Juan S. Guses Roman "Lärm und Wälder" - keine Rezension
Das heutige Seminar war zu kurz. Es hatte exakt die gleiche Zeitspanne zur Verfügung wie sonst auch, aber sie reichte nicht aus. Bezüglich meines Tiefs, hatte ich heute vorgesorgt, indem ich eine Viertelstunde eher da war, die Cafeteria aufsuchte und mir einen großen Latte macchiato mit Weißer-Schokolade-Sirup bestellte, den ich dann in der mir übrigen Zeit vor Seminarbeginn austrank. Üblicherweise bestelle ich keinen Sirup, üblicherweise trinke ich meinen Kaffee mit Pfefferminzsirup, den mache ich mir allerdings selbst und das zweimal die Woche an meinem Arbeitsplatz, dem Spandau. Dort überfällt mich nie ein Tief, auch nicht zur Mittagszeit. Diesen signifikanten Zusammenhang machte ich mir zu Nutze und ging also gestärkt zum Seminar.
Wir hatten einen Gast dort, den Autor eines Romans, Juan S. Guse. Sein Roman heißt „Lärm und Wälder“. Zur Vorbereitung las ich sein Buch nicht, sondern schaute mir nur die eine oder andere Rezension an. Ich muss gerade so viele Bücher lesen, dass ich mit meiner Zeit wirklich sehr gut haushalten muss. Und dieses Buch wurde uns zwar anempfohlen, gehört aber nicht direkt zum Stoff des Seminars, und das für nächste Woche angesetzte Buch, von dem ich bislang nur ca. 80 Seiten gelesen habe, schlummert aus Zeit- und Lustmangel noch immer in der Warteschleife. Was ich stattdessen lese und las, findet sich zum Teil hier im Blog beschrieben und ein anderer Teil befindet sich auf meinem Schreibtisch. Das Buch für kommende Woche ist allerdings Stoff des Seminars, da werde ich mich noch ranhalten müssen.
Jedenfalls erzählte uns Juan eine ganze Menge zu seinem Roman, ein wenig zum Buchbetrieb und noch weniger von seiner Arbeit daran. Vielmehr las er ein paar spannende Passagen aus seinem Buch vor. Die Beeindruckendste war mit Abstand ein Kapitel, das nur aus einzelnen Gesprächsfetzen zu bestehen schien und manchmal sogar Sinn ergab, wenn das Gespräch nur lang genug war. Dies sollte auch so sein. Davon gibt es vier Kapitel in dem Buch, sie heißen „Hotline“, wenn ich mich recht erinnere.
Diese Kapitel geben Gespräche wider, die von den Bewohnern der „gated communities“ mit ihren Verwaltern geführt wurden, also wenn mal der Wasserhahn tropft, die Katze entlaufen ist, sowas. Darin kam eine Szene vor, wo der Anrufer sich mit einem Strauß Blumen bei seiner Nachbarin dafür entschuldigen wollte, dass er sich irrtümlicherweise in ihren, statt in seinen Garten gelegt hat nach der Arbeit, um sich, wie er es sonst auch immer tut, fünf Minuten auf einem der Liegestühle zu entspannen, bevor er ins Haus geht. Er bemerkt seinen Fauxpas zu spät, er wird entdeckt, Gekreisch, Panik usw. Und nun ruft er bei seiner „Mutti“ an, dem Servicetelefon des Wohnkomplexes, um der Frau, seiner Nachbarin, einen Blumenstrauß nebst Entschuldigungsschreiben zukommen zu lassen. Darin macht er deutlich, wie peinlich ihm das Ganze ist, und wie sehr er es bedauert, dass seine Nachbarin ihn auf diese Weise kennenlernen musste. Er wohnt dort schon seit sieben Jahren, aber das sei ihm noch nie passiert. Und es sollen keine Rosen sein, sagt er noch, er wolle ja nicht als perverser Stalker (sinngemäß) in seiner Nachbarschaft bekannt werden.
Diese Szene finde ich deshalb so stark, weil sie ein Klischee bedient, das jeder kennt. Die Darstellung ist durchaus witzig und wir haben uns darüber natürlich köstlich amüsiert, aber im Grunde genommen ist diese Szene bei längerer Betrachtung ein Apfelstückchen, das uns im Halse stecken bleibt. Erstmal köstlich und dann tragisch. Wir könnten darüber nicht lachen, wenn wir nicht jemanden kennen würden, dem es schon einmal so ergangen ist oder wir selbst in so einer Situation waren. Wir könnten nichts mit der Komik anfangen, wenn sie uns nicht allzu bekannt vorgekommen wäre. Wer hielt nicht schon einmal ein Stockwerk zu früh und wunderte sich, dass der eigene Schlüssel nicht passte? Oder krasser: Wer kennt denn alle seine Nachbarn? Womöglich in einem Mehrfamilienhaus in einer Großstadt, oder die Leute von einem solchen Haus nebenan, die vielleicht auf der gleichen Etage, Wand an Wand auf ihre Fernseher starren, die sich mit dem Rücken gegenübersitzen.
Juan sagte auch, er wolle mit seinem Buch keine Kritik an diesen Wohnkomplexen üben, er wolle Fragen stellen. Er wies darauf hin, dass wir Teil des Problems sind. Dass es diese "Abschottung", wie er es nannte, im ganz Kleinen und im ganz Großen gäbe.
So ging die Seminarzeit dahin. Es wurde noch einiges mehr geredet, was ich hier gar nicht in aller Ausführlichkeit schildern möchte und kann. Es wurde noch geredet, da hatte ich längst meine Sachen gepackt, weil ich dringend meinen Sohn aus der Kita abzuholen hatte. Wer weiß, wie lange die dort noch gesessen haben. Nicht mal für das Kaffeeexperiment reichte die Zeit, ich verließ den Raum genau so hellwach, wie ich ihn betreten hatte.
Wir hatten einen Gast dort, den Autor eines Romans, Juan S. Guse. Sein Roman heißt „Lärm und Wälder“. Zur Vorbereitung las ich sein Buch nicht, sondern schaute mir nur die eine oder andere Rezension an. Ich muss gerade so viele Bücher lesen, dass ich mit meiner Zeit wirklich sehr gut haushalten muss. Und dieses Buch wurde uns zwar anempfohlen, gehört aber nicht direkt zum Stoff des Seminars, und das für nächste Woche angesetzte Buch, von dem ich bislang nur ca. 80 Seiten gelesen habe, schlummert aus Zeit- und Lustmangel noch immer in der Warteschleife. Was ich stattdessen lese und las, findet sich zum Teil hier im Blog beschrieben und ein anderer Teil befindet sich auf meinem Schreibtisch. Das Buch für kommende Woche ist allerdings Stoff des Seminars, da werde ich mich noch ranhalten müssen.
Jedenfalls erzählte uns Juan eine ganze Menge zu seinem Roman, ein wenig zum Buchbetrieb und noch weniger von seiner Arbeit daran. Vielmehr las er ein paar spannende Passagen aus seinem Buch vor. Die Beeindruckendste war mit Abstand ein Kapitel, das nur aus einzelnen Gesprächsfetzen zu bestehen schien und manchmal sogar Sinn ergab, wenn das Gespräch nur lang genug war. Dies sollte auch so sein. Davon gibt es vier Kapitel in dem Buch, sie heißen „Hotline“, wenn ich mich recht erinnere.
Diese Kapitel geben Gespräche wider, die von den Bewohnern der „gated communities“ mit ihren Verwaltern geführt wurden, also wenn mal der Wasserhahn tropft, die Katze entlaufen ist, sowas. Darin kam eine Szene vor, wo der Anrufer sich mit einem Strauß Blumen bei seiner Nachbarin dafür entschuldigen wollte, dass er sich irrtümlicherweise in ihren, statt in seinen Garten gelegt hat nach der Arbeit, um sich, wie er es sonst auch immer tut, fünf Minuten auf einem der Liegestühle zu entspannen, bevor er ins Haus geht. Er bemerkt seinen Fauxpas zu spät, er wird entdeckt, Gekreisch, Panik usw. Und nun ruft er bei seiner „Mutti“ an, dem Servicetelefon des Wohnkomplexes, um der Frau, seiner Nachbarin, einen Blumenstrauß nebst Entschuldigungsschreiben zukommen zu lassen. Darin macht er deutlich, wie peinlich ihm das Ganze ist, und wie sehr er es bedauert, dass seine Nachbarin ihn auf diese Weise kennenlernen musste. Er wohnt dort schon seit sieben Jahren, aber das sei ihm noch nie passiert. Und es sollen keine Rosen sein, sagt er noch, er wolle ja nicht als perverser Stalker (sinngemäß) in seiner Nachbarschaft bekannt werden.
Diese Szene finde ich deshalb so stark, weil sie ein Klischee bedient, das jeder kennt. Die Darstellung ist durchaus witzig und wir haben uns darüber natürlich köstlich amüsiert, aber im Grunde genommen ist diese Szene bei längerer Betrachtung ein Apfelstückchen, das uns im Halse stecken bleibt. Erstmal köstlich und dann tragisch. Wir könnten darüber nicht lachen, wenn wir nicht jemanden kennen würden, dem es schon einmal so ergangen ist oder wir selbst in so einer Situation waren. Wir könnten nichts mit der Komik anfangen, wenn sie uns nicht allzu bekannt vorgekommen wäre. Wer hielt nicht schon einmal ein Stockwerk zu früh und wunderte sich, dass der eigene Schlüssel nicht passte? Oder krasser: Wer kennt denn alle seine Nachbarn? Womöglich in einem Mehrfamilienhaus in einer Großstadt, oder die Leute von einem solchen Haus nebenan, die vielleicht auf der gleichen Etage, Wand an Wand auf ihre Fernseher starren, die sich mit dem Rücken gegenübersitzen.
Juan sagte auch, er wolle mit seinem Buch keine Kritik an diesen Wohnkomplexen üben, er wolle Fragen stellen. Er wies darauf hin, dass wir Teil des Problems sind. Dass es diese "Abschottung", wie er es nannte, im ganz Kleinen und im ganz Großen gäbe.
So ging die Seminarzeit dahin. Es wurde noch einiges mehr geredet, was ich hier gar nicht in aller Ausführlichkeit schildern möchte und kann. Es wurde noch geredet, da hatte ich längst meine Sachen gepackt, weil ich dringend meinen Sohn aus der Kita abzuholen hatte. Wer weiß, wie lange die dort noch gesessen haben. Nicht mal für das Kaffeeexperiment reichte die Zeit, ich verließ den Raum genau so hellwach, wie ich ihn betreten hatte.
Shhhhh - 18. Nov, 23:29