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Im Sumpf des Silberrückens

Dieser Text gehört zu der bekannten Reihe um den geschäftigen Laborchef Dr. Klenk.

Grau, teurer Freund, ist alle Theorie. Nicht nur die eine Theorie zu Grau hatte der gute Goethe, sondern mindestens zwei sind weithin bekannt. Das Grau steht hier für die Tristesse eines theorieüberladenen Magisterlebens auf der einen Seite und auf der anderen hatte Goethe seine ganz eigene Theorie zur Farbenlehre, dem Grau kommt dabei noch eine besondere Rolle zu, wie wir gleich feststellen werden.

Der zweiten Tristesse, also dem Grau nicht im, sondern auf dem Kopf, wurde vor kurzem der Kampf angesagt. Einerseits, so sagt es uns Doktor Klenk, sei es ein neuer Megatrend, zu seinem grauen Haupthaar zu stehen, und andererseits hätte er ein probates Mittel entdeckt, das Grau auch auf seine Farbechtheit hin erstrahlen zu lassen. Doktor Klenk bemächtigte sich nämlich der Theorie Goethes und hat sie für uns alle praxistauglich gemacht. „Mit Blick auf die steigenden Verkaufszahlen“ zeigt sich der Herr Doktor deshalb sehr selbstbewusst und zuversichtlich. Doch Moment! Worum geht es hier überhaupt?

Fangen wir besser am Anfang an: „Und grün des Lebens goldner Baum.“, endet das berühmte Bonmot Goethes und nichts anderes hat der Doktor Klenk getan. Er hat sich zum einen der etwas seltsamen Farbmetapher bedient; die als Kulturartikel getarnte Werbebotschaft in der Zeitung mit der gewagten thesenartigen Überschrift „Goethe hätte PowerGrau genommen“ beginnt nämlich mit einem ähnlich gut ausgeklügelten Teaser: „Der bekannte Laborchef Dr. A. Klenk über sein Shampoo, das graue Männer vom Gilb befreit.“ Und zum zweiten kann hier die Farbenlehre Goethes nachvollzogen werden, denn: grün ist des Lebens goldner Baum!

Das Grau des Hauptes ist vom Gilb beschmutzt. Dr. Klenk kämpfte jahrelang um die Emanzipation des Grau, weil er mittlerweile selbst ergraut ist über seine Tätigkeit im Labor, und Alpecin stellt ja leider keine Haarfärbemittel her. Wie hat er das gemacht? Er hat seinem Shampoo „lila Farbpigmente“ beigemengt, die den Gilb abdecken und das Grau in seinem vollen Glanz erstrahlen lassen. Um dies zu verdeutlichen hat er seiner Werbebotschaft diesmal keine Wachstumskurve beigefügt, sondern 5 Haarsträhnen unterschiedlicher Couleur, die im Verlaufe von keiner Haarbehandlung über 5, 10, 30 bis insgesamt 60 Haarwäschen immer grauer werden. So oder so ähnlich findet sich das Ganze schon bei Goethe, der ja ein großer Kenner allen Grauens, äh Graues war.

Mit diesem einmaligen Produkt können Sie sich, werte Leser, in einen echten Silberrücken verwandeln! Niemand wird Sie mehr auf Ihren Zigarettenkonsum, auf Ihre manisch anmutenden Höhensonnensitzungen oder schlicht auf Ihren straßenköterblonden Schopf ansprechen. Einzige Schwäche der Argumentation ist die Dauer der Behandlung, die nicht weiter spezifiziert wurde auf einen bestimmten Zeitraum. Es stellt sich nämlich die Frage, ob Sie die Haarwäsche mit einem Mal auf 60 Anwendungen bringen müssen und ob Sie nach den 60 erfolgten Haarwäschen damit aufhören müssen. Ich für meinen Teil vermute ja, dass sich hinter diesem Zurückhalten wichtiger Informationen ein weiteres Kalkül versteckt: Sollten Sie die Haarwäschen auf einmal ausführen, könnte es sein, dass Sie 1. sehr viel Shampoo benötigen und 2. nach erfolgter Behandlung eventuell auch noch das Mittel gegen Haarausfall kaufen, weil sich ihr Schädel in ein Feuchtbiotop verwandelt hat. Oder sollten Sie die Haarwäschen in den üblichen Haarwaschprozeduren über einen normalen Zeitraum absolvieren, von sagen wir 60 Tagen, und sich deshalb das Ergebnis nicht einstellen, kaufen Sie noch mehr von diesem Mittel. Alles in allem eine Win-Win-Situation.

Gratulieren wir also dem Laborchef Dr. Klenk für seine ausgeklügeltes Produkt (und hier noch die beispielhafte Werbeanzeige aus der Presse)!
nömix - 30. Mai, 11:17

Wie aus dem Artikel zu erfahren ist, wirkt Herr Dr. Klenk angeblich in Bielefeld – das gibt zu denken ..

Shhhhh - 30. Mai, 11:25

Worauf wollen Sie da hinaus? Die Verschwörungstheorie um Bielefeld ist doch ein alter Hut; und den trägt man bekanntlich, um seine Glatze zu verbergen.
Trithemius - 30. Mai, 17:31

Wesentlich besser als Dr. Klenks Haare (leichter Rosa-Stich) sieht ja das Haar von Amtstierarzt Matthias Rott aus. Ob er die 60 + Wäschen schon hinter sich hat, Dr. Klenk aber aus purem Zeitmangel (er muss ja immerzu Mikroskopieren) erst bei 30 Haarwäschen angekommen ist? Auch Herr Martin Opitz, abgebildet über Dr. Klenk, scheint noch kein echter Silberrücken zu sein. Will er vermutlich nicht, er ist ja ein Baulöwe, hehe.

Goethe würde sich schön wundern, dass sein ganzer Stolz, die Farbenlehre, heute nur noch von Dr. Klenk gepriesen wird und da auch nur, um Kopfseife zu verkaufen.

Shhhhh - 30. Mai, 19:10

Immerhin wird Goethe von Dr. Klenk sehr ernst genommen.

Achso, dort, wo ich den Artikel zuerst sah, konnte ich ihn leider nicht verlinken, das war auf der Kulturseite der HAZ, wo ein Goethe in der Überschrift natürlich einiges her macht.
Bubi40 - 31. Mai, 09:58

aus voller überzeugung und vehement lehne ich Dr. Klenks "PowerGrau" ab und gebe mich mit vergnügen dem "Gilb" hin, um meine kräfte zu schonen; denn siehe, es steht geschrieben:
"Ja, ich will euch tragen bis ins Alter und bis ihr grau werdet. Ich will es tun, ich will heben und tragen und erretten." Jesaja 46.4

Shhhhh - 31. Mai, 15:06

Ich habe eher das Problem, dass Haarprobe Numero 1 meiner Haarfarbe dermaßen gleicht, dass ich Angst habe, aus mehr als Gilb bestehen meine Haare nicht. Ich bin also Ihrer Meinung;)
la-mamma - 31. Mai, 14:55

was für eine schöne kleine abhandlung! (mein heutiger ich-war-da-kommentar ...)

Shhhhh - 31. Mai, 15:03

Ich habe keinen Kommentar hinterlassen, weil meine letzte Zirkuserfahrung so lange zurückliegt, dass ich mich nur daran erinnern kann, wie ein Klassenfreund beim rückwärts gehen gegen einen Laternmast lief und mit einer Platzwunde am Kopf von den Eltern abgeholt werden musste.
Graue Haare habe ich mir deshalb aber nicht wachsen lassen.

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