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Donnerstag, 29. September 2016

Von unbestimmten Zahladjektiven

Die unbestimmten Zahladjektive sind ein Mythos, den wir heute zu entzaubern versuchen. Dafür müssen wir zuerst einmal festlegen, was denn mit unbestimmten Zahladjektiven überhaupt gemeint sein kann. Und was eignet sich da besser, als diesen Wust an Vokabeln einmal auseinanderzunehmen:

Das Wort unbestimmt deutet ja schon darauf hin, dass es sich hierbei um einen Graubereich handelt, der Linguisten wie Lingiuniker aussehen lässt, denn in ihrer Verzweiflung scheint ihnen kein besseres Wort eingefallen zu sein, jedenfalls kein gut abgehangenes, der Distinktion dienendes Fremdwort. Zahladjektive ist ein genauso schwammiger Begriff, der spätestens, wenn Sie ihn auseinandernehmen nicht mehr zusammenzusetzen ist. Zahlen sind keine Adjektive und Adjektive sind keine Zahlen. Und auch der Kitt, das sogenannte, kollokativ benutzte „unbestimmt“ kann nicht darüber hinweghelfen, dass diese Ehe arrangiert worden ist.

Aber kommen wir nun zum Eigentlichen, den hier als Beispiel dienenden Wörtern viel und wenig. Viel ist ja bekanntlich mehr als wenig und weniger ist manchmal mehr. Ja, da geht es schon los mit der Unbestimmtheit. Viel ist nämlich mehr als wenig, während weniger auch weniger als wenig ist. Weniger ist aber auch mehr als am wenigsten und viel könnte auch weniger sein, wenn mehr weniger als am meisten ist. Da hört es dann nämlich plötzlich auf mit der Unbestimmtheit, denn was ist an am meisten oder am wenigsten noch unbestimmt? Weniger als am wenigsten geht nicht mehr und mehr als am meisten auch nicht. Bei der Komparation von unbestimmten Zahladjektiven kann deshalb gar nicht von einer Komparation gesprochen werden, sondern eher von einer Konkretation der Verhältnisse.

Das hilft natürlich herzlich wenig, wenn wir gar nicht wissen, was viel oder wenig bedeutet. Was übrigens auf sämtliche Adjektive zutrifft, denn Komparativ heißt Vergleichsstufe und ist aus dem Lateinischen entlehnt (comparare = vergleichen). Die Relativität des Vergleichs vermittelt nämlich erst die Bestimmtheit, was umgekehrt zur Folge hat, dass alle Adjektive unbestimmt sein müssen, sobald man sie steigern kann. Während ich als knapp 2 Meter großer Mann einen 1,75 Meter großen Mann als klein bezeichnen würde, gibt eine Frau mit 1,50 Meter Körpergröße diesen womöglich als groß an. Um auf die Frage zurückzukommen, die sich oben ergeben hat, ist es also bei viel und weniger die Menge, die unbestimmt bleibt.

Noch ein Grund auf das „unbestimmt“ zu verzichten, findet sich in der Bezeichnung „unbestimmter Artikel“, der gar nicht so unbestimmt daher kommt, wie es auf den ersten Blick scheint. Unbestimmte Artikel sind nur deshalb unbestimmt, weil sie sich nicht auf ein bestimmtes Objekt beziehen, sondern auf eine Vielzahl von Objekten, denen ein Objekt als Statthalter, sozusagen ein Prototyp, dient. Die Menge, wie bei den Adjektiven viel und wenig, ist dabei keineswegs unbestimmt. Es ist immer nur ein Objekt. Diese höchst zweideutige Verwendung des Begriffes unbestimmt, macht es noch viel unfassbarer, was wir uns unter einem unbestimmten Zahladjektiv vorzustellen haben. Die weitaus geläufigere Verwendung des Unbestimmten findet sich nämlich bei den Artikeln, während unbestimmte Zahladjektive so etwas wie den Randbereich einer Peripherie darstellen, was die Benutzung des Fachterminus anbelangt. Jeder Grundschüler wird mit einem unbestimmten Artikel etwas anfangen können, während das unbestimmte Zahladjektiv schon allein wegen der eigentümlich vermurksten (angeblich kindgerechten) Sprachverhunzung „unbestimmtes Zahl-Wie-Wort“ heißen müsste. Wie? Ja! Wie! Fragen Sie mal mit Wie nach viel oder wenig!

Die Steigerungsstufen von viel sind diesem übrigens nur angedichtet und das im wahrsten (haha) Sinne des Wortes. Viel kann nämlich nicht gesteigert werden. Die Wörter vieler und am vielsten gibt es nicht. Schauen wir ins etymologische Wörterbuch, wird schnell klar, dass die Komparation von viel aus dem ursprünglichen Verb des Nhd. maeren stammt und stark mit dem heute noch gebräuchlichen Wort Märchen verwandt ist. Dass sich die Sprache und Sprachwissenschaft so herrlich fügt wie bei viel, mehr und am meisten, ist natürlich ein Sonderfall. Und dass Linguisten dem Ganzen einen komischen Namen geben, ist ein Unfall; womit wir wieder zwei Fälle geklärt hätten. Guten Abend.

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