endlich zu einem sehr interessanten Punkt, nämlich Punkt 4. Punkt 4 sollte nach der Ankündigung, die mir während des Vortrages ins linke Ohr wehte - das rechte nahm Herr Trithemius in Beschlag, denn wir hielten es ohne Rückversicherung über das Gehörte nicht lange aus und versuchten wie die Mäuschen die akustisch schwer verständlichen Passagen zu entschlüsseln, indem wir uns gegenseitig zutuschelten, was wir verstanden hatten, um das Gehörte dann irgendwie zu vervollständigen, nebenbei bemerkt, das klappte nicht so gut - der letzte Punkt sein.

Dieser Satz eben war auch symptomatisch für die Vortragsweise, bestanden doch nicht wenige Blätter auf seinem Vortragspapier aus weniger als zwei Sätzen, Zitate einmal nicht mitgerechnet. Doch was behandelte der letzte Punkt? Ich sage es nur ganz kurz und bin mir nicht sicher, ob er das tatsächlich so gemeint hat aber im Großen und Ganzen verstand ich, dass der gute Gottsched mit seiner Forderung nach einem Denkmal für Leipzig in Leibniz ( hihi ) die Erinnerungskultur als nationenbildendes Moment in die bürgerliche Öffentlichkeit trug. Ein Denkmal für einen Bürgerlichen, das hatte schon was. Damit hat er natürlich nicht ganz unrecht, allerdings, und das musste auch Dr. Otto zugeben, bedarf es hier noch ein paar ausgiebiger Studien zu dem Thema. Die Glorifizierer und Mystifizierer waren ja schon seit dem späten Mittelalter aktiv, als man nach langem Entschwinden Tacitus´ Germania wiederfand. Klopstock und andere griffen das Ganze dann literarisch auf und beglückten uns mit schwülstig, sperrigen Charakterstudien Hermanns des Obergermanen. Gottscheds Stil war das nicht und da Dr. Otto ihm ja jetzt eine eigene Nische der nationenbildenen Tätigkeiten zugewiesen hat, können wir den Klopstock wieder begraben, Gottsched sei Dank.

Im übrigen bekam Leipzig sein Leibnizdenkmal erst 1883, also mit einiger Verspätung. In Hannover steht bereits seit 1790 der Leibniztempel. Der gute Gottsched war glücklicherweise nicht so erfolgreich mit seinem Wunsch nach Vereinnahmung des guten Leibniz in seiner Geburtsstadt und so konnte sich die Stadt Hannover vom Ruhm des Universalgelehrten noch eine große Scheibe abschneiden, die Uni, die Bibliothek, einen Tempel; wir haben hier Leibniz satt :)

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