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taxonomische Antwort

Sehr geehrter Herr F.,

waehrend einige meiner ungewoehnlicheren Namensgebungen fuer Schnecken Eingang in verschiedene Auflistungen im Internet gefunden haben, ist Ihre in der Tat die erste direkte Anfrage an mich, die sich auf meine nomenklatorischen Eskapaden bezieht.

Was ich mir dabei gedacht habe als ich (Gerber 1996) eine fossile Schneckenart aus der Inneren Mongolei Vallonia eiapopeia benannte, kann ich nach all den Jahren wirklich nicht mehr genau sagen. Ich kann aber versuchen, rueckschauend einige wahrscheinliche Faktoren, die bei der Namensgebung eine Rolle gespielt haben duerften, aufzuzeigen.

Zunaechst weise ich darauf hin, dass von den acht in der genannten Arbeit beschriebenen neuen Arten und Unterarten drei ungewoehnliche Epitheta im Stile von eiapopeia bekamen:
Vallonia patens tralala
Vallonia eiapopeia
Vallonia hoppla


Die derivatio nominis fuer V. eiapopeia (Gerber 1996: 147) lautet: "eiapopeia (deutsch): bedeutungsloses Klangwort, welches besonders in Schlaf- und Wiegenliedern Verwendung findet; "eiapopeia" ist als Wort unveraenderlich und als spezifisches Epitheton wie eine substantivische Apposition zu behandeln."
Da haben Sie also den Zusammenhang mit deutschem Liedgut. Ich kann aber mit Gewissheit sagen, dass keine spezielle Erinnerung mich mit eiapopeia oder den anderen beiden Worten verbindet, etwa dass meine Mutter mir im Kindesalter Lieder vorsang, welche tralala, eiapopeia und hoppla enthielten.

Der Grund fuer diese und andere ungewoehnliche Artnamen ist wohl eher in etwas anderem zu suchen. Die wichtigste Eigenschaft eines zoologischen Artnamens, d.h. der Kombination eines Gattungsnamens (z.B. Vallonia) mit einem spezifischen Epitheton (z.B. eiapopeia) ist seine Einmaligkeit. Leider ist es im Laufe der Geschichte zu zahlreichen Verstoessen gegen die Regel von der Einmaligkeit der Artnamen gekommen, was zu Homonymien gefuehrt hat, die uns Taxonomen erhebliche Ungemach bescheren. Ausserdem sind schon eine Menge von Artnamen kreiert worden, und wenn ein Name veroeffentlicht ist, kann er nicht noch einmal fuer eine zweite Art verwendet werden. Der Taxonom, der eine neue Art beschreibt, sollte daher alles ihm Moegliche tun um sicherzustellen, dass der neue Artname einzigartig ist. Einfache descriptive Epitheta, wie magna, parva, alba, grisea, nigra, plana, alta etc., koennen problematisch sein, weil die Wahrscheinlichkeit, dass sie schon frueher in einer bestimmten Kombination verwendet wurden, relativ hoch ist. Ausserdem sind sie oft wirklich nicht besonders hilfreich fuer die charakterisierung der Art. Z.B. sehen sich alle Vallonia-Arten recht aehnlich und somit sind Epitheta wie alba oder parva einigermassen nichtssagend, denn sie treffen auf so ziemlich alle Arten der Gattung zu. Die Nomenklaturregeln erlauben aber alle moeglichen Epitheta, sogar bedeutungslose Buchstabenkombinationen. Warum also nichrt ein ungewoehnliches Epitheton? Damit ist die Einmaligkeit gesichert und ausserdem gefallen mir die Namen einfach. Ich bin der Ansicht, dass Vallonia eiapopeia und Vallonia hoppla gut von der Zunge rollen.

Es hat wohl auch eine Rolle gespielt, dass ich der Ansicht war (und bin) dass manche meiner Kollegen sich und ihre hehre Wissenschaft ein wenig zu ernst nehmen. Generell sind taxonomische Publikationen eine knochentrockene Angelegenheit und ich freue mich, wenn in einer solchen sprachlichen Wuestenei ein ungewoehnlicher Name gleichsam als Oase mich zum Laecheln bewegt. Vielleicht haben meine Namen auch einige Leser zum Schmunzeln gebracht, was mich freuen wuerde.

In diesem Sinne alles Gute mit Ihrem Projekt,

Jochen Gerber

GERBER, J. 1996. Revision der Gattung Vallonia RISSO 1826 (Mollusca: Gastropoda: Valloniidae). Schriften zur Malakozoologie 8: 1-227.

Damit ist das Rätsel um "eiapopeia" wohl einigermaßen gelöst und könnte bei Wikipedia eingetragen werden.

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