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Die neuneuhochdeutsche Diphthongierung

Heute befassen wir uns einmal mit dem Lautwandelphänomen, welches in der Fachsprache Diphthongierung genannt wird. Um es noch ein wenig genauer zu formulieren: mit der neuneuhochdeutschen Diphthongierung. Die neuneuhochdeutsche Diphthongierung darf nicht mit der neuhochdeutschen Diphthongierung verwechselt werden, die einerseits viel früher stattfand und außerdem ein viel breiteres Spektrum an Vokalen umfasste, als es bei der neuneuhochdeutschen Diphthongierung der Fall ist – jedenfalls sind aufgrund verschiedener anderer Probleme, mit denen sich die moderne Sprachwissenschaft heutzutage auseinanderzusetzen hat, noch nicht so viele Beispiele belegt. Die gendergerechte Sprache frisst derzeit viele Ressourcen, weshalb so manch anderer Zweig leider sträflich vernachlässigt wird.

Aber diesem Umstand tragen wir heute Rechnung und fügen der neuneuhochdeutschen Diphthongierung eines der bemerkenswertesten Beispiele bei. Doch zuallererst muss geklärt werden, worum es sich denn bei der Diphthongierung überhaupt handelt. Diphthonge sind Vokale, die aus zwei Vokalen bestehen, die im Idealfall nicht die gleichen sind. Häufig sind damit Umlaute wie ä,ö,ü gemeint, aber auch au, ei und eu gehören in diese Gruppe. Ein immer wieder beobachtetes Phänomen ist hierbei die sogenannte Verschiebung ehemaliger Langvokale zu diesen sogenannten Diphthongen. hier ein paar Beispiele:

aus dem mittelhochdeutschen mîn (i:, also ein langes i) wird ein mein (ei=Diphthong)

aus dem mittelhochdeutschen hûs (u:, also ein langes u) wird ein Haus (au=Diphtong)

Diese Diphthongierung ist für das Mittelalter durch etliche schriftliche Zeugnisse belegt. Sie nahm im 12. Jahrhundert ihren Ausgang und ist längst abgeschlossen. Deshalb wurde die neuhochdeutsche Diphthongierung um die neuneuhochdeutsche Diphthongierung ergänzt. Normalerweise lassen sich die Forscher mindestens 500 Jahre Zeit, bis sie sich solchen Phänomenen widmen – Jacob Grimm hat sogar mehr als 600 Jahre verstreichen lassen – allerdings sind richtungweisende Einzeluntersuchungen durchaus schon früher angebracht, um nachfolgenden Forschergenerationen ein hinreichendes Material zur Unterfütterung ihrer Thesen zu liefern. Dies erfolgt hiermit.

Mit dem Abklingen der Aufklärung setzte, wie es in vielen Bereichen der gesellschaftlichen Entwicklung nachweisbar ist, eine Verklärung ein, die im sprachlichen Diskurs häufig mit dem Begriff der Romantik gleichgesetzt wird. Im politischen Diskurs z.B. folgte auf die Revolution die Restauration, das Beispiel sei hier angefügt, um den gesamtgesellschaftlichen Kontext, um den hier geht, noch einmal ausdrücklich zu betonen. Diese Verklärung hatte zur Folge, dass vieles, was als alt und rückständig galt, plötzlich unter einer rosaroten Brille betrachtet wurde und sich sehnlichst zurückgewünscht, mindestens aber glorifiziert wurde.

Die Verklärung, um die es uns heute geht, ist die Verklärung des Mittelalters, seiner Mystifizierung und Glorifizierung, die bis heute ungebrochen scheint. Scheint, denn im sprachlichen Kontext gibt es bereits erste Zäsuren, die auf ein baldiges Ende schließen lassen. Spätestens wenn die nächsten Atombomben gefallen sind, werden Mittelalterfeste und die darauf stattfindenden Spiele so unmittelbar in unser Handeln rücken, dass wir das „Spielen“ wohl dem eigenen Überleben zuliebe unterlassen – aus Spaß wird Ernst, sozusagen. Aber wir sollten die Dinge nicht allzu schwarz sehen, auf Verklärung folgt auch immer wieder eine Phase der Aufklärung, auf dunkel folgt hell, auf Restauration Revolution.

Doch zurück zu unserem Beispiel. Es geht um mystische Wesen wie Drachen, Zwerge und Feen, die in der Romantik eine zweite Konjunktur erlebten. Insbesondere die Feen sind hier zu nennen, denn sie sind sozusagen der Stein des Anstoßes all unserer Überlegungen.

Wie bereits erwähnt, ist deren Aufkommen in der Romantik stark angewachsen, geht allerdings bei genauerer Betrachtung bereits wenige Jahrzehnte später bereits wieder zurück und macht Platz für Neues. Dies hängt vor allem mit der industriellen Revolution zusammen, die hier in weiten Teilen Deutschlands einsetzt und deren Restauration noch immer nicht überwunden ist (man bedenke nur die Entwicklung des Verbrennungsmotors).

Sprachlich schlug sich dies wie folgt nieder:

aus dem romantischen Feenstaub (e:, also ein langes e) wurde der Feinstaub (ei=Diphthong)

Ich hoffe, ich konnte den geneigten Lesern hiermit ein profundes Beispiel neuesten Sprachwandels nahe bringen. Beim nächsten Mal befassen wir uns mit der sogenannten Polyphthongierung und klären die Herkunft des allseits bekannten Ausrufes aua.
Lo - 8. Jan, 15:08

Passt Emil zu Email auch in die Liste der Beispiele.
Und Mehl zu Mail?

Auf die Folge mit "aua" freue ich mich schon.

Shhhhh - 8. Jan, 20:26

Leider nein, denn hier handelt es sich ja offensichtlich um eine Monophthongierung, schließlich gibt es ja kaum noch Leute, die das Wort Email benutzen, das heißt doch jetzt Emil. Naja, außer vielleicht im angelsächsischen, die machen Lautverschiebungen generell nicht so gern mit, die benutzen vielleicht noch das Email.
Bei Mehl liegt ein anderes Problem vor, etwas ähnliches wurde gestern erst besprochen, als es um die FSK ging, die freiwillige Selbstkontrolle. Hierbei handelt es sich offensichtlich um eine FKL, eine freiwillige Kennzeichnung von Langvokalen durch das sogenannte Dehnungs-h, häufig in Gebrauch ist auch das Dehnungs-e.

Auf die Folge mit aua freue ich mich auch schon, kann aber noch ein paar Jahre dauern...
Lo - 9. Jan, 00:59

Macht nichts. Wir sind ja jung und können warten und so lange beim Kollegen Nömix Bauanregeln lesen.
Shhhhh - 9. Jan, 14:15

Hihi.

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