Meinung
Wieder einmal muss ich mit einem alten Vorurteil aufräumen und der deutschen Sprache ein streng gehütetes Geheimnis entreißen. Allerdings muss ich, wie so oft, darauf verzichten, einen Schuldigen zu benennen, denn die Geschichte der Sprachen reicht schon länger zurück als mein etymologisches Wörterbuch überhaupt erfassen kann. Im Zuge der Sortierung des Wissens über die Sprache im Allgemeinen und des Deutschen im Besonderen ist es dann auch nicht weiter verwunderlich, wenn bestimmte Phänomene, obschon ziemlich offensichtlich, einfach „unter den Teppich“ gekehrt werden können. Sieger schreiben ja bekanntlich die Geschichte.
Worum es mir diesmal geht, ist das allseits beliebte Wort Meinung. Die Meinung, die sich dem Duden nach, aus dem Wort meinen entwickelte und auf das ahd. meinan zurückgeht, hat im Gegensatz zu den meisten Vokabeln des Deutschen – und hier sei angemerkt: aus mir völlig unverständlichen Gründen – beiden Lautverschiebungen getrotzt. Natürlich ist das engl. mean mit dem Wort meinen verwandt und auch das kelt. mían ist laut etymologischem Wörterbuch eine der Wurzeln, allerdings wird mit dieser offensichtlichen Herkunftstheorie nur verschleiert, was im Verborgenen bleiben soll: die Verwandtschaft mit dem Possessivpronomen mein. Das Possessivpronomen ist im Deutschen sowieso eins der am strengsten gehüteten Geheimnisse. Nichts ist so schwer zu ermitteln wie die Herkunft von mein. Weder unter dem Begriffsfamilie der Possessiva nebst seinen kompositorischen Partnern noch unter den Personalpronomen wie zum Beispiel unter ich finden sich Hinweise auf seine Herkunft.
Warum ist das so? Ganz einfach: Besitz ist schon immer ein knappes Gut gewesen und seit dem Aufkommen erster gutsaufwertender, gewinnbringender Bestrebungen, ist eine kleine, tonangebende Menge von Leuten – ich vermeide hier bewusst die von Theoretikern des Kapitalismus beanspruchten Vokabeln, weil der Kapitalismus viel älter ist, als seine Definition – nicht nur an dem Verteilen des Besitzes verantwortlich, sondern darüber hinaus auch mächtig genug, das Wissen um seinen Ursprung zu verschleiern. Das mein aus Meinung meint eben nicht meinen Besitz, es meint unseren Anspruch auf Besitz, der sich schlichtweg, über Jahrtausende hinweg, nur in unseren Köpfen abspielte. Wir durften nämlich alles denken, aber längst nicht alles sagen. Heute sind wir, nachdem die Tölpel der Revolutionen seit 1789 kontinuierlich über den Tisch gezogen worden sind, glückliche Besitzer des Rechts der freien Meinung in unseren Gedanken und in der sprachlichen Äußerung, was uns, ehrlich gesagt, nicht viel weiter gebracht hat, als dass jetzt alles durcheinander quasselt und unsere Meinung zwar nicht mehr bestraft werden kann aber weiterhin keine Beachtung findet.
Mit dem Aufkommen der freien Meinungsäußerung wurde das Volk also ein weiteres Mal entmündigt. An gewinnbringendem Besitz weiterhin größtenteils unbeteiligt, wurde die Meinung zuerst entpossessiviert – man beachte zum Beispiel die vielzitierte Redensart unseres Altbundeskanzlers: „Was interessiert mich mein Geschwätz(!) von Gestern?“ – und später auch noch marginalisiert ( Außenminister Radoslaw Sikorski über die Wahl einer Spitze in Europarat und Europakommission in FAZ vom 03.09.2012: „Diese Person sollte gewählt werden - entweder vom Europaparlament oder vom europäischen Publikum(!).“ ). Und um dies auch schriftlich zu zementieren, wurde auf die Darstellung der Verwandtschaft von Meinung, bestehend aus meinen und dem Vorgangssuffix –ung, und dem Possessivpronomen mein gänzlich verzichtet.
Um nun beiden Prozessen, der Entpossessivierung und der Marginalisierung, entgegenzuwirken, ist es notwendig auf sprachlicher Ebene anzufangen und den „status quo“ wiederherzustellen. Mein Vorschlag lautet deshalb, sinnlose, marginalisierende, ja inflationäre Dopplungen wie „meine Meinung“ zu unterbinden, denn es stellt die einerseits immense Wichtigkeit des Gutes Meinung wieder her, und darüber hinaus, um auch der Entpossessivierung ein Schnippchen zu schlagen, die Meinung wieder zuordenbar zu machen, indem das Substantiv Meinung um die Substantive Deinung, Seinung, Ihrung usw. erweitert wird, die gleichbedeutend aber eindeutiger zuzuordnen sind. Ich fange gleich damit an und ende mit den Worten: Das ist Meinung! Ich bitte um Ihrung!
Worum es mir diesmal geht, ist das allseits beliebte Wort Meinung. Die Meinung, die sich dem Duden nach, aus dem Wort meinen entwickelte und auf das ahd. meinan zurückgeht, hat im Gegensatz zu den meisten Vokabeln des Deutschen – und hier sei angemerkt: aus mir völlig unverständlichen Gründen – beiden Lautverschiebungen getrotzt. Natürlich ist das engl. mean mit dem Wort meinen verwandt und auch das kelt. mían ist laut etymologischem Wörterbuch eine der Wurzeln, allerdings wird mit dieser offensichtlichen Herkunftstheorie nur verschleiert, was im Verborgenen bleiben soll: die Verwandtschaft mit dem Possessivpronomen mein. Das Possessivpronomen ist im Deutschen sowieso eins der am strengsten gehüteten Geheimnisse. Nichts ist so schwer zu ermitteln wie die Herkunft von mein. Weder unter dem Begriffsfamilie der Possessiva nebst seinen kompositorischen Partnern noch unter den Personalpronomen wie zum Beispiel unter ich finden sich Hinweise auf seine Herkunft.
Warum ist das so? Ganz einfach: Besitz ist schon immer ein knappes Gut gewesen und seit dem Aufkommen erster gutsaufwertender, gewinnbringender Bestrebungen, ist eine kleine, tonangebende Menge von Leuten – ich vermeide hier bewusst die von Theoretikern des Kapitalismus beanspruchten Vokabeln, weil der Kapitalismus viel älter ist, als seine Definition – nicht nur an dem Verteilen des Besitzes verantwortlich, sondern darüber hinaus auch mächtig genug, das Wissen um seinen Ursprung zu verschleiern. Das mein aus Meinung meint eben nicht meinen Besitz, es meint unseren Anspruch auf Besitz, der sich schlichtweg, über Jahrtausende hinweg, nur in unseren Köpfen abspielte. Wir durften nämlich alles denken, aber längst nicht alles sagen. Heute sind wir, nachdem die Tölpel der Revolutionen seit 1789 kontinuierlich über den Tisch gezogen worden sind, glückliche Besitzer des Rechts der freien Meinung in unseren Gedanken und in der sprachlichen Äußerung, was uns, ehrlich gesagt, nicht viel weiter gebracht hat, als dass jetzt alles durcheinander quasselt und unsere Meinung zwar nicht mehr bestraft werden kann aber weiterhin keine Beachtung findet.
Mit dem Aufkommen der freien Meinungsäußerung wurde das Volk also ein weiteres Mal entmündigt. An gewinnbringendem Besitz weiterhin größtenteils unbeteiligt, wurde die Meinung zuerst entpossessiviert – man beachte zum Beispiel die vielzitierte Redensart unseres Altbundeskanzlers: „Was interessiert mich mein Geschwätz(!) von Gestern?“ – und später auch noch marginalisiert ( Außenminister Radoslaw Sikorski über die Wahl einer Spitze in Europarat und Europakommission in FAZ vom 03.09.2012: „Diese Person sollte gewählt werden - entweder vom Europaparlament oder vom europäischen Publikum(!).“ ). Und um dies auch schriftlich zu zementieren, wurde auf die Darstellung der Verwandtschaft von Meinung, bestehend aus meinen und dem Vorgangssuffix –ung, und dem Possessivpronomen mein gänzlich verzichtet.
Um nun beiden Prozessen, der Entpossessivierung und der Marginalisierung, entgegenzuwirken, ist es notwendig auf sprachlicher Ebene anzufangen und den „status quo“ wiederherzustellen. Mein Vorschlag lautet deshalb, sinnlose, marginalisierende, ja inflationäre Dopplungen wie „meine Meinung“ zu unterbinden, denn es stellt die einerseits immense Wichtigkeit des Gutes Meinung wieder her, und darüber hinaus, um auch der Entpossessivierung ein Schnippchen zu schlagen, die Meinung wieder zuordenbar zu machen, indem das Substantiv Meinung um die Substantive Deinung, Seinung, Ihrung usw. erweitert wird, die gleichbedeutend aber eindeutiger zuzuordnen sind. Ich fange gleich damit an und ende mit den Worten: Das ist Meinung! Ich bitte um Ihrung!
Shhhhh - 12. Okt, 20:59