Willkommen

Bei den Leisen Tönen. Manchmal braucht es einen Blog, um sich Luft zum Denken zu verschaffen. Keine Steckenpferde, Hobbies oder sonstiges Spezielles, nur Luft zum Denken.

Kontakt

shhhhtwoday(at)googlemail.com

Aktuelle Beiträge

Studenten - ein lustiges...
Studenten - ein lustiges Völkchen. Die Norddeutschen...
Shhhhh - 22. Mär, 21:06
Rheinschiffer ist besser...
Rheinschiffer ist besser als Rheinscheißer ("Gibt's...
Shhhhh - 22. Mär, 21:04
Am ältesten ist die seit...
Am ältesten ist die seit dem 13. Jahrhundert belegte...
C. Araxe - 21. Mär, 21:59
Bei uns gibt es nur R(h)einschiffer.
Bei uns gibt es nur R(h)einschiffer.
Lo - 20. Mär, 23:10
Altsprachler und Schwallhalla-Kenner:...
Altsprachler und Schwallhalla-Kenner: Schifffahrt →...
NeonWilderness - 15. Mär, 23:12

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Dienstag, 22. Dezember 2015

An A. aus P.

Man soll ja nicht mit Schulden ins neue Jahr gehen, und da es bald soweit ist, also das neue Jahr startet, muss ich noch etwas loswerden:

Seit Jahren schon belastet mich ein Problem, welches ich mit einem bestimmten Freund von mir teile. Er weiß davon gar nichts, vermute ich, weil er kaum etwas dafür kann. Es ist meiner Einbildung entsprungen dieses Problem. Oder nicht ganz. Ich hatte diesen Freund, als er noch studierte einmal in seiner Heimatstadt Berlin besucht, um dort ein paar Leute zu treffen. Dafür durfte ich bei ihm übernachten und wir gingen natürlich am Abend zuvor noch aus. Ich humpelte zu diesem Zeitpunkt schon etwas, weil ich irgendwo hineingetreten war und mir die Haut zwischen zwei Zehen aufgerissen hatte.

Der Alkohol betäubte den Schmerz und am nächsten Morgen übertönte der Kopfschmerz jeden anderen Schmerz in den Zehen. Wir verabredeten uns lose am frühen Nachmittag des Folgetages – mein Treffen mit den anderen Freunden sollte erst am frühen Abend beginnen – um gemeinsam in der Mensa der Uni essen zu gehen. Einen Neurotizismustest sollte ich bei der Gelegenheit auch noch für ihn ausfüllen, da er die Ergebnisse für eine Studienarbeit benötigte. Dafür gab es einen kostenlosen Kaffee.

Ich ging zu Fuß die komplette Prenzlauer Alle hinunter über den Alex und die Straße Unter den Linden wieder hinauf. Keine Ahnung, was mich da geritten hatte. Mein Fuß war auf Heimreise am nächsten Morgen ein Klumpen rohes Fleisch, aber ich hatte schon wieder Kopfschmerzen und merkte das nicht.

Tags darauf bemerkte ich auf meinem linken Oberschenkel ein paar komische Knubbel unter der Haut und machte mir langsam Sorgen. Mein Fuß sah schrecklich aus und ich dachte schon, ihn abschneiden zu lassen. Ich humpelte in die Notaufnahme. Die behielten mich gleich da. Verpassten mir ein paar ordentliche Injektionen und bescheinigten mir großes Glück. Ein paar Stunden wäre ich nirgends mehr hingegangen, dann hätte man mich getragen und wohin, wäre mir nicht mehr wichtig gewesen.

Im Krankenhaus hatte ich jede Menge Zeit und so nahm ich mir einen Schreibblock und einen Stift und schrieb ein böses Pamphlet auf meinen Freund. Natürlich nur zum Spaß. Ich machte ihn für alles verantwortlich: für meine Gewaltmärsche, meine Schmerzen, meine Kopfschmerzen, meinen Krankenhausaufenthalt und zuletzt auch noch für den hinterlistigen Test, den ich ihm zu beantworten hatte. Der Test war überhaupt das fieseste von allem. Darin kamen Fragen, die ein „normaler“ Mensch sich nicht einmal ausdenken konnte. Das ist auch gut so und sollte so sein, aber die Anordnung der Fragen ließ einen manchmal schon stutzen, denn es gab eine eingebaute Steigerung, die meistens ganz harmlos begann und plötzlich ins Extreme driftete, so dass ich manchmal das Gefühl hatte, meine vorherigen Antworten zu überdenken und vielleicht etwas harmloseres anzustreichen. Ich war natürlich reichlich normal, wie mir mein Freund bescheinigte. In meinem Pamphlet aber stilisierte ich ihn und somit auch mich zur Bestie. Ich hatte großen Spaß dabei.

Ich schrieb den Text nie zu Ende, den fertigen Teil aber sandte ich ihm zu, und wir konnten gut darüber lachen. Jedenfalls lachte er mit, vielleicht auch nur mir zuliebe. Ich war ja noch immer ans Bett gefesselt.

Seit dieser Zeit aber ertappe ich mich dabei, während unseres Emailkontakts subtile Dinge in seinen Antworten wahrzunehmen, die mich ärgern sollen. Er macht das nicht bewusst, er weiß nicht einmal, was ich da hineinlese, weil ich darüber mit ihm noch nie gesprochen habe. Es ist ihm überhaupt nichts davon bewusst, aber dieser Text, den ich verfasst habe, schleicht sich immer wieder in meine Lesart seiner Antworten hinein und lässt mich darin Dinge erkennen, die er ganz anders gemeint hat. Ich lese ihn sozusagen, als wäre ich am Morgen mit dem falschen Fuß aufgestanden. Das passiert mir ständig.

In der letzten Mail ging es um ein Feriendomizil, das er mit „chice Location“ beschrieb. Ich las natürlich nicht „schick“, sondern „scheiß“ und antwortete nicht mehr, ich war persönlich beleidigt. Er antwortete auch nicht. Die anderen antworteten auch nicht mehr, und so verlief alles im Sande. Mit einem anderen aus der Runde erörterte ich das Problem später am Telefon und erkannte im Sprechen darüber bereits meinen Fehler. Und nun plagt mich mein schlechtes Gewissen.

Also, lieber AausP, solltest du das hier lesen: nichts für ungut und schöne Weihnachten!

Suche

 

Status

Online seit 4887 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 22. Mär, 21:06

Lesen

Credits


xml version of this page
xml version of this page (summary)
xml version of this page (with comments)

twoday.net AGB

Blogverzeichnis Creative Commons Lizenzvertrag
Shhhhh.

Alles nur Theater
Auf Spatzen geschossen
Auslaufmodell Buch
Den Ball gespielt
Der alltägliche K(r)ampf
Die kleine Form
Gedankeninseln
Geldregierung Arbeitsplatz
Gelegenheitslyrik
HaCK
Herr Fischer
Klassenraum
Links
Mensagespräche
Nichts Spezielles
Ohne Brille
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren