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Montag, 25. Februar 2013

Kopfdämmung

Ich war schon wieder für das Niedersächsische Staatstheater unterwegs. Am Samstagabend hatte „Heaven“ Premiere. Ich war für die Requisite zuständig. Die war komplett fertig und musste nur noch kurz hin und her geschoben werden, was nicht weiter verwunderlich ist, denn das Procedere sieht vor, am Abend vor der Premiere die Generalprobe laufen zu lassen, die natürlich inklusive Requisiten abläuft. Also nicht wirklich viel zu tun.

Der Pausenumbau, bei dem ich wie öfter schon eher unbeteiligt herumstand und außer ein paar Büchern und Plastikflaschen aufzusammeln nichts weiter zu tun hatte, gestaltete sich ebenfalls stressfrei. Die Pausen dazwischen waren lang, aber sie werden bezahlt. Beklage ich mich also nicht. Ein Stück Schokolade gab es, eine Karte mit dem obligatorischen „Toi Toi Toi“ darauf und eine kleine Piccolo Flasche alkoholfreien Sekt, umetikettiert auf eine imaginäre Sektkellerei in Wolfen; dort spielt das Stück.

In der zweiten Pause, also nach dem Umbau, geriet das Gespräch in den Räumlichkeiten der Requisite ein wenig außer Kontrolle. Nicht nur, dass mir ein Namenspatron über die Leber lief, der so heißt wie mein Alter Ego im Netz. Dieser Patron ist außerdem auch noch einflussreicher Architekt, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, eine Lobby zu bekämpfen, die sich der Sanierung inklusive Wärmedämmung von Häuserfassaden widmet.

Wie stark diese Lobby ist, bewies ein Schreiben des Dachverbands, der bereits vor der Ministerkonferenz zu dem Thema seinen Mitgliedern bescheinigte, sie bräuchten sich keine Sorgen machen, es bliebe alles wie gehabt. Natürlich blieb es dann auch wie gehabt und nur die Deppen aus der Politik nahmen dazu Stellung; von den Strippenziehern im Hintergrund natürlich niemand. Die Reportage bildete den Abschluss einer heißen Diskussion, der ich als Laie und Mieter beiwohnte. Daneben sprachen auf mich ein eine Architekturstudentin und ein Hausbesitzer, die der gleichen Meinung waren wie der Architekt im Fernsehen: Fassadendämmung amortisiere sich nicht und der verbaute Stoff sei ohnehin höchst umweltgefährlich.

Alles richtig. Ich nickte nur, staunte über den ganzen Kram und kam einfach nicht dahinter, wo der Haken ist. Natürlich, der Dämmstoff ist das Prädikat „schwer entflammbar“ nicht wert, höchst umweltschädlich und überhaupt sind die Machenschaften mehr als fragwürdig. Die herangezogenen Tests, selbst die DIN-Norm sind nur Maßgaben, die von der Industrie selbst eingeführt worden sind. Ein Riesenschmu! Empört, wie meine beiden Gesprächspartner, war ich indes nicht, und ich wusste bis zum Sonntag auch nicht warum.

Als ich am Sonntag den Bericht der Neuen Presse zum Opernball las, geriet ein kleines graues Fenster zwischen die Fronten. Es war überschriftet mit „Der Opernball in Zahlen“. Es fand sich eine genaue Zahl der Orchideen, 2200, eine genaue Zahl der Kilometer handverarbeiteten Aludrahtes, 14 Kilometer, Gäste, Debütant:innen usw. Aber die Zahl derer, die das erst möglich gemacht haben, die Techniker, Floristen, Bartender, Requisiteure, Elektriker usw., die Zahl gab es nicht. Die Zahl war uninteressant. Diese Zahl ist insgesamt vielleicht ähnlich hoch, wie die Zahl der Teilnehmer am Opernball.

Und nun schauen wir uns doch einmal die Nutznießer der Fassadensanierung an. Das scheint eine kleine einflussreiche Gruppe von Leuten zu sein, die Haus- und Wohnungsbesitzern laut Gesetz das Geld aus der Tasche ziehen dürfen für sinnlose und überteuerte Dämmung. Doch wer lebt denn in den Häusern? Nur die Besitzer? Nein, in Deutschland lebt ca. die Hälfte der Bevölkerung zur Miete, die sind sicherlich auch an den Kosten von Sanierung beteiligt aber längst nicht so stark betroffen wie Häuslebauer oder Mehrfamilienhausbesitzer. Dass vieles schlecht ist, was da gemacht wird, keine Frage, aber dass sich nicht wenigstens für ein paar der Mieter tatsächlich ein Vorteil einstellt, wenn die Besitzer der Häuser zur Sanierung gezwungen werden, kann ich irgendwie nicht glauben. Hier wurde auch nur die Hälfte berichtet, sowohl aus Sicht des Mieter- Vermieterverhältnisses als auch aus Sicht des verantwortungsvollen Sanierers gegenüber dem „armen“, uninformierten Sanierer von Wohnungs- oder Hauseigentum.

Die beiden Mitstreiter konnten sich breitbeinig dagegen stemmen, der eine ist Hausbesitzer und informiert sich eben und die andere studiert Architektur und macht es hoffentlich irgendwann besser als der Großteil ihrer Zunft ( so klang es in den Filmen zumindest an ). Ich sitze dazwischen, habe kein Haus aber Schimmel in der Mietwohnung. Und frage ich die Fachleute danach, so stellt sich heraus, da muss der Vermieter am besten dies und das tun. „Die Wände müssen atmen“, höre ich dann, „reiß‘ die Innendämmung wieder ab“, „zieh‘ um“. Ja, ja. Das ist wie beim Opernball: nur weil ich dem Hornbläser auf den Mund und die Hände gucke, heißt das noch lange nicht, ich könne jetzt ins Horn blasen.

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