Lektorat und Verlag: Sabine Felsberg und Matthias Wehrhahn
Teil 4
Dem gewonnenen Freitagstexter ist die längere Pause zwischen Beitrag und Vorlesung geschuldet. Außerdem war ich mit mehreren Textenwürfen ins Rennen gegangen, die allesamt in meinem Ideenbuch verewigt sind, es aber bis auf den letzten nicht in dieses Blog geschafft haben.
Eigentlich hatte ich vor, aus der Vorlesung am letzten Mittwoch ein Fußballspiel zu machen. Die Mannschaften der Buchmarktliga, der FC Verlag geführt von Matthias Wehrhahn als krasser Außenseiter und die SpVgg Lektorat mit Sabine Felsberg an der Spitze, sollten im Continentalstadion aufeinandertreffen. Der Unparteiische, Alexander Košenina leitender Professor der Veranstaltung, gäbe, nachdem er die „Fans“ zur Ruhe bittet, den Ball frei. Anstoß hätte der Erstligist SpVgg Lektorat im Stadion des Drittligisten. So ungefähr sollte es losgehen. Es schlichen sich jedoch Zweifel ein im weiteren Verlauf der Vorlesung, ob ich den Vortragenden damit gerecht werden könnte, denn der Lektorin gleich zu Beginn vorzuwerfen, das Tempo verschleppt zu haben, trifft zwar im Kern zu – Professor Alexander Košenina musste wie schon öfter während der Vorlesungsreihe behutsam auf die Eingangsfragen zurückkommen, weil ihm wie auch mir die Antwort nicht konkret genug erschien – deshalb war das Gesagte aber nicht weniger informativ. Matthias Wehrhahn hingegen war präziser aber nicht weniger ausführlich, was in der Gegenüberstellung die bloße Veränderung der Reihenfolge des Genannten ergeben hätte.
Bei dem ungewollten Seitenhieb auf den universitären „Arbeitsalltag“ kam mir zum ersten Mal die Idee des Fußballspiels: ich wollte daraus ein verwandeltes Abseitstor konstruieren. Das wurde vom Publikum auch dementsprechend gewürdigt. Als Sabine Felsberg nämlich in einem Nebensatz erwähnte, dass sie nicht an der Uni bleiben mochte, sie wollte lieber arbeiten, hatte sie die Lacher auf ihrer Seite. Und wie bei einem Abseitstor bleibt so etwas zwar im Kopf, am Ergebnis ändert sich aber wenig. Überhaupt verfestigte sich in mir der Gedanke, die Hauptthesen, also die essentiellen Ratschläge, in Tore zu verwandeln. Ich hätte den Außenseiter, den FC Verlag, mit einer 2:0 Führung in die Halbzeit geschickt und mit einem knappen 3:2 gewinnen lassen. Das entpuppte sich als eines der Probleme bei der Übertragung auf den Rasen, denn mein Faible für Außenseiter spiegelte sich sozusagen nur im Ballbesitz wider. Der Redeanteil von Matthias Wehrhahn war größer aber Sabine Felsberg sagte nicht weniger wichtige Dinge, auch wenn sie häufiger nicht gleich auf den Punkt kam.
Machen, einfach mal machen, rechtfertigte dann den ersten regulären Punkt des „Spiels“ für Matthias Wehrhahn: Gründet einen Verlag! war seine Devise und dem kann ich nur zustimmen. Ein Freund von mir hat das gemacht und ein Buch eines befreundeten Professors verlegt. Ich habe Korrektur gelesen seinerzeit, umsonst und nicht als einziger. Das Thema ist mir nicht gänzlich unbekannt gewesen, es interessiert mich sogar ausgesprochen und außerdem kann ich so was und wurde dafür schon des Öfteren bezahlt: Korrekturlesen. Mit der Aufgabe ist mein Freund, der im übrigen Verlagskaufmann gelernt hatte, bevor er studieren ging, nicht immer glücklich gewesen, weil der Autor kein leichter Umgang ist. Hin und wieder verkauft er noch ein Buch über Amazon, wickelt Versand und Bezahlung ab, demnächst wird er auf einer Tagung, bei der sein Professor einen Vortrag hält, ein paar Bücher einpacken und versuchen, sie dort an den Mann zu bringen. Ansonsten ist das Projekt ein wenig eingeschlafen. Mir brachte es einen Folgeauftrag ein, diesmal mit Bezahlung und von umfangreicherem Kaliber. Hier durfte ich mehr tun, als nur ein paar Sätze umformulieren und Kommas setzen. Ich sollte auch Zitationen vereinheitlichen, sinnlose Satzenden ausmerzen, das gesamte Dokument formatieren, ein Inhaltsverzeichnis anlegen usw. Hurenkinder und Schusterjungen habe ich nur wenige ausgemerzt, das wird wohl der Verlag besorgt haben. Mittlerweile liegt die Arbeit vor. Wie bei meinem Freund ist das Ganze bei mir ein wenig eingeschlafen.
Das 2:0 waren dann die Kontakte; die erwähnten beide, daher war das keine einfache Entscheidung. Matthias Wehrhahn ist dafür sogar auf wissenschaftliche Tagungen gefahren und hatte, wie er sagte, bei einigen seiner dort geknüpften Kontakte Engelsgeduld beweisen müssen, bis sich daraus etwas ergab. Abschreckend wirkten aber weder die Zeitspanne bis zur Entstehung einer fruchtbringenden Verbindung, noch die scheinbar seltsamen Rituale auf solchen Tagungen, die laut Professor Košenina „sehr seltsam“ sein sollen. Natürlich spielten die Kontakte bei Sabine Felsberg keine geringere Rolle aber für die erste Halbzeit sollte dies genügen.
Die zweite Halbzeit wurde durch den Anschlusstreffer eingeläutet, der gerade in punkto „Generation Praktikum“ eine fahlen Beigeschmack enthielt. Aber natürlich hatte Sabine Felsberg Recht, wenn sie sagte, dass Eigeninitiative im Praktikum durch nichts zu ersetzen ist – es ging dabei nicht ums Kaffekochen. Es geht auch nicht um die Punkte für die Schlüsselqualifikation, die kann sich jeder halbwegs intelligente Student auch so ergaunern, es geht um die Schlüsselqualifikation an sich. Ich habe mir die Punkte nicht ergaunert aber anrechnen lassen, weil ich vorher eine Ausbildung gemacht und die Qualifikation zum Ausbilder erworben hatte, bevor ich studieren ging. Um das ASP kam ich aber nicht herum, was gut war, denn Praxis ist eben nicht zu ersetzen.
Den Ausgleich hätte ich „vorverlegt“, was mir einerseits zum Spannungserhalt gedient hätte und andererseits eine zweite Schwäche meiner „Übertragung ins Fußballspiel“ offenbarte: Die „Fans“, das Plenum bzw. Publikum. Ich konnte das Publikum ja nicht einfach auf das Spielfeld rennen lassen, den Rasen, Torpfosten und Eckfahnen entwendend am Spielgeschehen teilnehmen lassen. Wie sollte ich also die „Nachspielzeit“, die „dritte Halbzeit“ ins Spiel bringen, ohne nicht ein bisschen kreativer werden zu müssen? Gar nicht. Deshalb ist die Beantwortung der Frage, die nicht der eigentlichen Frage gewidmet war, eine doppelte Ausnahme, was sie sozusagen schon wieder regulär macht. Um ehrlich zu sein, habe ich die Frage vergessen, denn die Antwort darauf war viel zu kurz und auch unwichtig. Den wirklich interessanten Teil erbrachte erst das „Nachtreten“, ein unangenehmes Geständnis für den Belletristikbuchmarkt aus Sicht des Verlegers: Keine Gedichte, keine Kurzgeschichten, keine Newcomer! Belletristik zu verlegen, ist wie Schach, nur mit Würfeln ( Lukas Podolski sagte einmal, dass Fußball wie Schach sei, nur eben ohne Würfel ).
Das 3:2 wäre die absolute Hingabe gewesen, die Liebe zu dem, was man da macht, denn gute Bezahlung gibt es irgendwie immer woanders ( wahrscheinlich muss man dafür seine Großmutter verkaufen ). Das war ebenfalls kein eindeutiger Treffer, denn beide sprachen davon. Beeindruckt hat mich aber die abgeklärte Begeisterung von Matthias Wehrhahn, das Bekenntnis, damit nicht reich zu werden, wovon sicherlich auch Sabine Felsberg ein Lied singen kann, wo sie doch den „sicheren“ aber wahrscheinlich thematisch wie finanziell eingeschränkten Hafen der Festanstellung durch Selbstständigkeit ersetzt hat. Gegen den Trend zu arbeiten und sich auf eine „Grille“ zu versteigen, das imponiert, das gab den Spielausgang vor.
Tja, so hätte ein spannendes Fußballspiel enden können, bei dem die „Sieger und Verlierer“ auf dem Rasen nicht das Wichtigste waren.
Teil 6
Dem gewonnenen Freitagstexter ist die längere Pause zwischen Beitrag und Vorlesung geschuldet. Außerdem war ich mit mehreren Textenwürfen ins Rennen gegangen, die allesamt in meinem Ideenbuch verewigt sind, es aber bis auf den letzten nicht in dieses Blog geschafft haben.
Eigentlich hatte ich vor, aus der Vorlesung am letzten Mittwoch ein Fußballspiel zu machen. Die Mannschaften der Buchmarktliga, der FC Verlag geführt von Matthias Wehrhahn als krasser Außenseiter und die SpVgg Lektorat mit Sabine Felsberg an der Spitze, sollten im Continentalstadion aufeinandertreffen. Der Unparteiische, Alexander Košenina leitender Professor der Veranstaltung, gäbe, nachdem er die „Fans“ zur Ruhe bittet, den Ball frei. Anstoß hätte der Erstligist SpVgg Lektorat im Stadion des Drittligisten. So ungefähr sollte es losgehen. Es schlichen sich jedoch Zweifel ein im weiteren Verlauf der Vorlesung, ob ich den Vortragenden damit gerecht werden könnte, denn der Lektorin gleich zu Beginn vorzuwerfen, das Tempo verschleppt zu haben, trifft zwar im Kern zu – Professor Alexander Košenina musste wie schon öfter während der Vorlesungsreihe behutsam auf die Eingangsfragen zurückkommen, weil ihm wie auch mir die Antwort nicht konkret genug erschien – deshalb war das Gesagte aber nicht weniger informativ. Matthias Wehrhahn hingegen war präziser aber nicht weniger ausführlich, was in der Gegenüberstellung die bloße Veränderung der Reihenfolge des Genannten ergeben hätte.
Bei dem ungewollten Seitenhieb auf den universitären „Arbeitsalltag“ kam mir zum ersten Mal die Idee des Fußballspiels: ich wollte daraus ein verwandeltes Abseitstor konstruieren. Das wurde vom Publikum auch dementsprechend gewürdigt. Als Sabine Felsberg nämlich in einem Nebensatz erwähnte, dass sie nicht an der Uni bleiben mochte, sie wollte lieber arbeiten, hatte sie die Lacher auf ihrer Seite. Und wie bei einem Abseitstor bleibt so etwas zwar im Kopf, am Ergebnis ändert sich aber wenig. Überhaupt verfestigte sich in mir der Gedanke, die Hauptthesen, also die essentiellen Ratschläge, in Tore zu verwandeln. Ich hätte den Außenseiter, den FC Verlag, mit einer 2:0 Führung in die Halbzeit geschickt und mit einem knappen 3:2 gewinnen lassen. Das entpuppte sich als eines der Probleme bei der Übertragung auf den Rasen, denn mein Faible für Außenseiter spiegelte sich sozusagen nur im Ballbesitz wider. Der Redeanteil von Matthias Wehrhahn war größer aber Sabine Felsberg sagte nicht weniger wichtige Dinge, auch wenn sie häufiger nicht gleich auf den Punkt kam.
Machen, einfach mal machen, rechtfertigte dann den ersten regulären Punkt des „Spiels“ für Matthias Wehrhahn: Gründet einen Verlag! war seine Devise und dem kann ich nur zustimmen. Ein Freund von mir hat das gemacht und ein Buch eines befreundeten Professors verlegt. Ich habe Korrektur gelesen seinerzeit, umsonst und nicht als einziger. Das Thema ist mir nicht gänzlich unbekannt gewesen, es interessiert mich sogar ausgesprochen und außerdem kann ich so was und wurde dafür schon des Öfteren bezahlt: Korrekturlesen. Mit der Aufgabe ist mein Freund, der im übrigen Verlagskaufmann gelernt hatte, bevor er studieren ging, nicht immer glücklich gewesen, weil der Autor kein leichter Umgang ist. Hin und wieder verkauft er noch ein Buch über Amazon, wickelt Versand und Bezahlung ab, demnächst wird er auf einer Tagung, bei der sein Professor einen Vortrag hält, ein paar Bücher einpacken und versuchen, sie dort an den Mann zu bringen. Ansonsten ist das Projekt ein wenig eingeschlafen. Mir brachte es einen Folgeauftrag ein, diesmal mit Bezahlung und von umfangreicherem Kaliber. Hier durfte ich mehr tun, als nur ein paar Sätze umformulieren und Kommas setzen. Ich sollte auch Zitationen vereinheitlichen, sinnlose Satzenden ausmerzen, das gesamte Dokument formatieren, ein Inhaltsverzeichnis anlegen usw. Hurenkinder und Schusterjungen habe ich nur wenige ausgemerzt, das wird wohl der Verlag besorgt haben. Mittlerweile liegt die Arbeit vor. Wie bei meinem Freund ist das Ganze bei mir ein wenig eingeschlafen.
Das 2:0 waren dann die Kontakte; die erwähnten beide, daher war das keine einfache Entscheidung. Matthias Wehrhahn ist dafür sogar auf wissenschaftliche Tagungen gefahren und hatte, wie er sagte, bei einigen seiner dort geknüpften Kontakte Engelsgeduld beweisen müssen, bis sich daraus etwas ergab. Abschreckend wirkten aber weder die Zeitspanne bis zur Entstehung einer fruchtbringenden Verbindung, noch die scheinbar seltsamen Rituale auf solchen Tagungen, die laut Professor Košenina „sehr seltsam“ sein sollen. Natürlich spielten die Kontakte bei Sabine Felsberg keine geringere Rolle aber für die erste Halbzeit sollte dies genügen.
Die zweite Halbzeit wurde durch den Anschlusstreffer eingeläutet, der gerade in punkto „Generation Praktikum“ eine fahlen Beigeschmack enthielt. Aber natürlich hatte Sabine Felsberg Recht, wenn sie sagte, dass Eigeninitiative im Praktikum durch nichts zu ersetzen ist – es ging dabei nicht ums Kaffekochen. Es geht auch nicht um die Punkte für die Schlüsselqualifikation, die kann sich jeder halbwegs intelligente Student auch so ergaunern, es geht um die Schlüsselqualifikation an sich. Ich habe mir die Punkte nicht ergaunert aber anrechnen lassen, weil ich vorher eine Ausbildung gemacht und die Qualifikation zum Ausbilder erworben hatte, bevor ich studieren ging. Um das ASP kam ich aber nicht herum, was gut war, denn Praxis ist eben nicht zu ersetzen.
Den Ausgleich hätte ich „vorverlegt“, was mir einerseits zum Spannungserhalt gedient hätte und andererseits eine zweite Schwäche meiner „Übertragung ins Fußballspiel“ offenbarte: Die „Fans“, das Plenum bzw. Publikum. Ich konnte das Publikum ja nicht einfach auf das Spielfeld rennen lassen, den Rasen, Torpfosten und Eckfahnen entwendend am Spielgeschehen teilnehmen lassen. Wie sollte ich also die „Nachspielzeit“, die „dritte Halbzeit“ ins Spiel bringen, ohne nicht ein bisschen kreativer werden zu müssen? Gar nicht. Deshalb ist die Beantwortung der Frage, die nicht der eigentlichen Frage gewidmet war, eine doppelte Ausnahme, was sie sozusagen schon wieder regulär macht. Um ehrlich zu sein, habe ich die Frage vergessen, denn die Antwort darauf war viel zu kurz und auch unwichtig. Den wirklich interessanten Teil erbrachte erst das „Nachtreten“, ein unangenehmes Geständnis für den Belletristikbuchmarkt aus Sicht des Verlegers: Keine Gedichte, keine Kurzgeschichten, keine Newcomer! Belletristik zu verlegen, ist wie Schach, nur mit Würfeln ( Lukas Podolski sagte einmal, dass Fußball wie Schach sei, nur eben ohne Würfel ).
Das 3:2 wäre die absolute Hingabe gewesen, die Liebe zu dem, was man da macht, denn gute Bezahlung gibt es irgendwie immer woanders ( wahrscheinlich muss man dafür seine Großmutter verkaufen ). Das war ebenfalls kein eindeutiger Treffer, denn beide sprachen davon. Beeindruckt hat mich aber die abgeklärte Begeisterung von Matthias Wehrhahn, das Bekenntnis, damit nicht reich zu werden, wovon sicherlich auch Sabine Felsberg ein Lied singen kann, wo sie doch den „sicheren“ aber wahrscheinlich thematisch wie finanziell eingeschränkten Hafen der Festanstellung durch Selbstständigkeit ersetzt hat. Gegen den Trend zu arbeiten und sich auf eine „Grille“ zu versteigen, das imponiert, das gab den Spielausgang vor.
Tja, so hätte ein spannendes Fußballspiel enden können, bei dem die „Sieger und Verlierer“ auf dem Rasen nicht das Wichtigste waren.
Teil 6
Shhhhh - 11. Mai, 22:32