Willkommen

Bei den Leisen Tönen. Manchmal braucht es einen Blog, um sich Luft zum Denken zu verschaffen. Keine Steckenpferde, Hobbies oder sonstiges Spezielles, nur Luft zum Denken.

Kontakt

shhhhtwoday(at)googlemail.com

Aktuelle Beiträge

Studenten - ein lustiges...
Studenten - ein lustiges Völkchen. Die Norddeutschen...
Shhhhh - 22. Mär, 21:06
Rheinschiffer ist besser...
Rheinschiffer ist besser als Rheinscheißer ("Gibt's...
Shhhhh - 22. Mär, 21:04
Am ältesten ist die seit...
Am ältesten ist die seit dem 13. Jahrhundert belegte...
C. Araxe - 21. Mär, 21:59
Bei uns gibt es nur R(h)einschiffer.
Bei uns gibt es nur R(h)einschiffer.
Lo - 20. Mär, 23:10
Altsprachler und Schwallhalla-Kenner:...
Altsprachler und Schwallhalla-Kenner: Schifffahrt →...
NeonWilderness - 15. Mär, 23:12

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Dienstag, 3. Mai 2011

Erdöl in Paris

Auf der Suche nach "literarischen Psychopathographien" fand ich neulich beim Durchstöbern der kleinen gelben Bücher beim Antiquar meines Vertrauens einen Band von Jean Giraudoux. Das sagt Ihnen nichts? Doch? Mir sagte das nichts. Nur selten überkommt mich die Lust einen Franzosen ( wahlweise auch mit algerischen Wurzeln ) zu lesen. Das geht meistens nicht gut aus und verdirbt die Stimmung auf Tage. Der Titel jedoch sprach mich sofort an: "Die Irre von Chaillot". Natürlich denkt man bei "literarischen Psychopathographien" an Irre, Verrückte, Entrückte. So ist es auch in der universitären Veranstaltung gleichen Namens. Ständig sind wir im Seminar in Klapsmühlen unterwegs, meist aus Sicht der Zuschauer, manchmal aber auch aus Sicht des Verrückten - Georg Heym ( Der Irre ) soll an dieser Stelle dafür Pate stehen. Was läge da näher, als sich das Büchlein anzusehen?
Gesagt getan. Ein Theaterstück, ausufernd bis in den letzten Winkel. Es sind teilweise so viele Statisten auf der Bühne, dass man sich fragen könnte, wer überhaupt die Hauptrolle spielt? Ein Verwirrstück, wie ein Film mit Louis de Funès. Da geht auch immer alles drunter und drüber. Die Dialoge sind spritzig, witzig und voll von Bos- oder auch Wahrheiten. In Zeiten von Finanzblasen und Politikverdrossenheit gibt es kaum bessere Begleiter. Herrlich auf die Schippe genommen werden hier vor allem die "Makker". Die Makker sind die Lobbyisten, die Spekulanten, die Protektoren und Verwaltungsräte. Makker sind einfach alle, die sich dem reinen Profitdenken verschrieben haben. Die bösen Männer eben. Bei Giraudoux fassen sie den Plan, Paris zu unterhöhlen, um an die Erdölvorkommen heranzukommen. Ob dort tatsächlich welches zu finden ist, ist nebensächlich.
Aber da ist noch die Irre von Chaillot. Sie ist undefiniert alt. Sucht ständig etwas, was sie vor langer Zeit verloren hat oder ihr gestohlen wurde - nur ihren Verstand, den scheint sie nicht zu vermissen. Es wird auch nicht ganz klar, worin ihre Verrücktheit besteht. Vielleicht ist es nur die Tatsache, von den Makkern bisher nichts bemerkt zu haben? Aber das holt sie nach. Sie lässt sich aufklären und schmiedet mit ihren verrückten Freundinnen einen perfiden Plan, die Welt von allen Makkern auf einmal zu befreien. Viel zu durchsichtig kommt die Handlung hier daher. Schon im ersten Akt offenbart sich dem Leser die Lösung. Aber wie schon bei der Menge der Figuren ist das Finale in seiner Wirkung nur Statist. Alles ist Statist oder besser: der Weg ist das Ziel. Der Weg sind endlose kleinteilige Dialoge, sprühend vor Witz und Weisheit. Selbst die Irren - es werden mit der Zeit immer mehr - verlieren sich auf dem Weg zum Finale in Nebenschauplätzen. Da wird über einen Anwesenden gesprochen, den niemand sehen kann. Einer toten Katze wird verboten, sich auf den Schoß von Aurelie - die Irre von Chaillot - zu setzen.
Doch am Ende bekommen die bösen Männer ihr Fett weg. In einem Tunnel mit einer Kreuzung und 6 Sackgassen daran werden sie eingesperrt und verschwinden auf Nimmerwiedersehen. Im "Jahrhundert der Brennstoffe" funktionierte so etwas nur kurzzeitig im Theater, dann wurde das Stück von den Nazis verboten.
In puncto "literarische Psychopathographien" blieb das Stück hinter meinen Erwartungen. Der Titel täuschte. Dafür las es sich jedoch gut in einem weg und entsprach überhaupt nicht dem Bild der schweren Kost, die mir bisher bei den Franzosen untergekommen ist.

Suche

 

Status

Online seit 4901 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 22. Mär, 21:06

Lesen

Credits


xml version of this page
xml version of this page (summary)
xml version of this page (with comments)

twoday.net AGB

Blogverzeichnis Creative Commons Lizenzvertrag
Shhhhh.

Alles nur Theater
Auf Spatzen geschossen
Auslaufmodell Buch
Den Ball gespielt
Der alltägliche K(r)ampf
Die kleine Form
Gedankeninseln
Geldregierung Arbeitsplatz
Gelegenheitslyrik
HaCK
Herr Fischer
Klassenraum
Links
Mensagespräche
Nichts Spezielles
Ohne Brille
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren