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Kleine Begriffsgeschichte der Pseudokratie

Durch einen Artikel bei meinem Blogfreund Trithemius bin ich auf ein Wort aufmerksam geworden, was mich jetzt seit geraumer Zeit beschäftigt, mit dem Artikel selbst aber eher wenig zu tun hat. Die Zeit, die ich darauf verwendete, diesem Begriff hinterherzujagen - der in seiner Reinform gar nicht zu lesen war - ergab sich beim durchforsten der Googlemaschine nach dem wohl ältesten Beitrag, in dem diese Wortschöpfung vorkommt. Dass das eine Weile gedauert hat, liegt allerdings nicht am Namen des Erstverwenders ( Eulenspiegel ) und lässt auch keine Rückschlüsse auf das Alter des Wortes zu. Trotzdem will ich den Text hier einmal zitieren, denn wie ich finde, ist er sehr gelungen:

"pseudokratie: (von pseudos, gr., Irrtum, Fehler)

sie ist vielerorts anzutreffen. ihr ist eigen, dass sich das volk als souverän wähnt, während es am nasenring einer symbiose aus parteien, staatsbürokratie und medien hängt. als sicheres erkennungszeichen der pseudokratie gilt, dass im volk die meinung vorherrscht, es lebe in einer aufgeklärten, lebendigen und modernen demokratie und alles sei, wenn schon nicht in bester ordnung, so doch auf dem wege dahin. das volk fühlt sich emanzipiert, informiert und bekommt dies täglich durch gaben von infopharmaka bestätigt. die gebräuchlichen darreichungsformen sind zeitungen, rundfunk und fernsehen. nebenwirkungen werden in kauf genommen. fälle von totalverweigerung der medikation sind äusserst selten und fallen statistisch nicht ins gewicht. typisch für viele pseudokratien sind vom staat verordnete interessensvertretungen. diese vertreten die interessen ihrer funktionäre gegen die (zwangs)mitglieder. ausgezeichnet sind diese institutionen durch äusserst grosszügige konditionen für die zahlreichen beamteten und bewürdeten interessensverteter auf kosten der beitragsleistenden vertretenen. beispiele für solche organisationen sind alle arten von kammern: abgeordneten-, ärzte-, apotheker-, handels-, gewerbe-, bauern- und arbeiterkammern, um nur einige zu nennen. diese staatlich verordneten kammern werden ergänzt um private interessensvertretungen, deren bekannteste die gewerkschaften sind. gemeinsames merkmal all dieser vereinigungen ist das dominante eigeninteresse ihrer funktionärsschicht, welches unter vorgabe des dienstes an den vertretenen, gestillt wird. und zwar durch traumgagen, die mitgliedschaft in landtagen, bundestagen, aufsichtsräten, kommissionen und parlamenten. man könnte diese staatsform auch gut deutsch als 'herrschaft des futtertrogs' nennen, aber das klingt nicht wissenschaftlich genug. nicht nötig zu sagen, dass die pseudokratie die vorherrschende spielart der demokratie des beginnenden 21. jahrhunderts ist."

DasEv schrieb im Übrigen das Wort "Pseudodemokratie", die Verkürzung nahm ich in Gedanken vor, denn auch wenn die deutsche Sprache zum Komponieren neigt, so müssen wir es ja nicht übertreiben, denn anders als bei der Ochsenschwanzquaste ist eine Pseudodemokratie ja keine Abart oder Teil einer Demokratie, sondern sollte als etwas völlig anderes betrachtet werden, eine Pseudokratie eben.

Nun hat die große heilige Googlemaschine natürlich ein paar mehr Funktionen, als das sture Durchforsten nach Datum sortiert. Man kann nämlich auch in Büchern danach googeln. Der älteste Fund, man höre und staune hat das Wort sogar in Fraktur finden können, was bei genauer Wortsuche oder der Suche nach einer Redewendung manchmal zu erschreckend wenig Einträgen führt, da sich immer mal wieder Zeichen nicht entschlüsseln lassen und die Suche im genauen Wortlaut erschwert. Auf jeden Fall findet sich in den Beiblättern der Zeitschrift "Mnemosyne" ein Artikel von 1848, der die Rede eines Studenten widergibt, das Wort "Pseudokratie". Der Zusammenhang ließ sich von mir nicht mehr ganz zurückverfolgen, da Fraktur nicht unbedingt zu meinen Lieblingsschriftarten gehört und ich nach einer guten halben Stunde einfach keine Lust mehr hatte, weiterzulesen. Es ging aber wahrscheinlich um die 48er Revolution. Interessant fand ich jedoch den Titel der Zeitschrift, der aus dem Griechischen kommt und in deren Mythologie die Göttin der Erinnerung ist.

Ich werde mir das alles sowieo nicht merken können, aber dafür habe ich ja meinen Blog, und wenn das nicht mehr hilft, ist Goolge ja auch noch da.
Trithemius - 27. Okt, 22:33

Toll

Du hattest mir heute Mittag davon erzählt. Trotzdem habe ich deinen Text jetzt gerne als Ganzes gelesen. Ist Eulenspiegel eine Person oder die Satirezeitschrift? Egal, du hast auch gezeigt, dass Internetrecherche durchaus eine Form der Sprachuntersuchung sein kann.
Zum Thema Fraktur: Immer weniger Leute können die noch lesen. Ich habe einmal meinen Schülern Kurrent beigebracht, die handschriftliche Form der Fraktur. Sie haben die Kurrent spielerisch benutzt wie eine Geheimschrift.

Shhhhh - 28. Okt, 14:54

Ich kann sie lesen, tue dies seit der inflationären Wiederholung für meine Bachelorarbeit nicht mehr so gerne.
Eulenspiegel war in diesem Fall ein anonym gewählter Nick.

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