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Paar Nummer eins

Das ist mein Beitrag zum Projekt "Kleider machen Leute"vom Wortmischer. Ein Beitrag für den Buchstaben T wie Turnschuhe oder T wie alte Treter. Mitmachen ist ausdrücklich erwünscht!




Ich besitze ein paar Turnschuhe, die ich schon seit geraumer Zeit nicht mehr trage. Insgesamt sind es drei Paar. Das Jüngste davon kam dem Original meines persönlichen Geschmacks sehr nahe, welches mein zweites Paar darstellte. Das älteste Paar Turnschuhe von diesen dreien ist mir allerdings nicht nur deshalb ans Herz gewachsen, weil es die zwei jüngeren „nur“ überlebte, sondern weil ich es außerdem bis letztes Jahr auch noch getragen habe. Alle drei Paar sind mittlerweile zerschlissen, das älteste jedoch hat am längsten gehalten.

Als ich mir das Paar gekauft hatte, ging ich noch zur Schule. Ich hatte einen Nebenjob oder auch zwei, genau kann ich das nicht mehr sagen, es liegt knapp 20 Jahre zurück. Meine Füße waren zu diesem Zeitpunkt ausgewachsen; zu einem ordentlichen Latschen. Das Paar erstand ich im Schlussverkauf, es war eine Nummer zu groß, und ich kaufte die Schuhe von meinem eigenen Geld. Ich musste zum ersten Mal nicht mit meinen Eltern darüber verhandeln, was Schuhe kosten dürfen, sondern nur mit mir ausmachen, ob ich mir die Schuhe leisten könnte. Konnte ich mir gerade so eben. Sie haben mehr als 100 Mark gekostet, vielleicht sogar 200 oder 150, ich weiß es nicht mehr. Für mich war das sehr viel Geld und für andere kein schönes Paar Schuhe, wo doch die Treter erst richtig gut waren, wenn sie 250 oder 300 kosteten, von Puma oder Adidas waren. Ich kaufte dieses Paar New Balance.



Danach hatte ich einen weiteren Nebenjob im Ratskeller in Magdeburg, wo ich diese Schuhe trug. Überhaupt trug ich diese Schuhe überall und immer. In der Schule, in der Freizeit, auf der Arbeit. So ging das Jahre. Es kamen einen Menge anderer Schuhe dazwischen, schöne Schuhe, Halbschuhe, Winterschuhe, Echtlederschuhe, auch andere Turnschuhe, aber immer wieder trug ich dieses eine Paar. Die anderen Schuhe kamen und gingen, das waren mittlerweile meine guten Schuhe, die ich immer und überall trug, während dieses eine Paar, Paar Nummer eins, plötzlich zu Arbeitsschuhen wurde. Und als ich sie nicht einmal zur Arbeit tragen konnte, weil ich dort mittlerweile auf Hochglanz polierte schwarze Halbschuhe trug, degradierte ich sie zu Schuhen, die ich auf Wohnungsumzügen, bei Streicharbeiten, bei Gefälligkeitsarbeiten von Freunden trug.

Als ich dann zu studieren anfing, holte ich sie wieder hervor und verbrachte damit so manche Schicht am Strandleben. Dabei fiel dann auch irgendwann die erste Lasche ab, links, man sieht es ganz gut auf dem Foto. Die rechte Lasche hängt noch, der Kleber hat sich am Rand etwas gelöst, aber im Grunde ist sie noch fest. Man sieht auch ganz gut die vielen Farbspritzer darauf, das kaputte Innenfutter.

Diese Schuhe mussten für die wirklich dreckigen Jobs herhalten. Meistens jedenfalls. Eine Zeitlang hatte ich sie völlig vergessen, als das Paar Nummer zwei plötzlich da war. Damit war ich in Kolumbien und bin durch das kniehohe Wasser des Atlantiks gewatet. Damit habe ich meine erste eigene Küche gebaut, die heute noch immer steht, dreimal umgebaut und umgezogen. Nur die Schuhe haben den Aufbau der ersten nicht überlebt. Beinahe hätte ich mir den Fuß abgesägt, streifte glücklicherweise nur das Futter des linken Schuhs, danach war es eine Sandale. Es war wieder Zeit für mein altes Paar.

Das dritte lief ich einfach kaputt, die Sohle brach und machte daraus einen Schönwetterschuh. Als sie abbrach und nur noch auf dem Innenfutter lief, holte ich Paar Nummer eins wieder hervor, bis das nächste Paar kam. Schuhe werden bei mir nicht alt, ein Jahr, maximal zwei; und dazwischen trug ich immer das Paar Nummer eins.

Als wir letztes Jahr in unsere neue Wohnung gezogen sind und ich fast 6 Wochen renoviert habe, sind sie mir endgültig kaputt gegangen. Die beiden Luftpolster hinten brachen auf, eins nach dem anderen. Als hätten sie sich abgesprochen, dass nun aber wirklich Schluss sei. Meine Turnschuhe, meine alten Treter, mein Paar Nummer eins.
Lo - 12. Jan, 08:55

Man könnte...

... aus ihnen aber immer noch eine vermutlich sehr schmackhafte Bouillon kochen.

Shhhhh - 12. Jan, 16:10

Gilt die Bouillon dann als vegetarisch?
Lo - 12. Jan, 18:01

Falls Spuren von Käse nachgewiesen werden können, vermutlich nicht.
Trithemius - 12. Jan, 18:50

Außerdem gibt es da den Besatz aus Wildleder.
Shhhhh - 13. Jan, 09:01

Käse ist da keiner drin. Die Schuhe waren regelmäßig in der Waschmaschine. Und das Wildleder ist bestimmt nicht echt.
Trithemius - 12. Jan, 09:18

Ich würde sie nach dem Auskochen zu Bouillon in Kunstharz eingießen und nach Marbach geben. Den Text dazu haben sie ja schon.

Shhhhh - 12. Jan, 16:11

Auch eine Idee. Ich dachte eher daran, sie an den Hersteller zu schicken und mir für die herzerwärmende Lobhudelei ein neues Paar aussuchen zu dürfen.
wortmischer - 12. Jan, 11:05

Hat nicht jede(r) so ein Paar Schuhe? Bei mir waren es keine Turnschuh sondern - ja, wie nennt man diese Dinger eigentlich. Also Rentnertreter waren es nicht, Wanderschuhe aber auch nicht. Wahrscheinlich würde man sie neudeutsch Outdoor-Schuhe nennen, die ich für einen Urlaub im Bergland rund um den Ossiacher See gekauft hatte und die viele Jahre später nach dem Abbeizen eines alten Schrankes auseinander fielen.

Ach ja, und als Turnschuhträger war ich einer der lemminghaften Adidas-Samba-Typen.

Vielen herzlichen Dank für diese wunderbare Geschichte aus dem Land der Erinnerungen.

Shhhhh - 12. Jan, 16:12

Keine Ursache. Den Text wollte ich schon eine ganze Weile lang schreiben und nun gab es sogar den richtigen Anlass dafür.
Trithemius - 12. Jan, 18:53

Nachfragen wollte ich noch nach dem " kniehohen Wasser des Atlantiks". Ist das wirklich wahr?

Shhhhh - 12. Jan, 23:40

Ja, aber nur in Ufernähe. Weiter hinten, so streut sich das Gerücht, soll es noch viel tiefer sein.
Trithemius - 13. Jan, 23:22

Erst hoch, dann tief, mit dem Atlantik soll sich einer auskennen.
krtz - 17. Feb, 14:21

Nu, wenn ich denn schon einen Account hier habe, will ich auch das noch loswerden: schööön! Und: notfalls an die Wand nageln. Könnte man sogar Schlüssel und Kleingeld drin aufbewahren, Botschaften, was halt so anfällt.

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